Geleitzug HX 84

Der Geleitzug HX 84 war ein alliierter Geleitzug der HX-Geleitzugserie zur Versorgung Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg. Er fuhr am 28. Oktober 1940 kanadischen Halifax ab und sollte nach Liverpool fahren. Die Alliierten verloren durch den deutschen Schweren Kreuzer Admiral Scheer fünf Frachtschiffe mit 33.628 BRT, während es auf deutscher Seite keine Verluste gab. Damit war der HX 84 einer der verlustreichsten HX-Geleitzüge.

Zusammensetzung und Sicherung

(c) Bundesarchiv, DVM 10 Bild-23-63-64 / CC-BY-SA 3.0
Schwerer Kreuzer Admiral Scheer
Hilfskreuzer Jervis Bay
Frachter Beaverford
Tanker San Demetrio

Der Geleitzug HX 84 setzte sich aus 38 Frachtschiffen zusammen. Am 28. Oktober 1940 verließen sie Halifax (Lage) in Richtung Liverpool (Lage). Konvoikommodore war Rear Admiral Henry Bradford Maltby, der sich auf der Cornish City eingeschifft hatte. Beim Auslaufen übernahmen die kanadischen Zerstörer St. Francis und Columbia zusammen mit dem britischen Hilfskreuzer Jervis Bay den Schutz des Konvois. Nach zwei Tagen verließen die beiden Zerstörer planmäßig das Geleit, sodass für die Atlantiküberquerung nur die Jervis Bay als Sicherung zur Verfügung stand.[1]

Name[2]FlaggeVermessung in BRTVerbleib[1]
AndalusianVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich3.082am 5. November durch Admiral Scheer beschädigt
Anna BulgarisGriechenland Griechenland4.603
AthelempressVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich8.941
AtheltemplarVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich8.992
BeaverfordVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich10.042am 5. November durch Admiral Scheer versenkt (Lage)
BriarwoodVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich4.019
CastilianVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich3.076
CetusNorwegen Norwegen2.614
CordeliaVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich8.190
Cornish CityVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich4.952
Dan Y BrynVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich5.117
Danae IIVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich2.660
DelphiSchweden Schweden4.571
DelphinulaVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich8.120
Emile FranquiBelgien Belgien5.859
Empire PenguinVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich6.389
FrodonaVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich6.207
Fresno CityVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich4.955am 5. November durch Admiral Scheer versenkt (Lage)
Hjalmar WesselNorwegen Norwegen1.742
James J MaguireVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich10.525
Kenbane HeadVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich5.225am 5. November durch Admiral Scheer versenkt (Lage)
Lancaster CastleVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich5.172
MaidenVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich7.908am 5. November durch Admiral Scheer versenkt (Lage)
Morska WolanPolen Polen3.208
OilrelianceVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich5.666
Pacific EnterpriseVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich6.736
PersierBelgien Belgien5.382
PuckPolen Polen1.065
RangitikiVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich16.698
Saint GobainSchweden Schweden9.959
San DemetrioVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich8.073am 5. November durch Admiral Scheer beschädigt (Lage)
SolfonnNorwegen Norwegen9.925
SovacVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich6.724
StureholmSchweden Schweden4.575
TrefusisVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich5.299
TrewellardVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich5.201am 5. November durch Admiral Scheer versenkt (Lage)
VaroyNorwegen Norwegen1.531
VingalandSchweden Schweden2.734am 8. November durch Flugzeug der I./KG 40 beschädigt (Lage)

Verlauf

Am 5. November 1940 sichtete der Schwere Kreuzer Admiral Scheer unter Kapitän zur See Theodor Krancke östlich von Neufundland den nach Osten laufenden Konvoi. Die Admiral Scheer war am 27. Oktober aus Brunsbüttel ausgelaufen und hatte von den Briten unbemerkt am 1. November über die Dänemarkstraße den Nordatlantik erreicht. Der Kommandant des Hilfskreuzers Jervis Bay versuchte eine künstliche Nebelwand zu erzeugen und befahl dem Konvoi sich zu zerstreuen. Mit der Jervis Bay ließ der Kommandant Kurs auf die Admiral Scheer setzen, um das Feuer auf sein Schiff zu ziehen. Dazu griff er das deutlich besser bewaffnete und gepanzerte Schiff mit seinen 152,4-mm-Geschützen an. Die Admiral Scheer griff daraufhin zuerst den Hilfskreuzer an und versenkte diesen nach nur 22 Minuten (Lage), unter Verlust von 168 Seeleuten der insgesamt 254-köpfigen Besatzung. Die anderen wurden durch den schwedischen Frachter Stureholm gerettet. Unter den Toten befand sich auch der Kommandant Edward Fegen, der posthum das Victoria-Kreuz verliehen bekam. Danach verfolgte die Admiral Scheer die inzwischen weit verstreuten Frachtschiffe und versenkte die Maiden (91 Tote), die Trewellard (16 Tote), die Fresno City (1 Toter) und die Kenbane Head (23 Tote). Die San Demetrio und die Andalusian wurden beschädigt bzw. in Brand geschossen.

Nun ließ der Kommandant des Frachters Beaverford Hugh Pettigrew, auch Stellvertretender-Konvoikommodore, angeblich die Admiral Scheer ansteuern, obwohl der Frachter nur zwei kleinere Geschütze als Bewaffnung hatte. Die Admiral Scheer konzentrierte ihr Feuer nun auf die Beaverford. Diese konnte immer wieder dem Geschützfeuer ausweichen. Der Kampf ging bis in die Nacht. Mit Leuchtkörpern und Beleuchtungsraketen versuchte die Admiral Scheer ihren Gegner zu finden. Statt in der Dunkelheit und dem Rauch zu versuchen zu entkommen, setzte die Beaverford den Kampf fort. Die Admiral Scheer feuerte während fünf Stunden 83 Schuss ihrer 28-cm-Geschütze und 71 Schuss ihrer 15-cm-Geschütze ab. Zwölf 28-cm-Granaten und sechzehn 15-cm-Granaten trafen die Beaverford. Als diese ihre Geschwindigkeit verlangsamte, da die Dampfturbinen beschädigt wurden, feuerte Admiral Scheer einen Torpedo ab. Er traf den Bug der Beaverford. Durch eine Explosion der Munition in ihrem Bug explodierte die Beaverford. Die gesamte Besatzung von 77 Seeleuten der Beaverford wurde getötet. Weder die Jervis Bay noch Beaverford konnten im Gefecht einen Treffer auf der Admiral Scheer landen.[3]

Für diesen heldenhaften Einsatz der Beaverford gibt es keine Beweise. So widerspricht der Bericht des Kommandanten der Admiral Scheer, der nach dem Krieg verfasst wurde, dieser Geschichte. Krancke würdigte den Mut der Jervis Bay und eines kleinen brennenden Frachters, der kurz vor dem Untergang zurückschoss (vermutlich der Kenbane Head). Er erwähnte jedoch keinen Kampf mit der Beaverford, die er nur als ein Schiff mit einer Deckladung Holz beschreibt, das Admiral Scheer einholte, als es mit hoher Geschwindigkeit weit südlich des Hauptgeschehens floh. Als sie schließlich eingeholt wurde, erwies es sich als schwierig, die Beaverford durch Geschützfeuer zu versenken und sie wurde daher torpediert um Munition zu sparen. Der Untergang der Beaverford wurde von Fresno City aus beobachtet, das ebenfalls nach Süden flüchtete. Im Logbuch des Kapitäns ist vermerkt: "Die Beaverford, Kurs 110 Grad Ost-Südost, wurde angegriffen und in Brand gesetzt, Entfernung etwa 10 Meilen". Von einem Kampf oder einer Erwiderung des Feuers durch die Beaverford ist nicht die Rede, und es handelte sich keineswegs um ein vier- oder fünfstündiges Gefecht, sondern die Beaverford wurde nur 50 Minuten nach Kenbane Head und etwa eine Stunde, bevor Admiral Scheer die Fresno City einholte, angegriffen. Für eine solche Schlacht blieb keine Zeit.[4]

Die Admiral Scheer konnte anschließend kein Schiff mehr versenken. Am 8. November fand eine Focke-Wulf Fw 200 der I. Gruppe des Kampfgeschwaders 40 Teile des zerstreuten Geleitzuges und griff an. Der Bomber warf Bomben ab und traf die Vingaland, die aber nur beschädigt wurde und einen Hafen erreichte. Insgesamt verlor der Geleitzug fünf Handelsschiffe mit 33.628 BRT und ein Kriegsschiff mit 14.164 BRT, dazu kamen drei beschädigte Handelsschiffe.[5]

Tanker San Demetrio

Der Tanker San Demetrio wurde von der Admiral Scheer in Brand geschossen. Aufgrund der Explosionsgefahr durch das Benzin an Bord verließ die Besatzung den Tanker in zwei Beibooten. Während das Beiboot mit dem Kapitän der San Demetrio bald von einem anderen Schiff aufgenommen wurde, trieb das zweite Boot unter Führung des 2. Offiziers Hawkins in schwerer See. Am nächsten Tag entdecken die Männer im Boot ein treibendes, brennendes Schiff. Wie sich herausstellte, war es die San Demetrio, die trotz der Beschädigungen und des Feuers an Bord immer noch nicht explodiert war. Vor die Wahl gestellt, im schlechten Wetter zu erfrieren oder an Bord des Wracks eventuell in die Luft zu fliegen, beschlossen sie, auf den Tanker zurückzukehren. Es gelang den Seeleuten unter größten Mühen, das Schiff wieder flott zu machen. Ohne Funk und Navigationsmittel, nur nach der Orientierung des Sonnenstands, erreichte das Schiff Irland. Ein Londoner Gericht sprach ihnen später einen Bergungslohn zu. Dieser Vorfall bildete später die Grundlage für das Drehbuch des Films San Demetrio London.[6]

Nachgang

Der angebliche Einsatz der Besatzung der Beaverford fand nie größere Beachtung. Obwohl es sogar die Forderung gab die Besatzung posthum mit dem Orden George Cross auszuzeichnen.[7] Hingegen gab es eine große Aufmerksamkeit für die Besatzungen der Jervis Bay und der San Demetrio.[8]

Literatur

  • F. Tennyson Jesse: The Saga of „San Demetrio“, London (His Majesty´s Office) 1942.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945, Oktober 1940, abgerufen am 9. Februar 2019.
  2. Arnold Hague Convoy Database, abgerufen am 9. Februar 2019.
  3. Roger Litwiller, "The Sacrifice of SS Beaverford –The Heroic Saga of the Canadian Pacific Railway’s Ship with Teeth", November 4, 2018
  4. Theodor Krancke, H. J. Brennecke: Pocket Battleship, New York: W. W. Norton & Company.
  5. Clay Blair: Der U-Boot-Krieg, Die Jäger 1939–1942, Wilhelm Heine Verlag, München 1998, ISBN 3-453-12345-X, S. 256.
  6. F. Tennyson Jesse: The Saga of „San Demetrio“, London (His Majesty´s Office) 1942.
  7. Peter Pigott: Sailing Seven Seas: A History of the Canadian Pacific Line Dundurn Press 2010, S. 143.
  8. Bernard Edwards: Convoy Will Scatter: The Full Story of Jervis Bay and Convoy HX84 Pen and Sword Maritime, Barnsley 2013, S. 11–12.

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JervisBayatDakar1940.jpg
“HMS Jervis Bay at Dakar, Senegal, which has to have been taken in either January or April, 1940. You can clearly see that the ship was not painted battleship grey, as all of the painted pictures of the battle incorrectly indicate. You can also clearly see the starboard guns. S2 (on the well deck) was blown off the ship during the battle (complete with gun crew, who all perished - apart from Fred Billinge, who was on deck elsewhere at the moment the salvo hit.) Photo by JF Aylard, survivor.”
Bundesarchiv DVM 10 Bild-23-63-64, Panzerschiff "Admiral Scheer".jpg
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Panzerschiff "Admiral Scheer" Panzerschiff "Admiral Scheer", später schwerer Kreuzer "Admiral Scheer", mit angetretener Besatzung in Paradeaufstellung auf See. Ansicht der Steuerbordseite
Civil Ensign of the United Kingdom.svg
Red Ensign, Handelsflagge des Vereinigten Königreichs
MT SAN DEMETRIO.jpg
Shipping losses: Eagle Oil and Shipping Co 8,073 GRT motor tanker San Demetrio proceeding up the Clyde for repairs in November 1940. The damage visible was caused when the ship was attacked by the German pocket battleship Admiral Scheer.
Beaverford.jpg
Canadian Pacific Railway cargo steamship Beaverford in Montreal in 1933