Frankfurter Wörterbuch

Das Frankfurter Wörterbuch ist ein wissenschaftliches Wörterbuch der Frankfurter Mundart, wie sie im Stadtgebiet von Frankfurt am Main vom 19. Jahrhundert bis etwa 1945 gesprochen wurde. Es erschien in 18 Lieferungen von 1971 bis 1985, eine vollständige Gesamtausgabe in sechs Bänden erschien 1988.

Typus

Das Frankfurter Wörterbuch folgt im Aufbau den beiden benachbarten großlandschaftlichen Dialektwörterbüchern, dem Hessen-Nassauischen Wörterbuch und dem Südhessischen Wörterbuch. Die Reihenfolge der Stichwörter folgt dem Alphabet nach der standarddeutschen Schreibweise des Duden oder des Deutschen Wörterbuches. Reine Dialektwörter werden nicht in standarddeutsche Schreibweise übertragen, wo möglich wird auf das entsprechende standarddeutsche Wort verwiesen, beispielsweise BernemBornheim. Ähnliches gilt für fremdsprachliche Lemmata (Bawerett oder BawerettcheBavolet, ein Nackenschleier am Damenhut).

Die einzelnen Artikel sind nach den verschiedenen Bedeutungen des dargestellten Wortes gegliedert und enthalten auch Phraseologismen. Beispielsweise ist der Artikel Bauer wie folgt aufgebaut: 1. Landwirt, 2. grober, unhöflicher Mensch, 3. einfacher, ungebildeter Mensch, 4. übertragen: Kalter Bauer (Spermaflecken in der Bettwäsche), 5. Sprichwort: Glück haben (Je dümmer der Bauer, desto dicker die Kartoffeln), 6. Kinderreime. Der jeweiligen Worterklärung folgen die Belegstellen, gefolgt von eventuellen Verweisen auf weiterführende Stichwörter (→ Dreckbauer → Kerschelbauer).

Die phonetische Umschreibung der Mundart-Lemmata folgt im Wesentlichen der Teuthonista. Sie stammt von den Herausgebern; auf die genauen phonetischen Belege, die Oppel und Rauh hinterlassen hatten, wurde verzichtet.

Geschichte

Der Plan zu einem Frankfurter Wörterbuch gehörte zu den ersten Projekten, die mit städtischer Unterstützung an der 1914 gegründeten Frankfurter Universität in Angriff genommen wurden. Friedrich Panzer, seit 1905 Professor an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften und 1911 bis 1913 deren Rektor, begann 1911 mit den Vorarbeiten, musste das Projekt aber bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs einstellen. Sein Doktorand Hans Ludwig Rauh führte das Werk ab 1921 fort, das jedoch schon 1922 infolge der Inflation erneut zum Stillstand kam. Erst 1937 sorgte der 1932 auf den Frankfurter Lehrstuhl für Deutsche Philologie berufene Julius Schwietering für eine Wiederbelebung des Projekts Frankfurter Wörterbuch. Rauh wurde im August 1939 Leiter des Forschungsprojektes, für das die Preußische Akademie der Wissenschaften das Patronat übernommen und die Stadt Frankfurt eine Stelle und Räumlichkeiten in der Alten Stadtbibliothek zur Verfügung gestellt hatte.

Anfang 1945 lagerte Rauh sein Archiv in ein Landschulheim der Stadt Frankfurt in Endbach im Hessischen Hinterland aus, wo er im März 1945 starb. Ein großer Teil seiner Arbeitsunterlagen ging verloren, nur der Zettelkasten mit 130.000 Einträgen blieb erhalten und kam 1945 zurück an die Frankfurter Universität, wo er im Institut für Volkskunde verwahrt wurde. Etliche der von Rauh genutzten und nur teilweise exzerpierten Quellen waren bei den Luftangriffen auf Frankfurt am Main verloren gegangen und konnten nur teilweise wiederbeschafft werden.

Am 1. Oktober 1968 begann die Arbeit an der Herausgabe des Wörterbuches unter der Leitung des neuen Institutsleiters Wolfgang Brückner. Zu den Bearbeitern gehörten vor allem Rainer Alsheimer, Rosemarie Schanze und Hans-Otto Schembs. 1971 erschien die erste Lieferung im Frankfurter Verlag Waldemar Kramer, der bis 1985 17 weitere folgten. 1988 erschien die Gesamtausgabe in sechs Bänden sowie ein Registerband.

Quellen und Materialbasis

Das Frankfurter Wörterbuch basiert vor allem auf zwei Quellen: den zwischen 1839 und 1894 gesammelten Aufzeichnungen von Johann Joseph Oppel und dem im Wesentlichen zwischen 1932 und 1943 von Hans Ludwig Rauh gesammelten und aufbereiteten Material. Obwohl viele Unterlagen Rauhs im Zweiten Weltkrieg verloren ging, blieben seine auf 130.000 Zettel dokumentierten Belege (darunter etwa 30.000 aus Oppels Aufzeichnungen erstellte) erhalten. Ebenfalls vollständig genutzt wurden die Belege aus Frieda Reutings 1922 erschienenen Wörterbuch der Höchster Mundart. Zu den von Rauh ausgewerteten Quellen gehörte die Frankfurter Mundartliteratur, darunter die Werke von Friedrich Stoltze und Adolf Stoltze, sowie Wortschatzsammlungen des Germanisten Ernst Wülcker, des Verlegers Adam Hammeran und des Buchhändlers Johann Jacob Strauss. Die letzten beiden Sammlungen gingen im Krieg verloren, waren jedoch zuvor zumindest teilweise von Rauh auf Zettel übertragen worden.

Publikationsstand

Band I: Einleitung, A–Eva
Band II: Evangelium–hinauf
Band II: hinaufgucken–Lithograph
Band IV: Litze–qui vive
Band V: raadeln–Strohkopf
Band VI: Strohmann–Zylinder
Registerband

Literatur

  • Rosemarie Schanze: Sprache und Gesellschaft in Frankfurt am Main. Studien zum Frankfurter Wörterbuch (= Frankfurter Verein für Geschichte und Landeskunde e. V. [Hrsg.]: Studien zur Frankfurter Geschichte. Band 21). Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7829-0340-4.
  • Hans Ludwig Rauh: Die Frankfurter Mundart in ihren Grundzügen dargestellt. Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main 1921 (Abgedruckt in Frankfurter Wörterbuch, Band I, Einleitung).

Weblinks