Ferdinand Hueppe

Ferdinand Adolph Theophil Hueppe (* 24. August 1852 in Heddesdorf bei Neuwied, Rheinprovinz; † 15. September 1938 in Dresden) war ein deutscher Arzt, Bakteriologe, Hygieniker, Hochschullehrer und Sportfunktionär. Er gilt als Begründer der Konstitutionshygiene. Von 1900 bis 1904 war er der erste Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.

Leben und Wirken

Hueppes Eltern waren der königliche Rechnungsrat Ferdinand Adolf Hueppe und Anna Eva Hueppe, geborene Reiffenberg. Der schon als Kind von Sport und Naturwissenschaften begeisterte Ferdinand Hueppe verlor mehrere Geschwister durch Diphtherie. Er besuchte das Progymnasium in Neuwied, absolvierte die Obersekunda in Koblenz und die Prima am Gymnasium Philippinum Weilburg.[1] Nach dem Abitur studierte Hueppe ab 1872 Medizin am militärärztlichen Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin. 1871 wurde er Mitglied des Corps Alemannia Berlin.[2] Nach dem Examen promovierte er 1876 zum Dr. med. et chir., leistete seinen Militärdienst als Militärarzt bei einem Regiment in Rastatt und kehrte 1879 nach Berlin zurück, wo er am Kaiserlichen Gesundheitsamt tätig wurde. Von 1880 bis 1884 war er dort einer der ersten Schüler und Mitarbeiter von Robert Koch. 1885 nahm Hueppe seinen Abschied und begann mit dem Aufbau einer Abteilung für Bakteriologie beim Chemischen Institut Fresenius in Wiesbaden. Im selben Jahr heiratete er in Wiesbaden Luise Laura Mumbrauer.[3] 1889 folgte er dem Ruf der Karl-Ferdinands-Universität auf den Lehrstuhl für Hygiene. Von 1887 bis 1893 übertrug er das Gesetz von der Erhaltung der Energie auf die Beziehungen zwischen Krankheitsursache und Disposition.[4] Als ordentlicher Professor und k. k. Obersanitätsrat leitete er das Hygienische Institut bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1912. Sein Nachfolger wurde Oskar Bail.

Im Ersten Weltkrieg diente er zunächst als Generalarzt und beratender Hygieniker bei der Südarmee (Deutsches Kaiserreich) in den Karpaten, wo er Verwundungen erlitt. Zurück, schrieb er 1915 über Entstehung und Ausbreitung von Kriegsseuchen und weitere Werke. Seinen Lebensabend verbrachte er in Dresden.

1920/21 war er Vorsitzender der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis in Dresden, deren Ehrenmitglied er 1926 wurde. 1938 starb er an einer Lungenembolie.

Sport

Schon als Jugendlicher spielte Hueppe in seiner Heimatstadt Neuwied mit englischen Schülern Fußball. Als Student war er Mitglied der Berliner Turnerschaft. 1890 rief Hueppe den Zentralausschuss für Jugend- und Volksspiele ins Leben. An den ersten Olympischen Spielen 1896 in Athen nahm er als Kampfrichter teil. 1898 war er Mitbegründer der Deutschen Sportbehörde für Athletik, dem heutigen Deutschen Leichtathletik-Verband. Er stand der frühen FKK-Bewegung nahe und praktizierte u. a. Nacktrudern.[5]

Als Vorsitzender des DFC Prag vertrat Hueppe am 28. Januar 1900 diesen und den Deutschen FC Germania 1898 Prag auf der Gründungsversammlung des Deutschen Fußball-Bundes in Leipzig und war dort mit 47 Jahren der älteste Teilnehmer. Am 7. Oktober 1900 wurde er zum 1. Vorsitzenden des DFB gewählt. Mit dem Beitritt des DFB zur FIFA 1904 mussten die Prager Vereine aus dem Verband ausscheiden. Hueppe trat als 1. Vorsitzender zurück und wurde zum Ehrenmitglied des DFB ernannt.

Ehrungen

Kritische Würdigung

Im Dezember 2005 beschloss der Stadtrat von Neuwied, das Professor-Hueppe-Stadion umzubenennen. Hintergrund der Entscheidung waren unter anderem Hueppes Betrachtungen und Äußerungen in Zusammenhang mit seiner Arbeit als Eugeniker.[7] Die Rolle Hueppes als „Pionier“ der deutschen Sportbewegung wird in der neueren Forschung kritisch hinterfragt.[8] Hueppe verband in seinen hygienewissenschaftlichen Darstellungen den Fußballsport mit der Rassenhygiene und insbesondere mit dem Sozialdarwinismus. Seine Konzeption zum Fußballsport sah den Sport nicht als eigentliche Zweckbestimmung an, sondern als flankierende Maßnahme für den „Überlebenskampf der germanischen Herrenrasse“.[9] Auch in der frühen FKK-Bewegung, der Hueppe nahestand, war der Gedanke der Zuchtwahl weit verbreitet.[10]

Er vertrat außerdem antisemitische Ideen.[11]

Literatur

  • Ralf Schäfer: Hueppe, Ferdinand. In: Handbuch des Antisemitismus. Band 2/1, 2009, S. 385 f.
  • Eerke U. Hamer (Hrsg.): Zwei Medizin-Professoren als Turnreformer. F. A. Schmidt und F. Hueppe: Kreuzzug für Hygiene und Körperpflege. Eine Dokumentation in Form ihrer Biographien und Bibliographien (= Berichte und Materialien des Bundesinstituts für Sportwissenschaft. 92,3). Sport und Buch Strauss, Köln 1992, S. 101–123.
  • Georg B. GruberHueppe, Ferdinand. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 742 f. (Digitalisat).
  • Rudolph Zaunick: Ferdinand Hueppe zum Gedächtnis. In: Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis, Dresden e. V. 1938/39, S. 96–102 (Digitalisat).
  • Thomas Schnitzler: Fußball und Rassenhygiene. Der DFB-Gründungspräsident Ferdinand Hueppe. In: Beatrix Bouvier (Hrsg.): Zur Sozial- und Kulturgeschichte des Fußballs. Trier 2006, ISBN 3-89892-572-2, S. 78–119.
  • Jürgen Peter: Der Einbruch der Rassenhygiene in die Medizin. Auswirkung rassenhygienischen Denkens auf Denkkollektive und medizinische Fachgebiete von 1918 bis 1934. Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-935964-33-1
  • Ulrich Koppitz, Alfons Labisch: Hueppe, Ferdinand. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 633.
  • Julius Pagel: Hueppe, Ferdinand. In: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin/Wien 1901, Sp. 785–787

Weblinks

Wikisource: Ferdinand Hueppe – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Andreas Mettenleiter: Selbstzeugnisse, Erinnerungen, Tagebücher und Briefe deutschsprachiger Ärzte. Nachträge und Ergänzungen II (A–H). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. 21 (2002), S. 517
  2. Kösener Korps-Listen 1910, 3, 32
  3. Ancestry.com - Hesse, Germany, Marriages, 1849-1930. In: ancestry.com. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  4. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 47.
  5. Ferdinand Hueppe: Hygiene der Körperübungen. Leipzig: Hirzel 1922, S. 255. vgl. Arnd Krüger: There Goes This Art of Manliness: Naturism and Racial Hygiene in Germany, in: Journal of Sport History 18 (Spring, 1991), 1, 135–158.http://library.la84.org/SportsLibrary/JSH/JSH1991/JSH1801/jsh1801i.pdf
  6. Mitgliedseintrag von Ferdinand Hueppe bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 14. Juli 2022.
  7. vgl. Mitteilung des Pressebüros Neuwied vom 25. Juni 2006: Archiv – Monat Juli 2006
  8. TAZ: Erster DFB-Präsident Hueppe vor 150 Jahren geboren (24. August 2002)
  9. Thomas Schnitzler: Fußball und Rassenhygiene. Der DFB-Gründungspräsident Ferdinand Hueppe. In: Beatrix Bouvier (Hrsg.): Zur Sozial- und Kulturgeschichte des Fußballs. Trier 2006, S. 110 f.
  10. Arnd Krüger: Zwischen Sex und Zuchtwahl. Nudismus und Naturismus in Deutschland und Amerika. In: N. Finzsch, H. Wellenreuther (Hrsg.): Liberalitas: Eine Festschrift für Erich Angermann (= Transatlantische Studien Bd. 1). Stuttgart: Steiner. 1992, 343–365.
  11. Erik Eggers: Gnadenloser „Papa Gnädig“. Auf tagesspiegel.de vom 27. April 2005, abgerufen am 11. März 2022.

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