Gefingerter Lerchensporn

Gefingerter Lerchensporn

Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida)

Systematik
Eudikotyledonen
Ordnung:Hahnenfußartige (Ranunculales)
Familie:Mohngewächse (Papaveraceae)
Unterfamilie:Erdrauchgewächse (Fumarioideae)
Gattung:Lerchensporne (Corydalis)
Art:Gefingerter Lerchensporn
Wissenschaftlicher Name
Corydalis solida
(L.) Clairv.

Der Gefingerte Lerchensporn (Corydalis solida, Syn.: Corydalis bulbosa), auch Finger-Lerchensporn,[1] Vollwurz-Lerchensporn oder Fester Lerchensporn genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Lerchensporne (Corydalis) in der Unterfamilie der Erdrauchgewächse (Fumarioideae) innerhalb der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae). Sie ist in Eurasien verbreitet.

Beschreibung

Unterirdische Pflanzenteile
Illustration
Früchte
(c) Christian Fischer, CC BY-SA 3.0
Vergleich der Blütenstände von Gefingertem (links) und Hohlem Lerchensporn; man beachte insbesondere die Tragblätter, die bei Corydalis solida fingerförmig sind, bei Corydalis cava oval und ganzrandig
(c) Christian Fischer, CC BY-SA 3.0
Habitus des Gefingerten Lerchensporns
Gefingerter Lerchensporn

Erscheinungsbild und Blatt

Der Gefingerte Lerchensporn wächst als horstbildende, ausdauernde, krautige Pflanze. Der kahle, aufrechte, nicht verzweigte Stängel erreicht Wuchshöhen von 10 bis zu 20, selten auch 30 Zentimetern.[1] Dieser vorsommergrüne Geophyt besitzt eine braune, feste kugelige Wurzelknolle;[1] darauf verweist das Artepitheton solida (lat. für fest). Am Grund der Stängel sitzt ein schuppiges Niederblatt, in dessen Achsel oft ein steriler Ast sitzt.

Die blaugrünen Laubblätter bestehen aus drei tief eingeschnittenen Teilblättchen.

Blütenstand und Blüte

Die Blütezeit reicht von März bis Anfang Mai. Der endständige, traubige Blütenstand enthält bis zu fünfzehn gedrängt sitzende Blüten, die im Alter leicht überhängen. Die Tragblätter der Blüten sind eiförmig-lanzettlich und durch mehrere tiefe Einschnitte in fingerförmige Zipfel unterteilt (daher der deutsche Name Gefingerter Lerchensporn).

Die zwittrigen Blüten sind bei einer Länge von 10 und 20 Millimetern zygomorph. Kelchblätter fehlen. Die Farbe der Blütenkronblätter variiert von hellblau über blasslila bis zu stumpfem Purpurrot, selten sind sie auch weiß oder hellrot. Die Oberlippe der Blüte ist breit ausgerandet und besitzt einen flachen Saum. Die inneren Kronblätter sind auf dem Rücken flügelig gekielt und besitzen einen über die Spitze hinausgehenden Flügel. Der Sporn ist gerade und etwa so lang wie die restliche Blüte.

Frucht und Samen

Die Frucht ist eine etwa 1,5 bis 2 Zentimeter lange hängende scheidewandlose, zweiklappige Schote, die mehrere schwarze, nierenförmige Samen enthält.

Chromosomensatz

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 16.[2]

Ökologie

Gefingerte Lerchensporn handelt es sich um einen vorsommergrünen, hygromorphen Geophyten.[1]

Bis der Gefingerte Lerchensporn das erste Mal blüht, vergehen in der Regel mehrere Jahre. In der Sonne duftet der Gefingerte Lerchensporn stark. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten.[1] Dabei haben aber nur langrüsselige Insekten eine Chance, an den im Sporn des oberen Kronblattes verborgenen Nektar zu gelangen. Die kurzrüssligen Hummeln wählen daher oft eine Abkürzung und beißen den Sporn von außen auf.

Die Samen werden durch Ameisen ausgebreitet (Myrmechorie).[1] Dies wird durch Samenanhängsel (sogenannte Ölkörper) bewirkt, welche den Ameisen als Nahrung dienen. Die Ameisen schleppen die Samen in ihren Bau und nach dem der Ölkörper verzehrt ist, werden die Reste aus dem Bau entfernt. Nun können die Samen bei günstigen Bedingungen keimen.

Der Gefingerte Lerchensporn ist Nektarlieferant für den Zitronenfalter und Futterpflanze für die Raupe des Schwarzen Apollofalters.[1]

Vorkommen und Gefährdung

Der Gefingerte Lerchensporn ist ein europäisches Florenelement. Er ist in Mittel- und Nordeuropa sowie in Westasien (algerischer Atlas, Taurus und Libanon) verbreitet. Sein Areal erstreckt sich im Westen bis zu den Pyrenäen; nordwärts bis zum südöstlichen Schweden, südlichen Finnland und bis ins nördliche Russland; die Ostgrenze liegt im Wolga-Gebiet; im Süden kommt er nur in den europäischen Gebirgen vor.[3]

Er fehlt im mitteleuropäischen Tiefland, in den Mittelgebirgen mit Kalkgestein und im östlichen Teil Süddeutschlands in großen Gebieten, ebenso in den Nördlichen Kalkalpen und in den Zentralalpen; sonst ist er in Mitteleuropa sehr selten, er bildet dort aber an seinen Standorten meist individuenreiche Bestände.[4]

Der Gefingerte Lerchensporn gedeiht am besten auf etwas feuchten, leichten, lockeren, mullreichen, aber kalkarmen Lehmböden.[4] Der Gefingerte Lerchensporn gedeiht in Niederungen und in Höhenlagen bis zu maximal 2000 Metern. Er gedeiht in Mitteleuropa vor allem in lichten Laubmischwäldern, Waldrändern, Gebüschen und auch in warmen Auwäldern.[4] Er bevorzugt halbschattige Standorte, wo er oft in größeren Gruppen auftritt, die aber selten bestandsbildend sind. Er gedeiht in Mitteleuropa besonders in Gesellschaften der Verbände Carpinion, Fagion, Alliarion oder der Ordnung Prunetalia, aber auch im Geranio-Allietum des Verbands Fumario-Euphorbion kommt er vor.[5]

Der Gefingerte Lerchensporn ist wesentlich seltener als der Hohle Lerchensporn. In Deutschland wird er in den Bundesländern Sachsen und Niedersachsen in der Roten Liste der bedrohten Pflanzenarten als „gefährdet“ eingestuft. Insgesamt gilt er in Deutschland aber als ungefährdet.[1]

Entsprechend den ökologischen Zeigerwerten nach Ellenberg weist diese Schattenpflanze auf warmgemäßigtes See-/Kontinentales-Übergangsklima und gleichmäßig feuchte Gebiete hin. Das Vorkommen des Gefingerten Lerchensporns lässt auf nicht-saure, stickstoffreiche Böden schließen.

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+ (frisch), Lichtzahl L = 2 (schattig), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[6]

Toxikologie

Der Gefingerte Lerchensporn enthält, vor allem in der Knolle, giftige Alkaloide.[4] Es handelt sich um etwa 20 verschiedene Isochinolin-Alkaloide, die mittel bis stark giftig sind. Das toxikologisch bedeutsamste Alkaloid ist das (S)-Bulbocapnin.[7]

Systematik und Unterarten

Der Gefingerte Lerchensporn (Corydalis solida(L.) Clairv.) ist in der Literatur auch unter den Synonymen Corydalis digitata(Schrank) Pers. und Fumaria bulbosa var. solidaL. (Basionym) zu finden.

Es werden etwa sieben Unterarten des Gefingerten Lerchensporns (Corydalis solida) unterscheiden:

  • Corydalis solida subsp. solida
  • Corydalis solida subsp. laxa(Fries) Nordstedt, mit vorwiegender Verbreitung in Schweden, wird aber auch als Hybride von Corydalis pumila × Corydalis solida angesehen.[8]
  • Corydalis solida subsp. densiflora(C. Presl) Hayek, kommt nur in Süditalien, in Sizilien und in Algerien vor.[9]
  • Corydalis solida subsp. incisaLidén, kommt in den Gebirgen der Balkanhalbinsel in Griechenland im früheren Jugoslawien und in Albanien vor.[9] Sie hat die Chromosomenzahl 2n = 16.[2]
  • Corydalis solida subsp. oligantha(Trinajstić) Greuter & Burdet, kommt nur auf der Insel Brač in Dalmatien vor.[8]
  • Corydalis solida subsp. slivenensis(Velen.) Hayek, kommt in Bulgarien, im früheren Jugoslawien, in Griechenland und im europäischen Teil der Türkei vor.[9]
  • Corydalis solida subsp. subremotaPopov ex Lidén & Zetterlund, kommt in Sibirien (Krasnojarsk) vor.

Verwendung

In der chinesischen Medizin wird der Gefingerte Lerchensporn seit mehr als 1000 Jahren als Schmerzmittel eingesetzt. Die Wirkstoffe der Knolle werden in der Naturheilkunde als antibakteriell, beruhigend, nervenstärkend, krampflösend und halluzinogen angegeben.[10]

Gelegentlich wird der Gefingerte Lerchensporn auch als Zierpflanze in Gärten und in Parks genutzt. Er erobert auch schwierige Flächen schnell. Er benötigt nährstoffreiche Humusböden mit milder Feuchte.[11]

Quellen

  • Dietmar Aichele, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Wildwachsende Blütenpflanzen Mitteleuropas. 52. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1989, ISBN 3-440-05615-5.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Corydalis solida (L.) Clairv., Finger-Lerchensporn. FloraWeb.de
  2. a b Corydalis solida bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
  3. Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Spezieller Teil (Pteridophyta, Spermatophyta): Lycopodiaceae bis Plumbaginaceae. 2., ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 1993, ISBN 3-8001-3322-9, S. 334–336.
  4. a b c d Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. Band 2: Eibengewächse bis Schmetterlingsblütengewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1994, ISBN 3-440-06192-2.
  5. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 428.
  6. Corydalis solida (L.) Clairv. L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 23. März 2022.
  7. B. Bös: Das GIFTPFLANZEN.COMpendium, Zugriff Februar 2008.
  8. a b Jaakko Jalas, Juha Suominen (Hrsg.): Atlas Florae Europaeae. Distribution of Vascular Plants in Europe. 9. Paeoniaceae to Capparaceae. Akateeminen Kirjakauppa, The Committee for Mapping the Flora of Europe & Societas Biologica Fennica Vanamo, Helsinki 1991, ISBN 951-9108-08-4, S. 74–77.
  9. a b c Werner Greuter, Hervé-Maurice Burdet, Gilbert Long (Hrsg.): Med-Checklist. A critical inventory of vascular plants of the circum-mediterranean countries. Vol. 4: Dicotyledones (Lauraceae – Rhamnaceae). Conservatoire et Jardin Botanique, Genève 1989, ISBN 2-8277-0154-5, S. 272–273 (englisch). online.
  10. Corydalis solida bei Plants For A Future, abgerufen am 16. Mai 2018.
  11. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www2.tu-berlin.de Landschaftsökologie an der TU-Berlin, S. 6.

Weblinks

Commons: Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida) zwischen Dreieich-Götzenhain und Dreieich-Offenthal, Deutschland
CorydalisSolida+Cava.jpg
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Vergleich der Blütentraube von Gefingertem Lerchensporn (Corydalis solida) und Hohlem Lerchensporn (Corydalis cava). Die Arten sind insbesondere an der Form der Tragblätter unter den Blüten klar zu unterscheiden – fingerförmig bei C. solida, einfach ganzrandig bei C. cava. Der Fundort beider Pflanzen liegt eng beieinander. Dieser befindet sich zwar im Freiland außerhalb von Gärten, aber die Arten gelten im norddeutschen Tiefland allgemein als synanthrop (vom Menschen eingebracht). Wuchshöhe ca. 10–12 cm. Bei C. cava waren – typischerweise – auch weiß gefärbte Blütentrauben (zu etwa gleichen Anteilen) vertreten.
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Wurzelknollen von Corydalis solida, eigener Garten
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Corydalis solida (L.) Clairv., syn. Fumaria solida (L.) Mill.

Original Caption
Grosser Lerchensporn, Fumaria solida
CorydalisSolida1.jpg
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Habitus des Gefingerten Lerchensporns (Corydalis solida). Der Fundort liegt zwar im Freiland außerhalb von Gärten, aber die Art gilt im norddeutschen Tiefland allgemein als synanthrop (vom Menschen eingebracht). Wuchshöhe ca. 10 cm.
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Corydalis solida (cultivated), Germany.