Friedrich Spielhagen

Friedrich Spielhagen Signatur Friedrich Spielhagen.JPG
Friedrich Spielhagen in seinem Arbeitszimmer
Friedrich Spielhagen, 1867. Grafik von Adolf Neumann.
Friedrich Spielhagen

Friedrich Spielhagen (* 24. Februar 1829 in Magdeburg; † 25. Februar 1911 in Charlottenburg)[1] war ein deutscher Schriftsteller.

Leben

Friedrich Spielhagen war Sohn des Königlichen Wasserbauinspektors Friedrich August Wilhelm Spielhagen (1785–1855) und dessen Ehefrau Henriette Wilhelmine, geb. Robrahn (1789–1849). Er verbrachte die ersten sechs Jahre seines Lebens in Magdeburg. Danach lebte er in Stralsund, wo er auch das Sundische Gymnasium besuchte. Er war seit 1861 mit der Witwe Therese Wittich, geb. Boûtin (1835–1900),[2] verheiratet und hatte mit ihr drei Töchter: Hedda (1862–1929), Antonie (gen. Toni, 1865–1910) und Elsa Spielhagen (1864–1942), deren Sohn der 2. Bürgermeister von Breslau Wolfgang Spielhagen war.[3] Toni Spielhagen war ebenfalls schriftstellerisch tätig und schrieb unter dem Pseudonym Paul Robran.[4] Therese Spielhagen hatte zwei Kinder in die Ehe gebracht, Max und Jenny, die Friedrich Spielhagen adoptierte.[5] Sein Neffe Dr. Friedrich Spielhagen (1864–1931) war Leibarzt von Victoria („Kaiserin Friedrich“), der Mutter von Kaiser Wilhelm II. (Siehe Stammbaum rechts unten.)

Ausbildung

Nach Abschluss des Gymnasiums studierte Spielhagen 1847 bis 1851 Rechtswissenschaft und Philologie in Bonn (dort wurde er 1848 Mitglied der Burschenschaft Frankonia),[6] Berlin und Greifswald. Anschließend arbeitete Spielhagen als Hauslehrer in Pommern und versuchte sich auch als Schauspieler und Soldat. Später kehrte er zum Lehrerberuf zurück und unterrichtete in Leipzig an einer Handelsschule. Nebenbei beschäftigte er sich intensiv mit Literatur und begann nach dem Tod seines Vaters, der Regierungsbeamter in Stralsund gewesen war, sich ganz dem Schreiben zu widmen.

Karriere als Schriftsteller

1857 verfasste Spielhagen seine erste Novelle, die den Titel Clara Vere trug. Sie wurde, ebenso wie sein 1858 erschienenes Werk Auf der Düne, nie von einem größeren Publikum beachtet. In dieser Zeit begann er auch für Zeitungen wie zum Beispiel für die Zeitung für Norddeutschland (1860 bis 1862) oder Zeitschriften wie Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte (1878 bis 1884) zu schreiben. Die Tätigkeit bei der Zeitung für Norddeutschland begann Spielhagen 1860, nachdem er von Leipzig nach Hannover gezogen war. Im Jahre 1861 gelang ihm mit dem 1078-seitigen Roman Problematische Naturen ein großer Wurf, der unter dem Einfluss von Karl Gutzkow steht. Ein Jahr später erschien eine Fortsetzung unter dem Titel Durch Nacht zum Licht. Im gleichen Jahr erschien auch die Novelle In der zwölften Stunde. Ende des Jahres 1862 gab Spielhagen seine Arbeitsstelle in Hannover auf und zog nach Berlin.

Dort arbeitete er noch einige Zeit für verschiedene Blätter und unternahm Reisen in die Schweiz, nach Italien, England, Frankreich und in andere europäische Länder. 1864 erschien die Novelle Röschen vom Hofe sowie der Roman Die von Hohenstein, der sich mit der revolutionären Bewegung des Jahres 1848 befasste. Darauf folgte 1866 der Roman In Reih und Glied und 1868 der humoristische Roman Die Dorfcoquette. 1869 kamen Hammer und Amboss und ein Jahr später die Novelle Deutsche Pioniere heraus. Einige Jahre später erschien der wohl bekannteste Text von Friedrich Spielhagen, Sturmflut. Dieser Roman ist in gedruckter Form nur noch gekürzt erhältlich. Den Abschluss dieser intensivsten Schaffensperiode bildete 1878 der Roman Platt Land.

Ehrengrab von Friedrich Spielhagen in Berlin-Westend

Am 25. Februar 1911 starb Spielhagen in seiner Wohnung in der Kantstraße 165 in Charlottenburg im Alter von 82 Jahren.

Spielhagen wurde am 1. März 1911 auf dem Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof in Berlin-Westend beigesetzt. Hermann Sudermann hielt die Grabrede.[7] Spielhagen ruht in einem Wandgrab, das im neuromanischen Grottenstil erbaut wurde. Die vorgestellte Sandstein-Ädikula mit etruskischen Säulen rahmt die Inschriftentafel ein.[8] Auch Spielhagens Gattin Therese und die gemeinsame Tochter Toni wurden hier bestattet.

Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Friedrich Spielhagen (Grabstelle D 1 Erb. 1) seit 1958 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde zuletzt im Jahr 2016 um die übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[9]

Seine Geburtsstadt Magdeburg benannte eine Straße (Spielhagenstraße) nach ihm. Auch andere Orte, in denen Spielhagen zum Teil lange wirkte, ehrten ihn mit einem Straßennamen, so Hannover, Stralsund, Berlin[10] und Nürnberg.

Würdigung

Stammbaum von Friedrich und Wolfgang Spielhagen

Friedrich Spielhagens Werke sind stark geprägt von seiner Liebe zum Meer, die er in seiner Zeit in Stralsund entwickelte. Die Romane dieses oft als „großer Romancier Deutschlands“ bezeichneten Literaten galten als anti-feudal, radikal-demokratisch und liberal. In späteren Jahren lehnte Spielhagen die Bourgeoisie und die preußisch-deutsche Entwicklung immer mehr ab. Neben Romanen, Novellen und theoretischen Texten schrieb Spielhagen auch mehrere Dramen, die aber die Qualität seiner Romane und Novellen nicht erreichten. In einigen Zügen nimmt Spielhagen die Themen und Techniken von Eduard von Keyserling vorweg. Die besten seiner späten Romane weisen bereits auf die Berliner Moderne hin, wenn seine Werke auch von der jüngeren Literaturgeneration der Wilhelminischen Zeit scharf abgelehnt wurden.

Spielhagen war ein unerreichter Meister des Romanbeginns; im späteren Handlungsverlauf verlieren seine großen Romane etwas an Schwung; originelle Erzählweise steht oft neben Passagen, die sich der üblichen Trivialliteratur seiner Zeit nähern. Die eigenartige Mischung aus Spannung, Routine und psychologischer Beobachtungsgabe macht die Lektüre vieler seiner Romane bis heute zum Vergnügen.[11]

Werke (in Auswahl)

Verfilmung

Sonstiges

  • F. S. im Interview über den Antisemitismus. In: Hermann Bahr: Der Antisemitismus. Ein internationales Interview. S. Fischer, Berlin 1894, S. 5–10 (Digitalisat im Internet Archive); Nachdruck: Jüdischer Verlag / Athenäum, Frankfurt 1980, ISBN 3-7610-8043-3, S. 17–19; wieder vdg, 2005, ISBN 3-89739-507-X (= Bahr, Krit. Schr. in EA, 3)
  • Friedrich Spielhagen war in den Jahren 1878 bis 1884 Herausgeber von Westermanns Monatsheften.[12]

Literatur

  • Kai Christina Ullrich: Beziehungsweise. Modelle familialer Beziehungen im epischen Werk Friedrich Spielhagens. Kassel University Press, Kassel 2013, ISBN 978-3-86219-408-7
  • Gustav Karpeles: Friedrich Spielhagen. Ein literarischer Essay. Staackmann, Leipzig 1889.
  • Rosa-Maria Zinken: Der Roman als Zeitdokument. Bürgerlicher Liberalismus in Friedrich Spielhagens „Die von Hohenstein“ (1863, 64). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1991, ISBN 3-631-44216-5 (= Kölner Studien zur Literaturwissenschaft; 4).
  • Victor Klemperer: Die Zeitromane Friedrich Spielhagens und ihre Wurzeln. Duncker, Weimar 1913 (= Forschungen zur neueren Literaturgeschichte; 43).
  • Il-Sop Han: Spielhagens Ich-Roman-Theorie. Univ. Diss., Heidelberg 1977.
  • Dieter Kafitz: Figurenkonstellation als Mittel der Wirklichkeitserfassung. Dargestellt an Romanen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Freytag, Spielhagen, Fontane, Raabe). Athenäum Verlag, Kronberg/Taunus 1978, ISBN 3-7610-8001-8.
  • Hans Henning: Friedrich Spielhagen. Staackmann, Leipzig 1910.
  • Jeffrey L. Sammons: Spielhagen, Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 686–688 (Digitalisat).
  • Günter Rebing: Der Halbbruder des Dichters. Friedrich Spielhagens Theorie der Romans. Athenäum-Verlag, Frankfurt am Main 1972 (= Literatur und Reflexion; 8).
  • Franz Mehring: Friedrich Spielhagen. In: Die Neue Zeit vom 19. Februar 1909.
  • Arnold Schlönbach: Friedrich Spielhagen. In: Handbuch der Deutschen Literatur der Neuzeit. Bibliographisches Institut, Hildburghausen 1870, Band 6 (= Roman- und Novellendichter II), S. 683 f. (Digitalisat der 2. Auflage bei Google Books).
  • Andrea Fischbacher-Bosshardt: Anfänge der modernen Erzählkunst. Untersuchungen zu Friedrich Spielhagens theoretischem und literarischem Werk. Lang, Bern u. a. 1988, ISBN 3-261-03940-X (= Narratio; 1).
  • Friedrich Spielhagen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 15, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 142.
  • Henrike Lamers: Held oder Welt? Zum Romanwerk Friedrich Spielhagens. Bouvier, Bonn 1991, ISBN 3-416-02314-5 (= Wuppertaler Schriftenreihe Literatur; 24).
  • Spielhagen, Friedrich von. In: Encyclopædia Britannica. 11. Auflage. Band 25: Shuválov – Subliminal Self. London 1911, S. 666 (englisch, Volltext [Wikisource]).
  • Gunter Schandera: Spielhagen, Friedrich. In: Guido Heinrich, Gunter Schandera (Hrsg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert. Biographisches Lexikon für die Landeshauptstadt Magdeburg und die Landkreise Bördekreis, Jerichower Land, Ohrekreis und Schönebeck. Scriptum, Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1.
  • Jeffrey L. Sammons: Friedrich Spielhagen. Novelist of Germany’s false dawn. Niemeyer, Tübingen 2004, ISBN 3-484-32117-2 (= Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte; 117).
  • Gunnar Müller-Waldeck: Spielhagen, Friedrich (1829–1911). In: Dirk Alvermann, Nils Jörn (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Pommern. Band 2 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe V, Band 48,2). Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2015, ISBN 978-3-412-22541-4, S. 270–274.
  • Martha Geller: Friedrich Spielhagens Theorie und Praxis des Romans. Berlin 1917 (Nachdruck: Gerstenberg, Hildesheim 1973, ISBN 3-8067-0434-1).
  • Christoph Frey: Das Subjekt als Objekt der Darstellung. Untersuchungen zur Bewußtseinsgestaltung fiktionalen Erzählens. Heinz, Stuttgart 1983, ISBN 3-88099-131-6 (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik; 127).
  • Gabriele Henkel: Geräuschwelten im deutschen Zeitroman. Epische Darstellung und poetologische Bedeutung von der Romantik bis zum Naturalismus. Harrassowitz, Wiesbaden 1996, ISBN 3-447-03827-6 (= Wolfenbütteler Forschungen; 68).
  • Christa Müller-Donges: Das Novellenwerk Friedrich Spielhagens in seiner Entwicklung zwischen 1851 und 1899. Elwert, Marburg 1970, ISBN 3-7708-0414-7 (= Marburger Beiträge zur Germanistik; 33).

Weblinks

Commons: Friedrich Spielhagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Friedrich Spielhagen – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. StA Charlottenburg I, Sterbeurkunde Nr. 151/1911
  2. Einem Brief Toni Spielhagens an Hans Henning zufolge stammte die Familie ihrer Mutter aus Frankreich und „war adlig; auf allen Briefen an meine Mutter habe ich noch gefunden ‚Frl. Therese von Boûtin‘.“ (Hans Henning: Friedrich Spielhagen. Staackmann, Leipzig 1910, S. 229 f.)
  3. Hans Henning: Friedrich Spielhagen. Staackmann, Leipzig 1910. S. 101 f. u. S. 126.
  4. Nekrolog. In: Gerhard Lüdtke (Hrsg.): Kürschners Literatur-Kalender 1901–1935. de Gruyter, Berlin/Leipzig 1936, Sp. 590.
  5. Hans Henning: Friedrich Spielhagen. Staackmann, Leipzig 1910, S. 101 f.
  6. Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 652–653.
  7. F. L.: Die Trauerfeier für Friedrich Spielhagen. In: Berliner Tageblatt, Nr. 112, Morgenausgabe, 2. März 1911. – Hier wird auch die Grabrede Sudermanns wiedergegeben.
  8. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 480.
  9. Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 84; abgerufen am 22. März 2019. Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten als Ehrengrabstätten des Landes Berlin. (PDF, 205 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 17/3105 vom 13. Juli 2016, S. 1 und Anlage 2, S. 15; abgerufen am 22. März 2019.
  10. Spielhagenstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  11. Mehrere Werke Spielhagens sind inzwischen digital zugänglich. Wegen der einst hohen Auflagenzahl seiner Bücher sind heute Exemplare in Antiquariaten zu erschwinglichen Preisen erhältlich.
  12. Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 20, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1909, S. 505.

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