Fokker 100

Fokker 100
Eine Fokker 100 der KLM Cityhopper
Typzweistrahliges Regionalverkehrsflugzeug
Entwurfsland

Niederlande Niederlande

HerstellerFokker
Erstflug30. November 1986
Indienststellung1988
Produktionszeit

1986–1997

Stückzahl283
Cockpit

Die Fokker 100 ist ein zweistrahliges Passagierflugzeug der Fokker Flugzeugwerke mit einer Kapazität von 100 Passagieren. In Flugplänen wird die Fokker 100 meist mit F100 (ICAO-Code) oder 100 (IATA-Code) abgekürzt.

Geschichte

Triebwerk einer Fokker 100 aus der Passagierkabine betrachtet

Die Fokker 100 kam Ende 1986 auf den Markt. Der Erstflug erfolgte am 30. November 1986, die Maschine trug das Luftfahrzeugkennzeichen PH-MKH. Sie war eine Weiterentwicklung der Fokker F28 Fellowship, von der sie sich durch einen gestreckten Rumpf, modernere Rolls-Royce-Tay-Triebwerke, neuere Systeme (wie elektronische Fluginstrumente, EFIS) und aerodynamische Verbesserungen unterschied. Eine verkürzte Bauart der Fokker 100 wurde 1993 mit der Fokker 70 auf den Markt gebracht.

Mit der Fokker F28 Fellowship hatte Fokker einen modernen Regionaljet gebaut und mit der Fokker 100 verbessert. Erstbestellerin Swissair nahm im Februar 1988 die erste Fokker 100 in Betrieb. American Airlines als größter Kunde betrieb 75 Einheiten. Mit dem Konkurs des Unternehmens Fokker 1996 verschwand dieser Typ jedoch vom Markt für Neuflugzeuge. Schon zuvor war der Flugzeugtyp durch die Boeing 737 und den Airbus A319 in eine Nische gedrängt worden. Auf dem Markt für Gebrauchtflugzeuge blieb die Fokker 100 jedoch begehrt, da beispielsweise US Airways einen Großteil seiner Fokker-100-Flotte stilllegte und diese damit günstig verfügbar waren. Die Austrian Airlines Group übernahm einige Maschinen aus Beständen der American Airlines, Germania setzte die Fokker 100 von 2003 bis 2008 im Wetlease unter anderem für Air Berlin ein.

Stork Aerospace, die unter dem Namen „Fokker Services“ die Betreuung der vielen noch fliegenden Fokker-Flugzeuge übernommen hat, bietet die Fokker 100 als Executive Jet weiterhin an. Der Prototyp 001 PH-MKH wurde von Stork Fokker als Erprobungsträger für das Radarentwicklungsprogramm SOSTAR-X bis Herbst 2007 genutzt und wurde dann abgewrackt, da weitere Nutzungen nicht akquiriert werden konnten. Er folgte damit dem bereits verschrotteten Prototyp 002, dessen Rumpf seinerzeit als Prototyp für die Fokker F70 verkürzt wurde.

F-90 / F-130

Nachdem Ende 2010 ein Kredit in Höhe von knapp 20 Mio. Euro der Niederlande an die Firma Rekkof Aircraft NV gewährt worden war, wollte diese die Fokker 100 basierend auf dem ursprünglichen Prototyp als F100NG bzw. F120NG in einer mit Winglets, neuer Avionik und neuen Triebwerken modernisierten Form auf den Markt bringen. Der Erstflug des Prototyps NG F120 war für 2015 geplant. Die Indienststellung des ersten Serienflugzeugs wurde für 2017 angestrebt.[1] Das inzwischen in Netherlands Aircraft Company (NAC) umbenannte Unternehmen änderte 2013 die Projektbezeichnungen in F-90 und F-130.[2]

Betreiber

Mit Stand Dezember 2018 sind von 283 produzierten Fokker 100 noch rund 135 registriert.[3] Zu den größten Betreibern zählen die drei australischen Fluggesellschaften Alliance Airlines, QantasLink sowie Virgin Australia Regional Airlines – die 27, 17 und 14 Maschinen betreiben – gefolgt von Iran Aseman Airlines mit neun Flugzeugen.[4]

Zwischenfälle

Vom Erstflug 1986 bis Dezember 2019 kam es mit Fokker 100 zu 18 Totalschäden. Bei 6 davon kamen 201 Menschen ums Leben.[5] Auszüge:

  • Am 31. Oktober 1996 aktivierte sich an einer Fokker 100 der brasilianischen Fluggesellschaft TAM Transportes Aéreos Regionais kurz nach dem Start in São Paulo im rechten Triebwerk selbsttätig die Schubumkehr. Ein automatisches Sicherheitssystem, das daraufhin ordnungsgemäß die Leistung im problembehafteten Triebwerk drosselte, wurde vom Co-Piloten gewaltsam übergangen. Die Fokker stürzte auf ein Wohngebäude; alle 95 Menschen an Bord und 4 Menschen am Boden starben.[7] Daraufhin änderte OceanAir (die heutige Avianca Brazil) den Namen ihrer Fokker 100 in Fokker MK-28, um den schlechten Ruf der Fokker 100 nach diesem Unfall zu vermeiden (siehe TAM-Linhas-Aéreas-Flug 402).[8]
  • Am 9. Juli 1997 explodierte in einer Fokker 100 der TAM Transportes Aéreos Regionais eine Bombe unter dem Sitz eines Passagiers. Die Detonation riss ein zwei mal zwei Meter großes Loch in den Rumpf der Fokker 100 (PT-WHK), durch das der Passagier herausgesogen wurde. Die Maschine konnte dennoch sicher gelandet werden; die übrigen 59 Personen an Bord überlebten den Vorfall. Die Maschine wurde nach dem Zwischenfall repariert und wieder in Betrieb genommen (siehe auch TAM-Linhas-Aéreas-Flug 283).[9]
  • Am 15. September 2001 explodierte bei einer Fokker 100 der TAM Linhas Aereas (PT-MRN) auf dem Flug vom Flughafen Recife zum Flughafen Viracopos ein Triebwerk. Umherfliegende Trümmer zerstörten drei Fenster des Rumpfs. Eine Passagierin wurde teilweise aus dem Flugzeug herausgesogen, konnte jedoch von einer anderen Person bis zur Landung festgehalten werden. Die Festgehaltene überlebte den Vorfall nicht. Die Maschine wurde danach repariert und wieder in Betrieb genommen (siehe auch TAM-Linhas-Aéreas-Flug 9755).[10]
  • Am 25. Januar 2007 startete eine Fokker 100 der Régional Compagnie Aérienne Européenne (F-GMPG) zu einem Air-France-Flug vom Flughafen Pau-Pyrenäen zum Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle. Nach dem Abheben neigte sich die Maschine zunächst um 35 Grad nach links, dann um 67 Grad nach rechts und wieder um 59 Grad nach links. Durch die Flugmanöver fiel sie aus einer Flughöhe von 32 Metern wieder auf die Startbahn und sprang beim Aufsetzen wieder hoch. Trotz einer Flughöhe von 32 Metern entschied der Kapitän, den Start abzubrechen. Die Maschine setzte erneut auf, rollte über die Landebahn hinaus, durchbrach den Flughafenzaun und kreuzte eine dahinter liegende Landstraße. Das linke Hauptfahrwerk riss das Führerhaus eines LKW auf; der Fahrer wurde dabei getötet. Alle Flugzeuginsassen überlebten. Die Maschine rutschte anschließend über einen Abhang, wobei beide Hauptfahrwerke abgerissen wurden. Unfallursachen waren Raureif auf den Tragflächen und ein zu schnelles Rotieren (siehe auch Air-France-Flug 7775).[11]
  • Am 29. Juni 2007 flog eine Fokker 100 (TU-VAA) der Regierung der Elfenbeinküste vom Flughafen Abidjan nach Bouaké. An Bord waren Premierminister Guillaume Soro, eine unbekannte Anzahl von Mitgliedern seiner Delegation und 20 Journalisten. Nach der Landung wurde die Fokker beim Rollen von mindestens drei Panzerabwehrraketen getroffen. Eine davon durchbrach den Flugzeugrumpf. Vier Menschen starben und fünf weitere wurden schwer verletzt.[12]
  • Am 2. Januar 2008 kam ein Flugzeug der Iran Air (EP-IDB) auf dem Flug von Teheran nach Shiraz beim Start von der Startbahn des Flughafens Teheran-Mehrabad ab, nachdem das linke Triebwerk ausgefallen war. Das Flugzeug kam nahe einer Boeing 747 der iranischen Luftwaffe zum Stehen und fing Feuer. Die Besatzung und alle Passagiere konnten sich retten. An der Maschine entstand Totalschaden, obwohl der Brand schnell gelöscht werden konnte.[13]
  • Am 25. Dezember 2012 wurde eine Fokker 100 der burmesischen Air Bagan (XY-AGC) bei diesigem Wetter gut einen Kilometer vor dem Flughafen von Heho (Myanmar) in den Boden geflogen. Dabei starben ein Mopedfahrer und einer von 71 Menschen an Bord (siehe auch Air-Bagan-Flug 011).[14]
  • Am 19. März 2019 konnte bei einer Fokker 100 der Iran Air vor der Landung in Teheran das Hauptfahrwerk nicht ausgefahren werden. Die Maschine landete mit ausgefahrenem Bugfahrwerk auf dem Rumpf. Alle 24 Passagiere blieben unverletzt.[15]
  • Am 27. Dezember 2019 verunglückte eine Fokker 100 der Bek Air (UP-F1007) beim Start vom Flughafen Almaty. Die Maschine sackte kurz nach dem Abheben wieder nach unten durch und durchbrach eine Betonmauer hinter der Startbahn, ehe sie mit einem Gebäude kollidierte. Von den 96 Passagieren und fünf Besatzungsmitgliedern starben 12 (siehe auch Bek-Air-Flug 2100).[16][17]

Technische Daten

Eine Fokker 100 der Blue Line
Eine Fokker 100 der BMI
OM-BYB als slowakische Regierungsmaschine

Das Fluggerät verursacht bei Start und Landung vergleichsweise wenig Lärm. Es hat eine relativ große Reichweite von etwa 4.300 Kilometern, in der Version F100 ER (ab 1992) von etwa 4.750 Kilometern.

KenngrößeDaten
Länge35,31 m
Flügelspannweite28,08 m
Flügelfläche93,50 m²
Flügelstreckung8,4
Höhe8,60 m
Kapazität109–122 Passagiere
max. Nutzlast12.000 kg
max. Startmasse44.450 kg
Antriebzwei Rolls-Royce Tay Mk. 650-15 mit je 68 kN Schub
max. Reisegeschwindigkeit755 km/h (Mach 0,77)
Dienstgipfelhöhe11.900 m
Reichweite4.300 km (4.750 km in der ER-Version)

Siehe auch

Commons: Fokker 100 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Farnborough 2012: NG Aircraft veut construire un Fokker de nouvelle génération (französisch, abgerufen am 10. März 2013)
  2. Flight International, 22. November 2016, S. 30.
  3. Aircraft and Fleet Lists. In: ch-aviation.com. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 19. Dezember 2018 (englisch, in der Liste alle „opf“ abziehen, diese sind doppelt gelistet).@1@2Vorlage:Toter Link/www.ch-aviation.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  4. Fokker 100 Fleet List, fokker-aircraft.info, abgerufen am 19. Dezember 2018 (englisch)
  5. Unfallstatistik des Typs Fokker 100, In: Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 29. Dezember 2019.
  6. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100 PH-KXL im Aviation Safety Network (englisch)
  7. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100 PT-MRK São Paulo, SP im Aviation Safety Network (englisch)
  8. Als Avianca ein Flugzeugmodell umtaufte, abgerufen am 9. Februar 2016
  9. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100, PT-WHK im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 3. März 2019.
  10. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100, PT-MRN Belo Horizonte, MG im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 21. Januar 2019.
  11. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100, F-GMPG im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 31. Mai 2021.
  12. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100, TU-VAA im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 3. März 2019.
  13. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100 EP-IDB im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 29. Dezember 2019.
  14. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100 XY-AGC im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 27. September 2020.
  15. Accident: Iran F100 at Tehran on Mar 19th 2019, main gear did not extend. In: Aviation Herald. Abgerufen am 19. März 2019 (englisch).
  16. Flugunfalldaten und -bericht Fokker 100 UP-F1007 im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 31. Mai 2021.
  17. Flight International, 7. Januar 2020 (englisch), S. 8.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Fokker Logo 2012.svg
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: Logo

Fokker Logo 2012

F100 Simulator Cockpit view.jpg
Autor/Urheber: Philipp Stickler, Lizenz: CC BY-SA 3.0
The inside view of the Fokker Simulator of Aviation Academy Austria
PH-OFM (17565979644).jpg
Autor/Urheber: Bram Steeman, Lizenz: CC BY-SA 2.0
PH-OFM KLM Cityhopper Fokker 100
17-06-01-Flughafen Bratislava RR71725.jpg
Autor/Urheber: Ralf Roletschek , Lizenz: GFDL 1.2
Flughafen Bratislava, staatliches Flugzeug OM-BYB
Fokker 100 jet.JPG
(c) Kristoferb in der Wikipedia auf Englisch, CC BY-SA 3.0
View of the jet from the window of a KLM Fokker 100.