Florentinus Wang

Florentinus Wang (* 17. Jahrhundert; begraben 20. Februar 1742) war ein deutscher Orgelbauer, der im 18. Jahrhundert im Herzogtum Nassau wirkte.

Leben und Werk

Über Florentinus Wang sind kaum biografische Details bekannt. Er stammte aus Lützenburg (= Luxemburg[1]) und machte sich in Hadamar mit einer Werkstatt selbstständig. In den Jahren 1708 und 1713 ist er als Pate in Hadamar nachgewiesen. Sein Wirkungsbereich erstreckte sich vor allem auf das nördliche Nassau, er wirkte aber auch in Landgrafschaft Hessen-Darmstadt.

Charakteristisch ist der fünfteilige Prospektaufbau mit außen zwei hohen Rundtürmen, seltener Spitztürmen. Zwei nach innen abfallende Harfenfeldern oder zwei hochrechteckige Flachfelder vermitteln zu einem niedrigen Rundturm in der Mitte. Ein Gesims verbindet die Rundtürme. Die Türme stehen auf Konsolen, die mit Rankenwerk geschmückt sind.[2] Alternativ ist der mittlere Rundturm überhöht mit zwei nach außen abfallenden Flachfeldern. Wang baute einmanualige Orgeln ohne selbstständiges Pedal; nur in Dillenburg gab es ein freies Pedal. Bei einigen Orgeln wird das fehlende Pedalwerk durch die Gravität eines 16′ im Manualwerk aufgefangen. Alternativ oder unterstützend kommt eine Quinte 6′ zum Einsatz, die zusammen mit einem 8′ einen akustischen 16′ erzeugt.[3] Im Manualwerk finden sich häufig Terz neben einem meist fünffachen Cornett und ein Zungenregister.[4]

Wangs Schüler wurde Andreas Scheld, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Niederscheld aus arbeitete.[5] Wang wurde am 20. Februar 1742 in Hadamar beerdigt.[1]

Werkliste

Kursivschreibung gibt an, dass die Orgel nicht oder nur noch das historische Gehäuse erhalten ist. In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein angehängtes Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand oder zu Besonderheiten. Kursivschreibung zeigt an, dass die Orgel nicht oder nur noch der Prospekt erhalten ist.

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1698–1701HattenrodEvangelische KircheZuschreibung Neubau; nicht erhalten
1703EttingshausenEvangelische KircheI8Zuschreibung Neubau; 1878 ersetzt[6]
1703GrünbergStadtkircheI/p12Neubau; 1812 in die Hospitalkirche umgesetzt und nicht erhalten[7]
1710DiezSt. PeterIAufstellung einer gebrauchten Orgel; nicht erhalten[8]
1715–1716DiezSchloss Oranienstein, Kapelle
Luthmer III-249-Schloss Oranienstein Kapelle.jpg
I/pNeubau; 1935 durch Wilhelm Sauer ersetzt; Gehäuse erhalten[9]
1719DillenburgEvangelische Stadtkirche
Dillenburg Ev. Stadtkirche (01).jpg
I/P13Neubau; Prospekt erhalten[10]
1722KirchährSt. Bartholomäus und St. SebastianIZuschreibung Neubau; nicht erhalten[11]
1722NiederseltersSt. ChristophorusIZuschreibung Neubau; nicht erhalten
1723EppenrodEv. KircheZuschreibung Neubau; Gehäuse erhalten[5]
1723FlachtEv. KircheI15Zuschreibung Neubau; Gehäuse erhalten[12]
1725SchönbachEv. Kirche
Schönbach Ev. Kirche (10).jpg
IZuschreibung Neubau; reich verzierter Prospekt und 6 Register erhalten[13]
1725EmmerichenhainEv. KircheI11Neubau; Gehäuse und Register teilweise erhalten[14]
1726–1727DaadenEvangelische KircheI/p15Neubau; 1908 ersetzt; Gehäuse erhalten (sehr ähnlich wie Haigar)[15]
1732HaigerEvangelische StadtkircheHaiger Evangelische Stadtkirche (42).jpgI/p141730 Neubauvertrag; Gehäuse und Register zur Hälfte erhalten[16]
1749?SteinbrückenEvangelische KapelleSteinbrücken Ev. Kapelle (33).jpgI5Neubau, Wang eindeutig zugewiesen, ursprünglich für die Hugenottenkirche (Usingen), 1908 nach Merkenbach, 1951 Psychiatrie Herborn, Ende 1980er Stadtkirche Herborn, seit 2013 Steinbrücken; weitgehend erhalten[17]
?DriedorfEv. KircheNeubau; 1819 verbrannt[18]
?SiegenUnteres Schloss, HofkapelleVermutung Neubau, Disposition wie Oranienstein; nicht erhalten[19]

Literatur

  • Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven 1994, ISBN 3-7959-0598-2, S. 448.
  • Christian Binz: Die Wang-Orgel in der Kapelle von Schloss Oranienstein zu Diez. In: Nassauische Annalen. Bd. 125, 2014, S. 137–151.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7.
  • Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Bd. 10. 2. Ausgabe. K. G. Saur, München 2008, ISBN 3-598-23160-1, S. 406.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Hubert-Gabriel Hammer: Orgelbau im Westerwald. Studien zum Orgelbau im Rheinland. A. Volk, Köln 1971.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,2). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 2: M–Z. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5.

Einzelnachweise

  1. a b Orgel in Hadamar, abgerufen am 4. Juli 2020 (PDF).
  2. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2/1. 1975, S. 408.
  3. Binz: Die Wang-Orgel in der Kapelle von Schloss Oranienstein zu Diez. 2014, S. 148–149.
  4. Fischer, Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. 1994, S. 448.
  5. a b Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2/1. 1975, S. 165.
  6. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 3/1, 1988, S. 293.
  7. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 3/1, 1988, S. 424, 427.
  8. Binz: Die Wang-Orgel in der Kapelle von Schloss Oranienstein zu Diez. 2014, S. 146.
  9. Binz: Die Wang-Orgel in der Kapelle von Schloss Oranienstein zu Diez. 2014, S. 141–143.
  10. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2/1. 1975, S. 129–132.
  11. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2/1. 1975, S. 512.
  12. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2/1. 1975, S. 186.
  13. Folkhard Cremer (Red.): Dehio-Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I: Regierungsbezirke Gießen und Kassel. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2008, ISBN 978-3-422-03092-3, S. 820.
  14. Matthias Thömmes: Orgeln in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Paulinus, Trier 1981, ISBN 3-7902-0137-5, S. 281.
  15. Hammer: Orgelbau im Westerwald. 1971, S. 63.
  16. Orgel in Haiger, abgerufen am 7. Juli 2020.
  17. Orgel in Steinbrücken, abgerufen am 17. Juni 2020.
  18. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2/1. 1975, S. 140.
  19. Gabriel Isenberg: Orgellandschaft im Wandel. Die Geschichte der Orgeln in den südwestfälischen Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein zwischen 1800 und 1945. Ein Beitrag zur Orgelgeschichte Westfalens. Hochschule für Musik Carl Maria von Weber, Dresden 2017, S. 222, urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-167184 (Dissertation).

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