Gebundene Rotation

Bei einer gebundenen Rotation ist vom Zentralkörper aus eine Seite des Satelliten ständig und die andere Seite – hier grün dargestellt – nie zu sehen.
Die Mondrückseite

Die gebundene Rotation (Drehung) ist ein Begriff aus der Astronomie und beschreibt ein Phänomen zwischen zwei einander eng umkreisenden Himmelskörpern: Die Eigendrehung des einen (i. d. R. masseärmeren) Himmelskörpers ist hier nicht unabhängig von der Umlaufperiode um den anderen Himmelskörper, sondern mit ihr gekoppelt.

Die gebundene Rotation ist oft anzutreffen zwischen Monden und ihren Planeten, zwischen Planeten und ihren Sternen sowie zwischen den beiden Sternen eines engen Doppelsternsystems. Der Erdmond ist in gebundener Rotation zur Erde, bei ihm war Gezeitenreibung die Ursache für seine Synchronisierung. In manchen Doppelsternsystemen bremsen starke Magnetfelder die Rotation, siehe AM-Herculis-Stern.

Eigenschaften

Bei der gebundenen Rotation ist die Rotationsperiode des Planeten bzw. Mondes gleich seiner Umlaufzeit um den Zentralkörper, die Rotationsachse steht etwa senkrecht auf der Bahnebene und der Drehsinn ist gleich. Das heißt, während eines Umlaufs wendet er dem Zentralkörper stets dieselbe Seite zu (vgl. erste Abb.).

In den meisten Fällen ist der Zentralkörper deutlich schwerer als sein Begleiter. Dann wirken seine hohen Gezeitenbeschleunigungen auf ein vergleichsweise geringes Massenträgheitsmoment dämpfend ein. Sind die Massen jedoch nicht sehr verschieden, so kann es sehr lange dauern, bis sich der Zustand der gebundenen Rotation einstellt. Bei ähnlichen Massen ist es wahrscheinlich, dass sich der gebundene Zustand langfristig bei beiden Körpern einstellt, sodass beide Körper sich jeweils stets dieselbe Seite zuwenden. Hier hat man eine doppelt gebundene Rotation. Der bisher bekannteste Fall einer doppelt gebundenen Rotation durch Gezeitenreibung ist das sehr enge System Pluto-Charon, die sich beide jeweils dieselbe Seite zeigen. In diesem Fall ist auch die Exzentrizität der Bahnen gering. Pluto und Charon waren die ersten und über längere Zeit die einzigen bekannten Körper im Sonnensystem mit einer doppelt gebundenen Rotation, bis im Kuipergürtel und im Asteroidengürtel ähnlich geartete Systeme gefunden wurden, wie etwa (90) Antiope mit ihrem Begleiter Antiope B.

Im Allgemeinen ist die Bahn kein genauer Kreis, also die Winkelgeschwindigkeit der Bahnbewegung nicht konstant und nur im Mittel gleich der Winkelgeschwindigkeit der Eigenrotation. Unter anderem dadurch sind z. B. im Laufe eines Monats auch schmale Randgebiete der Mondrückseite zu sehen, siehe Libration.

Spin-Orbit-Resonanz

Wenn die Umlaufbahn deutlicher exzentrisch ist, kann auch eine gebrochen-ganzzahlige Spin-Orbit-Resonanz stabil sein, also eine weitere Abbremsung der Rotation unterbleiben. Das Verhältnis der Umlaufperiode zur Rotationsperiode kann dann durch zwei kleine natürliche Zahlen ausgedrückt werden. Ein Beispiel hierfür ist die 3:2-Resonanz des Merkurs:

Das heißt, pro Umlauf (in 88 irdischen Tagen) vollführt Merkur drei halbe Umdrehungen. Merkur ist etwas länglich und seine Längsachse ist im Perihel jeweils radial ausgerichtet. Diese energetisch günstige Orientierung (siehe Stabilisierung) behält er in einem gewissen Bereich um das Perihel bei, da dort die Winkelgeschwindigkeit der Bahnbewegung sogar etwas größer ist als die der Rotation. Zur Stabilität der Resonanz trägt bei, dass die Gezeitenbeschleunigung (reziprok proportional zur dritten Potenz des Sonnenabstands) im Perihel etwa fünfmal so groß ist wie im Aphel.[1]

Bedeutung für extrasolare Planeten

Bisher ging man davon aus, dass bei Sternen, die kleiner sind als die Sonne, Planeten in einem potentiell lebensfreundlichen Abstand eine zum Stern gebundene Rotation aufweisen. Da hierbei auf der zentralsternenabgewandten Seite vorhandenes Wasser und eventuell die komplette Atmosphäre ausfrieren würde, sinkt wiederum die Wahrscheinlichkeit einer lebensfreundlichen Umgebung.

Der Entstehung von gebundener Rotation kann jedoch der Effekt der thermischen Gezeiten entgegenwirken, bei dem sich aufgrund der Trägheit bei der Aufheizung ein hinterherlaufender thermischer Gezeitenberg der Atmosphäre ausbildet. Dieser liegt nicht in direkter Linie zum Zentralgestirn. Dadurch wirkt die hinterherlaufende atmosphärische Masse durch die Gravitationskraft des Sterns als Impulsgeber. Bei der Venus verhindert dieser Effekt die gebundene Rotation zur Sonne. Neuere Annahmen gehen davon aus, dass selbst dünne, erdähnliche Atmosphären eine gebundene Rotation verhindern können, was die Wahrscheinlichkeit der Existenz von extraterrestrischem Leben erhöhen würde.[2]

Liste gebundener Monde und Himmelskörper

Sonnensystem

Bindung an die Erde

Bindung an den Mars

Bindung an Jupiter

Bindung an den Saturn

Bindung an den Uranus

Bindung an den Neptun

Bindung an Pluto

  • Charon (Pluto selbst ist ebenfalls an Charon gebunden)

Extrasolar

  • Die Rotation von Tau Boötis ist an die von Tau Boötis b gebunden.

Literatur

  • J. Audouze, Guy Israel: Cambridge Atlas of Astronomy. Cambridge University Press and Newnes Books, Cambridge 1985, ISBN 0-521-26369-7.
  • C. D. Murray, S. F. Dermott: Solar System Dynamics. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-57597-4.

Einzelnachweise

  1. Steven Dutch:Rings and Resonances. (Memento vom 12. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today).
  2. Rainer Kayser: Atmosphäre verhindert gebundene Rotation. Bei: WeltDerPhysik.de. 15. Januar 2015.

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Synchronous rotation.svg
Autor/Urheber: Smurrayinchester, Lizenz: CC BY-SA 3.0
A illustration demonstrating simple synchronous rotation. As the moon takes exactly one orbit to rotate one about its axis, the inhabitants of the planet will never be able to see the green side of the moon.
Moon Farside LRO.jpg
Far side of the moon, by NASA's Lunar Reconnaissance Orbiter. Orthographic projection centred at 180° longitude, 0° latitude.

Because the moon is tidally locked (meaning the same side always faces Earth), it was not until 1959 that the farside was first imaged by the Soviet Luna 3 spacecraft (hence the Russian names for prominent farside features, such as Mare Moscoviense). And what a surprise – unlike the widespread maria on the nearside, basaltic volcanism was restricted to a relatively few, smaller regions on the farside, and the battered highlands crust dominated. A different world from what we saw from Earth.

Of course, the cause of the farside/nearside asymmetry is an interesting scientific question. Past studies have shown that the crust on the farside is thicker, likely making it more difficult for magmas to erupt on the surface, limiting the amount of farside mare basalts. Why is the farside crust thicker? That is still up for debate, and in fact several presentations at this week's Lunar and Planetary Science Conference attempt to answer this question.

The Clementine mission obtained beautiful mosaics with the sun high in the sky (low phase angles), but did not have the opportunity to observe the farside at sun angles favorable for seeing surface topography. This WAC mosaic provides the most complete look at the morphology of the farside to date and will provide a valuable resource for the scientific community. And it's simply a spectacular sight!

The Lunar Reconnaissance Orbiter Camera (LROC) Wide Angle Camera (WAC) is a push-frame camera that captures seven color bands (321, 360, 415, 566, 604, 643, and 689 nm) with a 57 km swath (105 km swath in monochrome mode) from a 50 km orbit. One of the primary objectives of LROC is to provide a global 100 m/px monochrome (643 nm) base map with incidence angles between 55° and 70° at the equator, lighting that is favorable for morphological interpretations. Each month, the WAC provides nearly complete coverage of the Moon under unique lighting. As an added bonus, the orbit-to-orbit image overlap provides stereo coverage. Reducing all these stereo images into a global topographic map is a big job, which is being led by LROC Team Members from the German Aerospace Center (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt; DLR). Several preliminary WAC topographic products have appeared in LROC featured images over the past year (Orientale basin, Sinus Iridum). The WAC topographic dataset will be completed and released later this year.

The global mosaic released today is comprised of over 15,000 WAC images acquired between November 2009 and February 2011. The non-polar images were map-projected onto the GLD100 shape model (WAC derived 100 m/px DTM), while polar images were map-projected on the LOLA shape model. In addition, the LOLA-derived crossover-corrected ephemeris and an improved camera pointing provide accurate positioning (better than 100 m) of each WAC image.