Fritz Fleiner

Fritz Fleiner

Fritz Fleiner (* 24. Februar 1867 in Aarau; † 26. Oktober 1937 in Ascona) war ein Schweizer Rechtswissenschaftler. Er gilt als einer der bedeutendsten Schweizer Staatsrechtler seiner Zeit und als «Vater» der modernen Verwaltungsrechtswissenschaft in der Schweiz.

Leben und Werk

Fritz Fleiner war Sohn des Kaufmanns Albert Fleiner, Heinrich Zschokke war ein Urgrossvater mütterlicherseits. Er studierte ab dem Sommersemester 1887 Rechtswissenschaften an der Universität Zürich. Nachdem er einige Semester an den Universitäten Leipzig und Berlin verbracht hatte, kehrte er nach Zürich zurück, wo er 1890 seine Abschlussprüfungen bestand. Im selben Jahr wurde er dort mit einer kirchenrechtlichen Arbeit zum Doktor beider Rechte (Dr. iur. utr.) promoviert. Nach einer kurzen Zeit als Advokat im Aargau habilitierte Fleiner sich in Zürich mit einer Arbeit über die tridentische Ehevorschrift. Damit erhielt er die Venia legendi für evangelisches und katholisches Kirchenrecht.

Fritz Fleiner (1867–1937) Büste. Von August Suter (1887–1965) Bildhauer, August Suter Museum, Eptingen.
Büste geschaffen von August Suter

Nach einigen Semestern als Privatdozent wurde Fleiner in Zürich zum Wintersemester 1895/96 zum ausserordentlichen Professor für französisches Zivilrecht, Kirchenrecht und «eventuell» öffentliches Recht[1] ernannt. In dieser Position verschaffte er sich erstes Ansehen, sodass er von der Universität Basel zum Wintersemester 1897/98 auf den ersten selbstständigen ordentlichen Lehrstuhl für Öffentliches Recht berufen wurde. 1901 wurde Fleiner Rektor der Universität Basel. 1906 wechselte er als Nachfolger des verstorbenen Ludwig von Jolly an die Universität Tübingen. Ab 1908 hatte Fleiner den Lehrstuhl des nach Berlin abgewanderten Gerhard Anschütz an der Universität Heidelberg inne. Fleiner war in Heidelberg ordentlicher Professor «für deutsche Staats- und Rechtsgeschichte, deutsches Reichs- und Landesstaatsrecht einschliesslich Verwaltungsrecht sowie Kirchenrecht». Fleiner lernte in Heidelberg den Bildhauer August Suter kennen[2] und wurde zusammen mit seiner Frau Fanny Fleiner-Veith (1870–1957)[3] zu dessen Förderer. Suter schuf 1937 für Fleiner eine Grabplastik.[4]

Nach der Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich im August 1914 fühlte sich Fleiner, der zudem mit einer gebürtigen Westschweizerin verheiratet war, als Ausländer im Deutschen Reich zunehmend unwohl. Ausserdem betrachtete er als Schweizer die Verletzung der belgischen Neutralität nach dem Schlieffen-Plan als schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts.[5] Zur Erleichterung sowohl Fleiners als auch der Fakultät erging an ihn 1915 ein Ruf der Universität Zürich, den er zum Wintersemester 1915/16 annahm. Dort lehrte und forschte er als ordentlicher Professor für Staats-, Verwaltungs- und Kirchenrecht bis zu seiner Emeritierung 1936.

Fleiner übte grossen Einfluss auf die Verwaltungsrechtswissenschaft in Deutschland und insbesondere in der Schweiz aus. Sein erstes Werk zum Verwaltungsrecht von 1911 führte die Lehre Otto Mayers fort und sorgte für deren Verbreitung in der Schweiz. Fleiners Darstellung des Schweizer Bundesstaatsrechts war die erste systematische juristische Darstellung ihrer Art.[6] Seine Werke und Vorträge spielten eine wesentliche Rolle für die Entwicklung der Demokratie in der Schweizer Verfassung.

Grab auf dem Friedhof Rosengarten in Aarau

Schriften (Auswahl)

  • Die rechtliche Stellung der katholischen Kirche zur obligatorischen Zivilehe des Kantons Aargau. Zürich 1890 (Dissertation)
  • Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts. Mohr, Tübingen 1911 (8. Auflage, 1923).
  • Die tridentinische Ehevorschrift des öffentlichen Rechts und Kirchenrechts. Zürich 1892 (Habilitationsschrift).
  • Zentralismus und Föderalismus in der Schweiz. Rascher, Zürich 1918.
  • Schweizerisches Bundesstaatsrecht. Mohr, Tübingen 1923.

Literatur

  • Alfred Kölz: Fritz Fleiner. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Karl Heiz: Fritz Fleiner: 1867–1937. In: Argovia: Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau. 1953, S. 397–401.
  • Giovanni Biaggini: Fritz Fleiner (1867–1937). In: Peter Häberle, Michael Kilian, Heinrich Wolff: Staatsrechtslehrer des 20. Jahrhunderts. Deutschland, Österreich, Schweiz. De Gruyter, Berlin/Boston (2. Auflage) 2018, S. 147–162, ISBN 978-3-11-054145-8.
  • Zaccaria Giacometti, Dietrich Schindler: Festgabe für Fritz Fleiner zum sechzigsten Geburtstag. Mohr, Tübingen 1937.
  • Zaccaria Giacometti: Nachruf für Fritz Fleiner. In: Schweizerische Juristen-Zeitung. 34 (1937), S. 144 ff.
  • Roger Müller: Verwaltungsrecht als Wissenschaft: Fritz Fleiner 1867–1937. Klostermann, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-465-03464-3.
  • Klaus-Peter Schroeder: Eine Universität für Juristen und von Juristen – Die Heidelberger Juristische Fakultät im 19. und 20. Jahrhundert. Mohr Siebeck, Tübingen 2010, ISBN 978-3-428-12053-6, S. 297–304.

Weblinks

Commons: Fritz Fleiner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. zitiert nach Schroeder: Eine Universität für Juristen und von Juristen. 2010, S. 298.
  2. August Suter: 1914, Büste von Fritz Fleiner. Abgerufen am 4. August 2019.
  3. August Suter: 1914, Büste von Fanny Fleiner. Abgerufen am 4. August 2019.
  4. August Suter: 1937, Grabplastik für Fritz Fleiner. Abgerufen am 4. August 2019.
  5. Schroeder: Eine Universität für Juristen und von Juristen. 2010, S. 303.
  6. Alfred Kölz: Fritz Fleiner. In: Historisches Lexikon der Schweiz.

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Grab auf dem Friedhof Rosengarten in Aarau
Fritz Fleiner (1867–1937). Büste von August Suter (1887–1965), Museum, Eptingen.jpg
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Fritz Fleiner (1867–1937) Büste. Von August Suter (1887–1965) Bildhauer, August Suter Museum, Eptingen.