Geismar (Fritzlar)

Geismar
Stadt Fritzlar
Koordinaten:51° 8′ N, 9° 15′ O
Höhe: 186 m ü. NHN
Fläche:10,82 km²[1]
Einwohner:980 (31. Dez. 2021)[2]
Bevölkerungsdichte:91 Einwohner/km²
Eingemeindung:31. Dezember 1971
Postleitzahl:34560
Vorwahl:05622

Geismar ist ein Dorf im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis, am Rand des Edertals an der hessischen Elbe. Der Ort ist ein Stadtteil der Stadt Fritzlar und ist von der Kernstadt durch den Berg Eckerich getrennt.

Geschichte

Rekonstruiertes chattisches Dorf „Alt-Geismar“

Wüstung Geismar

In den 1970er Jahren wurde durch eine von der DFG geförderte und vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Außenstelle Marburg) durchgeführte umfangreiche Ausgrabung etwa 550 m südsüdwestlich des heutigen Dorfkerns nahe dem Ostfuß des Biening eine dörfliche Siedlung von etwa neun Hektar Größe freigelegt, die Wüstung Geismar ().[3] Die einstige Siedlung wurde vermutlich schon um 200 v. Chr. angelegt und war bis um die erste Jahrtausendwende n. Chr. in mehreren Phasen bewohnt. Damit war ein archäologischer Nachweis für die Sesshaftigkeit der Chatten in der Völkerwanderungszeit gegeben.[4]

1998 wurde in der Ortschaft Geismar nahe dem Westfuß des Eckerich der Nachbau einiger Häuser dieses Chattendorfs als Freilichtmuseum „Alt Geismar“ oder „Alt-Geismar“ () fertiggestellt.

Donareiche

Hölzernes Bonifatiusdenkmal im Dorf

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung des Orts erfolgte unter dem Namen Gaesmare im Jahr 723,[1] als Bonifatius in der Nähe die Donareiche, das Heiligtum der Chatten, fällen ließ. Manchen Interpretationen zufolge stand die Eiche auf dem Johanniskirchenkopf, nach vorherrschender Meinung jedoch auf dem heutigen Domplatz in Fritzlar, etwa 1,5 km vom alten Geismar entfernt.

Mittelalter und Neuzeit

Im Mittelalter gehörte das Dorf zur Grafschaft Maden und dann zur Landgrafschaft Hessen und lag unmittelbar im Grenzbereich zum mainzischen Fritzlar einerseits und zur Grafschaft Waldeck andererseits. Nach Geismar nannte sich ein von dort stammendes Geschlecht von Ministerialen der Grafen von Waldeck und der hessischen Landgrafen; es führte einen aufrechten Hirsch im Wappen.

Im Mittelalter wüst gefallene Siedlungen in der Gemarkung von Geismar waren Helnhausen, Niederndorf und Oberndorf.

Am 13. August 1525 hielt der aus Fritzlar verwiesene Pfarrer und Reformator Johann Hefentreger, der ab 1526 die leitende Rolle bei der Einführung der Reformation in der benachbarten Grafschaft Waldeck spielte, in der Kirche von Geismar seine Abschiedspredigt für seine Fritzlarer Anhänger.

Zum 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Geismar im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis in die Stadt Fritzlar eingemeindet.[5][6] Für Geismar wurde, wie für die übrigen Stadtteile, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[7]

Im Jahre 2023 feierte Geismar sein 1300-jähriges Bestehen. Eine 1300-Jahrfeier wurde vom 8. bis zum 11. Juni 2023 veranstaltet.

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Geismar 945 Einwohner. Darunter waren 15 (1,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 147 Einwohner unter 18 Jahren, 384 zwischen 18 und 49, 219 zwischen 50 und 64 und 165 Einwohner waren älter.[8] Die Einwohner lebten in 399 Haushalten. Davon waren 96 Singlehaushalte, 129 Paare ohne Kinder und 132 Paare mit Kindern, sowie 36 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 84 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 261 Haushaltungen lebten keine Senioren.[8]

Einwohnerentwicklung

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1575/85:38 Hausgesesse
• 1639:20 verheiratete, 12 verwitwete Hausgesesse, 6 Paar Beiwohner
• 1682:46 Hausgesesse
• 1735:79 Mannschaften
• 1742:81 12 Häuser
• 1747:87 Mannschaften
Geismar: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr  Einwohner
1834
  
801
1840
  
822
1846
  
814
1852
  
800
1858
  
721
1864
  
721
1871
  
676
1875
  
637
1885
  
689
1895
  
662
1905
  
624
1910
  
644
1925
  
669
1939
  
683
1946
  
1.068
1950
  
1.052
1956
  
941
1961
  
874
1967
  
921
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
945
2015
  
960
2020
  
969
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Fritzlar[9]; Zensus 2011[8]

Historische Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1861:713 evangelisch-reformierte, zwei evangelisch-lutherische, zwei unierte Einwohner
• 1885:687 evangelische (= 99,72 %), zwei jüdische (= 0,29 %) Einwohner
• 1961:818 evangelische (= 93,59 %), 52 katholische (= 5,95 %) Einwohner

Historische Erwerbstätigkeit

• 1961Erwerbspersonen: 180 Land- und Forstwirtschaft, 170 Produzierendes Gewerbe, 37 Handel und Verkehr, 48 Dienstleistungen und Sonstiges[1]

Politik

Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern.[7] Bei der Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat Geismar 66,17 %. Dabei wurden gewählt: ein Mitglied der SPD, zwei Mitglieder der CDU und vier Mitglieder dem Liste „Wir sind Geismar“ an.[10] Der Ortsbeirat wählte Michael Bräutigam zum Ortsvorsteher.[11]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kirche mit Außenmauern der früheren Wehrkirche
  • Evangelische Dorfkirche (erbaut 1743–1744): schlichte barocke Saalkirche, Nachfolgebau einer Wehrkirche
  • Bonifatiusdenkmal
  • „Alt-Geismar“, Nachbau eines chattischen Dorfs, basierend auf in der Nähe getätigten Ausgrabungen. Hier finden jährlich das örtliche Weinfest und der Weihnachtsmarkt statt.
  • Mineralquelle „Sauerbrunnen“ („Donarquelle“),[12] nordwestlich von Geismar an der Straße nach Züschen
  • Auf dem nahen Johanneskirchenkopf sind noch die Grundmauern der Johanneskirche sichtbar

Literatur

  • Literatur über Fritzlar-Geismar nach GND In: Hessische Bibliographie
  • Literatur über Geismar (Fritzlar) nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
  • A. Thiedmann: Die Siedlung von Geismar bei Fritzlar. Ausgrabungen und Forschungen in der vor- und frühgeschichtlichen Siedlung im Schwalm-Eder-Kreis. (Archäologische Denkmäler in Hessen, Heft 2.) Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden, 1978, 2. vollst. neubearb. Auflage 2000, ISBN 3-89822-002-8
  • Stadt Fritzlar (Hrsg.): 1250 Jahre Geismar. Geschichte eines kurhessischen Dorfes 723-1998. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen, 1998.

Weblinks

Commons: Geismar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Geismar, Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 1. Dezember 2022). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Domstadt Fritzlar – Zahlen Daten Fakten. Abgerufen am 15. Juli 2023.
  3. Geismar (Wüstung), Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Altgeismar. Geschichte. In: www.alt-geismar.de. Förderverein Altes Gehöft Geismar e. V., abgerufen am 29. November 2018.
  5. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 01, S. 5, Punkt 8; Abs. 58. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 392.
  7. a b Hauptsatzung. (pdf; 129 kB) § 8. In: Webauftritt. Stadt Fritzlar, abgerufen im Juli 2023.
  8. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 32 und 86, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  9. Haushaltsplan der Stadt Fritzlar 2022. Vorbericht. S. 32, abgerufen im Juli 2023.
  10. Ortsbeiratswahl Geismar. In: Votemanager. Stadt Fritzlar, abgerufen im Juli 2023.
  11. Stadtteil Geismar. In: Webauftritt. Stadt Fritzlar, abgerufen im Juli 2023.
  12. Quellenaltlas: Fritzlar-Geismar, Donarquelle

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