Fooblitzky

Fooblitzky
EntwicklerInfocom
PublisherInfocom
Leitende EntwicklerMichael Berlyn
VeröffentlichungSeptember 1985
PlattformApple II, Atari 8-bit, MS-DOS
GenreBrettspiel
SpracheEnglisch

Fooblitzky ist ein Computerspiel des US-amerikanischen Entwicklers und Publishers Infocom aus dem Jahr 1986. Als Hybrid aus Computer- und Brettspiel angelegt, stellt es eine Besonderheit im Portfolio der durch Textadventures bekannt gewordenen Firma dar.

Idee und Ausstattung

Fooblitzky ist ein Spiel für zwei bis vier Spieler. Ziel des Spiels ist es, aus einer Reihe von 18 Gegenständen 4 für den Sieg notwendige zu identifizieren, zu sammeln und sie an einem Checkpoint abzugeben. Infocom beschrieb das Spielprinzip als Mischung aus Cluedo und Mastermind.[1]

Dem Computerspiel liegen als dingliche Spielmaterialien vier wiederverwendbare Spielblöcke und vier Filzstifte bei.[2] Die faltbaren Spielblöcke enthalten unter anderem eine Kopie des Spielbretts, dessen aktueller Stand jeweils auf dem Computerbildschirm dargestellt wird. Als Gimmick lag der Spielverpackung noch ein Button bei.

Das Spielbrett besteht aus 420 Feldern und repräsentiert die virtuelle Stadt Fooblitzky.[3] Neben einfachen Bewegungsfeldern („Bürgersteig“) gibt es Spezialfelder, die bestimmte Funktionen haben. Das Spiel wird mit einem Joystick oder der Tastatur bedient. Wegen der Notwendigkeit, die mitgelieferten Spielmaterialien zu besitzen, konnte Infocom auf die Installation eines Kopierschutzes verzichten.

Spielablauf

Nach der Eingabe der Spieleranzahl wählt jeder Spieler einen der 18 Gegenstände aus.[4] Dies muss verdeckt geschehen, und da die Auswahl am Computer erfolgt, müssen die anderen Spieler wegschauen. Ein Gegenstand kann von mehreren Spielern gewählt werden. Beträgt die Spielerzahl weniger als vier, wählt der Computer die übrigen Gegenstände per Zufall aus.[4] Jeder Gegenstand wird in einem der zwei Schließfächer hinterlegt (siehe Abschnitt #Spezialfelder); der jeweilige Spieler weiß aber nicht, in welchem. Die vier von den Spielern (und ggf. dem Computer) gewählten Gegenstände sind die, die es zu sammeln gilt. Im Anschluss an die Gegenstandswahl zeigt der Computer den Wert der Gegenstände an. Jeder Gegenstand hat einen Wert von 4, 8 oder 16 „Foobles“; Foobles sind die Spielwährung. Jeder Spieler erhält zu Beginn doppelt so viele Foobles, wie die vier Zielgegenstände zusammen wert sind.

Der Spieler, der an der Reihe ist, bekommt am Bildschirm den Teil des Spielbretts angezeigt, in dem er sich befindet. Die Statuszeile am oberen Bildschirmrand zeigt den aktuellen Spieler, dessen verfügbare Spielzüge, sein Foobles-Konto sowie die Uhrzeit im Spiel an. Der Spieler kann sich per Joystick oder Tastatur eine Übersichtskarte der Stadt und sein Inventar anzeigen lassen. Das Inventar fasst nur vier Gegenstände; für das Aufnehmen eines weiteren Gegenstands muss man zunächst einen Gegenstand ablegen.

Das Spiel wird reihum gespielt. Für jeden an der Reihe seienden Spieler wird zunächst per Zufallsgenerator die Anzahl der verfügbaren Spielzüge bestimmt. Die Funktionen der Spezialfelder sind:

  • Geschäft: Hier werden Gegenstände verkauft, die 4, 8 oder 16 Foobles kosten. Darunter können Zielgegenstände sein. Es gibt sechs Arten von Geschäften, jedes hat drei Gegenstände (zu 4, 8 und 16 Foobles) im Angebot, und es gibt auf dem Spielbrett vier Geschäfte pro Art. Damit ist jeder der 18 Gegenstände auf dem Spielbrett vier Mal erhältlich. Die Verteilung erfolgt zufällig. Beim Betreten muss ein Gegenstand gekauft werden.
  • Pfandleiher: Der Spieler kann hier einen nicht mehr benötigten Gegenstand verkaufen und verfügbare Gegenstände kaufen. Der Ankaufspreis ist höher als der Verkaufspreis.
  • Schließfach: Es kann einen Gegenstand enthalten. Der Spieler kann hier einen nicht mehr benötigten Gegenstand ablegen oder den zuvor abgelegten Gegenstand aufnehmen. Der vom Spieler gewählte Zielgegenstand befindet sich zu Spielbeginn in einem der beiden über die Spielwelt verteilten Schließfächer.
  • Telefonzelle: Von hier aus kann man ein Geschäft anrufen und telefonisch einen Gegenstand kaufen; es gelten die Mechaniken des Geschäfts.
  • „UGH“ (U-Bahn): Der Spieler kann für sechs Foobles das U-Bahn-Netz nutzen und schnell zwischen Arealen der Spielwelt hin- und herreisen.
  • Checkpoint: Der Spieler bekommt angezeigt, wie viele Zielgegenstände und wie viele sonstige Gegenstände er im Inventar hat. Welcher Gegenstand Ziel- oder sonstiger Gegenstand ist, wird nicht angezeigt. Wenn der Spieler alle vier Zielgegenstände im Inventar hat, hat er in diesem Moment das Spiel gewonnen.
  • Sozialdienst: Der Spieler kann hier einen nicht mehr benötigten Gegenstand spenden. Der Gegenstand wird per Zufall einem Pfandleiher zugeordnet.
  • Krankenhaus: Hier landet der Spieler, wenn er per Zufall beim Überqueren einer Straße überfahren wird.
  • Restaurant: Durch Tellerwaschen kann der Spieler pro Spielzug vier Foobles verdienen.

Das Überqueren einer Straße birgt das Risiko, überfahren zu werden. Das Risiko steigt morgens, mittags und abends zur Zeit der Rush Hour. Wenn ein Spielzug auf einem Bürgersteig-Feld endet, auf dem sich bereits ein Spieler befindet, kommt es zum „Anrempeln“: Alle Gegenstände, die die beiden Spieler bei sich tragen, fallen zu Boden. Die Spieler dürfen abwechselnd je einen Gegenstand aufheben, bis alle Gegenstände wieder einen Besitzer gefunden haben. Dabei darf man nur so viele Gegenstände aufnehmen, wie man vorher bei sich hatte. Wenn also einer der Spieler vorher ein leeres Inventar hatte, ändert sich an den Besitzverhältnissen nichts.

Das Handbuch bietet Vorschläge für abgewandelte Spielregeln. Zusätzlich können im Programm selbst einige Parameter verändert werden, um einzelne Aspekte des Spiels zu variieren.

Entwicklungs- und Veröffentlichungsgeschichte

Michael Berlyn (2006)
Marc Blank (2018)

Infocoms hauptsächliches Geschäftsfeld waren Textadventures. Seit 1982 arbeitete zusätzlich der Geschäftsbereich „Business Products“ an einer relationalen Datenbank namens Cornerstone, die das Geschäft auf Anwendersoftware ausweiten sollte, aber kaum vorankam. Der anhaltende Erfolg der Heimcomputer sorgte für einen gewissen Druck, Spiele mit Grafik zu produzieren. Dem stand aber die technische Infrastruktur der Infocom-Produktlinie entgegen.[5]

Infocom hatte eine virtuelle Maschine entwickelt, die Z-machine, die auf allen gängigen Heimcomputern lief, so dass ein Spiel nur einmalig in einer ebenfalls selbstentwickelten Programmiersprache geschrieben werden musste und dann ohne systemspezifische Anpassungen auf allen mit der Z-machine kompatiblen Computern funktionierte. Dieses Prinzip wollte die Firma auch auf grafische Spiele übertragen, war sich der technischen Tragweite der Anforderungen aber durchaus bewusst. Erschwerend kam hinzu, dass die Firma ihre Spiele auf DEC-Mainframe-Rechnern entwickelte, die nur sehr bedingt grafikfähig waren. Mit der Technologieinitiative zur Entwicklung eines Konzepts für die Entwicklung von grafikfähigen Spielen wurde Suspended- und Infidel-Autor Michael Berlyn betraut.

Infocom hatte zu dieser Zeit ein ungewöhnliches Betriebsklima. Die Firma verdiente ihr Geld mit Spielen, und fast alle Angestellten mochten Spiele, was sich auf Arbeit und gemeinsame Freizeit auswirkte. Infocom stellte eine Softball-Mannschaft, die in einer regionalen Firmen-Liga mit Teams von unter anderem Lotus Software und Spinnaker Software spielte. Die Mitarbeiter liebten Gesellschaftsspiele und spielten nach der Arbeitszeit gemeinsam.[5] In der Folge entwickelten die Angestellten eigene Spiele, die firmenintern ausprobiert und teils regelmäßig genutzt wurden. Berlyn kam der Gedanke, dass Infocom mutmaßlich nie mit Actionspielen anderer Hersteller mithalten können würde, aber dass eine Brettspiel-Umsetzung durchaus im Bereich des Möglichen läge und darüber hinaus genau den „Spirit“ der Firma träfe.

1983 wurde das Projekt Fooblitzky in Angriff genommen. Die „Urväter“ des Spiels waren Berlyn und Zork-Co-Autor und Deadline- und Enchanter-Autor Marc Blank.[1] Ein erster Prototyp wurde noch im selben Jahr der Presse vorgeführt.[4] In technischer Hinsicht stach Fooblitzky entsprechend der Richtlinie von Berlyns Technologie-Offensive deutlich aus dem Infocom-Spielekatalog hervor, da die Firma ansonsten ausschließlich grafiklose Textadventures produzierte und erst 1987 (mit Beyond Zork) erste Versuche in Richtung Grafik unternahm. Im Laufe der Zeit traten Brian Cody, Poh Lim und Paula Maxwell dem Designteam bei; letztere zeichnete auch für die Grafiken des Spiels verantwortlich. Zur Qualitätskontrolle wurde die gesamte Firma herangezogen, die über einen längeren Zeitraum hinweg abteilungsweise Testspiele gegeneinander absolvieren musste.[5] Intern war das Spiel umstritten; die Marketingabteilung fürchtete eine Verwässerung der Textadventure-Marke Infocom durch die Veröffentlichung eines Computer-Brettspiels. In technischer Hinsicht wurde das Spiel durch die Vorgabe einer Plattformunabhängigkeit wie bei den Textadventuren der Firma ausgebremst; die Grafikfähigkeiten mussten sich zwangsweise an der technisch schwächsten Plattform orientieren,[6] und das waren die DEC-Rechner, auf denen das Spiel programmiert wurde.

1985 war Fooblitzky prinzipiell fertiggestellt, es wurde nur noch an den Interpretern für unterschiedliche Computersysteme gearbeitet. Dabei wurde ausgerechnet der damals umsatzstärkste Heimcomputer, der Commodore 64, außen vor gelassen. Zu diesem Zeitpunkt verließ Berlyn die Firma, weil Infocom sich auf Grund interner Richtlinien weigerte, Berlyns Frau Muffy einzustellen.[7] Er machte sich mit seiner Frau unter dem Namen Brainwave Creations selbständig und entwickelte unter anderem für Interplay das Text/Grafik-Adventure Tass Times in Tonetown Berlyn gab an, dass Infocom mehrere satirische Elemente seines Designentwurfs aus der Veröffentlichungsversion entfernt habe.[4]

Im September 1985 veröffentlichte Infocom eine „Early-Access“-Version, die ausschließlich Abonnenten des Infocom-Newsletters zugänglich war.[1] Nichtabonnenten hatten die theoretische Möglichkeit, das Spiel über die telefonische Hotline des Unternehmens zu bestellen, diese Möglichkeit wurde allerdings nirgendwo publiziert. Im März 1986 gab die Marketing-Abteilung das Spiel frei und veranlasste die Auslieferung an die Händler. Eine nennenswerte begleitende Marketingkampagne gab es nicht. Fooblitzky wandte sich als wenig komplexes Computer-Brettspiel an Casual Gamer, eine Zielgruppe, die während des Heimcomputer-Booms der 1980er-Jahre noch keine kommerzielle Bedeutung besaß. Entsprechend niedrig waren die Verkaufszahlen des Spiels; bis Ende 1986 verkauften sich lediglich gut 8000 Einheiten.[8]

Rezeption

Für die US-amerikanische Computer Gaming World wertete Redakteur Gregg William, dass Fooblitzky weniger interaktiv als die ebenfalls für mehrere Spieler gedachten M.U.L.E. und Cosmic Encounter, aber dennoch ein amüsanter Zeitvertreib sei. Es sei clever konstruiert und fordere die Gehirnzellen der Spieler, aber nicht in einem unangenehmen Maße. Das Compute!-Magazin befand, Fooblitzky kombiniere zahlreiche Elemente populärer Brettspiele und stelle eine mit animierten Grafiken angereicherte Computer-Schnitzeljagd dar. Die Spielmechaniken seien einfach und amüsant, der Zwang, logisch und strategisch vorzugehen, erinnere aber an Monopoly. Der Spieler müsse ständig Entscheidungen treffen und dabei wie beim Schach mehrere Schritte im Voraus denken. Fooblitzky sei in der (damaligen) Spielelandschaft die größtmögliche Annäherung an das Prinzip Brettspiel und damit nicht für jeden Computerspieler geeignet, für ein Spiel mit der gesamten Familie aber die ideale Lösung.[9] Für das Antic-Magazin beurteilte Redakteur Michael Lasky das Spiel als „langweilig“. Er bemängelte ein Übermaß an Regeln und Prozessen sowie eine hakelige Steuerung.[10]

Der US-amerikanische Ludohistoriker Jimmy Maher befand 2014 retrospektiv, Fooblitzky könne „jede Menge Spaß machen“, sei aber kein Klassiker. Der Spaßfaktor des Spiels variiere von Runde zu Runde sehr stark. Zudem sehe man den Grafiken das geringe Budget des Spiels an, jedoch seien sie immerhin „schrullig und niedlich“. Er fasste die Entstehungsgeschichte des Spiels zusammen als „Story einer herumeiernden Firma mit unklaren Prioritäten, die etwas erschuf, das in keine Schublade passte und letztendlich nie eine Chance hatte“.[5]

Einzelnachweise

  1. a b c Gregg William: Atari Playfield. In: Computer Gaming World. Nr. 25, Januar 1986, S. 40.
  2. MOCAGH.org: Fooblitzky. Abgerufen am 30. Dezember 2023.
  3. The Obscuritory (Blog): Fooblitzky. Abgerufen am 30. Dezember 2023.
  4. a b c d Gregg William: Atari Playfield. In: Computer Gaming World. Nr. 27, April 1986, S. 36.
  5. a b c d The Digital Antiquarian: Fooblitzky. Abgerufen am 29. Oktober 2025.
  6. Hector Briceno u. a.: Down From the Top of Its Game: The Story of Infocom, Inc. MIT Press, Cambridge 2000, S. 43 (online abrufbar – Internet Archive).
  7. Infocom-IF.org: Mike Berlyn. Abgerufen am 30. Dezember 2023.
  8. GameSetWatch.com:Great Scott: Infocom's All-Time Sales Numbers Revealed (Memento vom 24. September 2008 im Internet Archive) (Autor: Simon Carless)
  9. James Trunzo: Fooblitzky. In: Compute! Nr. 77, Oktober 1986, S. 68 (Test – Internet Archive).
  10. Michael Lasky: Fooblitzky. In: Antic. Band 5, Nr. 6, Oktober 1986, S. 47 (atarimagazines.com).

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Michael Berlyn in 2006 during an interview for Jason Scott's documentary Get Lamp.
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Software developer Marc Blank in 2018.