Gebietsreform in Niedersachsen

Die kommunale Gebietsreform in Niedersachsen wurde von 1972 bis 1978 als Kreisreform durchgeführt. Gleichzeitig wurden viele Gemeinden aufgelöst und die Verwaltungsstrukturen geändert (Reform der Regierungsbezirke).

Im Gegensatz zu anderen Kreisreformen wurde diese nicht zu einem Stichtag, sondern schrittweise mittels mehrerer Gesetze, die die Neugliederung in verschiedenen Gebieten regelten und zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft traten, durchgeführt. Erste Erfahrungen wurden dabei mit dem Wennigsen-Gesetz gesammelt, das am 1. Januar 1970 in Kraft trat. Weitere Neugliederungsgesetze waren u. a.:

  • Achtes Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform
  • Braunschweig/Wolfenbüttel/Helmstedt/Peine/Salzgitter-Gesetz
  • Hannover-Gesetz
  • Harzgesetz
  • Northeim/Einbeck/Gandersheim-Gesetz
  • Osnabrück-Gesetz
  • Wolfsburg-Gesetz

Übersicht der Verwaltungsgliederung vor der Kreisreform

Vorbemerkung: Die kreisfreien Städte sind fett markiert.

Vor der Gebietsreform war Niedersachsen in 13 kreisfreie Städte und 57 Landkreise eingeteilt, die zu sechs Regierungs- und zwei Verwaltungsbezirken zusammengefasst waren.

Regierungsbezirk Aurich

Der Regierungsbezirk Aurich umfasste vor der Gebietsreform eine kreisfreie Stadt und vier Landkreise. Er wurde am 1. Februar 1978 Teil des neugegründeten Regierungsbezirks Weser-Ems.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
Aurich (Ostfriesland)Aurich (Ostfriesland)64980.316124AUR1. Aug. 1977
Emden6148.525795EMD
LeerLeer (Ostfriesland)1058135.813128LER
NordenNorden65682.871126NOR1. Aug. 1977
WittmundWittmund72056.71779WTM1. Aug. 1977

Der Landkreis Wittmund wurde am 1. Januar 1980 wieder neu gebildet.

Verwaltungsbezirk Braunschweig

Der Verwaltungsbezirk Braunschweig umfasste das Gebiet des ehemaligen Freistaats Braunschweig und gliederte sich vor der Gebietsreform in drei kreisfreie Städte und fünf Landkreise. Er wurde 1978 aufgelöst und mit Teilen anderer Regierungsbezirke zum Regierungsbezirk Braunschweig vereinigt, der noch bis 2004 bestand.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
BlankenburgBraunlage13114.159108BRL1. Juli 1972
Braunschweig77246.0943196BS
BraunschweigBraunschweig46393.424202BS1. März 1974
GandersheimBad Gandersheim52176.510147GAN1. Aug. 1977
Goslar6540.045616GS1. Juli 1972
GoslarGoslar30540.778134GS
HelmstedtHelmstedt691118.938172HE
Salzgitter213118.201555SZ
WolfenbüttelWolfenbüttel656122.153186WF

Am 1. Juli 1972 verlor der Landkreis Braunschweig seine Exklave Thedinghausen an den Landkreis Verden.

Regierungsbezirk Hannover

Der Regierungsbezirk Hannover umfasste vor der Gebietsreform zwei kreisfreie Städte und neun Landkreise. Er bestand bis zur Abschaffung der Regierungsbezirke in Niedersachsen am 31. Dezember 2004.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
Grafschaft DiepholzDiepholz116275.79765DH1. Aug. 1977
Grafschaft HoyaSyke1209117.22297SY1. Aug. 1977
Grafschaft SchaumburgRinteln44380.724182RI1. Aug. 1977
Hameln3847.4141248HM1. Jan. 1973
Hameln-PyrmontHameln58582.583141HM
Hannover135523.9413881H1. Nov. 2001
HannoverHannover499233.612468H1. Nov. 2001
Neustadt am RübenbergeNeustadt am Rübenberge583118.595203NRÜ1. März 1974
Nienburg/WeserNienburg/Weser1164102.45388NI
Schaumburg-LippeStadthagen34184.589248STH1. Aug. 1977
SpringeSpringe40870.386173SPR1. März 1974

Anmerkung: Die kreisfreie Stadt Hannover und der Landkreis Hannover wurden durch Landesgesetz zum 1. November 2001 zur Region Hannover zusammengeschlossen.

Regierungsbezirk Hildesheim

Zum Regierungsbezirk Hildesheim gehörten vor der Gebietsreform eine kreisfreie Stadt sowie elf Landkreise. Die Stadt Göttingen verlor bereits am 4. Juli 1964 ihre Kreisfreiheit. Am 1. Februar 1978 erfolgten die Auflösung des Regierungsbezirks und die Aufteilung auf die Regierungsbezirke Braunschweig und Hannover.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
Alfeld (Leine)Alfeld (Leine)48879.501163ALF1. Aug. 1977
DuderstadtDuderstadt22041.266188DUD1. Jan. 1973
EinbeckEinbeck31042.626138EIN1. März 1974
Göttingen108.9914. Juli 1964
GöttingenGöttingen507155.414307
Hildesheim3393.8002842HI1. März 1974
Hildesheim-MarienburgHildesheim643118.917185HI1. März 1974
HolzmindenHolzminden60680.352133HOL
MündenMünden32744.361136HMÜ1. Jan. 1973
NortheimNortheim74590.477121NOM
Osterode am HarzOsterode am Harz41084.957207OHA1. Nov. 2016
PeinePeine39698.012248PE
ZellerfeldClausthal-Zellerfeld53333.66163CLZ1. Juli 1972

Regierungsbezirk Lüneburg

Zum Regierungsbezirk Lüneburg gehörten vor der Reform drei kreisfreie Städte und neun Landkreise. Er bestand bis zur Abschaffung der Regierungsbezirke in Niedersachsen am 31. Dezember 2004.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
BurgdorfBurgdorf825137.724167BU1. März 1974
Celle4957.1551166CE1. Jan. 1973
CelleCelle1542104.86668CE
FallingbostelFallingbostel95863.22466FAL1. Aug. 1977
GifhornGifhorn1605135.63385GF
HarburgWinsen (Luhe)1348144.485107WL
Lüchow-DannenbergLüchow120950.62342DAN
Lüneburg4259.5161417LG1. März 1974
LüneburgLüneburg100163.36163LG
SoltauSoltau92465.11370SOL1. Aug. 1977
UelzenUelzen144695.92366UE
Wolfsburg3588.6552533WOB

Verwaltungsbezirk Oldenburg

Der Verwaltungsbezirk Oldenburg war auf dem Kerngebiet des ehemaligen Landes Oldenburg errichtet worden und umfasste drei kreisfreie Städte sowie sechs Landkreise. Am 1. Februar 1978 ging er im neugeschaffenen Regierungsbezirk Weser-Ems auf.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
AmmerlandWesterstede707104.095147WST
CloppenburgCloppenburg1365102.77075CLP
Delmenhorst4263.2661506DEL
FrieslandJever63193.233148FRI
Oldenburg (Oldenburg)103130.8521270OL
Oldenburg (Oldenburg)Oldenburg (Oldenburg)89484.73695OL
VechtaVechta76086.557114VEC
WesermarschBrake (Unterweser)88398.033111BRA
Wilhelmshaven60102.7321712WHV

Regierungsbezirk Osnabrück

Der Regierungsbezirk Osnabrück umfasste vor der Gebietsreform eine kreisfreie Stadt sowie acht Landkreise. Er ging am 1. Februar 1978 im neuen Regierungsbezirk Weser-Ems auf.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
Aschendorf-HümmlingAschendorf114676.07266ASD1. Aug. 1977
BersenbrückBersenbrück105482.91879BSB1. Juli 1972
Grafschaft BentheimNordhorn916111.161121NOH
LingenLingen (Ems)81680.14998LIN1. Aug. 1977
MelleMelle25440.851161MEL1. Juli 1972
MeppenMeppen103877.07874MEP1. Aug. 1977
Osnabrück61143.9052359OS
OsnabrückOsnabrück607139.556230OS
WittlageWittlage31428.02189WTL1. Juli 1972

Regierungsbezirk Stade

Zum Regierungsbezirk Stade gehörten vor der Reform eine kreisfreie Stadt und sieben Landkreise. 1978 wurde er Teil des Regierungsbezirks Lüneburg.

Stadt / LandkreisKreisstadtFläche
(in km²)
Einwohner
(1970)
Bev.-Dichte
(in E/km²)
Kfz-K.Auflösungsdatum
BremervördeBremervörde124172.41358BRV1. Aug. 1977
Cuxhaven4644.564969CUX1. Aug. 1977
Land HadelnOtterndorf86863.38973OTT1. Aug. 1977
OsterholzOsterholz-Scharmbeck61180.186131OHZ
Rotenburg (Wümme)Rotenburg (Wümme)84056.26367ROW1. Aug. 1977
StadeStade1263139.745111STD
VerdenVerden68289.455131VER
WesermündeBremerhaven116978.29267WEM1. Aug. 1977

Gesetze der Gebietsreform

Harzgesetz

Das am 1. Juli 1972 in Kraft getretene Harzgesetz sah neben der Verringerung der Gemeindeanzahl in Teilen der Landkreise Gandersheim, Goslar, Osterode am Harz, Wolfenbüttel, Blankenburg und Zellerfeld auch die Auflösung der letzten beiden vor.[1]

Osnabrück-Gesetz

Am 1. Juli 1972 in Kraft getreten, wurde der Landkreis Osnabrück durch eine Gebietsreform und die Fusion der vier Altkreise Bersenbrück, Melle, Wittlage und Osnabrück gegründet.[2]

Neben einer Verringerung der Gemeindeanzahl, sah dieses Gesetz auf Kreisebene folgende Veränderungen vor:

Wolfsburg-Gesetz

Durch das am 1. Juli 1972 in Kraft getretene Wolfsburg-Gesetz (offiziell: „Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Wolfsburg“) wurden in 1972 zwanzig umliegende Orte in die Stadt Wolfsburg eingemeindet. Dadurch überschritt die Einwohnerzahl der Stadt die 100.000-Grenze und Wolfsburg erlangte den Status einer Großstadt mit nahezu 131.000 Einwohnern. Die Stadtfläche vergrößerte sich auf diese Weise von 35 auf 204 km². Für die eingemeindeten Stadtteile wurden elf direkt gewählte Ortsräte mit jeweils einem Ortsbürgermeister eingerichtet. Das Wolfsburg-Gesetz regelte auch mehrere Gebietszusammenschlüsse im weiteren Umland.

Eingemeindete Orte

Eingegliedert in die Stadt Wolfsburg wurden aus dem Landkreis Gifhorn: die Stadt Fallersleben, und die Orte Almke, Barnstorf, Ehmen, Hattorf, Hehlingen, Heiligendorf, Mörse, Neindorf, Sandkamp und Sülfeld.

Und aus dem Landkreis Helmstedt wurden eingegliedert: die Stadt Vorsfelde, und die Orte Kästorf, Brackstedt, Neuhaus, Nordsteimke, Reislingen, Velstove, Warmenau, Wendschott

Braunschweig/Wolfenbüttel/Helmstedt/Peine/Salzgitter-Gesetz

Das Gesetz, am 11. Februar 1974 verkündet und ab 1. März 1974 in Kraft, lautet in § 23: Der Landkreis Braunschweig wird aufgelöst.

Auf kommunaler Ebene sah das Gesetz u. a. folgende Veränderungen vor:

Gesetz zum Raum Harburg

KönigsmoorOtterWelleTostedtWistedtTostedtHandelohUndelohDohrenHeidenauDohrenKakenstorfDrestedtWenzendorfHalvesbostelRegesbostelMoisburgHollenstedtAppelNeu WulmstorfRosengartenBuchholz in der NordheideEgestorfHanstedtJesteburgAsendorfMarxenHarmstorfBendestorfBrackelSeevetalLandkreis HarburgNiedersachsenLandkreis Rotenburg (Wümme)Landkreis HeidekreisLandkreis LüneburgLandkreis StadeFreie und Hansestadt HamburgSchleswig-HolsteinGödenstorfEyendorfVierhöfenGarlstorfSalzhausenToppenstedtWulfsenGarstedtStelleTespeMarschachtDrageWinsen
Lage der Gemeinde im Landkreis Harburg (anklickbare Karte)

Mit dem Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Harburg vom 23. Juni 1972 wurde die Anzahl der Gemeinden durch Zusammenschluss und Eingliederung verringert.

Im Landkreis Harburg entstanden die folgenden Gemeinden durch Zusammenschluss:

Im Landkreis Harburg wurden die Gemeinden

eingegliedert.

Nachfolgend schlossen sich Marschacht, Drage und Tespe zur Samtgemeinde Elbmarsch zusammen und Nenndorf benannte sich 1973 in Rosengarten um. Durch dieses Gesetz wurde der Minister des Inneren ermächtigt, weitere Zusammenschlüsse einiger Gemeinden durchzuführen.

Gesetz zum Raum Cuxhaven/Land Hadeln/Stade

Mit dem Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Cuxhaven/Land Hadeln/Stade vom 22. Juni 1972 wurde die Anzahl der Gemeinden durch Zusammenschluss und Eingliederung verringert.[4]

Im Landkreis Land Hadeln entstanden die folgenden Gemeinden durch Zusammenschluss:

Im Landkreis Land Hadeln wurden die Gemeinden

eingegliedert.

Im Landkreis Stade entstanden die folgenden Gemeinden durch Zusammenschluss:

Im Landkreis Stade wurden die Gemeinden

eingegliedert.

Die Samtgemeinde Bargstedt wurde aufgelöst.

Nachfolgend bildeten sich folgende Samtgemeinden (neu):

Northeim/Einbeck/Gandersheim-Gesetz

Hannover-Gesetz

Achtes Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform

Das Achte Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform trat am 1. August 1977 in Kraft und beendete die Kreisreform in Niedersachsen[5]

  1. a b Die beschriebenen Änderungen wurden am 1. Januar 1980 durch Wiedererrichtung der bisherigen Landkreise Ammerland, Friesland und Wittmund rückgängig gemacht.

Einzelne Zusammenschlüsse im Zuge der Gebietsreform in Niedersachsen

Siehe auch

Literatur

  • Marcus René Duensing: Die Gebiets- und Verwaltungsreform in Niedersachsen am Beispiel des Raumes Nienburg, Weser. Eigenverlag, 2006, ISBN 3-939667-00-5.
  • Georg-Christoph von Unruh: Gebiets- und Verwaltungsreform in Niedersachsen 1965–1978. Hannover 1978.
  • Matthias Blazek: Von der Landdrostey zur Bezirksregierung – Die Geschichte der Bezirksregierung Hannover im Spiegel der Verwaltungsreformen. ibidem-Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-89821-357-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Harzgesetz, stadt-braunlage.de.
  2. Landkreis Osnabrück feiert 50-jähriges Bestehen – Gründung durch Gebietsreform 1972
  3. Gudrun Pischke: Salzgitter – Geschichte und Gegenwart einer deutschen Stadt – 1942–1992. Hrsg.: Wolfgang Benz. Verlag C.H.Beck, München 1992, ISBN 3-406-35573-0, Salzgitter in der niedersächsischen Gebiets- und Verwaltungsreform, S. 480–497.
  4. Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Cuxhaven / Land Hadeln / Stade, 27. Juni 1972
  5. Achtes Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform vom 28. Juni 1977 Abgerufen am 31. August 2023.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Municipalities in WL.svg
Deutsch (de): Lagekarte von Landkreis Harburg in Niedersachsen, Deutschland.
English (en): Locator map of District of Harburg in Lower Saxony, Germany.
français (fr): Plan de localisation de l'arrondissement de Harburg dans le Land Basse-Saxe, Allemagne.
Nederlands (nl): Detailkaart van Landkreis Harburg in Niedersachsen, Duitsland.
Esperanto (eo): Situomapo de komunumo nekonata en Landkreis Harburg, Niedersachsen, Germanio.
മലയാളം (ml): ജർമ്മനിയിലെ Lower Saxony District of Harburg, ഭൂപടസ്ഥാനം.