Gasturbinenlokomotive

Erste Gastturbinenlok: Am 4/6 1101 der SBB

Gasturbinenlokomotiven sind Triebfahrzeuge der Eisenbahn, die als Hauptantrieb eine Gasturbine nutzen.

Geschichte

Gasturbinenlokomotive der Union Pacific Railroad

Die Idee der Gasturbinenlokomotive stammte aus der Schweiz, wo schon 1938 mit der SBB Am 4/6 1101 ein weltweit erstes Fahrzeug zu Versuchszwecken gebaut wurde.[1] Im Gegensatz zur Diesellokomotive war bei Gasturbinenlokomotiven auch die Verbrennung von billigem Schweröl möglich, das seinerzeit in den Erdölraffinerien als Abfallprodukt anfiel. Das vergleichsweise geringe Leistungsgewicht der Gasturbine versprach zudem den Bau sehr starker Lokomotiven, die gegenüber ölgefeuerten Dampflokomotiven in Leistung und Wirtschaftlichkeit überlegen sein würden. Als Ende der 1960er Jahre die Herstellungskosten für Bunkeröl C dank verbesserter Technologien in den Raffinerien stiegen, wurde der Betrieb von Gasturbinenlokomotiven unwirtschaftlich. Eine Weiterentwicklung der Fahrzeuge unterblieb daher.

Französische 040 GA
English Electric GT3

In den späten 1940er Jahren zeigte die US-amerikanische Eisenbahngesellschaft Union Pacific Railroad Interesse an der Technologie. Unter Mitwirkung von General Electric (GE) baute die American Locomotive Company (ALCO) den Prototyp GE 101, den die Union Pacific 1948 in Dienst stellte und als UP 50 bezeichnete. Eine erste Bauserie von 10 Lokomotiven wurde ab 1952 ausgeliefert, weitere 45 Gasturbinenloks folgten bis 1961. Die United Aircraft Corporation entwickelte in den 1960er Jahren für den Northeast Corridor (WashingtonNew YorkBoston) Hochgeschwindigkeitszüge mit Gasturbinenantrieb. Die UAC TurboTrains bestanden aus je zwei Triebköpfen und einer unterschiedlichen Zahl von Zwischenwagen. Fünf dieser Züge orderte die Canadian National Railway (CN).

Im Jahr 1952 stellte die französische Firma Régie Nationale des Usines Renault (RNUR) mit der 040 GA eine erste Gasturbinenlok vor. Auf dieses Einzelstück folgten 1959 und 1961 die zwei Lokomotiven der Baureihe CC 80000. Ihren Durchbruch in Frankreich erzielte die Technik mit den Turbotrains genannten Triebzügen der Baureihen ETG und RTG. Nachfolger des Prototyps TGV 001 wurden jedoch die elektrischen TGV-Hochgeschwindigkeitszüge.

Gasturbinen-Triebkopf der Baureihe 602 (1984)

1949 bauten die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) und Brown Boveri eine Lok, deren Elektromotoren ihre Energie von einer Gasturbine bezogen (Nr. 18000); 1951 baute Metropolitan-Vickers ebenfalls eine Maschine (Nr. 18100) mit turboelektrischem Antrieb. Die 18000 wurde von den British Railways (BR) bis 1960 vor Schnellzügen eingesetzt. Mit der English Electric GT3 entstand 1961 in Großbritannien eine Gasturbinenlokomotive mit mechanischen Antrieb, die äußerlich an eine Dampflok erinnerte. Da die BR keinen weiteren Bedarf für Turbinenlokomotiven sahen, wurde das Konzept nicht weiter verfolgt. 1975 wurde mit dem ATP E ein Gasturbinen-Triebzug vorgestellt, der aber nicht in Serie ging.

V 169 001 mit Computernummer als 219 001 (1976)

In Deutschland griff man Anfang der 1970er Jahre auf die Gasturbinentechnik zurück. Zur Steigerung ihrer Leistung wurden bei vier Triebköpfen der Baureihe VT 11.5 (TEE-Triebzüge) die Fahrdieselmotoren durch Gasturbinen ersetzt (Baureihe 602). Für den schweren Reisezugdienst auf der nicht elektrifizierten, bogenreichen Bahnstrecke Buchloe–Lindau entstanden acht Lokomotiven der Baureihe 210. Sie wiesen eine Gasturbine auf, die bei erhöhtem Leistungsbedarf zugeschaltet werden konnte. Diese Technik wurde bereits seit 1965 im Erprobungsträger V 169 001 getestet.

Nachdem die Gasturbinentechnik von den Gleisen bereits verschwunden war, zeigten die Russischen Eisenbahnen (RŽD) in den 2000er Jahren wieder Interesse daran. 2007 entstand mit der ГT1-001 eine erste Versuchslokomotive, der 2013 mit der ГT1h-002 die erste Serienlokomotive der Baureihe ГT1 folgte.

Bauarten

Weblinks

Commons: Gasturbinenlokomotive – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Frédéric Didelot: 040 GA et 060 GA: Des prototypes sans descendance. In: Ferrovissime. Mai/Juin 2019, Nr. 99, 2019, S. 12 ff.

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SNCF 040 GA 1
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The British Rail APT-E in the RTC sidings between tests in 1972.
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Preserved GWR/BR(W)/Brown Boveri 2,500 hp A1A-A1A Gas Turbine prototype No.18000 in BR green livery, at Barrow Hill, 8/08. As in so many things, the GWR did things diferently when contemplating a replacement for steam in the immediate post-war years. Whereas the LMS and SR went for diesel electric, and the LNER and SR went for electric locomotives, the GWR decided to go for gas-turbine power. 18000 was the first of two prototypes, neither being delivered until after Nationalisation. The second prototype was Metro-Vick built and of a different design. Neither showed GT power to be the answer to repace steam!
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UAC Turbotrain at New Haven, CT on July 4, 1969
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DB-Gasturbinentriebkopf Baureihe 602 1984 im AW Nürnberg
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DB 219 001 im Ruhrgebiet
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GT3 locomotive on shed at Leicester with myself and other trainspotters. Not sure of exact date,but sometime in 1961
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Внешний вид газотурбовоза ГТ1
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Gasturbinenlokomotive Am 4/6 von Brown, Boveri & Cie.
26.08.89 Nevers T1009.jpg
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Turbotrain class T1000 (ETG) set T1009 is seen at Nevers between workings on 26 August 1989. The incoming service was train E5872, 09:41 Lyon Perrache to Nevers. A couple of hours later it would form train E5983, 15:01 Nevers to Dijon Ville.