Gail Halvorsen

Gail Halvorsen anlässlich des 40. Jahrestages der sowjetischen Blockade von Berlin, 1989
Kinder beobachten die Landung einer C-54 am Flughafen Berlin-Tempelhof, 1948
Gail Halvorsen auf dem Flughafen Tempelhof, 1983
Gail Halvorsen bindet Süßigkeiten an kleine Fallschirme
Gail Halvorsen bei der Einweihung der Gail-S.-Halvorsen-Schule, 15. Juni 2013

Gail Seymour „Hal“ Halvorsen (* 10. Oktober 1920 in Salt Lake City; † 16. Februar 2022 in Provo) war ein Pilot der United States Air Force. Er flog 1948/49 während der Berliner Luftbrücke („Operation Vittles“) und wurde als Pilot eines Rosinenbombers zuerst in Berlin, später unter der englischen Bezeichnung Candy Bomber, weltweit berühmt. Von 1970 bis 1974 war Halvorsen Kommandant des Flughafens Tempelhof. Er war Oberst a. D. und Ehrenmitglied von CARE Deutschland-Luxemburg. Als er am 31. August 1974 in den Ruhestand verabschiedet wurde, hatte er mehr als 31 Jahre Militärdienst und mehr als 8000 Flugstunden geleistet.[1]

Rosinenbomber

Halvorsen war der erste Pilot, der vor der Landung auf dem Flughafen Tempelhof im US-Sektor Berlins für die dort neugierig auf kleinen Trümmerbergen auf der Neuköllner Seite wartenden Kinder an kleinen Fallschirmen befestigte Süßigkeiten abwarf. Diese Aktionen („Operation Little Vittles“ – Operation Kleiner Proviant) brachten den an der Luftbrücke beteiligten Piloten und Flugzeugen den Namen „Rosinenbomber“ (in den USA „Candy Bomber“) ein.[2] Da die Flugzeuge in Tempelhof im 90-Sekunden-Takt einflogen, konnten die wartenden Kinder seine Maschine vom Boden aus nicht von den anderen unterscheiden. Er ließ die Kinder deshalb wissen, dass er beim Anflug mit den Tragflächen „wackeln“ würde, um sich zu erkennen zu geben. Das brachte Halvorsen den Spitznamen „Onkel Wackelflügel“ (Uncle Wiggly Wings) ein.

Diese Aktionen wurden bald von der Presse aufgegriffen und publiziert. Dies löste eine Welle der Unterstützung aus, Halvorsen und seine Crew hatten bald täglich 425 Kilo Süßigkeiten zum Abwurf zur Verfügung. Zum Ende der Luftbrücke hatten insgesamt etwa 25 Flugzeugbesatzungen 23 Tonnen Süßigkeiten über Berlin abgeworfen. Als Motiv für den Abwurf von Schokolade, Kaugummi und anderen Süßigkeiten äußerte Halvorsen, dass er es getan habe, um den an Not und Entbehrungen gewöhnten Kindern im zerbombten Berlin eine Freude zu machen. Viele Zeitzeugen sind sich einig, dass diese Aktionen das Bild der US-Amerikaner im Nachkriegsdeutschland maßgeblich positiv beeinflusst haben.

2004 plante der inzwischen über 80-jährige Gail Halvorsen eine mit den „Rosinenbombern“ vergleichbare Aktion für die Kinder im Irak. Die Idee entstand bei einem Vortrag, den er an der Universität von Dayton in Ohio hielt. In der anschließenden Diskussion entstand die Idee, Süßigkeiten über Schulhöfen im Irak abzuwerfen. Unterstützung für dieses Projekt wurde aus der Wirtschaft und Hilfsorganisationen zugesagt. Die Genehmigung der US-Armee wurde ihm nicht erteilt.

Bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Endes der Luftbrücke flog Halvorsen im Mai 2009, diesmal als Passagier, erneut in einem „Rosinenbomber“ über das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof und warf rund 1000 Schokoladenpäckchen über dem Rollfeld ab.[3]

Ehrungen

1974 wurde Gail Halvorsen das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und der hohe US-amerikanische Militärorden Legion of Merit verliehen. Bei den Olympischen Winterspielen 2002 in seiner Heimatstadt Salt Lake City trug er auf Einladung der deutschen Mannschaft das Namensschild mit der Aufschrift „Germany“ bei der Eröffnungsfeier ins Stadion.

Im September 2008 führte Halvorsen unter dem Jubel zehntausender Zuschauer als Grand Marshal der traditionsreichen German-American Steuben Parade in New York City den Festzug auf der Fifth Avenue an. In diesem Rahmen verlieh ihm der damalige hessische Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Volker Hoff, den Hessischen Verdienstorden.

Im Oktober 2008 schlug die Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirks Steglitz-Zehlendorf vor, Halvorsen zum Ehrenbürger Berlins zu ernennen.[4] Das lehnte der Berliner Senat 2011 mit der Begründung ab, man wolle „unter all jenen, die damals die Versorgung Berlins gesichert haben“ und derer man bereits mit jährlichen Veranstaltungen gedenke, keine Einzelperson herausheben, zumal Halvorsen bereits das Bundesverdienstkreuz bekommen habe.[5]

Am 15. Juni 2013 wurde im Berliner Stadtteil Dahlem eine Sekundarschule nach Halvorsen benannt: Die ehemalige 9. Integrierte Sekundarschule – 2011 aus der Fusion der Alfred-Wegener-Oberschule und der Beucke-Oberschule hervorgegangen – trägt seitdem den Namen „Gail S. Halvorsen Schule“.[6] Der seinerzeit 92-jährige Namensgeber enthüllte in einem Festakt persönlich das Namensschild. Damit erinnert, neben der Clay-Schule, eine zweite Berliner Schule mit ihrem Namen an die Zeit der Berliner Luftbrücke. Zugleich wurde zum fünften Mal eine Berliner Schule nach einem noch lebenden Namensgeber benannt.[7][8]

2015 wurde er mit der Lucius D. Clay Medaille geehrt. Gail Halvorsen war zudem ab dem 24. November 2016 Ehrenmitglied von CARE Deutschland-Luxemburg.[9]

Aus Anlass des 70. Jahrestages nahm Halvorsen, inzwischen 98-jährig, am 12. Mai 2019 noch einmal an den Feierlichkeiten auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof teil.[10] Im Rahmen des Jahrestags wurden die ehemaligen Baseballplätze der Air Base auf dem ehemaligen Flugplatz Tempelhof, die heute von der Baseball- und Softball-Abteilung der Turngemeinde in Berlin genutzt werden, in Gail S. Halvorsen Park umbenannt.

Privatleben

Halvorsen war in erster Ehe von 1949 bis zu deren Tod 1999 mit Alta Jolley verheiratet.[11] Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.[11] Seine zweite Frau war Lorraine Pace.[12]

Im Dezember 2020 erkrankte Halvorsen an COVID-19, erholte sich aber schnell davon.[13][14] Am 16. Februar 2022 starb Gail Halvorsen im Utah Valley Hospital in Provo[15] im Alter von 101 Jahren.[16][17]

Literatur

  • The Berlin Candy Bomber. Horizon Publishers, Bountiful, UT, 1990, ISBN 0-88290-361-6. – 3. Auflage: Horizon Publishers, Springville, UT, 2004, ISBN 0-88290-616-X.
  • Deutsche Übersetzung: Kaugummi und Schokolade. Die Erinnerungen des Berliner Candy Bombers. Edition Grüntal, Berlin 2005, ISBN 3-938491-02-7.
  • Andrei Cherny: The Candy Bombers. The Untold Story of the Berlin Airlift and America's Finest Hour. Berkley Caliber, New York, 2009, ISBN 978-0-399-15496-6

Weblinks

Commons: Gail Halvorsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. About Gail S Halvorsen (Memento vom 5. Mai 2021 im Internet Archive)
  2. Wolfgang Julien Huschke: Die Rosinenbomber: die Berliner Luftbrücke 1948/49 ; ihre technischen Voraussetzungen und deren erfolgreiche Umsetzung. Berliner Wissenschafts-Verlag, 2. Aufl. 2008, ISBN 978-3-8305-1485-5
  3. Frauke Lübke-Narberhaus: Es regnet wieder Schokolade, Berliner Zeitung vom 13. Mai 2009, abgerufen am 1. Juli 2015.
  4. Luftbrückenpilot soll Ehrenbürger werden, Berliner Zeitung vom 16. Oktober 2008, abgerufen am 1. Juli 2015.
  5. Andreas Beyerlein: Keine Ausnahme für den Candy-Piloten, Berliner Zeitung vom 12. Mai 2011, abgerufen am 1. Juli 2015.
  6. Gail S. Halvorsen Schule – Integrierte Sekundarschule mit gymnasialer Oberstufe in Berlin-Dahlem. Abgerufen am 24. Juni 2020.
  7. Andreas Beyerlein: Pilot Gail S. Halvorsen: Ein Held zum Anfassen, Berliner Zeitung vom 15. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2015.
  8. Franziska Felber: Zehlendorf feiert die Gail Halvorsen Schule, Der Tagesspiegel vom 15. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2015.
  9. 70 Jahre CARE-Paket: Abschluss des Jubiläumsjahres. care.de, 25. November 2016, archiviert vom Original am 22. Dezember 2016;.
  10. Candy-Bomber kommt zum Jubiläum: 70 Jahre Luftbrücke. MOZ.de, 11. Mai 2019, abgerufen am 20. Mai 2019.
  11. a b Obituary: Alta Jolley Halvorsen. In: Deseret News vom 25. Januar 1999.
  12. David T. Warner: 'Christmas from Heaven': The heartwarming saga of the Candy Bomber. In: today.com vom 23. Dezember 2013.
  13. Luftbrücken-Legende Gail Halvorsen (100) an Corona erkrankt
  14. Rosinenbomber-Pilot 100-Jähriger nach Corona «fast wieder normal»
  15. Utah's Gail Halvorsen, 'The Berlin Candy Bomber,' dies. In: The Salt Lake Tribune, 17. Februar 2022, abgerufen am 17. Februar 2022 (englisch).
  16. Rosinenbomber-Pilot Gail Halvorsen ist tot. In: rbb24.de, 17. Februar 2022, abgerufen am 17. Februar 2022.
  17. Traueranzeige Gail Halvorsen auf lebenswege.faz.net vom 26. Februar 2022.

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Gail Halvorsen ca. 1983.jpg
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Gail Halvorsen auf dem Tempelhofer Flughafen, vermutlich 1983
Einweihung der Gail Halvorsen Schule.jpg
Gail Halvorsen bei der Einweihung der Gail S. Halvorsen Schule in Berlin-Dahlem am 15. Juni 2013
GailHalvorsen1989.jpg
Colonel Gail S. Halvorsen leans out the window of a C-54 Skymaster aircraft on static display at Tempelhof Central Airport during ceremonies commemorating the 40th anniversary of the airlift which ended the Soviet blockade of BERLIN. Halvorsen was known as the candy bomber during the blockade, because of his practice of dropping candy for the children out of his plane.
C-54landingattemplehof.jpg
Berliners watching a C-54 land at Berlin Tempelhof Airport, 1948.