Franz Huter

Franz Huter (* 14. August 1899 in Bozen; † 26. Oktober 1997 in Innsbruck) war ein österreichischer Historiker.

Werdegang

Nach der Matura am Franziskanergymnasium Bozen im Jahre 1917 nahm Huter als Kaiserjäger am Ersten Weltkrieg teil. Anschließend studierte er Geschichte und Germanistik an den Universitäten Innsbruck, Freiburg im Breisgau und Wien mit Abschluss als Dr. phil. in Innsbruck 1923. Als promovierter Historiker wurde Huter Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung und Volontär am Tiroler Landesregierungsarchiv Innsbruck. 1928–1941 wirkte er als Archivar am Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Von 1934 an war er Mitglied der austrofaschistischen Vaterländischen Front.[1] Von 1940 bis 1945 wirkte er im Auftrag des SS-Ahnenerbes als Archivreferent und Beauftragter für Archivschutz in Südtirol, wobei er sich zusehends einer „ethnopolitische(n) Blickrichtung“ im Sinne des nationalsozialistischen Wissenschaftsverständnisses annäherte.[2] Huter beantragte am 11. April 1940 die Aufnahme in die NSDAP und wurde am 1. Juli aufgenommen (Mitgliedsnummer 8.225.291).[3][4] Im Zuge der Besetzung Südtirols durch die deutsche Wehrmacht am 8. September 1943 (Operationszone Alpenvorland) war Huter gemeinsam mt Wolfgang Steinacker an der Beschlagnahme des seither verschollenen Privatarchivs von Ettore Tolomei beteiligt; dies führte 1953 zu einem Prozess in Trient, bei dem beide Akteure freigesprochen wurden, da sie ausschließlich höheren Befehlen gehorcht hätten.[5]

Bereits 1938 war Huters Habilitation für Österreichische Geschichte in Wien erfolgt; 1941 war er als außerordentlicher Professor für Geschichte des Alpenraums und Wirtschaftsgeschichte an die Universität Innsbruck (damals Deutsche Alpenuniversität) berufen worden, wo er 1958 zum Universitätsprofessor ernannt wurde. 1966 wurde Huter emeritiert, blieb allerdings bis 1983 ehrenamtlicher Leiter des von ihm aufgebauten Universitätsarchivs. Seit 1959 war Huter zudem Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; außerdem war er Präsident des Altkaiserjägerklubs am Bergisel in Innsbruck.

Werk

Huter war ein die historischen Quellen exakt aufbereitender Geschichtsforscher, Universitätslehrer und Herausgeber. In seinen Darstellungen ist er vor allem Verkünder eines den Herrschaftsverhältnissen seiner Zeit entsprechenden Mythos Tiroler Heimat.

Publikationen (Auswahl)

  • Die Grundherrschaften des Tales Schnals in Untervinschgau, Innsbruck 1926 (Dissertation Universität Innsbruck 1923, Referent Hermann Wopfner).
  • Über die Quellen des Meßgerichtsprivilegs für die Bozener Märkte von 1635. Bozen 1923–1925.
  • Tiroler Urkundenbuch. I. Abteilung. 3 Bände, Innsbruck 1937–1957.
  • (mit Hans von Voltelini) Die Südtiroler Notariats-Imbreviaturen des 13. Jahrhunderts, T. 2, Innsbruck 1951.
  • (mit Otto Stolz) Wehrverfassung und Schützenwesen in Tirol von den Anfängen bis 1918, Innsbruck 1960.
  • Südtirol. Eine Frage des europäischen Gewissens, Wien 1965.
  • Alpenländer mit Südtirol. In Zusammenarbeit mit den Archivdirektoren Hanns Bachmann, Karl Heinz Burmeister, Gotbert Moro, Fritz Posch und Heinz Dopsch herausgegeben von Franz Huter (= Handbuch der historischen Stätten Österreich. Band 2). 2. Auflage. Alfred Kröner, Stuttgart 1978, ISBN 3-520-27902-9.
  • Ein Kaiserjägerbuch. Bd. 1: Die Kaiserjäger und ihre Waffentaten. Bd. 2: Kurzgeschichte des Bergiselmuseums, Innsbruck 1980 bzw. 1985.
  • Hieronymus Leopold Bacchettoni. Professor der Anatomie und Chirurgie an der Universität Innsbruck. Ein Beitrag zur Verselbständigung der Chirurgie als Lehrfach an den Universitäten nördlich der Alpen (= Schlern-Schriften, Band 275), Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 1985, ISBN 3-7030-0150-X.
  • Ausgewählte Aufsätze zur Geschichte Tirols. Hrsg. von Josef Riedmann und Marjan Cescutti, Innsbruck 1997.

Herausgeberschaften

  • Hundert Jahre Medizinische Fakultät Innsbruck: 1869–1969 (= Veröffentlichungen der Universität Innsbruck, Band 17, Forschungen zur Innsbrucker Universitätsgeschichte, Band 7), Österreichische Kommissionsbuchhandlung, Innsbruck 1969:
    • Teil 1: Die Wiedererrichtung der Fakultät und ihre Vorgeschichte, DNB 890234272.
    • Teil 2: Geschichte der Lehrkanzeln, Institute und Kliniken, DNB 890234280.
  • Universität Innsbruck (Hrsg.): Hundertjahrfeier der Medizinischen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck: am 14. Juni 1969 im Tiroler Landestheater (= Veröffentlichungen der Universität Innsbruck, Band 27; Innsbrucker Universitätsreden, Band 3), Universität Innsbruck. Medizinische Fakultät, Österreichischer Kommission-Buchhandlungsverlag, Innsbruck 1969, DNB 890936625.
  • Jahrbuch Tiroler Heimat (von 1947 bis 1986).
  • Buchreihe Tiroler Wirtschaftsstudien (von 1955 bis 1973).
  • Buchreihe Schlern-Schriften (von 1971 bis 1993).

Literatur

  • Adolf Leidlmair: Franz Huter zum Gedenken. In: Jahresbericht der Innsbrucker Geographischen Gesellschaft 1997/98, S. 150–153.
  • Michael Wedekind: Franz Huter (1899–1997). „Verfügen sie über mich, wann immer sie im Kampfe um die Heimat im Gedränge sind“. In: Karel Hruza (Hrsg.): Österreichische Historiker 1900–1945. Band 2. Wien 2012, S. 591–614.
  • Gerhard Oberkofler: Franz Huter (1899–1997). Soldat und Historiker Tirols. Innsbruck 1999.
  • Hannes Obermair: Nation-Building facendo edizioni? Il «Tiroler Urkundenbuch», Richard Heuberger, Franz Huter e Otto Stolz. In: Giuseppe Albertoni et al. (Hrsg.): La storia va alla guerra. Storici dell’area trentino-tirolese tra polemiche nazionali e primo conflitto mondiale (= Studi e Ricerche 18). Università degli Studi di Trento, Trento 2018, ISBN 978-88-8443-825-6, S. 285–300 (italienisch).
  • Michael Gehler: Zur Kulturkommission des SS-„Ahnenerbes“ in Südtirol 1940–43 und Geschichte des „Tolomei-Archivs“ 1943–45. Entgegnungen zu Franz Huters „Feststellungen“. In: Geschichte und Gegenwart 11 (1992), H. 3, S. 208–235.
  • Fritz Fellner, Doris A. Corradini: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Wien 2006, S. 200.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hannes Obermair: Nation-Building facendo edizioni? Il «Tiroler Urkundenbuch», Richard Heuberger, Franz Huter e Otto Stolz. In: Giuseppe Albertoni et al. (Hrsg.): La storia va alla guerra. Storici dell’area trentino-tirolese tra polemiche nazionali e primo conflitto mondiale (= Studi e Ricerche 18). Università degli Studi di Trento, Trento 2018, ISBN 978-88-8443-825-6, S. 292.
  2. Martin Bitschnau, Hannes Obermair: Tiroler Urkundenbuch, II. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals. Band 1: Bis zum Jahr 1140. Hrsg.: Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m. b. H. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-7030-0469-8, S. XII–XII (Einl.).
  3. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/17480668.
  4. Angela Mura: Franz Huter und die Tätigkeit der „Arbeitsgruppe Archive“, in: Christian Fuhrmeister (Hrsg.): Kunsthistoriker im Krieg. Deutscher militärischer Kunstschutz in Italien 1943–1945. Böhlau, Köln 2012, Fn. 17, S. 185.
  5. Maurizio Ferrandi: Il nazionalista: Ettore Tolomei, l'uomo che inventò l'Alto Adige. Prefazione di Hannes Obermair. Edizioni alphabeta Verlag, Meran 2020. ISBN 978-88-7223-363-4, S. 260–263.