Flügelrad (Eisenbahn)

Das Flügelrad (hier als Anstecknadel)

Das Flügelrad ist als Symbol der Eisenbahn und des Schienenverkehrs allgemein und weltweit verbreitet. Es steht für die Geschwindigkeit, die in den Anfangsjahren als herausragend empfunden wurde. Bis zur Serienreife der Flugzeuge wurden die Geschwindigkeitsrekorde auch durch Eisenbahnfahrzeuge gehalten. In der Heraldik wird es sehr selten verwendet und in der Regel durch ein Eisenbahnrad (Speichenrad mit Spurkranz) mit je einem (Vogel-)Flügel an jeder Seite auf der Höhe der Nabe dargestellt.

Geschichte und Verwendung

Rückseite einer Münze mit unbekanntem Gott auf einem Flügelrad (4. Jh. v. Chr.)[1]

Es hat wohl seinen Ursprung in den Darstellungen des geflügelten Götterboten Hermes, der in der römischen Entsprechung zu Hermes im Gott Mercurius zu finden ist (dessen Name sich auf den Handel bezieht) und der der Gott der Händler war. Die römische Mythologie ordnet Merkur und Minerva Handel und dem Handwerk zu, als dessen Symbole und Allegorien sie später verwendet wurden. Hermes/Merkur wird mit Flügeln am Helm und teilweise den Schuhen abgebildet (Vgl. Flügelhelm#Heraldik und Merkurstab (Heraldik)). Als Symbol der Schnelligkeit ist er als Zusteller am Alten Postamt in Flensburg zu sehen.

Das Flügelrad als Symbol für die Eisenbahn ist vergleichsweise alt.

  • Schon 1835 wurde es auf der Gedenkmünze der Ludwigseisenbahn, einem in Bayern unter Ludwig I. geprägten Geschichtstaler der Strecke von Nürnberg nach Fürth, auf der Rückseite (Revers) verwendet. Es ist eine liegende Frauengestalt, mit antikisierendem Gewand und Frisur, einen Merkurstab mit umgehängtem Lorbeerkranz in der rechten Hand haltend und sich mit dem linken Arm auf einem Flügelrad abstützend, dargestellt. Als Umschrift der Münze steht im oberen Teil umlaufend: ERSTE EISENBAHN IN TEUTSCHLAND MIT DAMPFWAGEN / VON NÜRNBERG NACH FÜRTH, im unteren Abschnitt: ERBAUT / 1835.[2]
  • Ab 1840 als Symbol auf den Uniformen der München-Augsburger Eisenbahn verwendet.[3]
  • Am 30. November 1853 wurde das Flügelrad in Preußen als Symbol der Eisenbahn eingeführt.[4]
  • Bereits vor der Umwandlung in eine Gesellschaft privaten Rechtes trennte sich die Deutsche Bundesbahn bzw. Deutsche Bahn in Deutschland (letztlich Anfang 1994) von Traditionsbeständen, somit auch vom Flügelrad.[5]

In alten Beschreibungen wird vom „geflügelten Rad“ und erst später vom „Flügelrad“ gesprochen. Die bildliche und plastische Darstellung unterscheidet sich allerdings stark von den später verwendeten und ist der Darstellung der Seitenansicht zuzuordnen.[5]

Neben Deutschland fand das Symbol auch Verbreitung in den anderen Staaten. Dass es ein gängiges Zeichen war, ist durch die spätere weltweite Verwendung gekennzeichnet. Bezeichnenderweise findet sich das Flügelrad in Großbritannien sehr selten bei den Eisenbahnen, dort werden in der Regel wappenartige Logos verwendet.

Nahezu 150 Jahre wurde dieses Symbol von jedem Eisenbahner in unterschiedlicher Ausführung auf der Uniform, Mütze und zugehörigen Gegenständen getragen. Es war der bildliche Begriff für die Eisenbahn schlechthin. Erweitert wurde das Symbol durch lokale Änderungen und Anpassungen: oft versehen mit der Krone eines Landes, wenn dieses eine Monarchie war, beispielsweise in Preußen, Württemberg oder Bayern.[6][7] Aber auch kleinere Staaten zeigten hier ihren Ausdruck und Anspruch, wie im Großherzogtum Baden, das das verwendete Flügelrad mit Krone versah. Die Farbe des Symbols richtete sich grundsätzlich nach den Uniformknöpfen, beispielsweise in Preußen goldfarbig und in Bayern in Silber.[3] Es wurde in Stoff mit Stickerei, als reine Stickerei und in Metall bei den Uniformen ausgeführt. Auf Gegenständen, die den Eisenbahnen oder zugeordneten Gesellschaften gehörten, konnte das Flügelrad aufgedruckt oder geprägt sein (Ausnahmen im Gebrauch des Logos stellen beispielsweise Mitropa und die DRG dar). Auf Publikationen (außer Fahrplänen) wurde das geflügelte Rad als leicht erkennbares Symbol der Eisenbahn verwendet.[5] Das Symbol wurde nicht nur durch staatliche Einrichtungen, sondern auch von anderen Einrichtungen verwendet.

Außer im dienstlichen Bereich wurde das Zeichen oder der Begriff von vielen Freizeit- und Nebenorganisationen der Staatsbahnen gebraucht (zum Beispiel Männerchor Flügelrad oder ESV Flügelrad).[8]

Wie das Flügelrad „funktionieren“ soll, wurde in der Literatur oft humoristisch diskutiert bzw. persifliert:

  • ob die Flügel schlagen und nur das Rad sich dreht
  • ob die Flügel bewegungslos bleiben und das Rad rollt
  • ob die Flügel fest bleiben und sich mit dem Rad mitdrehen
  • ob die Flügel schlagen und sich mit dem Rad mitdrehen

Es stimmt auch nicht, dass Flügelräder bei Flügelzügen auf Flügelbahnen, die an Flügelbahnhöfen halten, zum Einsatz kommen.

Aussehen und Varianten

Eupen, Marktplatz 8
Logo der ŽSR
Logo der MÁV
Logo der
frühere Verwendung bei der Straßenbahn Bremerhaven
Logo der BBÖ, später ÖBB
Logo der Strausberger Eisenbahn (Straßenbahn-Betrieb)

Es gibt grundsätzlich vier Darstellungen:

  • die „Seitenansicht“ mit flächig dargestelltem Rad und (Vogel)-Flügeln als älteste Version. Die Flügel können dabei „geschlossen“ (am Rad anliegend)[2] oder „offen“ (vom Rad wegstehend)[9] sein.
  • plastische oder halb plastische Darstellungen eines Eisenbahnrades mit zwei (plastischen) Vogelflügeln oder einem (halb-plastischen) Vogelflügel
  • die „Vorderansicht“ mit stilisierter Darstellung der Flügel und der Lauffläche des Rades und dem Radkranz in Form zweier Balken[10][11][9]

Änderungen an der klassischen Ausführung wurden zur Darstellung von Sparten, wie Straßenbahn oder Elektrobetrieb zum Beispiel durch die Beigabe von gezackten Blitzen vorgenommen.[3]

Eine Stilisierung führt beispielsweise die slowakische Staatsbahn (Železnice Slovenskej republiky), die ungarische Staatsbahn (Magyar Államvasutak), die jugoslawische Staatsbahn (Jugoslovenske Železnice), die Österreichische Bundesbahnen oder die Strausberger Straßenbahn.

Heraldik

In der Heraldik ist das Flügelrad als Wappenfigur eine gemeine Figur und in zwei Varianten im Wappen möglich. Eine Variante ist die rechte oder linke Anordnung des Flügels (halben Flugs) am Rad und die andere ist der gleichseitig an beiden Radseiten angeordnete Flügel. Die Seite der Schwinge ist in der Wappenbeschreibung zu melden. Farblich können die Flügel sich vom Rad unterscheiden, aber gleiche Tinktur ist vorrangig verbreitet. Silber, Gold und Schwarz werden bevorzugt. Die Ansicht des Rades kann in Achsrichtung oder in Aufsicht Radlauffläche im Wappen sein, auch das ist zu melden.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Flügelräder – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Münze (Altes Testament). In: WiBiLex – Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet. Abgerufen am 8. Juni 2022.
  2. a b Staatliche Münzsammlung München – Bayern Ludwig I, Geschichtstaler auf die Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth, 1835. (Nicht mehr online verfügbar.) museum.com, archiviert vom Original am 17. September 2011; abgerufen am 8. Juni 2022.
  3. a b c Günther Henneking, Wolfgang Koch: Die Uniform des deutschen Eisenbahners. Eisenbahn-Kurier, Freiburg (Breisgau) 1980, ISBN 3-88255-825-3
  4. Daten zur Geschichte des Eisenbahnwesens und der Bahntechnik (Skript 0–8). Brandenburgische Technische Universität Cottbus, 19. September 2011, archiviert vom Original am 6. Oktober 2014; abgerufen am 8. Juni 2022.
  5. a b c Bernhard Schoßig (Hrsg.): Unter dem geflügelten Rad. Arbeiten und Leben bei der Eisenbahn in München und im südlichen Bayern. Institut für Zukunftsweisende Geschichte, München 2001, ISBN 3-8311-2208-3, S. o.A.
  6. bahninfo-forum.de
  7. wwwfotococktail-revival.startbilder.de
  8. ESV Flügelrad esv-fluegelrad.de
  9. a b Vom Symbol der Eisenbahn zum Signet der SBB. (Nicht mehr online verfügbar.) In: blog.sbb.ch. Archiviert vom Original am 27. Mai 2015; abgerufen am 8. Juni 2022.
  10. DR Logo neu. In: ddr-hautnah.de. Abgerufen am 8. Juni 2022.
  11. "Weißt Du noch?" – Sammlungen und Ausstellungen zur DDR-Geschichte - "DR" Deutsche Reichsbahn. In: ddr-hautnah.de. Abgerufen am 8. Juni 2022.
  12. https://www.oberhausen-osterfeld.de/index.php/osterfeld/wappen.html

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"Das Ohligser Stadtwappen zeigt im linken Feld einen senkrecht stehenden gespaltenen gotischen Schild mit sieben Silbersternen auf blauem Grund und rechts ein schwarzes Flügelrad auf goldenem Grund. Der obere Rand trägt eine dreitürmige Mauerkrone mit einem Tor in der Mitte, die Ohligs als Kleinstadt ausweist.“ Die Silbersterne repräsentieren die Vielzahl der Höfe, aus denen die Stadt hervorgegangen ist. Das Flügelrad symbolisiert Eisenbahn und Geschäftsverkehr.
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