Franz Reichert (Schauspieler)

Franz Reichert (* 3. Oktober 1908[1][2] in Wien; † 28. Juni 1998) war ein österreichischer Schauspieler, Spielleiter, Regisseur und Theaterintendant.

Leben

Franz Reichert studierte an der Staatsakademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien bei Rudolf Beer. Ab 1926 hatte er erste Engagements als Schauspieler. Als Schauspieler und Regisseur wirkte er anschließend in Zürich, Essen (Spielzeit 1929/30), Graz, am Schauspielhaus Bremen als Oberspielleiter (1936–1941) und am Schauspiel Nürnberg (dort als „Oberregisseur“ und Oberspielleiter, 1941–1943).

Nach dem Zweiten Weltkrieg war er von 1945 bis 1950 als Regisseur und Oberspielleiter am Hebbel-Theater in Berlin tätig, inszenierte aber auch an anderen West-Berliner Bühnen, so ab 1950 am Schlosspark Theater und am Schillertheater.

In den Fünfziger Jahren war er als Gastregisseur an mehreren westdeutschen Bühnen tätig, u. a. am Stadttheater Bonn (Spielzeit 1950–1951), am Deutschen Theater Göttingen (ab 1951), am Landestheater Hannover (1952–1953), an den Städtischen Bühnen Wuppertal (1954–1955) und am Thalia Theater in Hamburg. In der Spielzeit 1952/53 inszenierte er als Gast am Stadttheater Basel.

1955 inszenierte er erstmals am Wiener Burgtheater, wo er ab der Spielzeit 1955/56 auch als Betreuer für die Repertoirevorstellungen verantwortlich war. Von 1957 bis zum Ende der Spielzeit 1958/59 war er Regisseur und Schauspieldirektor am Landestheater Hannover. Von 1959 bis 1965 war er als fester Regisseur am Burgtheater Wien tätig, dort auch in der Position als Regie-Vorstand.

1965 wechselte er als Nachfolger von Kurt Ehrhardt als Schauspielintendant an das Schauspiel Hannover, wo er bis 1973 in dieser Position verblieb. Reichert widmete sich in Hannover insbesondere auch der Pflege des zeitgenössischen Theaters und setzte Stücke von Jean-Paul Sartre, Rolf Hochhuth, Martin Walser und Peter Weiss auf den Spielplan, die er häufig auch selbst inszenierte. Daneben war er weiterhin als Gastregisseur tätig.

Reichert inszenierte ein breites Repertoire, das die Klassiker der Theaterliteratur ebenso umfasste, wie die Stücke der Jahrhundertwende und der Moderne. Zu Beginn seiner Regietätigkeit erwarb er sich insbesondere Verdienste um das antifaschistische Zeitstück der Nachkriegszeit. Jochanan Ch. Trilse-Finkelstein würdigt Reichert im „Lexikon Theater International“ als einen „vom Literarischen kommenden Regisseur, der Textreue wahrt“, und dessen Inszenierungen „überschaubar, klug disponiert, handwerklich genau“ seien.

Reichert inszenierte u. a. Stücke von Shakespeare, Goethe, Schiller, Hebbel, Strindberg, Bertolt Brecht und Fritz Hochwälder. Im Bereich des zeitgenössischen Theaters realisierte er in seinen Inszenierungen Werke von Autoren wie Friedrich Dürrenmatt, Martin Walser, Peter Weiss und Sławomir Mrożek.

Reichert war mit der österreichischen Kammerschauspielerin Sigrid Marquardt (1924–2016) verheiratet.[1][2] Er wurde am 10. Juli 1998 auf dem Hietzinger Friedhof (Gruppe 15, Nummer 8E) beigesetzt.[2][3]

Inszenierungen (Auswahl)

Hörspiele (Auswahl)

Sprecher:

  • 1948: Ellis Parker-Butler: Schwein ist Schwein – Regie: Nicht bekannt (Kurzhörspiel, Hörspielbearbeitung – RIAS)
  • 1948: Thornton Wilder: Die Brücke von San Luis Rey (Buchhändler) – Regie: Gustav Burmester (Hörspielbearbeitung – NWDR Hamburg)
  • 1948: Walther Johannes Meyer: Keiner weiß vom andern (Sprecher) – Regie: Ludwig Cremer (Kurzhörspiel – NWDR Hamburg)
  • 1949: Hans Egon Gerlach: Goethe erzählt sein Leben (6. und 14. Teil) – Regie: Mathias Wieman (Hörbild – NWDR Hamburg)
  • 1949: Unbekannt: Anatols Hochzeitsmorgen – Regie: Nicht bekannt (Kurzhörspiel – RIAS)

Mitautor:

Literatur

  • Wilhelm Kosch (Hrsg.): Deutsches Theater Lexikon. Band III. Pallenberg – Singer. Seite 1837 (unter: Rollenfach). De Gruyter, Berlin [u. a.]. Januar 1971, ISBN 978-3-907820-29-2 (abgerufen über De Gruyter Online).
  • Henning Rischbieter (Hrsg.): Theater-Lexikon. Orell Füssli Verlag, Zürich und Schwäbisch Hall 1983. Sp. 1054 und Sp. 1055. ISBN 3-280-01465-4
  • Wilhelm Kosch (Hrsg.): Deutsches Theater Lexikon. Nachtragsband. Teil 5. Pe – Schad. Seite 192. De Gruyter, Berlin [u. a.] 2017, ISBN 978-3-11-036177-3. (abgerufen über De Gruyter Online).
  • Herbert A. Frenzel, Hans Joachim Moser (Hrsg.): Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Schauspiel, Oper, Film, Rundfunk. Deutschland, Österreich, Schweiz. De Gruyter, Berlin 1956, DNB 010075518, S. 584.
  • Jochanan Ch. Trilse-Finkelstein/Klaus Hammer: Lexikon Theater International. Henschel Verlag, Berlin. 1. Auflage 1995. Seite 722. ISBN 3-89487-180-6.
  • Johann Caspar Glenzdorf: Glenzdorfs internationales Film-Lexikon. Biographisches Handbuch für das gesamte Filmwesen. Band 3: Peit–Zz. Prominent-Filmverlag, Bad Münder 1961, DNB 451560752, S. 1368.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Paul S. Ulrich: Biographisches Verzeichnis für Theater, Tanz und Musik/Biographical Index for Theatre, Dance and Music. Berlin Verlag. Arno Spitz GmbH. 1997. S. 1502. ISBN 978-3-87061-479-9.
  2. a b c Franz Reichert in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 15. Mai 2020 (englisch).
  3. Franz Reichert. Friedhöfe Wien.at. Abgerufen am 15. Mai 2020.

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