Georg Heinrichs

Georg Heinrichs[1] (* 10. Juni 1926 in Berlin; † 20. Dezember 2020 ebenda[2]) war ein deutscher Architekt und Stadtplaner. Seine wichtigsten Werke, darunter wesentliche, stadtbildprägende Arbeiten, entstanden in den 1960er und 1970er Jahren in West-Berlin. Heinrichs arbeitete bis 1967 in einer Architektengemeinschaft mit Hans Christian Müller.

Leben

Georg Heinrichs Kindheit war stark von den Erfahrungen im Nationalsozialismus geprägt. 1944 wurde er wegen der jüdischen Abkunft seiner Mutter in ein Arbeitslager in Petershütte im Harz deportiert. Seine Großeltern wurden während der deutschen Besatzungszeit nach 1941 in Estland ermordet, sein Bruder Sergej starb kurz vor Kriegsende in einem Arbeitslager bei Dessau.[3]

Nach Kriegsende begann Heinrichs ein Studium an der von Max Taut gegründeten Architekturschule an der Berliner Hochschule der Künste (heute: UdK), das er 1954 abschloss. Seine ersten beruflichen Erfahrungen sammelte er bei dem Bauhaus-Architekten Wils Ebert, bei dem er an der Erweiterung der Dahlemer Museen mitwirkte, sowie in dem Architekturbüro Yorke-Rosenberg-Mardall in London. Heinrichs' Projekt in diesem Büro war der Tower des Gatwick Airport.[4] Er entwarf die Fassaden des Towers.[5] Außerdem arbeitete er für Alvar Aalto, der 1957 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung ein Gebäude für das Berliner Hansaviertel plante.

„Immerhin liegt das Haus hier an der Clayallee, da hört man wenigstens ein bisschen Autolärm. So weiß ich, dass ich noch lebe.“ Georg Heinrichs im SZ-Interview 2011 über sein Zuhause in der 1925/26 von Bruno Paul entworfenen Villa (Haus Auerbach).[6][7][8][9]

Heinrichs starb im Dezember 2020 im Alter von 94 Jahren in Berlin.

Werk

Als Vertreter der Moderne führte Georg Heinrichs in seinen Bauten die horizontal-dynamische Architektur Erich Mendelsohns mit der Rationalität Ludwig Mies van der Rohes zusammen. Dominierendes ästhetisches Element seiner Entwürfe ist die von ihm selbst als „zurückhaltend und bescheiden“ bezeichnete Horizontale, die vertikale Form dagegen empfand er als aggressiv und lehnte sie konsequent ab, ebenso das Quadrat als geometrisches Ordnungsraster und Grundmotiv, das er als „proportionslos“ bezeichnete,[10] im Gegensatz z. B. zu Oswald Mathias Ungers oder Richard Meier.

Seine Entwürfe zeichnen sich neben einem häufig skulptural anmutenden Charakter auch durch zum Teil flexible bzw. intelligente Grundrisslösungen aus. Gleichzeitig sind die Bauten häufig schon zu ihrer jeweiligen Bauzeit Ziel starker Kritik gewesen. Zu seinen bekanntesten Projekten zählt das städtebauliche Konzept und die Gesamtplanung für das Märkische Viertel im Berliner Bezirk Reinickendorf (1962, mit Werner Düttmann und Hans Christian Müller).

Ausgeführte Bauten (Auswahl)

Bildergalerie

Literatur

  • Anna Teut: Portrait Georg Heinrichs. Quadriga Verlag J. Severin, Berlin 1984, ISBN 3-88679-108-4
  • Niklas Maak: Sich die Berge selber bauen , in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17. Januar 2021, S. 37

Weblinks

Commons: Georg Heinrichs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. BDA - Bund Deutscher Architekten: Stadtgestalten - Georg Heinrichs. In: Video - Interview. Bauwelt, 13. Oktober 2015, abgerufen am 11. Mai 2017.
  2. Nikolaus Bernau: Zum Tod von Georg Heinrichs, rbb-online.de, gesendet am 8. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021.
  3. Berliner Star-Architekt Georg Heinrichs wird 90, Nikolaus Bernau in Berliner Zeitung vom 10. Juni 2016
  4. Anna Teut: Portrait Georg Heinrichs. Quadriga – J. Severin, Berlin 1984, ISBN 3-88679-108-4, S. 18, 19.
  5. Eduard Kögel: Anstatt eines Nachrufs: Ein Gespräch mit Georg Heinrichs. In: www.german-architects.com. PSA Publishers Ltd., 27. Januar 2021, abgerufen am 20. April 2023: „EK: Welchen Einfluss hatte Ihre Erfahrung in Großbritannien? GH: Ich arbeitete in London bei Yorke Rosenberg Mardall am Flughafen Gatwick. [...] Dann mussten sie den ganzen Entwurf ändern, nur mein Control-Tower in Béton brut blieb, den Reyner Banham in seinem Buch „The New Brutalism“ veröffentlichte.“
  6. Gabriella Herpell: »Ich halte es eigentlich nur bei mir aus«. 7. April 2011, abgerufen am 28. November 2019.
  7. Georg Heinrichs – Architect. In: The Selby. Abgerufen am 28. November 2019 (englisch).
  8. Liste, Karte, Datenbank / Landesdenkmalamt Berlin. Abgerufen am 28. November 2019.
  9. Michaele Brunk, Dr. Jörg Rüter (Redaktion): Denkmal des Monats – Klopstockstraße 37. Hrsg.: BerlinOnline. Mai 2013 (berlin.de [PDF]).
  10. Die Fahrt durch das Haus. Leben und Werk des Berliner Architekten Georg Heinrichs. Dokumentarfilm von Knut Klaßen und Carsten Krohn (Deutschland, 2008)
  11. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  12. a b c d Bofinger, Klotz, Paul: Architektur in Deutschland Kohlhammer, 1981
  13. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  14. a b c d e f g Anna Teut: Portrait Georg Heinrichs. Quadriga Verlag J. Severin, Berlin 1984, ISBN 3-88679-108-4.
  15. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  16. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  17. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  18. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  19. Community Center (1963) in Berlin, Germany, by Georg Heinrichs & Hans Christian Müller
  20. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  21. Eintrag bei germanpostwarmodern
  22. [1]
  23. a b Rolf Rave: Bauen seit 1980 in Berlin – ein Führer zu 400 Bauten in Berlin von 1980 bis heute. G + H, Berlin 2005, ISBN 3-931768-80-5.
  24. a b Martin Kieren: Neue Architektur, Berlin 1990–2000 = New architecture, Berlin 1990–2000. Jovis, Berlin 1997, ISBN 3-931321-82-7, S. 316.

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