Flugplatz Giebelstadt

Flugplatz Giebelstadt
Giebelstadt (Bayern)
Giebelstadt (Bayern)
Giebelstadt
Kenndaten
ICAO-CodeEDQG
FlugplatztypVerkehrslandeplatz
Koordinaten

49° 38′ 53″ N, 9° 57′ 59″ O

Höhe über MSL298,7 m  (980 ft)
Verkehrsanbindung
Entfernung vom Stadtzentrum16 km südlich von Würzburg
StraßeB19
Basisdaten
Eröffnung1936
BetreiberFlugplatz Giebelstadt GmbH
Fläche280 ha
Start- und Landebahn
08/261982 m × 30 m Beton



i7 i11 i13

Dornier Do 23, u. a. im KG 455 in Giebelstadt ab Sommer 1935

Der Flugplatz Giebelstadt (ICAO-Code: EDQG) ist ein Verkehrslandeplatz 16 km südlich von Würzburg.

Geschichte des Flugplatzes

Fliegerhorst der Wehrmacht

Der Flugplatz wurde 1935 als Fliegerhorst von der Luftwaffe erbaut und am 17. September 1936 bei einer Truppenparade von Adolf Hitler eröffnet. Die ersten stationierten Flugzeuge waren Bomber des Typs Dornier Do 23, die zum Kampfgeschwader 455 Fliegergruppe Giebelstadt gehörten. Im Juli 1938 wurden die Heinkel He 111 Bomber der III. Gruppe des Kampfgeschwaders 355 vom Flugplatz Illesheim nach Giebelstadt verlegt. Aus der III. Gruppe des KG 355 ging am 1. Mai 1939 durch Umbenennung die III. Gruppe des Kampfgeschwaders 53 (III./KG 53) hervor, welche auch zu Beginn des Zweiten Weltkrieges in Giebelstadt stationiert war. Vom Flugplatz Giebelstadt aus wurden im Zweiten Weltkrieg etliche Einsätze an die Front in Frankreich geflogen; außerdem wurden hier unter strenger Geheimhaltung die ersten Versuche mit der düsengetriebenen Messerschmitt Me 262 und der raketengetriebenen Messerschmitt Me 163 gestartet. Um diese Tests geheim zu halten, wurde der Name „Giebelstadt“ von allen deutschen Landkarten gestrichen. Der Flugplatz Giebelstadt wurde gegen Kriegsende das Ziel schwerer Bombenangriffe. Die Schäden am Fliegerhorst wurden dann 1944 durch Häftlinge des KZ Flossenbürg repariert und diese auch zum Ausbau des Fliegerhorstes eingesetzt.

Die folgende Tabelle listet vollständig alle fliegenden aktiven Einheiten (ohne Schul- und Ergänzungsverbände) der Luftwaffe auf, die hier zwischen 1937 und 1945 stationiert waren.[1]

VonBisEinheitAusrüstung
Oktober 1935April 1936Kampfgeschwader 455 „Fliegergruppe Giebelstadt“Dornier Do 23, Junkers Ju 52, Junkers W 34
April 1936Februar 1938I./KG 155 (I. Gruppe des Kampfgeschwader 155)Dornier Do 23, Dornier Do 17E
Juli 1938Mai 1939III./KG 355Heinkel He 111E, He 111H
Mai 1939Februar 1940III./KG 53Heinkel He 111H
Februar 1940Mai 1940I./KG 2Dornier Do 17Z
Oktober 1940März 1941I./KG 76Dornier Do 17Z, Junkers Ju 88A
Juni 1941Juni 1941III./KG 1Junkers Ju 88A
Dezember 1941Januar 1942Stab, I./KG 77Junkers Ju 88A-4
April 1942Mai 1942II./KG 76Junkers Ju 88A-4, Ju 88C-6
August 1944September 1944III./KG 100Dornier Do 217K-2, Do 217K-3, Do 217M-1, Do 217E-5
August 1944März 1945Stab, I./KG(J) 54Messerschmitt Me 262A-2, Me 262B-1
März 1945März 1945Stab, I./KG 51Messerschmitt Me 262A-1, Me 262A-2

Giebelstadt Airfield/Air Base/Army Airfield

Noch vor der Kapitulation der Wehrmacht wurde der Flugplatz am 3. April 1945 von Truppen der amerikanischen 12th Armored Division eingenommen und am 5. April von den United States Army Air Forces (USAAF) als Advanced Landing Ground ALG Y-90 ausgewiesen und als Einsatzflugfeld von der Ninth Air Force der United States Army Air Forces in Betrieb genommen. Sie nutzte ihn zunächst bis zum 21. Mai 1945 als Jägerflugplatz mit Republic P-47 Thunderbolt und Northrop P-61 Black Widow.

Ab dem 9. Mai 1945 wurde der Platz in „AAF Station Giebelstadt“ umbenannt und permanent betrieben. Später wurde der neue Name in „Giebelstadt Army Airfield“ geändert und schließlich in „Giebelstadt Airfield“.

USAFE Douglas RB-66B Destroyer der 1st TRS (Tactical Reconnaissance Squadron), 10th TRW, aus Alconbury (UK) in Giebelstadt, Juni 1961

Im Jahr 1947 wurde die Landebahn auf ihre jetzige Länge ausgebaut. Stationiert waren hier unter anderem U2-Spionageflugzeuge. Vom 15. Januar 1948 bis 1950 war der Flughafen geschlossen und nur mit einer Wachmannschaft besetzt. Die United States Air Forces in Europe nutzten den Platz bis 1968.

Später wurde der Flugplatz durch Raketeneinheiten der US-Armee und durch die Bundeswehr genutzt. Ab 1981 waren in Giebelstadt Hubschrauberverbände der United States Army stationiert.

Zivile (Mit-)Nutzung

Flugplatz im Jahr 2012

Bereits in den 1980er Jahren wurden auf dem Flugplatz verschiedene Rennen ausgetragen. Dies waren Motorradrennen in verschiedenen Klassen, veranstaltet durch den ADAC-Ortsclub Würzburg, aber auch Dragsterrennen, die von der Hanau Auto Racing Association (H.A.R.A.) veranstaltet wurden.

Im Jahr 1994 wurde durch die US-Amerikaner auch die zivile Mitbenutzung des Flugplatzes erlaubt, die am 23. Juni 2006 endgültig abzogen. Bis 2003 wurde die Start- und Landebahn durch den Freistaat Bayern saniert.[2] Von 2009 bis 2011 wurden 16 Tonnen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg beseitigt.[3] In der Zeit von 2006 bis 2009 wurde der Sport- und Geschäftsflugbetrieb von den ansässigen Flugsportvereinen, zeitweise durch ehrenamtliche Tätigkeiten, aufrechterhalten.

Der Flugplatz wurde anschließend von einer Holdinggesellschaft erworben, die aus dem Markt Giebelstadt und dem Unternehmen Knauf besteht.

Die Nutzung des Flugplatzes ist auch der „Zivile Mitbenutzung Flugplatz Giebelstadt GmbH“ möglich, einem Zusammenschluss der Unternehmen Knauf, s.Oliver und der Südzucker AG.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurde der Mannschaftstransfer zu diversen Spielaustragungsorten abgewickelt. So flog die Nationalmannschaft von Ghana, welche während der WM ihr Quartier in Würzburg hatte, von Giebelstadt aus zu ihren Spielen. Auch die in Bad Kissingen einquartierte Nationalmannschaft von Ecuador nutzte diese Einrichtung.

Im Januar 2010 erteilte das Luftamt Nordbayern die Genehmigung für den Betrieb des Flugplatzes Giebelstadt als Verkehrslandeplatz. Es dürfen maximal 7500 Flugbewegungen pro Jahr stattfinden; der Flugbetrieb ist nur zwischen 6 und 22 Uhr gestattet. Im Januar 2012 wurde für beide Anflugrichtungen ein Instrumentenanflugverfahren (GPS) eingeführt.

Bekanntheit erlangte der Flugplatz unter anderem durch einen Wetterballonaufstieg von Schülern des Friedrich-Koenig-Gymnasiums, die Videoaufnahmen aus der Stratosphäre machten.[4][5]

Im Jahr 2006, wie auch im Dezember 2012 erneut, wurde bekannt, dass der Billigfluganbieter Ryanair Giebelstadt in seinen Flugplan aufnehmen wolle. Entsprechende Anfragen von Ryanair wurden durch die Betreiber des Giebelstadter Flugplatzes wiederholt abgelehnt. Unter anderem wurde festgestellt, dass derartige Flüge technisch und luftrechtlich nicht möglich seien.[6]

Zwischenfälle

  • Am 9. Juli 1947 kehrten die Piloten einer Boeing B-29 Superfortress der United States Army Air Forces (USAAF) (Luftfahrzeugkennzeichen 44-84074) kurz nach dem Start vom Flugplatz Giebelstadt wegen Motorproblemen zur Notlandung zurück. Der Pilot schätzte den Landeanflug falsch ein, und die Maschine prallte kurz vor der Landebahn auf dem Boden auf. Das Flugzeug zerbrach in mehrere Teile. Dennoch überlebten alle 8 Insassen den Unfall.[7]

Literatur

  • Decker, Karl-Heinz: Geschichte des Fliegerhorstes Giebelstadt 1933–1945, Verlag J.H. Röll, Dettelbach 2010, ISBN 978-3-89754-357-7
  • Robert Popp: Giebelstadt und sein FLugplatz, Band 1: 1935–1945, Band 2: 1945–1956, Band 3: 1956–1965; alle Eigenverlag: Giebelstadt 2021–2022
  • Tustin, Joseph P.: From the Horse to the Jet Plane, a short history of Giebelstadt, 1947

Weblinks

Commons: Flugplatz Giebelstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–1945 Germany (1937 Borders), S. 218–220, abgerufen am 29. August 2014
  2. NATO Flugplatz Giebelstadt; Sanierung der Start- und Landebahn abgerufen am 25. April 2018
  3. Christiane Gläser: Die Bombensuche geht zu Ende. In: Wertheimer Zeitung vom 3. Januar 2012
  4. Ballon steigt in die Stratosphäre (Main-Post)
  5. SAT.1-Bericht über den Ballonstart von Lukas Maderner, Alexander Berndt, Gerd Biedermann, Marco Grimm, Timon Schmitt und Paul Reinhart (Memento desOriginals vom 5. Mai 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sat1bayern.de
  6. Nein, danke – Ryanair-Flughafen unerwünscht (Memento vom 14. Dezember 2015 im Webarchiv archive.today) Mainfranken24.de, abgerufen am 14. Dezember 2015
  7. Unfallbericht B-29 44-84074, Aviation Safety Network WikiBase (englisch), abgerufen am 2. April 2023.
  8. Flugunfalldaten und -bericht DC-3 42-93720 im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 28. Oktober 2017.

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Positionskarte Bayern, Deutschland. Geographische Begrenzung der Karte:
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Die Rautenflagge des Freistaates Bayern seit 1971. Das Seitenverhältnis ist nicht vorgegeben, Abbildung 3:5.
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Douglas RB-66B-DL 'Destroyer', probably BB-445, s/n 54-445 (tail no 4445), 1st TRS (1st Tactical Reconnaissance Squadron), 10th TRW (10th Tactical Reconnaissance Wing), based at Spangdahlem AB (Rhineland-Palatinate) during 1959, based at RAF Alconbury (UK) since August, 1959. Visited Giebelstadt AB in June, 1961. [1]

Note:

  • (1) RB-66B-DL s/n 54-444 of 1st TRS, 10th TRW crashed near end of runway at Spangdahlem AB (Germany) Jul 8, 1958. Crew of 3 killed.
  • (2) RB-66B-DL s/n 54-430 of 19th TRS, 10th TRW lost over North Sea on flight from RAF Alconbury Mar 16, 1961. 3 crew missing.
  • (3) RB-66B-DL s/n 54-421 of 19th TRS, 10th TRW crashed on approach to Bruntingthorpe, England Dec 14, 1959. All 3 crewmembers killed.
  • (4) RB-66B-DL s/n 54-422 of 10th TRS (?) probably 1st TRS , 10th TRW crashed on approach to Sculthorpe, England Apr 14, 1958. All 3 crew killed. [2]
Aerial image of the Giebelstadt airport.jpg
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Luftbild des Flugplatzes Giebelstadt (Blickrichtung Ost-Nord-Ost)
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Bundesdeutsche Bundesstraßennummer. Version von Zeichen 401 der dt. StVO
Giebelstadt Airfield Aerial.jpg
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Luftaufnahme der Bayerischen Vermessungsverwaltung: Fluplatz in Giebelstadt, Landkreis Würzburg, Bayern.
Dornier Do 23 'WL+AJYS' ca. 1938 (1).jpg
Dornier Do 23 'WL+AJYS', ca. 1938-39 bei unbekannter C-Schule; Do 23 mit 2x BMW VI, 12-Zylinder-V-Motoren, 2x 750 PS mit starrer 4-Blatt-Holzluftschraube. Der Bomber mit offenem Führer- und Beobachterstand befand sich bei der I./KG 155 (I. Gruppe/Kampfgeschwader 155) auf dem Fliegerhorst Giebelstadt in der Truppenverwendung vom 1. April 1936 bis etwa Mitte 1937, danach wurde die Do 23 durch die modernere Do 17 E ersetzt. Weitere Standorte des KG 155 in diesem Zeitraum waren:
  • Fliegerhorst Ansbach bzw. Ansbach-Neukirchen: Stab und II./KG 155; Die heutige Benennung ist Flugplatz Ansbach-Katterbach, bzw. Katterbach Army Airfield und Ansbach Army Heli Pad (Ansbach AHP) bei der US Army.
  • Fliegerhorst Schwäbisch Hall (Hessental): III./KG 155.
Das KG 155 wurde am 1. Februar 1938 in KG 158 umbenannt, vermutlich noch während der Anwesenheit in den o. g. Standorten. Nach dem sogen. Anschluss Österreichs am 12. u. 13 März 1938 verlegte das KG 158 auf die Flugplätze Wiener-Neustadt und Wels in Österreich. Am 1. Mai 1939 entstand aus dem KG 158 das Kampfgeschwader 76, damals ausgerüstet mit der Dornier Do 17 Z.