Fieseler Fi 97

Fieseler Fi 97
Fieseler Fi 97.jpg
Fieseler Fi 97 auf dem Flugplatz Kassel-Waldau
Typ:Sport- und Reiseflugzeug
Entwurfsland:

Deutsches Reich NSDeutsches Reich (NS-Zeit) Deutsches Reich

Hersteller:

Fieseler Flugzeugbau

Erstflug:

April 1934

Indienststellung:

1934

Produktionszeit:

1934

Stückzahl:

5

Das viersitzige Sportflugzeug Fieseler Fi 97 wurde 1933/34 bei der Fieseler Flugzeugbau GmbH in Kassel gebaut. Es war eines von drei Mustern, die das Reichsluftfahrtministerium (RLM) Ende 1933 besonders für die Teilnahme am Europarundflug 1934 (Challenge de Tourisme International) mit jeweils fünf oder sechs Stück in Auftrag gegeben hatte. Die Konkurrenten waren Klemm mit der Kl 36 und die Bayerischen Flugzeugwerke mit der Bf 108. Besonderer Wert war auf hohe Reisegeschwindigkeit gelegt worden, bei gleichzeitig kürzestmöglichen Start- und Landestrecken. Das Leergewicht war auf 560 kg begrenzt.

Entstehungsgeschichte

Die Anfänge des Vorhabens gingen bis in den Herbst 1932 zurück. Im Haushalt des Reichsverkehrsministeriums war bereits ein Posten für die Weiterentwicklung der Flugzeuge vom Wettbewerb 1932 für den gleichen im Jahr 1934 vorgesehen. Das ein halbes Jahr später entstandene RLM führte diese Absicht fort, nun allerdings mit erheblich größeren Mitteln. Warum aber Fieselers Firma, wie er in seinem Buch beschreibt, den Auftrag um zwei bis drei Monate später als die beiden Konkurrenzfirmen erhalten hatte, konnte bisher nicht geklärt werden. Auf jeden Fall standen seiner Firma für Konstruktion, Bau der fünf Flugzeuge, ihre Erprobung und Zulassung praktisch nur sieben Monate zur Verfügung. Die damals noch mit Schwierigkeiten kämpfende und ziemlich kleine Firma nahm die Herausforderung und gleichzeitig große Chance dennoch an. Geleitet vom Technischen Direktor Erich Bachem, mit Kurt Arnolt als Chefkonstrukteur sowie Dr. Ing. Kurt Hohenemser als Aerodynamiker, gelang es, allerdings nur mit Mühe, die Flugzeuge rechtzeitig zum Termin fertigzustellen. Wie vom RLM gefordert, wurden sogar zwei verschiedene Motoren eingebaut und erprobt sowie zwei unterschiedliche Flügelformen mit hochwirksamen Auftriebshilfen entwickelt und untersucht. So weit von Bildern erkennbar, wurde aber schließlich bei allen fünf Flugzeugen die gleiche Ausführung der Tragflächen verwendet. Nach Anspannung aller Kräfte standen sie pünktlich zum Einfliegen bereit. Den Erstflug mit dem ersten fertig gewordenen Flugzeug machte Gerhard Fieseler selbst, ebenso viele der sich anschließenden Versuchsflüge nach den immer wieder erforderlichen Änderungen. Den als Wettbewerbspiloten vorgesehenen Flugzeugführern aber blieb zum Vertrautmachen am Ende nur sehr wenig Zeit. Umso höher sind ihre nachher erbrachten Leistungen zu bewerten. Sie überführten dann ihre Flugzeuge zum Startort Warschau. Nach einer vorherigen Zwischenlandung in Posen, wo sich alle deutschen Teilnehmer versammelten, trafen sie dort gemeinsam ein.

Die Flugzeuge und ihre Piloten

Wettbewerbs-
nummer
KennzeichenMotorFlugzeugführer
17D-IVIFHM 8 UWolf Hirth
18D-IBYRAs 17 AWalter Bayer
19D-IPUSAs 17 AHans Seidemann
21D-IZUHHM 8 UGerhard Hubrich
22D-IDAHHM 8 UDr. Georg Pasewaldt

Der Wettbewerb

Warschau war Austragungsort, weil nach der Ausschreibung dasjenige Land den Wettbewerb auszurichten hatte, aus dem der Sieger des letzten Vergleichs stammte. Am 28. August 1934 mussten die Teilnehmer bis 12 Uhr gelandet sein. Die drei deutschen Gruppen waren es, wobei allerdings nur von der Fi 97 alle fünf da waren, während bei beiden Konkurrenten je ein Flugzeug fehlte. Am selben Tag begannen die technischen Prüfungen, wie Prüfung der Einhaltung des Gewichts und der Ausrüstung, Beurteilung der Bequemlichkeit und Anordnung der Sitze, Dauer des Anklappens der Flächen und der Wiederaufrüstung sowie vieles andere, was sich alles mit Punktzugaben oder -abzügen bemerkbar machte. Anschließend wurden Höchst- und Niedrigstgeschwindigkeit ermittelt und die Länge der Start- und Landestrecken beim An- bzw. Abfliegen über ein in 8 m Höhe quergespanntes und mit Wimpeln gekennzeichnetes Seil. Bei dieser Prüfung schnitt von den deutschen Flugzeugen die Fi 97 am besten ab.

Der anschließende Streckenflug führte insgesamt rund 9500 km weit über Deutschland, Belgien, Frankreich, Spanien, Marokko, Algerien, Tunesien, Italien, Jugoslawien, Österreich und die Tschechoslowakei wieder zurück nach Warschau, wo der Flug am 14. September endete. Als bester Deutscher landete Seidemann mit seiner Fi 97 hinter zwei Polen auf Platz 3. Auch alle anderen vier Fieseler-Flugzeuge waren auf den Plätzen 9 (Dr. Pasewaldt), 12 (Bayer), 13 (Hirth) und 16 (Hubrich) gut im Ziel.

Die drei an dem Wettbewerb beteiligten deutschen Flugzeughersteller sollten sich ein Jahr später bei der Ausschreibung für ein Verbindungsflugzeug für die Luftwaffe erneut als Konkurrenten gegenüberstehen.

Technische Beschreibung

Der viersitzige Tiefdecker mit geschlossener Kabine (Haube nach hinten aufschiebbar) hatte einen Rumpf bestehend aus einem geschweißten Stahlrohrgerüst rechteckigen Querschnitts, das mit Formleisten in eine runde Form gebracht und mit Stoff bespannt war. Motorbereich und Vorderteil waren mit leicht abnehmbaren Leichtmetallblechen verkleidet.

Das dreiteilige Tragwerk bestand aus einem mit dem Rumpf verschraubten Mittelstück aus verschweißten Stahlrohren, an dem die stark gepfeilten, ganz aus Holz gebauten Außenflügel mit deutlicher V-Stellung angesetzt waren. Die kraftschlüssige Verbindung ergaben zwei von oben einsteckbare Passbolzen, nach deren Lösen die Flügel gedreht und nach hinten seitlich an den Rumpf angelegt werden konnten. Als Auftriebshilfen waren an der Vorderkante im Querruderbereich anscheinend mechanisch betätigte Handley-Page-Lachmann-Vorflügel angebracht, während an der Hinterkante über die ganze Spannweite reichende, bei Fieseler als Rollflügel bezeichnete, nach hinten und unten ausfahrende Landeklappen großer Tiefe in Fowlerart die Flügelfläche und die Profilwölbung vergrößerten. Sie wurden in Schienen geführt, die auf den Bildern gut zu sehen sind.

Beim Leitwerk waren alle Bauweisen vertreten. Die Seitenflosse, als Bestandteil des Rumpfgerüsts, war wie dieses aus geschweißten Stahlrohren aufgebaut. Das Höhenleitwerk bildete eine ganz aus Holz gefertigte, gegen Rumpf und Seitenleitwerk verspannte und im Fluge verstellbare Flosse, zusammen mit einem als Leichtmetallgerippe ausgeführten Höhenruder. Genauso war auch das Seitenruder aufgebaut. Alle hatten Stoffbespannung. Die Querruder konnten wegen der darunter angeordneten Landeklappe jeweils nur nach oben ausgeschlagen werden, sodass ihre Wirkung nur schwach war.

Das Fahrwerk mit ölgedämpften langhubigen Federbeinen war besonders stabil gehalten, um die zu erwartenden sehr harten Landungen mit hoher Sinkgeschwindigkeit aufnehmen zu können. Dazu kam ein schwenkbarer Schleifsporn.

Als Antrieb wurden zwei für diesen Wettbewerb auch neu konstruierte Motoren eingebaut. Zwei der Flugzeuge besaßen den hängenden, luftgekühlten 6-Zylinder Argus As 17 A mit 225 PS, die anderen drei den ebenfalls luftgekühlten 8-Zylinder Hirth HM 8 U mit 250 PS. Trotz der auch für sie nur kurzen Erprobungszeit trat bei keinem von ihnen in den fünf Fi 97 eine wesentliche Störung auf.

Technische Daten

Dreiseitenansicht Fieseler Fi 97
Hersteller:Fieseler
Baumuster:Fi 97
Bauform:Tiefdecker
Bauart:freitragend
Verwendungszweck:Sport, Reise
Motor:Argus As 17 A, 225 PS oder Hirth HM 8 U, 250 PS
Besatzung:1 Pilot, 3 Fluggäste

Weitere technische Details

KenngrößeDaten
Abmessungen:
Spannweite10,70 m
Länge, gr.8,24/8,04 m
Höhe, gr.2,36/2,76 m
Radspur2,60 m
BereifungsartNiederdruck
Reifengröße465x165
Radbremsemechanisch
Inhalt der Kraftstoffbehälter230 l
Inhalt des Schmierstoffbehälters25 l
Flächeninhalte:
Tragfläche mit Querruder15,30 m²
Querruder, ges.1,02 m²
Höhenleitwerk3,06 m²
Seitenleitwerk1,53 m²
Landeklappen, ges.
Tragfläche:
Umrisstrapezförmig
Pfeilung13,5°
V-Form
KenngrößeDaten
mittl. Flächentiefe1,43 m
Flügelstreckung7,5
Gewichte:
Rüstgewicht560 kg
Zuladung490 kg
Fluggewicht1050 kg
Zuladung/Rüstgewicht0,87
Luftschraube:
BauartStarrschraube
Antriebdirekt/untersetzt
Durchmesser2,2 m
Blattzahl2 bzw. 3
BaustoffElektron
Drehsinnrechts
Schraubenfläche3,80 m²
Baustoffe:
TragwerkHolzgerippe, stoffbespannt
RumpfwerkStahlrohrgerüst, stoffbespannt
LeitwerkHöhenflosse Holz, HR und SR Leichtmetall, stoffbespannt
KenngrößeDaten
Leistungen:
Flugdauer4,5 h
Flugweite1200 km
Kraftstoffverbrauch bei23 l/100 km
15 % Leistungsdrosselung
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Reisegeschwindigkeit220 km/h
Landegeschwindigkeit58 km/h
Startstreckeca. 70 m
Landestreckeca. 40 m
Dienstgipfelhöhe7300 m
Steigzeiten auf
1000 m1,8 min
Dienstgipfelhöhe35 min
Steiggeschwindigkeit
in Bodennähe5,60 m/s
Tragflächenbelastung68,50 kg/m²
Leistungsbelastung5,25 kg/PS
Flächenleistung13,10 PS/m²
Schraubenflächenleistung52,8 PS/m²

Literatur

  • Heinz J. Nowarra: Die deutsche Luftrüstung 1933–1945, Band 2. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1993, ISBN 3-7637-5466-0.
  • Günter Frost: Internationaler Rundflug 1934. In: Jet & Prop. Heft 1, 2, 3, 5 und 6, 2005, sowie 2, 2006, ISSN 0942-461X.
  • Bruno Lange: Die deutsche Luftfahrt, Typenhandbuch der deutschen Luftfahrttechnik, Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-7637-5284-6
  • Gerhard Fieseler: Meine Bahn am Himmel. Der Erbauer des Fieseler Storch und der V 1 erzählt sein Leben. Bertelsmann Verlag, München 1979, ISBN 3-570-01192-5 (Autobiographie).
  • Flugsport. Heft 18, 1934, S. 385 ff.
  • Günter Brinkmann, Kyrill von Gersdorff, Werner Schwipps: Die deutsche Luftfahrt, Sport- und Reiseflugzeuge – Leitlinien einer vielfältigen Entwicklung, Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-7637-6110-1

Siehe auch

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of the German Reich (1935–1945).svg
National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
Flag of Germany (1935–1945).svg
National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
Fieseler Fi 97 3-view L'Aerophile October 1934.jpg
Fieseler Fi 97 3-view drawing from L'Aerophile October 1934
Fieseler Fi 97.jpg
Autor/Urheber: Im Auftrag des Fieseler Flugzeugbau Kassel, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Foto der Fieseler Fi 97, ein viersitziges Sport- und Reiseflugzeug als freitragender Tiefdecker in Gemischtbauweise ausgeführt. Flügel mit Nasen-Slot und Fieseler ‚Rollflügel’ ausgestattet. Höhen- und Seitenruder mit Leichtmetallgerippe. Verschiebbares Kabinendach. Motor: Argus As 17 A, 225 PS oder Hirth HM 8 U, 250 PS. Entwickelt und gebaut bei dem Fieseler Flugzeugbau Kassel.