Feldsteinkirche Ratekau

Feldsteinkirche Ratekau, 2012

Die evangelische Feldsteinkirche Ratekau (auch: Vicelinkirche Ratekau, Ratekauer Feldsteinkirche) in Ratekau (Schleswig-Holstein) ist eine der besterhaltenen ostholsteinischen Feldsteinkirchen bzw. Wehrkirchen aus dem 12. Jahrhundert. Die Kirche ist im Wappen der Gemeinde Ratekau abgebildet.

Geschichte

Die Ratekauer Feldsteinkirche im Wappen der Gemeinde Ratekau

Der Bau der Ratekauer Kirche wurde im 12. Jahrhundert begonnen, kurz nachdem Wagrien 1138/39 durch die Holsten erobert worden war. 1147 wurde Wagrien von Heinrich dem Löwen dem Grafen Adolf II. von Schauenburg und Holstein zum Lehen gegeben. Adolf II. beauftragte Vizelin mit der Verbreitung des Christentums unter den Slawen. Gleichzeitig begann er die Kolonisation mit Neusiedlern mit christlichen Siedlern. Ebenfalls als Vicelinkirchen bezeichnete Kirchen sind die Petrikirche in Bosau, die St.-Laurentius-Kirche in Süsel und St. Johannis in Neukirchen (Bad Malente). Der Baubeginn wird auf das Jahr 1156 datiert, zwei Jahre nach Vizelins Tod. Graf Adolf und Bischof Gerold von Oldenburg suchten gemeinsam den Platz aus, wie Helmold von Bosau in seiner Slawenchronik berichtet. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kirche 1234/1235, als Apsisbogen und Gewölbe erneuert wurden.

Es handelt sich um eine im romanischen Stil errichtete einschiffige Saalkirche mit Chor und Apsis sowie einem 48 Meter hohen (schiefen) Rundturm, der als Wehrturm diente. Die Kirche wurde überwiegend aus Feldsteinen unter Verwendung von Gips-Mörtel vom Segeberger Kalkberg errichtet und hat ein mit Holzschindeln gedecktes Satteldach. Die evangelische Vicelinkirche wurde von 2008 bis 2011 saniert. Dabei wurden der originale Ziegelfußboden und steinerne Sitzbänke an den Seiten aus der Erbauungszeit gefunden.[1] Seitdem wird sie mit 15 Erdwärmesonden beheizt.[2]

Orgel

Orgelprospekt

Die erste bekannte Orgel der Kirche stammte aus dem 16. oder 17. Jahrhundert und hatte Hauptwerk mit sieben, ein Rückpositiv mit sechs und ein Pedal mit vier Registern. 1819/20 noch einmal umfassend repariert, waren dennoch um 1890 nur noch fünf Register notdürftig spielbar. Daher erfolgte 1891 ein Orgelneubau durch Marcussen & Sohn, Apenrade (Opus-Nummer 200). Diese Orgel wurde 1959 von Firma E. Kemper & Sohn aus Lübeck im neobarocken Sinne radikal umgestaltet. 1982/83 wurde das Instrument von Orgelbauer G. Christian Lobback, Neuendeich, wieder seinem Originalzustand angenähert. Eine leichte Aufhellung der Disposition wurde dabei bewusst belassen, denn die ursprüngliche Marcussen-Orgel von 1891 hatte keine einzige Mixtur. Zugleich wurde die Orgel um zwei Register erweitert (überblasende Flöte 4' im Hauptwerk, terzhaltige Mixtur im Schwellwerk).[3] Die heutige Disposition lautet:

I Hauptwerk C–f3
1.Bordun16′M/L
2.Principal8′M
3.Rohrflöte8′L
4.Oktave4′M
5.(Travers-)flöte4′L
6.Quinte223M
7.Oktave2′M
8.Mixtur IV–VI113K
9.Trompete8′M
II Schwellwerk C–f3
10.Gedackt8′M
11.Geigenprincipal8′L
12.Principal4′M
13.Flauto dolce4′M/L
14.Piccolo2′M/L
15.(Cornett-)mixtur II–III113L
16.Oboe8′L
Pedal C–d1
17.Subbaß16'M
18.Principal8'M
19.Oktave4'K
20.Rauschpfeife III223K
21.Posaune16'L
M = Marcussen, K = Kemper, L = Lobback

Glocken

Im Turm befinden sich fünf Glocken mit den Schlagtönen g1, a1, c2, d2, e2. Die kleinste Glocke wurde 1925 von der Glockengießerei Bachert zu vier historischen Glocken gegossen, die von Nikolaus Gage und Lorenz Strahlborn stammten. Diese vier mussten im Zweiten Weltkrieg als Metallspende abgegeben werden. Nur die kleine Glocke von 1925 blieb erhalten. Als Ersatz wurden, wiederum von der Gießerei Bachert, 1962 zwei Glocken (Schlagtöne a1, c2) und 1993 zwei weitere (Schlagtöne g1, d2) gegossen, so dass das Geläut seitdem wieder vollständig ist.[4]

Sehenswertes in der Umgebung

In der Nähe der Kirche befinden sich

Bilder

Literatur

  • Herwart Bansemer: Statt Bleiplatten – weiterhin HolzschindelnRatekaus Wahrzeichen behielt seinen Schindelturm – Jahrbuch für Heimatkunde, Eutin 1990 (Seite 14–20)
  • Anke Dittmann, Michael Dittmann und Rainer Raguse: Festschrift 850 Jahre – Feldsteinkirche Ratekau 1156–2006 (Hrsg.: Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Ratekau)
  • Dehio-Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2009; S. 768
  • Julia Dittmann: Eine Kirche am anderen Meer. In: Jeversches Wochenblatt. 29. August 2020, S. 10.

Weblinks

Commons: Vicelinkirche (Ratekau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 56′ 57,7″ N, 10° 44′ 14″ O

Einzelnachweise

  1. Sanierung der Feldsteinkirche
  2. waermepumpe-regional.de: Erdwärme-Wärmepumpe beheizt sanierte Feldsteinkirche
  3. Reinhard Jaehn, Immo Wesnigk, G. Christian Lobback: Festschrift: Zur Einweihung der restaurierten Orgel der Kirche Ratekau am 26. Juni 1983, o. O. 1983, 12 S.
  4. Feldsteinkirche Ratekau: Einzel- und Vollgeläute, Innenaufnahme (Youtube-Video)

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Orgel der Vicelinkirche, Ratekau, Schleswig-Holstein, Deutschland
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Vicelinkirche Ratekau, Nordost-Ansicht (mit der Sakristei)
Wappen Ratekau.png
Wappen der Gemeinde Ratekau im Kreis Ostholstein, Schleswig-Holstein.
Blasonierung: Über blauem Schildfuß, darin eine goldene Garbe, in Gold rechts eine grüne Eiche, an der unten ein silberner Stein lehnt, links eine eintürmige silberne Kirche mit roten Dächern; darüber zwei auswärts geneigte schwarze Ähren.
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Die Vicelinkirche in Ratekau
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Orgel der Vicelinkirche, Ratekau, Schleswig-Holstein, Deutschland
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Vicelinkirche (Ratekau) Anbau von 1913
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Die Feldsteinkirche in Ratekau bei Nacht