Florales Motiv

Blumenmotiv im Audienzsaal des Shah-Jahan-Diwan, Indien 1638
Antonius im Klostergarten. Tapisserie de Guigone de Salins, Bourgogne 15. Jhdt.
Paradiesgärtlein, Oberrheinischer Meister, um 1410/20, Mischtechnik auf Eichenholz, als Dauerleihgabe im Städel.
Albrecht Dürer. Akelei-Blume (Aquilegia), um 1495–1500 (?), Aquarell, Deckfarben und Pinsel auf Pergament. Albertina, Wien, Österreich, Graphische Sammlung
Blumenvase in einer Fensternische. Ambrosius Bosschaert der Ältere 1620, Öl auf Leinwand, Mauritshuis, Den Haag

Als florale Motive bezeichnet die Bildende Kunst Vorwürfe und Themen, in denen Pflanzen (lateinisch: Flora) und deren Details das Hauptmotiv bilden.

Malerei und Grafik

In der Malerei und der Grafik sind die häufigsten Motive Blumen, Blüten sowie Ranken, auf Gemälden auch Äste und von Naturgewalten betroffene Bäume oder Gewächse.[1] Infolge der seit Beginn des 16. Jahrhunderts einsetzenden Entdeckungsreisen fanden zunehmend exotische Pflanzen ihre Liebhaber.[2] Hyazinthen aus dem Orient, Narzissen und Tulpen fanden in der Orientalischen Periode Eingang in die mitteleuropäische Gartenkunst und in Blumenstillleben wie das Gemälde Blumenvase in einer Fensternische des flämischen Malers Ambrosius Bosschaert des Älteren.

Die religiöse Malerei benutzt auch Allegorien oder Darstellungen von Klostergärten (z. B. mit Maria) und des Paradieses. Spezielle Blumen dienen als Symbole, z. B. die Lilie für die Keuschheit bzw. die Jungfräulichkeit, die Rose für die Liebe und die Dornen für Blut und Leid. Die Akelei gilt seit dem 14. Jahrhundert in der Buchmalerei als Zeichen der Demut und Bescheidenheit. Das Albrecht Dürer zugeschriebene Aquarell lässt diesen Zusammenhang nicht mehr unmittelbar erkennen. Nach dem 16. Jahrhundert weicht die religiöse Symbolik dieser Pflanze einer profanen.[3] Wandteppiche der Spätgotik zeigen ein Millefleurs genanntes Streublumenmotiv.

Andere Kunstzweige

Die Fotografie weitet die Thematik auch auf viele Details aus, etwa Knospen und Wurzeln. Wilhelm Weimar schuf für das Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg zwischen 1890 und 1906 ein fotografisches Herbarium.[4][5] Pflanzenteile wie z. B. Buchenblätter fotografierte er in durchfallendem Tageslicht.[6]

In der Bildhauerei kommen florale Motive nur selten vor. Eine Ausnahme sind die Bildhauer und Schnitzer der Gotik: sie umrahmten viele Altäre und biblische Szenen mit Astwerk und andere Kunstwerke mit Blattwerk.

architektonisches Blattwerkfries

In den Motiven des Kunstgewerbes überwiegen Blumen, Blätter und Gräser sowie aus Ranken zusammengesetzte Friese. Letztere gibt es auch in der Architektur, beispielsweise als Anthemion oder als Blattwerkfries. Desgleichen tragen die Kapitelle von Säulen oft Pflanzenschmuck.

Florale Motive finden sich bei der Gestaltung von Wasserzeichen alter handgeschöpfter Papiere[7] u. a. in der Form von Ecknelkenpapier, bei der Gestaltung von Buntpapier (Brokatpapier[8], Modeldruckpapier, Lithografie) und von Tapeten[9], z. B. bei französischen Manufakturen[10] oder in England bei William Morris.

Das Kunstgewerbemuseum in Leipzig widmete der dekorativen Umsetzung pflanzlicher Formen im Februar und März 1903 eine Sonderausstellung, in der vor allem die Aktivitäten bedeutender Kunstgewerbe- und Handwerkerschulen präsentiert wurden.[11] Im Programm der Ausstellung wurde zwischen natürlichen Pflanzen in künstlerischen Darstellungen (Blumenmalerei), naturalistischen Pflanzenornamenten und stilisierten modernen Pflanzenornamenten unterschieden.[12]

Quellen und Weblinks

  • José Pijoan (Hrsg.): Die Kunstgeschichte der Welt. ARTE Band 3, Grammont-Verlag, Lausanne 1979
  • Der neue Brockhaus, 3. Auflage (v. a. Band III zu Malerei), Wiesbaden 1960
  • Malte Jaeger: Florale Motive in serieller Umsetzung des Hochdrucks. Gien-Verlag 2009 online
  • Daniel Uchtmann: Blumenpracht in der Kunst. Brandstätter Verlag, Wien 2011
  • Lottlisa Behling: Die Pflanzenwelt der mittelalterlichen Kathedralen. Böhlau, Köln u. Graz 1964.
  • Frank Richter: Die Pflanzenwelt der gotischen Kathedralen. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2019 (Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte. 168). ISBN 978-3-7319-0853-1.
  • Eduard Metzger: Ornamente aus deutschen Gewächsen zum Gebrauch für Plastik und Malerei etc. Hft. 1–5. Literar. art. Anstalt, München 1841–1842.
  • Carl Friedrich Krumbholz: Das vegetabile Ornament. Eine Sammlung neuer Verzierungen entworfen auf Grundlage natürlicher Pflanzenformen und bestimmt zur kunstindustriellen Verwertung für flache und malerische Dekoration. Gilbers'sche Verlagsbuchhandlung, Dresden 1880.
  • Franz Woenig: Pflanzenformen im Dienste der bildenden Künste. Ein Beitrag zur Ästhetik der Botanik, zugleich ein Leitfaden durch das Pflanzenornament aller Stilperioden der Kunst. Ehrlich, Leipzig 1881.[3]
  • Anton Seder: Die Pflanze in Kunst und Gewerbe. Darstellung der schönsten und formenreichsten Pflanzen in Natur und Styl zur praktischen Verwerthung für das gesammte Gebiet der Kunst und des Kunstgewerbes in reichem Gold- und Farbendruck. Unter Mitwirkung hervorragender Künstler herausgegeben von Martin Gerlach. Vorrede von Albert Ilg. 2 Bände. Gerlach & Schenk, Wien 1886.[4][5]
  • Moritz Meurer: Pflanzenformen. Vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze.Kühtmann, Dresden 1895.
  • Dritte Fachausstellung: Die Pflanze in ihrer dekorativen Verwertung. Februar und März 1903. Kunstgewerbe-Museum, Leipzig 1903. Online-Ausgabe[6].
  • Richard Graul: Die Pflanze in ihrer dekorativen Verwertung. Aus Anlass der Ausstellung im Kunstgewerbe-Museum zu Leipzig. J. J. Weber, Leipzig 1904.

Einzelnachweise

  1. Lottlisa Behling: Die Pflanze in der mittelalterlichen Tafelmalerei. 2., durchges. Aufl. Böhlau, Köln u. Graz 1967.
  2. Lucia Impelluso: Gärten, Parks und Labyrinthe. Parthas, Berlin 2006 (Bildlexikon der Kunst, Bd. 11), S. 217.
  3. U. Braun: Art. „Akelei“. In: Lexikon der christlichen Ikonographie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt. Sonderausgabe 2015. Bd. 1, S. 90.
  4. „Herbarium. Wilhelm Weimar. Die Sammlung Fotografie im Kontext“[1].
  5. [=subjectGroup%3ANaturfotografie&f[]=actor%3AWeimar%2C%20Wilhelm]
  6. Wilhelm Weimar: Über photographische Aufnahmen von Pflanzen und Blättern mit durchfallendem Tageslicht; Silhouetten von Blättern, blühenden Pflanzen und Porträts, (32. Sitzung am 27. November [1907]), in: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, 3. Folge XV, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1908, S. LXXXIX–XCI.
  7. Gertraude Spoer: Rosen, Tulpen, Nelken ... Aus der Formenwelt der Wasserzeichenkunst. Deutsche Bücherei, Leipzig 1987
  8. Adelheid Schönborn; Michael Rothe (Hrsg.): Die phantastische Welt der Brokatpapiere. Die Sammlung Adelheid Schönborn. Haupt Verlag, Bern 2020. ISBN 978-3-258-08208-0.
  9. Sabine Thümmler: Die Flora auf Tapete. Naturalismus und Pflanzenstilisierung im 19. Jahrhundert. In: Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen (Hg.): Papiertapeten. Bestände, Erhaltung und Restaurierung. Sandstein, Dresden 2005, S. 41–49.
  10. Sabine Thümmler: Tapetenkunst. Französische Raumgestaltung und Innendekoration von 1730–1960. Sammlung Bernard Poteau. Edition Minerva, Wolfratshausen 2000, ISBN 3-932353-37-4.
  11. Albrecht Kurzwelly: Die Pflanze in ihrer dekorativen Verwertung. Ausstellung im Leipziger Kunstgewerbemuseum. In: Kunstgewerbeblatt 1903 (7), S. 135–146.[2]
  12. Dritte Fachausstellung: Die Pflanze in ihrer dekorativen Verwertung. Februar und März 1903. Kunstgewerbe-Museum, Leipzig 1903, S. 3.

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Floral motiv, Diwan-i-Khas, Red Fort, Delhi.jpg
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Floral motiv in pietra dura, walls of Shah Jahan's Diwan-i-Khas (hall of private audiences (1638), Red Fort, Delhi.
Albrecht D Akelei.jpg
Alkelei-Blume (Aquilegia), columbine
Tapisserie Beaune 143.jpg
Tapisserie à fleurs et à monogramme reprsentant saint Antoine ermite (Tapisserie de Guigone de Salins), tissée en France, XVe siècle, hospices de Beaune, Bourgogne, France.
Blattwerkfries.png
Blattwerkfries
Bosschaert d. Ä. Ambrosius 001.jpg
This painting of a colourful bouquet of thirty types of flowers is a masterly work by Ambrosius Bosschaert. He depicted the flowers meticulously, so that each one is easily recognisable. This painting provides an overview of the most beautiful flowers known to Bosschaert, including the tulip, which was still a rarity in Holland at the time. Bosschaert based his bouquet on separate sketches he had made throughout the year. This allowed him to compose a bouquet of flowers that in real life do not bloom at the same time.