Fritzscheit

Fritzscheit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Fzs[1]

Chemische FormelMn[UO2|VO4]2·4H2O[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide (8. Auflage: Phosphate, Arsenate und Vanadate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/D.20a
VII/E.01-060

4.HB.15
40.02a.25.01
Kristallographische Daten
Kristallsystemorthorhombisch
Kristallklasse; Symbolorthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[3]
RaumgruppePnam (Nr. 62, Stellung 6)Vorlage:Raumgruppe/62.6[2]
Gitterparametera = 10,59 Å; b = 8,25 Å; c = 15,54 Å[2]
FormeleinheitenZ = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte2,5 bis 3[4]
Dichte (g/cm3)3,504[4]
Spaltbarkeitvollkommen nach {001}; deutlich nach {100}
Farberötlichbraun bis rot
Strichfarbebräunlichweiß
Transparenzdurchscheinend bis durchsichtig
GlanzGlasglanz, Perlglanz
Radioaktivitätsehr stark: 85 kBq/g[3]

Fritzscheit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ (ehemals „Phosphate, Arsenate, Vanadate“). Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Mn[UO2|VO4]2·4H2O[2]. Da allerdings der Vanadatkomplex VO4 teilweise durch einen entsprechenden Anteil des Phosphatkomplexes PO4 diadoch ersetzt werden kann, wird in verschiedenen Quellen auch die Formel Mn2+(UO2)2(VO4,PO4)2·4H2O[5] angegeben.

Fritzscheit entwickelt meist durchscheinende bis durchsichtige Kristalle von blättrigem bis tafeligem Habitus und rötlichbrauner bis roter Farbe bei bräunlichweißer Strichfarbe. Die Kristallflächen weisen einen glas- bis perlmuttartigen Glanz auf.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde das Mineral 1865 in der zur Gewerkschaft Vereinigt Feld im Fastenberg gehörigen Georg-Wagsfort-Fundgrube in Wittigsthal bei Johanngeorgenstadt im Erzgebirge (Sachsen) und beschrieben durch August Breithaupt, der es zu Ehren von Carl Julius Fritzsche (1808–1871), einem deutschen Chemiker und Professor der Universität St. Petersburg, Fritzscheit nannte.[6]

Da zur Analyse der chemischen Zusammensetzung auch Proben aus Nejdek (Neudek) im Erzgebirge in der tschechischen Region Karlovarský kraj (Karlsbad) verwendet wurde, gilt auch dieser Fundort als Typlokalität.[7]

Typmaterial des Minerals wird im Naturhistorischen Museum Wien in Österreich unter der Katalog-Nr. Aa 5699 aufbewahrt.[4]

Klassifikation

In der veralteten Systematik der Minerale nach Strunz (8. Auflage) gehörte der Fritzscheit noch zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Autunit, Bassetit, Heinrichit, Kahlerit, Kirchheimerit, Natrouranospinit (auch Natrium-Uranospinit), Nováčekit, Sabugalit, Saléeit, Torbernit (auch Uranit), Uramphit, Uranocircit, Uranospathit, Uranospinit und Zeunerit die „Uranit-Reihe“ mit der System-Nr. @ bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/E.01-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Uranyl-Phosphate/Arsenate und Uranyl-Vanadate mit [UO2]2+–[PO4]/[AsO4]3− und [UO2]2+–[V2O8]6−, mit isotypen Vanadaten (Sincositreihe)“, wo Fritzscheit zusammen mit Autunit, Heinrichit, Kahlerit, Nováčekit, Rauchit, Sabugalit, Saléeit, Torbernit, Trögerit, Uranocircit, Uranospinit und Zeunerit sowie dem inzwischen diskreditierten Natroautunit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[8]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Fritzscheit dagegen in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „V[5,6]-Vanadate“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Uranyl-Gruppenvanadate (Sorovanadate)“ zu finden ist, wo es zusammen mit Curienit und Francevillit die „Francevillitgruppe“ mit der System-Nr. 4.HB.15 bildet.

Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Fritzscheit wie die veraltete 8. Auflage der Strunzschen Systematik in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ ein. Dort findet er sich als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 40.02a.25 innerhalb der Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate etc., mit A2+(B2+)2(XO4)·x(H2O), mit (UO2)2+“.

Kristallstruktur

Fritzscheit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pnam (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 6)Vorlage:Raumgruppe/62.6 mit den Gitterparametern a = 10,59 Å; b = 8,25 Å und c = 15,54 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Eigenschaften

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 47,65 % stark radioaktiv und weist eine spezifische Aktivität von etwa 85 kBq/g[3] auf (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g).

Bildung und Fundorte

Über die genauen Bildungsbedingungen ist nichts bekannt, gefunden wurde der Fritzscheit allerdings in Hämatit-Lagerstätten.

Als sehr seltene Mineralbildung wurde Fritzscheit nur in wenigen Proben aus weniger als 10 Fundorten nachgewiesen. Neben seinen Typlokalitäten Georg-Wagsfort-Fundgrube in Deutschland und Nejdek in Tschechien konnte das Mineral bisher (Stand 2017) nur noch im Bergbaurevier Schneeberg im Erzgebirge (Deutschland), Přebuz (Frühbuß in Karlsbad, Tschechien) sowie bei Autun in der französischen Region Burgund gefunden werden.[7]

Vorsichtsmaßnahmen

Aufgrund der Toxizität und der Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Fritzscheit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Atemschutzmaske und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch

Literatur

  • J. F. A. Breithaupt: Mineralogische Studien. 2. Fritzscheït und Uranite überhaupt. In: Berg- und Huttenmannische Zeitung. Band 24, 1865, S. 302–303 (rruff.info [PDF; 246 kB; abgerufen am 5. November 2022]).
  • Fabien Cesbron: Étude cristallographique et comportement thermique des uranyl-vanadates de Ba, Pb, Sr, Mn, Co et Ni. In: Bulletin de la Société Française de Minéralogie et de Cristallographie. Band 93, 1970, S. 320–327 (französisch, rruff.info [PDF; 381 kB; abgerufen am 5. November 2022]).

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 256 (englisch).
  3. a b c David Barthelmy: Fritzscheite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. November 2022 (englisch).
  4. a b c Fritzscheite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 49 kB; abgerufen am 5. November 2022]).
  5. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2022, abgerufen am 5. November 2022 (englisch).
  6. Thomas Witzke: Die Entdeckung von Fritzscheit. In: strahlen.org/tw/. Abgerufen am 5. November 2022.
  7. a b Fundortliste für Fritzscheit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 5. November 2022.
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 5. November 2022 (englisch).