Flutkatastrophe

Ein Helikopter der U.S. Army überfliegt ein Überflutungsgebiet in Pakistan (2010)

Als Flutkatastrophe bezeichnet man das Hochwasser an der Küste oder das eines Flusses, welches so hoch steigt, dass die normalen Pegelstände weit überschritten werden und die Betten und Eindeichungen das Wasser nicht mehr vor Kulturland zurückhalten können, so dass es zu Überschwemmungen kommt. Hohe Sachschäden an Gebäuden und Infrastruktur, Ernteschäden und im Extremfall auch Todesopfer sind die Folge. Bei einer Flut mit außerordentlich hohen Pegelständen, die nur sehr selten vorkommt, spricht man von einer Jahrhundertflut.

Fluten werden nach Art unterschieden in:

  • die Sturmflut, von Starkwinden an die Küsten gepresste Wassermassen, die zu Hochwassern im Küstenland führen, und Rückstauhochwassern an den Unterläufen der Flüsse. Diese Ereignisse treten innerhalb weniger Stunden auf, ihre Gesamtdauer ist vom Abflussverhalten abhängig
  • Niederschlagsbedingte Hochwasser durch Starkregenereignisse, die meist Einzugsgebiete von einem oder mehreren Flusssystem/en betreffen, und sich auch meist vom gebirgigen Oberlauf, in dem die Stauniederschläge abgehen, über Tage hinweg in die Unterläufe fortsetzen.

Nicht als Flut im Sinne des Begriffs wird der Tsunami (Flutwelle) angesehen.

Die Ursachen liegen in der Begradigung und Eindeichung der Flüsse, um sie für möglichst große Frachtschiffe schiffbar zu machen, sowie in der Trockenlegung ganzer Landstriche und damit der Beseitigung der natürlichen Überflutungsflächen. Die Besiedelung bis dicht an die Deiche heran, selbst in immer wieder hochwassergefährdeten Bereichen, zieht zwangsläufig hohe Verluste bei Überflutungen nach sich. Zusammenhänge mit der globalen Erwärmung werden bei beiden Ereignistypen vermutet, bei ersteren über den ansteigenden Normalwasserstand, bei beiden über vermehrte Ausnahmeereignisse in Bezug auf Wind und Niederschlag als Folgen der globalen Erwärmung.

Historische Flutkatastrophen in Europa

Deutschland

Flutkatastrophen an der Nordsee verzeichnet die Liste von Sturmfluten an der Nordsee.

Flutkatastrophen an der Ostsee sind unter Ostseesturmhochwasser näher beschrieben.

Bei folgenden Flüssen sind häufig Flutkatastrophen zu verzeichnen:
Donau, Elbe, Oder, Rhein, Mosel, Aare

WasWannBemerkungen
Magdalenenhochwasser 13421342an zahlreichen mitteleuropäischen Flüssen
Zweite Marcellusflut1362an der gesamten deutschen Nordseeküste gilt als mit Abstand gewaltigste deutsche Flutkatastrophe
Hochwasser von 14801480an Aare und Rhein
Hochwasser von 15011501
Rhein- und Bodenseehochwasser von 1566[1]1566
Thüringer Sintflut 16131613
Winterhochwasser von 17841784
Elbhochwasser 18451845
Hochwasser in Sachsen 18971897
Hochwasser in Hannover 19461946
Oderflutkatastrophe 19471947mit der Überflutung vom Oderbruch
Donauhochwasser 19541954
Junihochwasser 19611961
Sturmflut 19621962in Hamburg
Oder-Winterhochwasser 1981/821981
Rheinhochwasser 19931993gleichzeitig Hochwasser an Mosel und Maas
Rheinhochwasser 19951995
Oderhochwasser 19971997an Oder und Nebenflüssen
Pfingsthochwasser 19991999im Allgäu, Vorarlberg und Tirol
Hochwasser in Mitteleuropa 20022002
Hochwasser in den Voralpen 20052005an Isar und anderen Flüssen
Elbhochwasser 20062006
Oderhochwasser 20102010
Hochwasser in Mitteleuropa 20132013
Hochwasser im Harz und Harzvorland (2017)2017
Hochwasser in West- und Mitteleuropa 20212021

Frankreich

Niederlande

Österreich

Schweiz

  • 2005: (August) In der Zentralschweiz, Graubünden und Bern sowie in vielen anderen Teilen der Schweiz werden Dörfer durch Dammbrüche oder überlaufende Seen bzw. Flüsse überschwemmt. Mehrere Straßen und Zuggleise sind nicht mehr befahrbar. Einzelne Dörfer (z. B. Engelberg) sind von der Außenwelt abgeschnitten und können nur mit dem Hubschrauber erreicht werden (siehe Alpenhochwasser 2005).

Historische Flutkatastrophen in anderen Ländern

  • 1862: Vereinigte Staaten von Amerika: Durch atmosphärische Flüsse ausgelöste, 40-tägige Starkregen führen zur Großen Flut von 1862 im Pazifischen Nordwesten.[2] Die Katastrophe wird in neuerer Zeit im Arkstorm-Szenario der United States Geological Survey verarbeitet.[2]
  • 1887: China: Starke Regenfälle verursachen eine Flutkatastrophe am Gelben Fluss 1887; Über 130 000 km² werden überschwemmt (zwischen 900 000 und 2 Millionen Tote)
  • 1927: Vereinigte Staaten von Amerika: Starke Regenfälle verursachen die Mississippiflut 1927.
  • 1931: China – Starke Regenfälle, gefolgt von mehreren Zyklonen, verursachten die schwerste Flutkatastrophe des 20. Jahrhunderts mit geschätzt 3,7 bis 4 Millionen Toten.
  • 1938–1947: Überflutung des Gelben Flusses mit 890.000 Toten
  • 1952: Lynmouth-Katastrophe 34 Tote.
  • 1953: Hollandsturmflut: Schwerste Sturmflut des 20. Jahrhunderts in den Niederlanden und England (ca. 2.500 Tote)
  • 1970: Bengalen – Wirbelstürme und Flutwellen (über 300 000 Tote)
  • 1998: China – Der Jangtsekiang tritt über die Ufer, mehr als 3000 Menschen kommen ums Leben, etwa 14 Millionen werden obdachlos.
  • 2004: Indischer Ozean – Tsunami in 15 Ländern gleichzeitig. (ca. 226.000 Tote) (siehe: Erdbeben im Indischen Ozean 2004)
  • 2005: USA – New Orleans wird vom Hurrikan Katrina heimgesucht.
  • 2006: Ungarn, Rumänien und Bulgarien: Die Donau tritt an vielen Stellen über die Ufer. Dämme werden geöffnet, um unbewohnte Gebiete als Rückhaltebecken zu nutzen. Diese Überflutungen verselbstständigen sich aber teilweise und schwemmen ganze Dörfer weg.
  • 2007: Afrika – Die Länder südlich der Sahara werden quer über den ganzen Kontinent von einer Flutkatastrophe heimgesucht. Mindestens 250 Menschen sterben.
  • 2008: Ende Juli in Rumänien und Ukraine müssen über 36.000 Menschen vor einer Überschwemmung evakuiert werden.
  • 2008: Ende August müssen nach wochenlangen Monsunregenfällen und einem großen Dammbruch in Nepal nach großflächigen Überschwemmungen im indischen Bundesstaat Bihar über 1,2 Millionen Menschen vor den Überschwemmungen fliehen.
  • 2010: Hochwasser in Mitteleuropa im Frühjahr 2010 Hohe Schäden durch Deichbrüche, insbesondere in Polen zeichneten dieses Hochwasser aus.
  • Juli und August 2010: Überschwemmungskatastrophe in Pakistan 2010 infolge außergewöhnlich starken Monsunregens. Etwa 14 Millionen Menschen sind betroffen, 6–7 Millionen davon benötigen humanitäre Hilfe, über 1000 Menschen starben (Stand 17. August 2010).
  • Oktober 2010: In Benin treten durch anhaltend starke Regenfälle die Flüsse Mono und Queme über die Ufer.[3] 680.000 Menschen sind von Überschwemmungen betroffen,[4] rund 100.000 Menschen werden obdachlos.[3] In der Großstadt Cotonou infizieren sich ca. 800 Menschen mit der Cholera.[3]
  • 2011: Überschwemmungen in Queensland 2010/2011: 200.000 Personen mussten evakuiert werden und 35 Menschen verloren ihr Leben.
  • 2011: Starke Niederschläge und die Schneeschmelze lösen die Mississippiflut 2011 aus.
  • 2013: Hochwasser in Mitteleuropa 2013, es waren neben Deutschland, Österreich und der Schweiz auch Polen, Tschechien und die Donauanrainerstaaten betroffen.
  • 2015: Hochwasser in Ghana 2015
  • 2021/22: Überschwemmungen in Malaysia 2021/22
  • 2022: Durch extremen Monsunregen verursachte Flutkatastrophe in Pakistan mit mehr als 1400 Toten und rund 13000 Verletzten[5]; als eine der vom Klimawandel am stärksten betroffenen Bevölkerungen leiden die Menschen in Pakistan unter ausfallenden Ernten und einer millionenhohen Obdachlosigkeitsrate.[6]

Vorgeschichtliche Flutkatastrophen

  • Vor etwa 7600 Jahren war der Wasserstand im Mittelmeer nach dem Ende der letzten Kaltzeit soweit angestiegen, dass die Senke des Bosporus um ca. 100 m überflutet wurde. Danach könnte sich ein gewaltiger Wasserfall in das Schwarze Meer ergossen haben, das während der Kaltzeit ein Süßwassersee gewesen war. Der Wassereinfall hinterließ eine bis heute erhaltene Grabenausspülung entlang der Küstenlinie.[7] Diese Theorie ist nicht allgemein anerkannt, ihr stehen zahlreiche Untersuchungsergebnisse entgegen.[8][9][10][11]
  • Vor etwa 10.200 bis 9400 Jahren ereignete sich im Gebiet Minnesotas beim Abschmelzen des Gletschersees Agassiz mehrmals eine mächtige Flut.[12]
  • Etwa vor 10.700 Jahren, zu Ende der letzten Kaltzeit, brachen sich die Wasser des Ancylussees (heute: Ostsee) Bahn in Richtung Nordsee. Das dabei entstandene und heute untermeerische grabenartige Flussbett zwischen Fehmarn und Lolland ist etwa 1 km breit. Während der Wasserstand des Ancylussees um 10 m sank, überschwemmte das Meer östlich Kiels und Lübecks das damalige Festland.[13]
  • Vor etwa 14.000 Jahren ereignete sich die bislang größte bekannte Flut aufgrund Abschmelzens von Eisstauseen im Altai, im Chuja- und im Kuray-Becken.[14]
  • Einer Theorie von Andrey Tchepalyga zufolge soll vor etwa 16.000 Jahren das Kaspische Meer rasch durch Flusswasser aus abschmelzenden skandinavischen Gletschern überschwemmt worden und mit dem damaligen Binnensee Schwarzes Meer zusammengeflossen sein.[15]
  • Vor ungefähr 425.000 und vor 225.000 Jahren, aber auch nach der letzten Kaltzeit, ereigneten sich große Wasserdurchbrüche im Bereich des damaligen Isthmus zwischen Dover und Calais, was zur Verbreiterung und Vertiefung der jetzigen Dimension des Ärmelkanals führte.[16] Damit wurde das damals wasserreichste europäische Flusssystem aus Rhein, Seine und Themse durch einen Meeresarm ersetzt.[17]
  • Vor ungefähr 5,33 Millionen Jahren wurde das damals trocken liegende Mittelmeerbecken durch Wasser des Atlantik an der Straße von Gibraltar gefüllt. Der entstehende Wassergraben war etwa 200 km lang und bis zu 11 km breit und ließ etwa 100 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde einströmen. Maximal stieg der Wasserspiegel des Mittelmeeres dabei um 10 m pro Tag, innerhalb von zwei Jahren hatten sich die Wasserstände angeglichen.[18][19]

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Flutkatastrophe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Karl Heinz Burmeister: Die „zweite Sündfluth“. Das Rhein- und Bodensee-Hochwasser von 1566, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 124. Jg. 2006, S. 111–137 (Digitalisat)
  2. a b Zusammenfassung des ArkStorm-Szenarios des U.S. Geological Survey aus: Keith Porter, Anne Wein, Charles Alpers, Allan Baez, Patrick Barnard, James Carter, Alessandra Corsi, James Costner, Dale Cox, Tapash Das, Michael Dettinger, James Done, Charles Eadie, Marcia Eymann, Justin Ferris, Prasad Gunturi, Mimi Hughes, Robert Jarrett, Laurie Johnson, Hanh Dam Le-Griffin, David Mitchell, Suzette Morman, Paul Neiman, Anna Olsen, Suzanne Perry, Geoffrey Plumlee, Martin Ralph, David Reynolds, Adam Rose, Kathleen Schaefer, Julie Serakos, William Siembieda, Jonathan Stock, David Strong, Ian Sue Wing, Alex Tang, Pete Thomas, Ken Topping, unter der Leitung von Chris Wills und Lucile Jones; Projektmanager Dale Cox (201) Overview of the ARkStorm scenario: U.S. Geological Survey Open-File Report 2010-1312, 183 Seiten zuzüglich Anhängen
  3. a b c Überflutungen in Benin. In: http://www.dw-world.de/. Deutsche Welle, 19. Oktober 2010, abgerufen am 25. Oktober 2010.
  4. Benin: 680.000 von schweren Regenfällen betroffen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: http://www.unhcr.de/. UNHCR, 22. Oktober 2010, ehemals im Original; abgerufen am 25. Oktober 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.unhcr.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Flutkatastrophe in Pakistan: Wiederaufbau kostet zehn Milliarden Euro. In: Tagesschau. 30. August 2022, abgerufen am 20. September 2022.
  6. Pakistan. In: Welthungerhilfe. Abgerufen am 20. September 2022.
  7. Wilder Planet: Die Sintflut (Memento vom 21. September 2017 im Internet Archive) 22. April 2007 im ZDF
  8. Ali Aksu et al., GSA Today Bd. 12, S. 4–10, referenziert in bild der wissenschaft, 26. April 2002 (Memento vom 11. Februar 2006 im Internet Archive)
  9. Valentina Yanko-Hombach: The Black Sea flood question: Changes in coastline, climate and human settlement. Springer, Dordrecht 2007.
  10. Valentina Yanko-Hombach: Current status of the Early Holocene Flood hypothesis in the Black Sea, IGC 2008
  11. HPQ-02 Black Sea?Mediterranean Corridor during last 30 ky: Sea level change and human adaptation, Referenzen zum 33. International Geological Congress Oslo 2008
  12. Timothy G. Fisher: River Warren boulders, Minnesota, USA: catastrophic paleflow indicatorsin the southern spillway of glacial Lace Agassiz. In: Boreas, Band 33, Seiten 349–358, 2004 Archivlink (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive) (PDF; 2,8 MB)
  13. Axel Bojanowski: Geologen entdecken Graben von Ostsee-Sintflut
  14. scinexx das wissensmagazin: Gigantische Superflut
  15. Andrey Tchepalyga: Late glacial great flood in the Black Sea and Caspian Sea. The Geological Society of America 2003 Seattle Annual Meeting. 2003 (Memento des Originals vom 14. Juni 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gsa.confex.com
  16. Quirin Schiermeier auf nature.com: The megaflood that made Britain an island, 18. Juli 2007
  17. Artikel „Ärmelkanal war vor 20.000 Jahren ein Fluss“ in „Berliner Morgenpost“, Sonnabend, 16. September 2006.
  18. Kenneth J. Hsü: Das Mittelmeer war eine Wüste. Auf Forschungsreisen mit der Glomar Challenger. S. 112, Harnack, München 1984.
  19. D. Garcia-Castellanos et al.: Catastrophic flood of the Mediterranean after the Messinian salinity crisis. In: Nature Bd. 462, 10. Dezember 2009, S. 778–781, doi:10.1038/nature08555

Auf dieser Seite verwendete Medien

US Army helicopter flies over a flood-affected area of Pakistan Cut2.png
A U.S. Army CH-47 Chinook helicopter flies over a flood-affected area of Pakistan on a return flight from delivering humanitarian assistance and evacuating personnel in the town of Khwazakhela, as part of the flood recovery effort in Khyber Pakhtunkhwa province, Pakistan, August 11th, 2010.