Friedrich Hiller (Archäologe)

Friedrich Eugen Hiller (geboren am 12. März 1926 in München; gestorben am 27. August 2019)[1] war ein deutscher Klassischer Archäologe.

Leben

Der Sohn des Bildhauers Anton Hiller studierte Klassische Philologie, Germanistik und Klassische Archäologie an der Universität München. Mit der Arbeit Untersuchungen zur Ornamentik der attischen Vasen des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus wurde er 1955 bei Ernst Buschor promoviert.[2]

Nach dem Studium war er Assistent zunächst in München, dann am Deutschen Archäologischen Institut Rom und am Deutschen Archäologischen Institut Athen. Anschließend wurde er Assistent von Heinrich Drerup an der Universität Marburg, an der er im Jahr 1965 mit der Studie Beobachtungen zur griechischen Plastik des späten 5. Jahrhunderts vor Christus habilitiert wurde. 1967 folgte er einem Ruf an die Universität des Saarlandes, an der er den Lehrstuhl für Klassische Archäologie bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 bekleidete. In die Zeit seiner Tätigkeit fällt die Gründung der Original- und Abgusssammlung des Archäologischen Instituts der Universität des Saarlandes. Von 1973 bis 1975 war Friedrich Hiller Dekan der Philosophischen Fakultät. Zudem war er bis zu seiner Emeritierung Mitglied der Zentraldirektion des Deutschen Archäologischen Instituts und der Römisch-Germanischen Kommission.[3]

Forschungen

Forschungen führten Friedrich Hiller nach Rusellae und Cap Palinuro, wo er unter der Leitung des damaligen Direktors des DAI Rom, Rudolf Naumann, an den Ausgrabungen teilnahm, im etruskischen Rusellae zum Teil auch die Vertretung der Grabungsleitung übernahm.[4] Mit Heinrich Drerup leitete er 1962 ein Grabungsteam, das die Heilige Quelle im Apollontempel von Didyma und den frühesten Sekos des Heiligtums nachweisen konnte.[5] Weitere Forschungen führten ihn in das thessalische Demetrias, wo er nach Ausscheiden von Vladimir Milojčić im Jahr 1976 die Grabungsleitung übernahm. Dort entwickelte er nach dem Fund mehrerer Formmantelfragmente ein besonderes Interesse für Probleme des Bronzegusses.

Die Beschäftigung mit antiker Skulptur bildete sein ganzes Leben einen zentralen Punkt seiner Forschungen. Durch seinen Vater geprägt, besaß Friedrich Hiller eigene Erfahrungen als Bildhauer, die ihm einen eigenen Zugang zu diesem Teil antiken Kunstschaffens ermöglichten.[6] Das Bildwerk Polyklets,[7] Sarkophagreliefs des 4. Jahrhunderts v. Chr.,[8] hellenistische Herrscherporträts,[9] das Porträt des Augustus[10] waren ebenso Gegenstand seiner Untersuchungen wie abstrakt-theoretische Überlegungen zur Anthropometrie in der griechisch-römischen Antike.[11] Seine formanalytischen Untersuchungen beschränkten sich nicht nur auf die Kunst der griechischen Klassik, auch auf die Kunst geometrischer[12] und hellenistischer Zeit dehnte er seine diesbezüglichen Studien aus. In die Diskussion um die Laokoon-Gruppe griff er mehrfach ein.[13]

Zusammen mit Jean Schaub übernahm Friedrich Hiller 1978 die Notgrabungen im deutsch-französischen Grenzgebiet zwischen den Orten Reinheim im Saarland und Bliesbruck im Département Moselle, die 1983 in eine systematische Untersuchung und 1987 in ordentliche Ausgrabungen überführt wurden. Im Jahr 1989 mündete diese Länder übergreifende Forschungsarbeit in der Gründung des europäischen Kulturparks Bliesbruck-Reinheim. Mit Jean Schaub und Jean-Paul Petit veröffentlichte er in mehreren Aufsätzen die Grabungsergebnisse.[14]

Schriften

  • Untersuchungen zur Ornamentik der attischen Vasen des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. 1955
  • mit Rudolf Naumann und Elisabeth Naumann: Palinuro I. Topographie und Architektur (= Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung. Ergänzungsheft 3). Kerle, Heidelberg 1958.
  • Formgeschichtliche Untersuchungen zur griechischen Statue des späten 5. Jahrhunderts v. Chr. Philipp von Zabern, Mainz 1971.
  • (Hrsg.): Normen und Werte (= Annales Universitatis Saraviensis. Bd. 18). Winter, Heidelberg 1982, ISBN 3-533-03162-4.

Literatur

  • Burkhardt Wesenberg: Friedrich Hiller †. In: Gnomon. Bd. 93 (2021), Heft 6, S. 571–575.
  • Karin Braun (Hrsg.): Studien zur klassischen Archäologie. Friedrich Hiller zu seinem 60. Geburtstag am 12. März 1986 (= Saarbrücker Studien zur Archäologie und alten Geschichte. Bd. 1). Saarbrücker Dr. u. Verl., Saarbrücken 1986, ISBN 3-925384-00-6.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Todesanzeige, Süddeutsche Zeitung, 27. August 2019. Abgerufen am 7. September 2019.
  2. Universitätsprofessor für Archäologie Friedrich Hiller wird 90 Jahre alt, uni-saarland.de, 11. März 2016
  3. 85. Geburtstag von Professor Friedrich Hiller, idw-online.de, 4. November 2011
  4. Kurt Bittel u. a. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts 1929 bis 1979. Teil 1 (= Das Deutsche Archäologische Institut. Geschichte und Dokumente. Band 3). Philipp von Zabern, Mainz 1979, S. 24 f.; Friedrich Hiller: Zur Stadtmauer von Rusellae. Bericht über Untersuchungen im Frühjahr 1960. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung. Band 69, 1962, S. 59–75; Rudolf Neumann, Friedrich Hiller: Rusellae. Bericht über die Untersuchungen der Jahre 1957 und 1958. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung. Band 66, 1959, S. 1–30.
  5. Heinrich Drerup: Bericht über die Ausgrabungen in Didyma 1962. In: Archäologischer Anzeiger. 1964, S. 333–384.
  6. Friedrich Hiller: Formgeschichtliche Untersuchungen zur griechischen Statue des späten 5. Jahrhunderts v. Chr. Philipp von Zabern, Mainz 1971, S. 1.
  7. Friedrich Hiller: Zum Kanon Polyklets. In: Marburger Winckelmann-Programm. 1965, S. 1–15.
  8. Friedrich Hiller: Zu den Sarkophagreliefs des späten 4. Jh. v. Chr. In: Marburger Winckelmann-Programm. 1961, S. 29–41.
  9. Friedrich Hiller: Bemerkungen zum pergamenischen Herrscherbild. In: Hans-Ulrich Cain u. a. (Hrsg.): Festschrift für Nikolaus Himmelmann: Beiträge zur Ikonographie und Hermeneutik. Philipp von Zabern, Main 1989, S. 245–251.
  10. Friedrich Hiller: Bemerkungen zum Augustusporträt. In: Jean Michel Massing, Jean-Paul Petit (Hrsg.): Études offertes à Jean Schaub. Editions Serpentoise, Metz 1993, S. 449–459.
  11. Friedrich Hiller: Maß und Freiheit – Anthropometrie in der griechisch-römischen Antike. In: Sigrid Braunfels (Hrsg.): Der „vermessene Mensch“. Anthropometrie in Kunst und Wissenschaft. Moos, München 1973, S. 33–42.
  12. Friedrich Hiller: Beobachtungen zur Form der spätgeometrischen Plastik. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 94, 1979, S. 18–31.
  13. Friedrich Hiller: Wieder einmal Laokoon. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung. Band 86, 1979, S. 271–295; derselbe: Zur kunstgeschichtlichen Stellung des Laokoon. In: Mannheimer Berichte. Band 35, 1989, S. 29–34.
  14. Zum Beispiel Jean Schaub, Friedrich Hiller, Jean Paul Petit: Deux caves de la région de Sarreguemines (Moselle). In: Revue archéologique de l’Est. Du paléolithique au moyen âge. Band 35, 1984, S. 227–259.

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