Gebrüder Euler

Die Gebrüder Euler waren ein deutsches Orgelbauunternehmen mit Sitz in Gottsbüren, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkte.

Leben

Die Brüder Friedrich Wilhelm (* 7. September 1827 in Gottsbüren; † 21. Januar 1893 in Gottsbüren) und Heinrich Ludwig Euler (* 5. Januar 1837 in Gottsbüren; † 16. September 1906 in Gottsbüren) wurden als Söhne des Orgelbauers Balthasar Conrad Euler geboren und entstammten einer angesehenen Orgelbauerdynastie. Im September 1854 übertrug der Vater seinen beiden Söhnen offiziell die Geschäftsführung, zog sich aber erst um 1858 aus der Leitung zurück.[1] Unter dem Namen „Gebr. Euler“ führten sie als gemeinsame Inhaber die Werkstatt zu einer neuen Blüte und wurden im Jahr 1878 zu königlichen Hoforgelbauern ernannt.[2]

Conrad Friedrich Carl Euler (= Conrad II.) übernahm nach dem Tod seines Vaters Friedrich Wilhelm die Werkstatt, während sein Onkel Heinrich Ludwig sich zurückzog.[3] Conrad II. verlegte den Betrieb im Jahre 1910 nach Hofgeismar, wo er von seinem Sohn Friedrich Wilhelm Heinrich (1905 – 1970) und dann dem Enkel Friedemann Euler (* 1939) fortgeführt wurde. Das Familienunternehmen bestand in Hofgeismar bis gegen das Ende des 20. Jahrhunderts und galt mit insgesamt zwölf Generationen als Deutschlands ältestes Orgelbau-Unternehmen.[4]

1995 übernahm der Orgelbauer Elmar Krawinkel die ehemals Eulersche Werkstatt, er verlegte seinen Betrieb im Jahre 2000 nach Trendelburg-Deisel.[5]

Werk

Das Wirkungsfeld Eulers konzentrierte sich zunächst auf die Orgellandschaft Südniedersachsen, erstreckte sich ab etwa 1880 aber bis nach Ostwestfalen und Nordhessen.[6] Das Unternehmen hielt lange an der mechanischen Schleiflade fest. Um 1890 wurde eine pneumatische Kastenlade patentiert. Die Nachfahren der Gebrüder Euler gingen später zur pneumatischen Membranlade über, um sich schließlich wieder der mechanischen Schleiflade zuzuwenden.[7]

Werkliste (Auswahl)

Schwerpunkt der Werkliste sind die nachgewiesenen Neubauten.[8]

Kursivschreibung gibt an, dass die Orgel nicht oder nur noch das historische Gehäuse erhalten ist. In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand oder zu Besonderheiten.

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1859NegenbornKloster AmelungsbornI/P13nicht erhalten
1859KönigsdahlumSt. Johannis der TäuferI/P13
1859EverodeCäcilienkircheI/P10
1861HehlenImmanuaelkircheII/P14
1861BodenburgSt. Johannis der TäuferII/P16erhalten[9]
1862RühleEv. KircheI/P12
1862HoheEv. KircheII/P11
1862Bad GandersheimStiftskircheII/P341955–1956 Umbau durch Otto Dutkowski und 1973–1975 durch Schmidt & Thiemann; 1997 nach Heilige Familie (Berlin-Prenzlauer Berg) verkauft und dort 1998 durch Johannes Kirchner umgebaut und erweitert[10]; stark verändert erhalten[11]
1862BrevördeSt. UrbanI/P13Friedrich Wilhelm Euler, Ergänzung der Orgel von Andreas Schweimb (?, um 1690) um ein freies Pedal[12]
1864Greene (Einbeck)St. MartiniII/P21Umbau der Orgel von Andreas Schweimb (1687)[13]
um 1864Krückeberg (Hessisch Oldendorf)Ev. KircheII/P13
1865Braunschweig Aegidienkirche1944 zerstört[14]
1866SeesenSt.-Andreas-Kirche
II/P26in einem Gehäuse und unter Verwendung von Pfeifenwerk aus dem 18. Jahrhundert gebaut; Umbauten 1944 durch Friedrich Weissenborn, 1946–1948 durch Franz Dutkowski, 1966 durch Schmidt & Thiemann und 1999 durch Fischer & Krämer;[15] 2002–2003 Pfeifenwerk nach Rijssen verkauft und in einem neuen Gehäuse aufgestellt, verlorene Register durch Register der Orgel der Noorderkerk in Rijssen ersetzt; 2011 erweitert[16]
1866Wolfenbüttel St.-TrinitatiskircheII/P28nicht erhalten
1866Bad HarzburgMartin-Luther-KircheII/P17
1867BanslebenEv.-luth. KircheI/P91977 Umbau durch Schmidt & Thiemann; 1997 Restaurierung durch Thomas Hildebrandt; stark verändert erhalten[17]
1867Beierstedt Ev.-luth. KircheII/P141967 ersetzt[17]
1868BevernEv. KircheII/P17unter Einbeziehung von acht Registern aus der Vorgängerorgel; 1893 im Zuge des Kirchenneubaus Wiederaufbau in neuem Gehäuse durch Gebr. Euler; 1969 und 1992 restaurierende Arbeiten von Albrecht Frerichs[18]
1868SchöningenSt. VincenzII/P28
1868Lesse (Salzgitter)St. Petri und PauliII/P21
1868OpperhausenSt. UrbanusI/P11
1869Lutter am BarenbergeSt.-GeorgskircheII/P22
1870ThedinghausenEv. KircheII/P20
1870IldehausenEv. KircheII/P12
1873SchliestedtEv. KircheII/P11
1875Friedrichsthal (Saar) Evangelische Kirchenicht erhalten. Die alte Kirche musste 1895 abgerissen werden. Die Orgel wurde wieder bei der Firma Euler in Zahlung gegeben und diese wiederum mit einem Neubau für die neue Kirche beauftragt, der 1897 eingeweiht wurde.
1876–1877LunsenSt. Cosmas und DamianII/P23
1876–1877ZwergenEv. KircheI/P10zum großen Teil erhalten[19]
1877WarleEv. KircheII/P12
1878SchandelahSt. Georg
II/P13
1878BalhornEvangelische KircheII/P14oder 1895 durch Conrad II. Euler; zum großen Teil erhalten[20]
1878BurghaunMariae HimmelfahrtII/P20erhalten[21]
1878AltgandersheimEv. KircheII/P11im 20. Jahrhundert eingreifende Umdisponierung durch Peter Reichmann[22]
um 1878LippoldsbergEv. Kirche
III/P371959 Erweiterungsumbau durch Friedrich Euler (III/P/34)
1879Naumburg (Hessen)Ev. KircheII/P8Gemshorn 8′ auf eigener Lade; 1959 um ein Register erweitert; weitgehend erhalten[23]
zwischen 1860 und 1880GottstreuWaldenserkirche
I/P9im 20. Jahrhundert Umdisponierungen
1880DahlhausenLutherkircheII/P241956 Umsetzung nach Blomberg, Martin-Luther-Kirche; 1969 Renovierungsumbau durch Gustav Steinmann Orgelbau
1880–1881MengsbergEv. Kirche
1881GilserbergEv. Kirche
1882AsterodeEv. Kirche
1882RiddagshausenKloster RiddagshausenII/P20nicht erhalten
1884Broek op LangedijkDorpskerkII/P20Auftrag aufgrund einer Zeitungsanzeige; 1945 Umdisponierung durch Vermeulen[24]
1884Altenburg (Alsfeld)Ev. KircheII/P111974 ersetzt[25]
1885Nienburg/WeserSt. MartinII/P30
1885GewissenruhEv. Kirche
I/P61955 und 1979 Umdisponierungen
um 1885HeisebeckEv. KircheII/P14
1886SeesenSt. Andreas
II/P26
vor 1890Bad Gandersheim-ClusEv. KircheII/P12
zwischen 1870 und 1890GieselwerderChristuskirche
II/P13im 20. Jahrhundert Änderungen
1890SophientalSt. MartinII/P10weitgehend erhalten, 1947 und 2004 geringfügig umdisponiert.[26]
um 1890GoßfeldenEv. KircheII/P11erhalten[27]
1891–1892DinslakenEvangelische StadtkircheII/P15eingreifender Erweiterungsumbau der Orgel von Thomas Weidtman (1722; I/p/6) hinter dem alten Prospekt; nicht erhalten[28]
1897Friedrichsthal (Saar) Evangelische Kirchenicht erhalten. 1968 durch einen Neubau der Firma Eule (Bautzen) ersetzt.

Literatur

  • Karl Heinz Bielefeld: Orgeln und Orgelbauer in Göttingen. Pape Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-921140-75-8.
  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister: 1891–1991. Hrsg.: Bund Deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4.
  • Uwe Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. In: Acta Organologica. Band 30, 2008, S. 89–242.
  • Hans Römhild: Deutschlands ältestes Orgelbau-Unternehmen. In: Hessische Heimat. Band 17, Nr. 4, 1967, S. 110–116.
  • Eckhard Trinkaus, Gerhard Aumüller: Orgelbau im Landkreis Waldeck-Frankenberg. In: Friedhelm Brusniak, Hartmut Wecker (Hrsg.): Musik in Waldeck-Frankenberg. Musikgeschichte des Landkreises. Bing, Korbach 1997, ISBN 3-87077-098-8, S. 144–202.
  • Eckhard Trinkaus: Orgeln und Orgelbauer im früheren Kreis Ziegenhain (Hessen) (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 43). Elwert, Marburg 1981, ISBN 3-7708-0713-8.
  • Karl Wörner: Orgelbau in Gottsbüren (= Gottsbürener Blatter. Heft 1). Gottsbüren 1986.

Siehe auch

Commons: Gebrüder Euler organs in Germany – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bielefeld: Orgeln und Orgelbauer in Göttingen. 2007, S. 354.
  2. Trinkaus, Aumüller: Orgelbau im Landkreis Waldeck-Frankenberg. 1997, S. 332.
  3. Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1. 2009, S. 72.
  4. Hans Römhild: Deutschlands ältestes Orgelbau-Unternehmen. In: Hessische Heimat. Band 17, Nr. 4, 1967, S. 110–116.
  5. Homepage Orgelbau Krawinkel, eingesehen am 6. Juni 2011.
  6. Trinkaus: Orgeln und Orgelbauer im früheren Kreis Ziegenhain (Hessen). 1981, S. 333.
  7. Hermann Fischer: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister: 1891–1991. Hrsg.: Bund Deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0, S. 180.
  8. Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1. 2009, S. 72f.
  9. Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. 2008, S. 115.
  10. Berlin / Prenzlauer Berg – Heilige Familie – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 9. Februar 2022 (deutsch).
  11. Orgel in Berlin-Prenzlauer Berg, gesehen 29. Juli 2016.
  12. Gerhard Aumüller, Mads Kjersgaard, Wolfgang Wagner: Überlegungen zur Herkunft der Orgel in Brevörde (Weserbergland). In: Ars Organi. 54, 2006, S. 217–227.
  13. Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. 2008, S. 146f.
  14. Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. 2008, S. 120.
  15. Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. 2008, S. 203.
  16. Orgel in Rijssen, gesehen 14. Mai 2013.
  17. a b Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. 2008, S. 110.
  18. Orgel in Bevern, gesehen 29. Juli 2016.
  19. Orgel in Zwergen, gesehen 14. Mai 2013.
  20. Orgel in Balhorn, gesehen 14. Mai 2013.
  21. Orgel in Burghaun (Memento desOriginals vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bistum-fulda.de, gesehen 14. Mai 2013.
  22. Pape: Die Orgeln des Herzogtums Braunschweig vor 1810. 2008, S. 106.
  23. Orgel in Naumburg, gesehen 29. Juli 2016.
  24. Orgel in Broek op Langedijk, gesehen 29. Juli 2016.
  25. Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7, S. 58 f.
  26. Uwe Pape: Die Orgeln des Landkreises Braunschweig, Wolfenbüttel, 1968, S. 85.
  27. Orgel in Goßfelden, gesehen 29. Juli 2016.
  28. Orgel in Dinslaken, gesehen 14. Mai 2013.

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Orgel der Gebrüder Euler (1878 II/P 13) in der Dorfkirche St. Georg (Schandelah)[1]