Fritz Wisten

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Fritz Wisten im Jahr 1946
(c) Bundesarchiv, Bild 183-49311-0004 / CC-BY-SA 3.0
Verleihung des Goethe-Preises 1957 an Otto Nagel, Gerhard Busse und Fritz Wisten
Berliner Gedenktafel am Haus, Waldsängerpfad 3, in Berlin-Nikolassee

Fritz Wisten (geboren 25. März 1890 in Wien, Österreich-Ungarn als Moritz Weinstein; gestorben 12. Dezember 1962 in Berlin-Schlachtensee) war ein österreichisch-jüdischer Schauspieler und Theaterregisseur.

Leben

Seine Karriere begann in Eisenach. In dieser Stadt inszenierte er 22 Theaterstücke und spielte in nicht weniger als 216 Rollen.

1919 führte ihn sein Weg nach Stuttgart. Dort bekam er zuerst ein Engagement beim Deutschen Theater. Daneben spielte er noch an der Stuttgarter Volksbühne. Anschließend kam er ans Württembergische Landestheater, wo er bald zum Publikumsliebling reüssierte. Er glänzte nicht nur in zahlreichen Charakterrollen, die ihm das klassische Drama bot, sondern verhalf auch Stücken, die seinerzeit zur Moderne gehörten, zu ihrem Durchbruch beim Publikum, zum Beispiel Der grüne Kakadu von Arthur Schnitzler, Sechs Personen suchen einen Autor von Luigi Pirandello und Der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer. Eine besondere Ehre wurde ihm 1928 zuteil, als er zum Staatsschauspieler ernannt wurde.

Nachdem die Nazis die Macht ergriffen hatten, waren seine Verdienste rasch vergessen. Im Frühjahr 1933 schrieb ihm sein Intendant: „Wir teilen Ihnen ergebenst mit, dass bei der beabsichtigten Neuordnung der Verhältnisse am Landestheater nicht mehr die Absicht besteht, Ihren Vertrag zu erneuern.“ So gewissermaßen aus Stuttgart vertrieben, hoffte er nun, in Berlin seine Karriere fortsetzen zu können. Dort war gerade der Jüdische Kulturbund gegründet worden. Dieser engagierte ihn als künstlerischen Leiter und Regisseur.

1938 ereilte ihn das gleiche Schicksal wie viele seiner Glaubensbrüder: Er wurde in ein Konzentrationslager verschleppt. Wisten hatte aber großes Glück; denn bald wurde er wieder entlassen und konnte verhindern, dass er später nochmals deportiert wurde. Diesen Umstand verdankte er nicht zuletzt seiner „Mischehe“ mit der nichtjüdischen Schauspielerin Gertrud Widmann aus Stuttgart.

Grabstätte von Fritz Wisten

Gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam er ans Deutsche Theater in Berlin. 1946 übernahm er die Direktion des Theaters am Schiffbauerdamm. Von 1953 bis 1961 leitete er die Volksbühne Berlin. Wisten erhielt 1952 den Nationalpreis der DDR II. Klasse und wurde 1957 mit dem Goethepreis der Stadt Berlin ausgezeichnet. 1960 erhielt er anlässlich seines 70. Geburtstages den Vaterländischen Verdienstorden in Silber.

Eine Staffel im Stadtbezirk Stuttgart-West trägt seit Dezember 2007 seinen Namen.

Am 24. Juni 2014 wurde an seinem ehemaligen Wohnort, Berlin-Nikolassee, Waldsängerpfad 3, eine Berliner Gedenktafel angebracht.

Er ruht auf dem Waldfriedhof Zehlendorf.

Die Schauspielerin Susanne Wisten (1924–2019) ist seine Tochter.

Filmografie

Theater (Regie)

Hörspiele

Literatur

  • Kay Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-10-9, S. 374.
  • Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier: "Sie brauchen nicht mehr zu kommen!" Die Verdrängung der Künstlerinnen und Künstler jüdischen Glaubens und jüdischer Abstammung aus dem Stuttgarter Theater- und Musikleben durch die Nationalsozialisten. Stuttgart 2008.
  • Komödiantisches Theater. Fritz Wisten und sein Ensemble. Hrsg. von Heinrich Goertz und Roman Weyl. Henschelverlag 1957
  • Stephan Dörschel: Fritz Wisten. Bis zum letzten Augenblick – ein jüdisches Theaterleben. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-938485-85-9
  • Moritz von Bredow: Rebellische Pianistin. Das Leben der Grete Sultan zwischen Berlin und New York. (Biographie, 368 S., 60 Abb. - Viele Bezüge zu Fritz Wisten und dem Jüdischen Kulturbund bzw. dem Kulturbund Deutscher Juden) Schott Music, Mainz, 2012. ISBN 978-3-7957-0800-9.
  • Aune Renk: Wisten, Fritz. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Thomas Blubacher: *Das Haus am Waldsängerpfad. Wie Fritz Wistens Familie in Berlin die NS-Zeit überlebte. Berenberg Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-946334-79-8.
  • Fritz Wisten. Drei Leben für das Theater. Stuttgart 1919–1933, Jüdischer Kulturbund, Berlin 1945–1962. Hrsg. von der Akademie der Künste Berlin. Ed. Hentrich, Berlin 1990, ISBN 3-926175-69-9.

Weblinks

Commons: Fritz Wisten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Bundesarchiv Bild 183-49311-0004, Berlin, Goethepreis an Nagel, Busse, Wisten.jpg
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Berlin, Goethepreis an Nagel, Busse, Wisten

Zentralbild Ulmer 28.8.1957 Goethepreis der Stadt Berlin verliehen Am 28.8.1957 wurde im Sitzungssaal des Abgeordnetenkabinetts des Rathauses Berlin an drei verdiente Bürger der Stadt Berlin der Goethepreis 1957 verliehen. Sie erhielten aus der Hand des amtierenden Oberbürgermeisters Waldemar Schmidt die hohe Auszeichnung. UBz: Die Goethepreisträger 1957 vlnr: Professor Otto Nagel, Ing. Gerhard Busse, Intendant Fritz Wisten.

Abgebildete Personen:

  • Nagel, Otto Prof.: Maler, Präsident der Akademie der Künste (AdK), Nationalpreisträger, Vaterländischer Verdienstorden (VVO) in Gold, DDR (GND 118586300)
  • Busse, Gerhard Ing.: Direktor im VEB Industriebau, Goethe-Preis1957, DDR
  • Wisten, Fritz: Intendant der Volksbühne Berlin, Nationalpreis 1952, DDR
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Deutsch:Grabstätte von Fritz Wisten auf dem Waldfriedhof Zehlendorf
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