Florian Philippot

Florian Philippot

Florian Philippot (* 24. Oktober 1981 in Croix) ist ein französischer Politiker und Gründer der souverainistischen und euroskeptischen Partei Les Patriotes (LP). Zuvor gehörte er dem Front National (FN) an. Im Juli 2021 kündigte er seine Kandidatur bei der französischen Präsidentschaftswahl von 2022 an.

Politische Anfänge beim FN

Philippot studierte an zwei Elitehochschulen, der École des hautes études commerciales de Paris (HEC) und der École nationale d’administration (ENA). Ab Juli 2012 war er stellvertretender Vorsitzender der französischen Partei Front National.[1] Er kandidierte bei den Parlamentswahlen 2012 für den FN im 6. Wahlkreis des Département Moselle (im ehemaligen lothringischen Kohlenrevier, größte Stadt Forbach). Im ersten Wahlgang kam er mit 26,34 % der Stimmen auf Platz zwei, hinter Laurent Kalinowski (PS), 37,45 %. Im zweiten Wahlgang unterlag der junge Kandidat mit 46,3 % der gültigen Stimmen (53,70 % für Kalinowski).[2] Bei den Kommunalwahl im März 2014 führte er die Liste des Front national in Forbach (Moselle) gegen den Bürgermeister und Abgeordneter Laurent Kalinowski (PS). Bei den Europawahlen im Mai desselben Jahres führte Florian Philippot die FN-Liste im Wahlkreis Osten (Frankreich). Mit 29 % der Stimmen landet seine Liste auf Platz 1 und der Vize-Präsident zog ins Europaparlament ein. Bei den Europawahlen im Mai desselben Jahres führte Florian Philippot die FN-Liste im Wahlkreis Osten. Mit 29 % der Stimmen landete seine Liste auf Platz 1 und zog ins Europaparlament ein.[3] Dort war er Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, im Ausschuss für konstitutionelle Fragen und in der Delegation zur Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU.[4]

Florian Philippot führte bei den Regionalwahlen 2015 die Liste des Front National in der Region Grand Est (ehemalige Regionen Elsass, Champagne-Ardenne und Lothringen) an. Im ersten Wahlgang erreichte er 36,1 % der Stimmen und erreichte den ersten Platz vor Philippe Richert (LR, 25,8 %) und Jean-Pierre Masseret (PS, 16,1 %). Im zweiten Wahlgang unterlag er mit 36,1 % der Stimmen der Liste der Republikaner (Richert, 48,4 %). Die Liste der Parti Socialiste kam auf 15,5 % der Stimmen. Danach wurde Philippot Mitglied des Regionalrates und Vorsitzen der Fraktion des Front National.[5] Nach seiner Wahl als Regionalrat verzichtete Philippot auf sein Mandat als Stadtrat von Forbach.[6] Bei den Parlamentswahlen 2017 erreichte Florian Philippot in seinen Wahlkreis im ersten Wahlgang 23,8 % der Stimmen (Platz 1). Im zweiten unterlag er mit 43 % Christophe Arend (LREM, 57 %).[7]

Politische Positionen

Philippot bezeichnet sich selbst als überzeugten Gaullisten und ist seit seiner Studienzeit Kritiker der europäischen Einigung und des Euro. Dabei unterstützte er unter anderem die Wahlkampagne des Linksnationalisten Jean-Pierre Chevènement zur französischen Präsidentschaftswahl 2002 und die Kampagne für ein Nein zur europäischen Verfassung beim Referendum im Mai 2005. Nach seinem Eintritt war er maßgeblich für die Umgestaltung des wirtschaftspolitischen Programms der Partei verantwortlich, das früher eher wirtschaftsliberal war und seither auf eine starke Rolle des Staates und einen Erhalt des französischen Sozialstaates setzt. Philippot galt als enger Vertrauter der Parteichefin Marine Le Pen,[8] innerhalb der Parteibasis war er dagegen wegen seines Bekenntnisses zum Gaullismus und als Absolvent einer Elitehochschule, wie es für Politiker anderer Parteien in Frankreich typisch ist, umstritten.[9] Parteiintern umstritten war auch seine als dédiabolisation („Entteufelung“) bezeichnete Strategie der Öffnung zur politischen Mitte hin u. a. durch die Entmachtung des früheren Parteivorsitzenden Jean-Marie Le Pen, mit der er versuchte, für den FN so viele Wähler wie möglich unter den Anhängern der zentristischen und linken Parteien zu gewinnen.[10] Philippot war auch Verfechter einer harten anti-europäischen Linie (mit dem erklärten Ziel des Ausstiegs aus der Eurozone) und versuchte so, den FN als Sammelbecken der Euroskeptiker zu etablieren – das Scheitern dieser Strategie ist nach Ansicht seiner Kritiker verantwortlich für die Wahlniederlage von Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2017.[11] Ab 2020 ist Philippot einer der Anführer der Bewegung gegen die Corona-Maßnahmen in Frankreich. Er verteidigte den umschrittenen Infektiologen Didier Raoult und äußerte sich gegen die Masken-Pflicht und die Impfpolitik der französischen Regierung.[12] Außerdem fordert Florian Philippot weiterhin den Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union, dem Euro, dem Schengen-Abkommen und der NATO.[13]

Les Patriotes

Im September 2017 entzog die FN-Vorsitzende Marine Le Pen Philippot wichtige Zuständigkeiten. Er blieb zwar stellvertretender Parteivorsitzender, hatte aber keinen besonderen Aufgabenbereich in der Parteiführung mehr. Le Pen reagierte damit auf seine Weigerung, den Vorsitz der vor der Parlamentswahl im Juni 2017 von ihm gegründeten Vereinigung Les Patriotes aufzugeben, die sich selbst als Gesprächsplattform innerhalb des FN sah. Daraufhin verließ Philippot die FN.[14] Ende September 2017 konstituierte sich Les Patriotes als Partei. Ab September führte er, die durch Abspaltung der FN-Fraktion von Philippot gegründete Fraktion von Les Patriotes im Regionalrat der Region Grand Est.[15] Philippot und zwei weitere Abgeordnete wechselten Anfang Oktober von der FN-dominierten ENF-Fraktion im Europaparlament zur konkurrierenden EFDD-Fraktion.[16] Im Gegensatz zu dem Rassemblement National (dem vormaligen FN) setzten die Patriotes weiterhin auf einen Austritt Frankreichs vom Euro und zielten auf ein Wahlergebnis von über 5 % bei den Europawahlen im Mai 2019;[17] die Partei erreichte letztlich aber nur 0,65 % und erhielt kein Abgeordnetenmandat. Philippot kandidierte bei den Kommunalwahlen 2020 in Forbach; seine Liste erreichte im ersten Wahlgang 9,7 % der Stimmen (verglichen zu 4,3 % für die RN-Liste von Lucien Terragnolo). Da in Frankreich bei der Kommunalwahl 10 % der gültigen Stimmen nötig sind um zum zweiten Wahlgang zugelassen zu werden, scheiterte der Vorsitzenden der Patrioten knapp.[18] Mit seiner Corona skeptischen Positionen konnte seine Partei ihre Mitgliedzahl mehr als verzehnfachen. Nach eigenen Angaben zählen Les Patriotes im Dezember 2021 35.000 Mitglieder.[19] Florian Philippot führte bei den Regionalwahlen im Juni 2021 in der Region Grand Est die gegen die Corona-Maßnahmen gerichtete Liste « Liberté » (Freiheit) an. Sie vereinigte außer Mitglieder von Les Patrioten auch die christlich-konservative Kleinpartei VIA, la voie du peuple.[20] Im ersten Wahlgang erreichte er aber nur 6,95 % der Stimmen und verlor somit sein letztes politisches Mandat.[21]

Präsidentschaftswahl 2022

Am 14. Juli 2021 und zwei Tage, nachdem Staatspräsident Emmanuel Macron einen allgemeinen Immunitätsausweis (passe sanitaire) eingeführt hatte, kündigte Florian Philippot an, bei der Präsidentschaftswahl 2022 kandidieren zu wollen.[22]

Sonstiges

Der Lebensgefährte Philippots ist ein französischer Journalist.[23]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Le Figaro: F. Philippot devient vice-président du FN
  2. [1]
  3. [2]
  4. Europäisches Parlament: Florian Philippot
  5. [3]
  6. [4]
  7. [5]
  8. FASZ 10. Mai 2015, S. 10 / Michaela Wiegel: Schwul, smart und national. Zitat: ihr „wichtigster Mann, ihr Chefstratege und Ideengeber.“
  9. Florian Philippot pourra-t-il longtemps survivre au paradoxe de son lien très fort avec Marine Le Pen et très faible avec le FN?. In: Atlantico. 30. Juli 2015, abgerufen am 22. September 2017 (französisch).
  10. Hugo Domenach: L´homme qui peut faire éclater le FN. Tensions: Florian Philippot, chouchou de Marine Le Pen, horripile sa nièce, Marion Maréchal-Le Pen, et les identitaires du parti. Le Point, n° 2313 (5. Januar 2017), S. 24–28.
  11. Florian Philippot et la sortie de l'euro, les bouc-émissaires du revers de Marine Le Pen à l'élection présidentielle. In: Huffington Post. 8. Mai 2017, abgerufen am 15. Mai 2017 (französisch).
  12. [6]
  13. [7]
  14. Front-National-Vize Florian Philippot verlässt die Partei. In: NZZ. 21. September 2017, abgerufen am 22. September 2017.
  15. [8]
  16. www.theparliamentmagazine.eu
  17. JDD: Près d'un an après avoir quitté le FN, Florian Philippot n'a pas réussi son pari, 19. Juli 2018, abgerufen am 3. September 2018 (französisch)
  18. [9]
  19. [10]
  20. [11]
  21. [12]
  22. [13]
  23. LePoint: "Closer" révèle l'homosexualité de Florian Philippot

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Autor/Urheber: Gauthier Bouchet, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Florian Philippot, vice-président du Front national (FN), lors d'un déjeuner débat organisé le 15 septembre 2012, à la Rabatelière, en Vendée. Photo © 2012 G. Bouchet/Front national