Frauenerwerbsquote

Die Frauenerwerbsquote ist der prozentuale Anteil der weiblichen Erwerbspersonen – also Frauen, die Arbeit haben oder suchen – im Alter von 15 bis unter 65 Jahren an der weiblichen Bevölkerung der gleichen Altersgruppe in einem Land. Sie unterscheidet sich von der Frauenerwerbstätigenquote, die nur Frauen erfasst, die Arbeit haben.[1]

Je nach Erhebung liegen den erwerbstätigen Frauen unterschiedliche Definitionen zugrunde. In den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zählen alle Frauen, die als Arbeitnehmerinnen oder als Selbstständige beziehungsweise als mithelfende Familienangehörige eine auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben, unabhängig vom Umfang dieser Tätigkeit. Der Erwerbstätigenbegriff der EU richtet sich nach der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Nach dieser Definition gilt als erwerbstätig, wer mindestens eine Stunde pro Woche gegen Bezahlung gearbeitet hat und mindestens 15 Jahre alt ist.[2]

Berechnung

Die Frauenerwerbsquote wird wie folgt berechnet: Die Summe der teil- und vollzeitbeschäftigten sowie arbeitslos gemeldeten Frauen im Alter 15 bis unter 65 geteilt durch die Anzahl aller Frauen im Alter 15 bis unter 65 mal 100.

Die Frauenerwerbstätigenquote wird wie folgt berechnet: Die Summe der teil- und vollzeitbeschäftigten Frauen im Alter 15 bis unter 65 geteilt durch die Anzahl aller Frauen im Alter 15 bis unter 65 mal 100.

Bedeutung

Die Quote gilt als Gradmesser für berufsbezogene Frauenrechte im jeweiligen Land. Die Frauenerwerbsquote zeigt vorherrschende Unterschiede in der Rollenverteilung von Männern und Frauen an und gilt als Indiz für die berufliche Benachteiligung von Frauen in dem jeweiligen Land.

Werte

In den meisten Industrieländern ist die Frauenerwerbsquote in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen. Für die EU wurde im Rahmen der Lissabon-Strategie beschlossen, die Frauenerwerbsquote auf mehr als 60 % zu heben.[3]

Deutschland

Im Jahr 2012 lag die Frauen-Erwerbstätigenquote bei 68,0 %, die Männer-Erwerbstätigenquote bei 77,6 %.[4]

Wenn auch die Zahl berufstätiger Frauen in Deutschland seit 1991 angestiegen ist, hat deren Arbeitsvolumen (die Gesamtheit aller von Frauen geleisteten Erwerbsarbeitsstunden) insgesamt nicht zugenommen. So ist die Zahl der Frauen in Vollzeitstellen stark gesunken. Im Gegensatz zur einfachen Erwerbstätigenquote ist die weibliche Vollzeitäquivalent-Erwerbstätigenquote von 1992 (48 %) bis 2003 (46 %) leicht gefallen.[5] Viele Frauen gehen eher einer Teilzeitarbeit oder einer geringfügigen Beschäftigung nach als einem so genannten Normalarbeitsverhältnis. Dabei gilt, dass Frauen, die in Teilzeit arbeiten, das im Westen meist auf eigenen Wunsch tun, während dies im Osten auf weniger als die Hälfte zutrifft.[6] Zudem akzeptiert fast die Hälfte des weiblichen Geschlechts althergebrachte Rollenmuster, bei denen der Mann voll berufstätig ist und die Frau zu Haus bleibt.[7]

In Deutschland arbeiten Frauen mit 45 % deutlich häufiger Teilzeit als im EU-Durchschnitt. Nur in den Niederlanden arbeiteten Frauen mit 76 % noch deutlich häufiger Teilzeit.[8]

Bundesland2012[4]
Baden-Württemberg Baden-Württemberg70,4 %
Bayern Bayern71,0 %
Berlin Berlin65,3 %
Brandenburg Brandenburg71,6 %
Bremen Bremen63,3 %
Hamburg Hamburg69,8 %
Hessen Hessen67,8 %
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern68,0 %
Niedersachsen Niedersachsen67,2 %
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen63,7 %
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz67,7 %
Saarland Saarland62,1 %
Sachsen Sachsen70,7 %
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt69,9 %
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein69,0 %
Thüringen Thüringen71,3 %
Deutschland Deutschland68,0 %

Österreich

Im Jahr 2019 lag die Frauen-Erwerbstätigenquote bei 69,2 %, die Männer-Erwerbstätigenquote bei 78 %.[4] In Österreich gilt für Männer in der Privatwirtschaft ein Pensionsantrittsalter von 65 Jahren, für Frauen von 60 Jahren, was Einfluss auf die Erwerbsquote hat.[9]

Die Frauen-Teilzeitquote stieg in Österreich innerhalb von zehn Jahren von 43,1 % (2009) auf 47,7 % (2019), bei Männern stieg sie im selben Zeitraum von 8,8 % auf 10,7 %. Für 38,2 % der teilzeitarbeitenden Frauen (Männer: 5,4 %) war die Pflege von Kindern oder pflegebedürftigen Erwachsenen der ausschlaggebende Grund für die Teilzeitarbeit, wobei dieser Wert in der Gruppe der 30- bis 44-jährigen Frauen bei 68,6 % lag. Kein Wunsch nach einer Vollzeittätigkeit war die zweithäufigste Ursache für Teilzeitarbeit (Frauen: 20,7 %, Männer: 24,1 %).[10]

Bundesland2019[4]
Burgenland Burgenland67,1 %
Karnten Kärnten67,0 %
Niederosterreich Niederösterreich70,1 %
Oberosterreich Oberösterreich72,8 %
Salzburg Salzburg73,4 %
Steiermark Steiermark70,1 %
Tirol Tirol72,1 %
Vorarlberg Vorarlberg71,6 %
Wien Wien63,2 %
Osterreich Österreich69,2 %

Schweiz

Im Jahr 2012 lag die Frauen-Erwerbstätigenquote bei 73,6 %, die Männer-Erwerbstätigenquote bei 85,2 %.[4] Das ordentliche Rentenalter für Frauen liegt bei 64 Jahren, für Männer bei 65 Jahren.

2012 gingen mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen, aber nur rund einer von sieben Männern, einer Teilzeitarbeit nach.[11] Tendenziell reduziert die Person mit dem tieferen Lohn ihr Pensum.[12]

Türkei

Im Jahr 2012 lag die Frauen-Erwerbstätigenquote bei 28,7 %, die Männer-Erwerbsquote bei 69,2 %.[4]

Frauenerwerbstätigenquote in der EU

Land2005Rang2006Rang2007Rang2008Rang2009Rang2010Rang2011Rang2012Rang
Belgien Belgien53,81754,01955,31956,21856,01956,51656,71756,817
Bulgarien Bulgarien51,71954,61757,61659,51658,31556,41755,61856,318
Danemark Dänemark71,9173,4173,2174,3173,1171,1170,4270,03
Deutschland Deutschland60,61062,2964,0965,4865,2666,1667,7468,05
Estland Estland62,1665,3665,9566,3563,0960,61162,8864,78
Finnland Finnland66,5367,3468,5469,0467,9466,9467,4568,24
Frankreich Frankreich57,81558,11559,21559,91559,61459,31359,21459,412
Griechenland Griechenland46,12547,42547,92548,72548,92548,12545,12641,927
Irland Irland58,31459,31460,61460,21457,41656,01955,11955,119
Italien Italien45,32646,32646,62647,22646,42646,12646,52547,125
Lettland Lettland59,31262,4864,4765,4860,91259,41260,21261,710
Litauen Litauen59,41161,01262,21261,81360,71358,71460,21261,99
Luxemburg Luxemburg53,71854,61756,11855,11957,01757,21556,91659,014
Malta Malta33,72733,42735,72737,42737,72739,22740,92744,226
Niederlande Niederlande66,4467,7369,6371,1371,5269,3369,9370,42
Osterreich Österreich62,0763,5764,4765,8666,4566,4566,5667,36
Polen Polen46,82448,12450,62452,42352,82053,02053,12053,120
Portugal Portugal61,7862,01061,91362,51261,61161,11060,41158,715
Rumänien Rumänien51,52053,02152,82252,52252,02352,02352,02252,622
Schweden Schweden70,2270,7271,8271,8270,2370,3271,3171,81
Slowakei Slowakei50,92351,92253,02154,62152,82052,32152,72152,721
Slowenien Slowenien61,3961,81162,61064,21063,8862,6960,91060,511
Spanien Spanien51,22153,22054,72054,92052,82052,32152,02250,624
Tschechien Tschechien56,31656,81657,31757,61756,71856,31857,21558,216
Ungarn Ungarn51,02251,12350,92350,62449,92450,62450,62452,123
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich65,8565,8565,5665,8665,0764,6764,5765,17
Zypern Republik Zypern58,41360,31362,41162,91162,51063,0862,1959,412
Europaische Union EU-2756,257,258,259,058,558,258,458,6

Quelle: Eurostat-Datenbank[4]

Weltweit

In den meisten Ländern der Welt ist die Frauenerwerbsquote niedriger als die Männererwerbsquote. Weltweit nahm die Frauenerwerbsquote im 20. Jahrhundert zu. Die höchsten Frauenerwerbsquoten finden sich sowohl unter Ländern mit dem größten BIP als auch unter denen mit dem kleinsten BIP. Bezogen auf den Familienstand war die stärkste Zunahme der Frauenerwerbsquote unter verheirateten Frauen zu beobachten.[13]

In den USA ist die Erwerbsrate von Männern generell höher als die von Frauen. Laut einer Studie eines Teams um Raj Chetty trifft dort aber auf Menschen, deren Eltern ein geringes Einkommen hatten, das Gegenteil zu. Dieselbe Studie zeigte zudem einen Unterschied zwischen Kindern verheirateten und unverheirateten Eltern: Waren die Eltern verheiratet, ist die Wahrscheinlichkeit ihrer Söhne, mit 30 berufstätig zu sein, deutlich höher als für Söhne unverheirateter Eltern, und für Töchter gilt dasselbe, aber in geringerem Maße.[14]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Erwerbstätigenquote. Statistisches Bundesamt, abgerufen am 27. Juni 2013.
  2. Was sind Erwerbstätige? Statistisches Bundesamt, abgerufen am 27. Juni 2013.
  3. ESF Grundlagen. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, archiviert vom Original am 25. Februar 2015; abgerufen am 15. Juni 2013.
  4. a b c d e f g Erwerbstätigenquoten nach Geschlecht, Alter und NUTS-2-Regionen (%). Eurostat, 15. Mai 2013, abgerufen am 14. Juni 2013 (Gewünschte „Daten auswählen“ (Age, Geo, Sex, Time) und „Aktualisieren“ auswählen → „Tabelle ansehen“ → „Herunterladen“ auswählen, Daten werden dann vollständig in einer Exporttabelle angezeigt).
  5. Waltraud Cornelißen, Christian Dressel (Hrsg.): 1. Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland. 2007, S. 107 (bmfsfj.de [PDF]).
  6. Ulrike Herrmann: Freiwillig in die Teilzeit-Falle. In: taz. 23. Februar 2008, abgerufen am 28. November 2008.
  7. Christian Leipert (Hrsg.): Familie als Beruf: Arbeitsfeld der Zukunft. Leske + Budrich, Opladen 2001, ISBN 3-8100-3262-X, Thomas Gesterkamp: Abschied vom Zahl-Vater? Die Veränderung der Männerrolle in der Familie. (Word; 23 kB) Archiviert vom Original am 14. April 2005; abgerufen am 8. Juni 2013: „Der Datenreport des Statistischen Bundesamtes ergibt ein erstaunliches Meinungsbild. „Es ist für alle Beteiligten besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Haus bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert“: Diesem Satz stimmten nicht nur 53 Prozent der (west-)deutschen Männer, sondern auch 47 Prozent der Frauen zu. Fast die Hälfte des weiblichen Geschlechts akzeptiert nach dieser Befragung althergebrachte Rollenmuster.“, S. 249–253.
  8. EU-weit arbeiten Frauen nur in den Niederlanden häufiger Teilzeit als in Deutschland. Statistisches Bundesamt, 17. März 2013, abgerufen am 15. Juni 2013.
  9. Frauenpension: ÖVP-Frauen wollen Antrittsalter anheben. Die Presse, 7. November 2011, abgerufen am 11. November 2011: „Die ÖVP-Frauen und der Seniorenbund treten für ein rascheres Angleichen des Pensionsantrittsalters von Frauen ein und fordern ein Anreizmodell für längeres Arbeiten. ÖGB, SPÖ und Grüne lehnen eine Angleichung ab.“
  10. Genderstatistik Erwerbstätigkeit. Statistik Austria, abgerufen am 21. Februar 2021.
  11. Gleichstellung von Frau und Mann – Daten, Indikatoren: Teilzeitarbeit. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesamt für Statistik, 25. April 2013, archiviert vom Original am 26. Mai 2013; abgerufen am 16. Juni 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bfs.admin.ch
  12. Bundesamt für Sozialversicherungen (Hrsg.): Faktenblatt Gleichstellungspolitik. Bern 18. Januar 2013 (Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2017. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/www.bsv.admin.ch online [PDF; 39 kB; abgerufen am 16. Juni 2013]).
  13. Working women: Key facts and trends in female labor force participation. In: ourworldindata.org. 16. Oktober 2017, abgerufen am 25. März 2018 (englisch).
  14. Raj Chetty, Nathaniel Hendren, Frina Lin, Jeremy Majerovitz, Benjamin Scuder, Working Papers 21936, Childhood environment and gender gaps in adulthood, National Bureau of Economic Research, Januar 2016. Zitiert nach: Ben Casselman, Andrew Flowers: Rich Kids Stay Rich, Poor Kids Stay Poor. In: fivethirtyeight.com. 1. Februar 2012, abgerufen am 31. März 2018 (englisch).

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