Garçonne (Frauentyp)
Garçonne ist eine Bezeichnung für einen androgynen Frauentyp. Der Begriff wurde abgeleitet von dem französischen Wort „Garçon“ für „Junge“.
Geschichte des Begriffs
Der Begriff „Garçonne“ tauchte erstmals 1892 in den Werken des französischen Schriftstellers Joris-Karl Huysmans auf. In Frankreich etablierte er sich durch den Roman La Garçonne von Victor Margueritte aus dem Jahr 1922, der im Deutschen Die Aussteigerin heißt. Die Hauptfigur in diesem Roman trägt kurze Haare sowie schlichte, männliche Kleidung und pflegt sexuelle Beziehungen zu beiden Geschlechtern. Die Garçonne von Margueritte ist ein moderner, emanzipierter Frauentypus der Nachkriegszeit und hat „einiges gemeinsam mit den verstörten Kriegsveteranen, die sich aufgrund ihres persönlichen Schocks mit Sex und Drogen betäuben“.[1] Der Roman von Margueritte war in Frankreich stark umstritten und eine Verfilmung von 1923 kam dort nicht in die Kinos.[1] Schon zuvor war der Begriff Garçonne in der Pariser Gesellschaft ein Synonym für eine lesbische Frau, der aber positiver konnotiert war als andere, herabwürdigende Bezeichnungen. Bekannteste Vertreterin einer Garçonne war in der Zwischenkriegszeit die Sportlerin Violette Morris.
Als Synonym für eine lesbische Frau wurde der Begriff auch in der deutschen Lesbenbewegung der Weimarer Republik aufgenommen. So erschien die einflussreiche lesbische Zeitschrift Frauenliebe ab 1930 bis zu ihrem Verbot 1933 unter dem Titel Garçonne, und 1931 gründete Susi Wannowsky die Lesbenbar Garçonne in der Berliner Kalckreuthstraße. Hier wurde der Stil zugleich klassistisch aufgeladen: Während die Garçonne als maskuliner Frauentyp vor allem durch lesbische Frauen der Mittel- und Oberschicht rezipiert wurde, war das Analogon von Frauen der Unterschicht der deutlich robustere Typus der „virilen Frau“, der motivisch später in der „Butch“ wiederkehrte.[2]
Die Bezeichnung Garçonne wurde in der Folge in der Modewelt aufgegriffen. Bereits in den Illustrationen von Kees van Dongen war die Garçonne weitgehend von einem emanzipatorischen Anspruch befreit. Bei Designern wie Paul Poiret und Coco Chanel wurde sie zum Sinnbild der modischen Frau mit „cheveux á la garçonne“ (Bubikopf) und korsettfreier Kleidung, weitere Accessoires waren Männerhüte, Krawatten und Monokel.[3] „Die Garçonne steht für Konsum, Erfolg, Mobilität, davon zeugen auch die Werbegrafiken, die eine Frau mit Kurzhaarfrisur am Steuer eines Autos zeigen.“[1] Im englischsprachigen Raum entstand in den 1920er-Jahren der entsprechende Begriff Flapper für moderne, selbstbewusste Frauen, bei denen allerdings der explizite männliche Anstrich fehlte. Im deutschsprachigen Raum entsprach die Schauspielerin Marlene Dietrich dem Typus einer Garçonne, der als Begriff auch in die Filmwelt Eingang fand.[4]
Seit den 1970er-Jahren verwenden Modedesigner die Begriffe Garçonne oder à la Garçonne, um maskulin anmutende Mode für Frauen zu charakterisieren. Auslöser dieses Trends war Yves Saint Laurent, der 1975 einen Smoking für Frauen kreierte.[5]
Literatur
- Julia Drost: La Garconne. Wandlungen einer literarischen Figur (= Ergebnisse der Frauen- und Geschlechterforschung an der Freien Universität Berlin). Wallstein, Göttingen 2003, ISBN 978-3-89244-681-1.
- Stefanie Bung: Garçonnes à la mode im Berlin und Paris der zwanziger Jahre (= Querelles : Jahrbuch für Frauen- und Geschlechterforschung). Wallstein, Göttingen 2006, ISBN 3-8353-0020-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c Stefanie Hartmann: Rebellin und Mode-Ikone der 20er Jahre - Julia Drosts "La Garçonne. Wandlungen einer literarischen Figur". In: literaturkritik.de. 1. Oktober 2004, abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Ilse Kokula: Lesbisch leben von Weimar bis zur Nachkriegszeit In: Berlin-Museum (Hrsg.): Eldorado. Homosexuelle Frauen und Männer in Berlin 1850–1950., 1984, ISBN 3-88725-068-0, S. 149
- ↑ Rauchen, Sporteln und Monokeln. In: stern.de. 12. Februar 2008, abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ Garçonne - Lexikon der Filmbegriffe. In: filmlexikon.uni-kiel.de. Abgerufen am 23. April 2020.
- ↑ „Yves Saint Laurent gab den Frauen Power“. In: vogue.de. 14. März 2017, abgerufen am 23. April 2020.
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© The Museum at FIT.A publicity photo of Louise Brooks published in Stars of the Photoplay: Art Portraits of Famous Film Favorites with Short Biographical Sketches (1930). The accompanying description reads:
"It was as a dancer with Ruth St. Denis and in the George White's 'Scandals' that Louise Brooks first came to the attention of the public. She was born in Wichita Kansas, in 1909, and entered pictures with Paramount in 1925. With the advent of the talkies, Louise went to Germany to make pictures, returning later to this country. She is 5 feet 2 inches tall, weighs 120 pounds and has black hair and brown eyes. She was married to Director Eddie Sutherland in 1926 and divorced from him in 1928."
Morocco (film) 1930. Josef von Sternberg, director. Marlene Dietrich with top hat. Paramount Pictures.