Folketing

Folketing
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Basisdaten
Sitz:Schloss Christiansborg,
Kopenhagen
Legislaturperiode:4 Jahre
Erste Sitzung:1849
Abgeordnete:179
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl:1. November 2022
Vorsitz:Parlamentspräsident
Søren Gade (V)
Sitzverteilung:Regierung (85)
  • A 50
  • V 23
  • M 12
  • Tolerierung (4)
  • IA 1(G)
  • N 1(G)
  • C 1(F)
  • fraktionslos 1
  • Opposition (80)
  • Æ 16
  • F 15
  • I 15
  • C 10
  • Ø 9
  • O 7
  • Å 6
  • H 1
  • B 1(F)
  • Andere (10)
  • B 6
  • fraktionslos 4
  • (F) Abgeordnete der Färöer
    (G) Abgeordnete aus Grönland
    Website
    www.ft.dk
    Schloss Christiansborg
    Schloss Christiansborg
    Schloss Christiansborg

    Das Folketing [ˈfɔlkə.tɪŋ] (deutsch etwa „Volksversammlung“, wörtlich Volks-Thing) ist das Parlament Dänemarks. Seit 1953 besteht es aus einer Kammer mit 179 Abgeordneten. Davon werden je zwei „nordatlantische“ Abgeordnete in den beiden anderen Ländern des Königreichs Dänemark gewählt: auf den Färöer-Inseln und in Grönland. Bis 1953 bildete das Folketing nur eine von zwei Kammern des Dänischen Reichstages, während das Landsting die erste Kammer bildete.

    Als fünfter Staat der Erde nach Neuseeland, Australien, Finnland und Norwegen nahm Dänemark mit Island 1915 das Frauenwahlrecht in die Verfassung auf und brachte es bei der Folketingswahl 1918 erstmals zur Anwendung.[1]

    Parlamentssitz ist Schloss Christiansborg in Kopenhagen.

    Wahlrecht

    Das Folketing wird in freier, direkter und geheimer Wahl nach dem Verhältniswahlrecht bestimmt. Wahlberechtigt sind alle dänischen Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Das Parlament hat seit 1953 eine feste Größe von 179 Abgeordneten, die für eine Amtszeit von maximal vier Jahren gewählt werden. Darunter befinden sich auch jeweils zwei Abgeordnete aus den Färöer und aus Grönland. Bei den übrigen 175 zu vergebenden Sitzen handelt es sich um 135 Kreismandate und 40 Ausgleichsmandate.[2]

    Zur Verteilung der Mandate ist Dänemark in drei Regionen (Hovedstaden, Sjælland-Syddanmark und Midtjylland-Nordjylland) aufgeteilt, die wiederum in insgesamt zehn Mehrpersonenwahlkreise aufgeteilt sind. Landesweit gibt es des Weiteren 92 Nominierungsbezirke, welche jedoch keinen Einfluss auf die Sitzverteilung haben. Die Aufteilung der 175 Mandate auf die Regionen und dann Wahlkreise wird anhand der Verteilung von Bevölkerung und Wählern sowie der Fläche vorgenommen, wobei jeder Wahlkreis mindestens 2 Kreismandate erhält. In jedem der zehn Wahlkreise werden die Kreismandate nach dem D’Hondt-Verfahren auf die Parteien verteilt. Anschließend werden die 40 Ausgleichsmandate so unter den berechtigten Parteien verteilt, dass die Sitzverteilung im Folketing auch möglichst nahe an der landesweiten Stimmenverteilung liegt. Um hierfür berechtigt zu sein, muss eine Partei entweder zwei Prozent der Stimmen erhalten haben, ein Kreismandat gewonnen haben oder zumindest in zwei der drei Landesteile so viele Stimmen erhalten haben, wie durchschnittlich pro Kreismandat vergeben wurden.

    Der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin kann jederzeit Neuwahlen ausschreiben. Falls die Regierung in einer als bedeutsam erachteten Frage keine Mehrheit im Folketing findet, muss der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin entweder mit seiner Regierung zurücktreten oder Neuwahlen ausrufen.

    Parteien im Folketing

    Plenarsaal mit elektronischer Abstimmungstafel

    Nach der Wahl vom 1. November 2022 setzte sich das Folketing folgendermaßen zusammen:[3][4]

    LogoParteiListeAusrichtungParteivorsitz/
    Parteiführung
    GruppenvorsitzSitze
    nach der
    Wahl
    aktuell+/−
    Socialdemokraterne (S)
    Sozialdemokraten
    AsozialdemokratischMette FrederiksenLeif Lahn Jensen5050 
    Venstre (V)
    Liberale
    Vliberal, konservativTroels Lund PoulsenLars Christian Lilleholt2323 
    Moderaterne (M)
    Gemäßigte
    Mzentristisch, sozialliberalLars Løkke RasmussenHenrik Frandsen1612 4
    Socialistisk Folkeparti (SF)
    Sozialistische Volkspartei
    Fdemokratisch-sozialistisch, grünPia Olsen DyhrTheresa Berg Andersen1515 
    Danmarksdemokraterne (DD)
    Dänische Demokraten
    Æbürgerlich, konservativInger StøjbergPeter Skaarup1416 2
    Liberal Alliance (LA)
    Liberale Allianz
    Iliberal, libertärAlex VanopslaghOle Birk Olesen1415 1
    Konservative Folkeparti (KF)
    Konservative Volkspartei
    CkonservativMona Juul1010 
    Enhedslisten (EL)
    Einheitsliste
    Øsozialistisch, linksalternativkollektivPeder Hvelplund99 
    Radikale Venstre (RV)
    Sozialliberale
    BsozialliberalMartin Lidegaard76 1
    Nye Borgerlige (NB) 1
    Neue Bürgerliche
    Drechtspopulistisch, nationalkonservativ6 6
    Alternativet (ALT)
    Alternative
    ÅgrünFranciska RosenkildeHelene Brydensholt66 
    Dansk Folkeparti (DF)
    Dänische Volkspartei
    OrechtspopulistischMorten MesserschmidtPeter Kofod57 2
    Borgernes Parti (BP)
    Partei der Bürger
    HrechtspopulistischLars Boje Mathiesen1 1
    Sambandsflokkurin (Faroer; SP)BliberalBárður á Steig NielsenAnna Falkenberg11 
    Javnaðarflokkurin (Faroer; JF)CsozialdemokratischAksel V. JohannesenSjúrður Skaale11 
    Inuit Ataqatigiit (Gronland; IA)sozialistischMúte B. EgedeAaja Chemnitz11 
    Siumut (Gronland; SIU)sozialdemokratisch1 1
    Naleraq (Gronland; N)separatistischPele BrobergAki-Matilda Høegh-Dam1 1
    Unabhängige (UFG)5 5
    Gesamt179179 
    1 
    Am 16. Januar 2024 trat mit Kim Edberg Andersen der letzte Abgeordnete aus der Gruppe der Nye Borgerlige aus.[5]

    Regierungsbildung

    Parlamentarische Grundlage der dänischen Regierungen 1945–2013. Links sind Wahljahre vermerkt, rechts die Parteikürzel (Datenbasis: Folketingets oplysning).

    Der Ministerpräsident wird vom König ernannt. Eine Mehrheitswahl im Parlament entsprechend der Kanzlermehrheit wie im Deutschen Bundestag sieht die Verfassung nicht vor. Allerdings darf das Staatsoberhaupt keinen Ministerpräsidenten gegen den informellen Willen des Parlaments berufen. Dieses parlamentarische Prinzip wurde 1901 etabliert und im Verlauf einer schweren Verfassungskrise 1920 endgültig durchgesetzt.

    Der Ministerpräsident benötigt also keine formal dokumentierte Mehrheit im Parlament, er darf nur keine offensichtliche Mehrheit gegen sich haben. Dieser Umstand begünstigt die Bildung von Minderheitsregierungen. Sie müssen entweder bei wechselnden Partnern nach Mehrheiten suchen oder können sich auf feste Kooperationspartner festlegen. Seit der Auflösung der nationalen Sammlungsregierung Ende 1945 haben Koalitionen insgesamt nur sieben Jahre lang über eine eigene Mehrheit verfügt (vgl. Liste der dänischen Regierungen). Absolute Mehrheiten einer einzigen Partei im Folketing hat es seit der Einführung des Parlamentarismus nur zwischen 1901 und 1906 gegeben.

    Nordatlantische Abgeordnete

    Rechnerische Mehrheiten werden seit der Verfassungsreform 1953 auch dadurch erschwert, dass die vier Abgeordneten Grönlands und der Färöer – in Dänemark als „nordatlantisch“ bezeichnet – in aller Regel nicht der Regierung beitreten. Sie sind zwar vollwertige Abgeordnete, beschränken sich jedoch meist darauf, nur an Abstimmungen teilzunehmen, welche die Angelegenheiten ihrer Herkunftsländer betreffen. Eine erste Ausnahme bildete die Ernennung des grönländischen Abgeordneten Mikael Gam zum Grönlandminister (1960–1964) der S-R-Regierungen Viggo Kampmann II und Jens Otto Krag I. Gam sicherte ihnen damit eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Parlament. Er nahm gegen die ungeschriebenen Verfahrensregeln an wichtigen Abstimmungen teil und löste so jedes Mal heftige Proteste der oppositionellen Konservativen aus. Seitdem kam es immerhin siebenmal zu einer Regierungsbildung unter Einrechnung von nordatlantischen Mandaten: 1971 stützten Moses Olsen und Knud Hertling den Sozialdemokraten Krag; Óli Breckmann stützte in den 1980er Jahren Poul Schlüter (K); Jóannes Eidesgaard sicherte Poul Nyrup Rasmussen (S) 1998 weitere Regierungsjahre und Edmund Joensen erklärte 2007 seine Unterstützung für Anders Fogh Rasmussen (V).[6] Auch die parlamentarische Grundlage der Regierungen Thorning-Schmidt I und II sowie der Regierung Frederiksen I bezog bzw. bezieht Abgeordnete aus dem Nordatlantik mit ein.

    Sitzverteilung seit 1872

    Bis 1918 wurden das Frauenwahlrecht und annäherungsweise das Verhältniswahlrecht eingeführt.

    Parlamentspräsidenten

    Julius Bomholt (Foto: 1966)

    Das Präsidium des Folketing besteht aus dem Parlamentspräsidenten und vier Stellvertretern. Es ist für die Sitzungsleitung und die täglichen Geschäfte des Folketing zuständig. Seine Wahl erfolgt jeweils im Herbst zu Beginn eines Sitzungsjahres. Seit 2022 ist Søren Gade (Venstre) Parlamentspräsident. Seine vier Stellvertreter sind (Stand November 2023) Leif Lahn Jensen (Socialdemokraterne), Jeppe Søe (Moderaterne), Karsten Hønge (Socialistisk Folkeparti) und Karina Adsbøl (Danmarksdemokraterne). Während in vielen Parlamenten stets die größte Fraktion den Präsidenten stellt, hat sich das Folketing wiederholt auf einen Kandidaten einer kleineren Fraktion geeinigt. Die vier Stellvertreterposten werden aber immer unter den vier größten Fraktionen verteilt, welche nicht den Parlamentspräsidenten stellen.

    VonBisParlamentspräsidentPartei
    30. Januar 18503. August 1852Carl Christoffer Georg AndræDe Nationalliberale
    4. Oktober 185212. Juni 1853Johan Nicolai MadvigDe Nationalliberale
    13. Juni 18532. Dezember 1859Carl Eduard RotwittBondevennernes Selskab
    3. Dezember 18592. Dezember 1870Laurids Nørgaard BregendahlDe Nationalliberale
    3. Dezember 187030. September 1883Christopher KrabbeVenstre
    1. Oktober 18832. Oktober 1887Christen BergVenstre
    3. Oktober 188716. Dezember 1894Sofus HøgsbroVenstre
    17. Dezember 189416. April 1895Rasmus ClaussenVenstre
    17. April 18954. Oktober 1901Sofus HøgsbroVenstre
    5. Oktober 190130. Januar 1905Herman TrierVenstre
    31. Januar 190514. März 1912Anders ThomsenVenstre
    15. März 191213. Juni 1913Jens Christian ChristensenVenstre
    14. Juni 191329. März 1922Niels Pedersen-NyskovVenstre
    7. April 192210. April 1924Jørgen Jensen-KlejsVenstre
    30. April 192424. November 1932Hans Peter HansenSocialdemokraterne
    30. November 19321. Mai 1933Gerhard NielsenSocialdemokraterne
    9. Mai 193330. Oktober 1945Hans RasmussenSocialdemokraterne
    22. November 194522. Februar 1950Julius BomholtSocialdemokraterne
    23. Februar 195022. September 1964Gustav PedersenSocialdemokraterne
    6. Oktober 196422. Januar 1968Julius BomholtSocialdemokraterne
    6. Februar 196830. September 1978Karl SkytteDet Radikale Venstre
    3. Oktober 19788. Dezember 1981Knud Børge AndersenSocialdemokraterne
    22. Dezember 198110. Januar 1989Svend JakobsenSocialdemokraterne
    10. Januar 19893. Oktober 1989Erik Ninn-HansenDet Konservative Folkeparti
    3. Oktober 198915. Januar 1993Hans Peter ClausenDet Konservative Folkeparti
    27. Januar 19935. Oktober 1994Henning RasmussenSocialdemokraterne
    5. Oktober 199411. März 1998Erling OlsenSocialdemokraterne
    26. März 199811. März 2003Ivar HansenVenstre
    18. März 200313. November 2007Christian MejdahlVenstre
    28. November 20074. Oktober 2011Thor PedersenVenstre
    4. Oktober 20113. Juli 2015Mogens LykketoftSocialdemokraterne
    3. Juli 201520. Juni 2019Pia KjærsgaardDansk Folkeparti
    20. Juni 201916. November 2022Henrik Dam KristensenSocialdemokraterne
    16. November 2022Søren GadeVenstre

    Literatur

    • Tim Knudsen: Fra enevælde til folkestyre. Dansk demokratihistorie indtil 1973. Akademisk Forlag, Kopenhagen 2007, ISBN 978-87-500-3890-0.
    • Tim Knudsen: Fra folkestyre til markedsdemokrati. Dansk demokratihistorie efter 1973. Akademisk Forlag, Kopenhagen 2008, ISBN 978-87-500-3892-4.
    • Carsten Schymik: Der Europaausschuss des dänischen Folketing – der machtvollste Europas? (PDF; 245 kB). In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Internationale Politikanalyse. 2008.
    Commons: Folketing – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
    Commons: Christiansborg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Jad Adams: Women and the Vote. A World History. Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-870684-7, Seite 437
    2. Det danske valgsystem: Valg til Folketinget. In: valg.im.dk. Dänisches Innenministerium, abgerufen am 25. Juni 2024 (dänisch).
    3. Fintællingsresultat. Danmarks Statistik, abgerufen am 7. November 2022 (dänisch).
    4. Mandatfordelingen. In: ft.dk. Abgerufen am 5. Juli 2024 (dänisch).
    5. Nye Borgerliges sidste folketingsmedlem melder sig ud af partiet. In: altinget.dk. 16. Januar 2024, abgerufen am 9. Januar 2025 (dänisch).
    6. Fire Mandater med stor vægt. TV2 Nyheder, abgerufen am 13. August 2011.

    Koordinaten: 55° 40′ 34″ N, 12° 34′ 47″ O

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