Ford Madox Brown

Ford Madox Brown gezeichnet 1852 von Dante Gabriel Rossetti

Ford Madox Brown (* 16. April 1821 in Calais; † 11. Oktober 1893 in London) war ein englischer Maler aus dem Kreis der Präraffaeliten.

Leben

Werdegang

Ford Madox Brown kam in Calais als Sohn eines Schiffsausrüsters zur Welt. Brown studierte zuerst ein Semester an der Akademie von Brügge unter Albert Gregorius und ging 1836 nach Gent. Dort war Pieter Van Hanselaere für zwei Jahre sein Lehrmeister und Brown stellte im örtlichen Salon aus. 1838 überzeugte ihn der Ruf von Gustave Wappers nach Antwerpen zu ziehen, wo er zusammen mit Joseph van Lerius, Charles Verlat und Godefried Guffens an der Königlichen Akademie der Schönen Künste studierte. Hier beeindruckten Brown die Gemälde der Maler des 17. Jahrhunderts.[1]

Ab 1840 lebte er in Paris und studierte im Louvre die Bilder von Velazquez und Rembrandt sowie die Werke von Delacroix. 1845 unternahm er mit dem Weg über Basel eine Reise nach Italien und hielt sich in Mailand, Florenz und Rom auf, wo er die Maler Friedrich Overbeck und Peter Cornelius aus dem Kreis der Nazarener kennenlernte, deren künstlerische Ambition, sich an der Malerei des Mittelalters und der Renaissance zu orientieren, ihn ebenso beeindruckte wie zuvor die Malerei Holbeins in Basel.[2]

Ford Madox Brown: Chetham’s Life’s Dream A.D. 1640, Wandbild, Manchester
Ford Madox Brown: Glasfenster für Morris & Co.

Im Jahr 1846 ließ Ford Madox Brown sich in London nieder. Brown traf Dante Gabriel Rossetti im März 1848 und unterrichtete ihn für eine Weile im Malen. Rossetti lehnte jedoch die akademische Lehrweise ab.[3] Es gibt ein Gemälde, das die beiden gemeinsam von Jane Burden anfertigten.[4] 1849/1850 war er erneut in Rom. Dort wurde er Mitglied des Deutschen Künstlervereins.[5] Zwischen 1849 und 1853 stellte er seine Gemälde, die neben Rossetti auch insbesondere Frederick Sandys (1829–1904) künstlerisch beeinflussten, zusammen mit denen der Präraffaeliten aus. Brown hätte Mitglied der präraffaelitischen Bruderschaft werden können, zog es aber vor, weiterhin von dieser Bewegung unabhängig zu arbeiten. Zur Publikation der Bruderschaft The Germ trug er Texte und eine Illustration bei.

1861 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Firma Morris, Marshall, Faulkner and Company von William Morris, für die er bis 1875, als Edward Burne-Jones seinen Posten übernahm, Glasfenster, Kacheln und Möbel entwarf.[6] 1878 erhielt Brown den Auftrag, das Rathaus von Manchester mit sechs, später erweitert auf zwölf, großen Fresken zur Geschichte der Stadt auszustatten. Dieses große Unternehmen beanspruchte ihn fortan umfassend in seinem Künstlerdasein.[7] Aus der Sicht seiner Zeitgenossen wurde Ford Madox Brown der Realistenbewegung zugeordnet, in der von Dowsen, Muther, Greene & Hillier Ende des 19. Jahrhunderts herausgegebenen History of Modern Painting wird er als „the English Adolph Menzel“ bezeichnet.[8]

Familie

Ford Madox Brown: Pretty Baa-Lambs, 1851/1859

Im Jahre 1844 hatte Brown seine Cousine Elizabeth Bromley geheiratet, die zwei Jahre später, 1846, starb und die Tochter Lucy Madox Brown hinterließ. Emma Hill kam als Modell zu ihm. Als Dienstbotin hatte sie keine Bildung erfahren, Brown brachte ihr Schreiben und Lesen bei. 1850 wurde ihre gemeinsame Tochter Catherine Emily geboren. Auf seinem Gemälde Pretty Baa-Lambs sind die beiden zusammen porträtiert.[9] Sie heirateten schließlich am 5. April 1853. Der erste Sohn, Oliver, wurde 1855 geboren und ein zweiter Sohn, Arthur, folgte 1856. 1857 starb Arthur an einer Gehirnhautentzündung. Browns Tochter Cathy wurde ebenfalls Malerin und heiratete den Musikkritiker Franz Hueffer. Oliver, genannt Nolly, wurde Künstler und Poet, der seine Arbeiten ausstellte und veröffentlichte. 1874 starb Oliver an einer Blutvergiftung. Daraufhin fiel Brown in eine Depression und zog sich zurück. Er errichtete für Oliver einen Schrein in seinem Haus.[10] Ein Enkel Ford Madox Browns, Ford Madox Ford, wurde ein bekannter Schriftsteller und einer seiner Großenkel war der spätere britische Innenminister Frank Soskice. Browns Tagebuch, geführt von 1847 bis 1850 und von 1854 bis 1858, liefert einen seltenen Einblick in das Leben eines Malers im 19. Jahrhundert.[11]

Soziales Engagement

Ford Madox Brown, Fotografie

Seine soziale Verantwortung zeigte sich sowohl in seinem Leben als auch seiner Arbeit. Man sagte über ihn, dass er Luxus und Privilegien ablehnte. Ende der 1850er Jahre gab es Zeichenunterricht am Arbeiter-College.[12] 1859 richtete er mit seiner Frau Emma eine Suppenküche ein. Er war auch besorgt über die Not während der sogenannten Baumwollhungersnot in den 1860er Jahren und spendete Geld sowie das Gemälde Mauvais Sujet (The Writing Lesson) zur Unterstützung der Textilarbeiter.[13] 1866 richtete er ein Büro für Arbeitslose in Manchester ein, um ihnen bei der Arbeitssuche zu helfen. Er hatte das Buch Past and Present von Thomas Carlyle gelesen.

Obwohl Agnostiker, besuchte er den Gottesdienst und benutzte Bibelzitate für seine Arbeit. In Oxford traf er auf John Everett Millais bei seiner Recherche zu der Bibelübersetzung von John Wyclif und wohnte bei ihm. Dieses Gemälde wurde ebenfalls von dem frommen Thomas Combe angekauft.[14]

Seine Frau Emma starb 1890. Ford Madox Brown starb am 6. Oktober 1893 an Gicht und wurde auf dem Friedhof von St Pancras und Islington in London bestattet.

Werk

Ford Madox Brown: The Last of England, 1852/1855
Ford Madox Brown: Work, 1852/1863

Ford Madox Browns Malerei zeigt einen realistischen Stil, sein Werk umfasst sowohl großformatig ausgeführte historische Sujets als auch Themen des modernen Lebens und seiner zeitgenössischen sozialen Belange. 1865 stellte Brown in London seine Werke in einer Gesamtschau aus; sie wurden durchweg von englischen Fabrikanten und Kaufleuten angekauft.

Bedeutend sind seine Gemälde The Last of England und Work, die er 1852 zur selben Zeit begann, jedoch nach verschiedenen Unterbrechungen erst 1855 und 1865 beendete. Der Titel The Last of England bezieht sich auf die Auswanderungswelle nach Australien; die Modelle für die Auswandererfamilie waren der Maler selbst, seine Frau Emma und seine beiden Kinder. Das Werk wurde 1891 vom Kunstmuseum in Birmingham erworben.[15] Works, beendet 1865, gilt als die erste moderne Darstellung von Arbeitenden nach Courbets Gemälde Die Steinklopfer (1849). Es gehört zum Bestand der Manchester Art Gallery.[16]

Literatur

  • Robin Hamlyn (Hrsg.) u. a.: Viktorianische Malerei. München 1993
  • Julian Treuherz: Ford Madox Brown: Pre-Raphaelite Pioneer. Philip Wilson Publishers Ltd 2011, ISBN 978-0-85667-700-7
  • Präraffaeliten. Ausstellungs-Katalog Baden-Baden 1973–1974; S. 43–65
  • Malcolm Dunkeld: Madox Brown, Hicks, and Clausen: The Construction Site in Victorian High Art (PDF). In: Karl-Eugen Kurrer, Werner Lorenz, Volker Wetzk (Hrsg.): Proceedings of the Third International Congress on Construction History. Neunplus, Berlin 2009, ISBN 978-3-936033-31-1, S. 507–516
  • Ray Watkinson, Teresa Newman: Ford Madox Brown and the Pre-Raphaelite Circle. London 1990
  • Angela Thirlwell, Tim Barringer, Laura MacCulloc: Ford Madox Brown. D Giles Ltd 2008, ISBN 978-1-904832-56-0
  • Lexikon der Kunst. Leipzig 1981; Bd. 1, S. 353
  • Angela Thirlwell: Into The Frame: The Four Loves of Ford Madox Brown. Pimlico 2011, ISBN 978-1-84413-914-9

Weblinks

Commons: Ford Madox Brown – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ford Madox Brown: Pre-Raphaelite Pioneer. Manchester City Art Gallery. September 24 – January 29, 2012 in: NCAW publication, Volume 11, Issue 3, 2012, Fußnote 3
  2. Lexikon der Kunst (1961), S. 353
  3. Ford Madox Brown in Art Archive
  4. Jane Burden by Dante Gabriel Rossetti and Ford Madox Brown
  5. Friedrich Noack: Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1927, Band 2, S. 107
  6. Präraffaeliten (1973/74), S. 43
  7. Pre–Raphaelite Online Resource: Ford Madox Brown (Memento desOriginals vom 27. Juni 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.preraphaelites.org
  8. Ford Madox Brown in: Muther, Dowsen, Greene, Hillier: The History of Modern Painting. S. 581ff
  9. Ford Madox Brown: Pre-Raphaelite radical who shocked the Victorians. First exhibition in 50 years sheds new light on the man whose work was described by the establishment as 'grotesque'. "The Guardian", Friday 23 September 2011
  10. Ford Madox Brown Biography in Manchester Galleries (Memento desOriginals vom 2. August 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.manchestergalleries.org
  11. Pre–Raphaelite Online Resource: Ford Madox Brown (Memento desOriginals vom 27. Juni 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.preraphaelites.org
  12. Working Men's College
  13. Ford M. Hueffer: Ford Madox Brown: a record of his life and work. Longmans, Green, London 1896, S. 184 (archive.org [abgerufen am 4. März 2021]).
  14. The First Translation of the Bible into English (Wycliffe Reading His Translation of the New Testament to His Protector, John of Gaunt, Duke of Lancaster, in the Presence of Chaucer and Gower, His Retainers)
  15. Präraffaeliten (1973/74), S. 52ff.
  16. Ford Madox Brown: Work (1852/65), Manchester Art Gallery

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"Chetham’s Life’s Dream A.D. 1640" by Ford Madox Brown, a mural at Manchester Town Hall.
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Dante Gabriel Rossetti

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Ford Madox Brown gezeichnet 1852 von Dante Gabriel Rossetti

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British painter Ford Madox Brown (1821-1893)
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Autor/Urheber: Linda Spashett Storye book, Lizenz: CC BY 3.0
Detail from window of King Mark of Cornwall illustrating "Death of Sir Tristram", designed by Ford Madox Brown (1821-93) for William Morris, from building in Bradford area. Now in Stained Glass gallery, Cliffe Castle Museum, Keighley, West Yorkshire, England.