Garantenpflicht

Garantenpflicht bezeichnet im Strafrecht die Pflichten, dafür einzustehen, dass ein bestimmter tatbestandlicher Erfolg nicht eintritt (vergleiche zum deutschen Strafrecht § 13 StGB). Sie ist Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Unterlassens, soweit es sich um ein sogenanntes unechtes Unterlassungsdelikt handelt. Die verpflichtete Person heißt Garant. Die (Verletzung der) Garantenpflicht gehört zu den Rechtswidrigkeitsmerkmalen.

Garantenstellung

Die Garantenpflicht wird durch die Garantenstellung begründet. Diese setzt gemäß § 13 StGB das Bestehen einer besonderen Pflichtenstellung auf tatbestandlicher Ebene voraus. Die einzelnen sie begründenden Umstände sind ungeschriebene Tatbestandsmerkmale der unechten Unterlassungsdelikte. Die Entsprechungsklausel des § 13 StGB verlangt, dass positives Tun und Unterlassen eines Tuns gleichwertig sind, damit die Garantenstellung rechtserheblich werden kann.

In der sogenannten Funktionenlehre werden zwei grundsätzliche Arten von Garantenstellungen angenommen, die wiederum verschiedene Entstehungsgründe haben können. Diese werden insbesondere mit der Rechtsquellenlehre bestimmt. Weniger bedeutend ist die Soziologische Garantenlehre, welche die Garantenstellung aus den gesellschaftlichen Norm- und Moralvorstellung abzuleiten versucht. In der Lehre vom Rekurs auf einzelne Grundelemente wird versucht, in den Garantenstellungen die substanziellen Kernelemente zu identifizieren.

Garantenstellung nach der Funktionenlehre

Rechtspflicht zum Schutz von Rechtsgütern (Beschützergarant)

Die Garantenstellung kann sich daraus ergeben, dass eine Person in einer Pflichtenposition steht, in der sie dafür einzustehen hat, dass ein bestehendes Rechtsgut vor Schäden geschützt wird. Diese kann sich ergeben aus:

im § 323c StGB.

Rechtspflicht zum Schutz vor einer bestimmten Gefahrenquelle (Überwachergarant)

Die Garantenstellung kann auch gegeben sein, wenn eine Person in einer Pflichtenposition steht, in der sie dafür einzustehen hat, dass sich die Gefahren, die von einer bestimmten Gefahrenquelle ausgehen, nicht realisieren. Sie kann sich z. B. ergeben aus:

  • Verkehrssicherungspflichten (auch freiwillige Übernahme von Sicherungspflichten) z. B. Haus-/Grundstückseigentümer, Kfz-Halter, Hundehalter,
  • dem Inverkehrbringen gefährlicher Gegenstände,
  • der Pflicht zur Beaufsichtigung Dritter, z. B. über einen Gefangenen, psychisch Kranken (nicht unter Ehegatten)
  • pflichtwidrigem gefährlichem Vorverhalten (Ingerenz), z. B. der den Unfall pflichtwidrig verursachende Kraftfahrer

Garantenstellung nach der Rechtsquellenlehre

Nach der Rechtsquellenlehre kann sich die Garantenstellung insbesondere aus dem Gesetz und sonstigen Normen oder einem Vertrag ergeben:

Beispiele mit Rechtsquellenangabe:

  • Eltern als Garant für ihre Kinder (§ 1626 BGB)
  • Garantenstellung von Ehegatten (§ 1353 BGB), analog auch anwendbar auf sonstiges enges Gemeinschafts- und Vertrauensverhältnis
  • Geschäftsführer/Vorstand einer Gesellschaft (z. B. § 43 GmbHG)
  • Verpflichtungen zur Verantwortung aus Vertrag (z. B. Erzieher oder Erzieherin, Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen)
  • Verpflichtungen im Rahmen einer freiwilligen Übernahme im Rahmen einer Gefahrengemeinschaft (vgl. § 705 ff. BGB, z. B. gemeinsame Bergexpedition)
  • Garantenstellung aus Eröffnung und Beherrschung von Gefahrenquellen (Arbeitsschutz-, Verkehrsordnung-, Umweltschutzvorschriften etc.)
  • Ingerenz: pflichtwidriges Vorverhalten, z. B. unerlaubter Ausschank von Alkohol an erkennbar Betrunkene (§ 20 Nr. 2 GastG)

Literatur

  • Karl Lackner, Kristian Kühl: Strafgesetzbuch (StGB). Mit Erläuterungen. 23. Auflage. C.H. Beck, München 1999, ISBN 3-406-44937-9.
  • Johannes Wessels, Werner Beulke: Strafrecht Allgemeiner Teil. Die Straftat und ihr Aufbau. 36. Auflage. C.F. Müller Verlag, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-811-48016-2.
  • Armin Kaufmann: Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte. Schwartz, Göttingen 1959.

Weblinks