Fatschenkind

Fatschenkind von 1830 aus dem Kloster Gutenzell (Oberschwäbisches Museumsdorf Kürnbach)

Ein Fatschenkind, auch Fatschenkindl, Fatsche, Windelpaket, Büschel (Sudetenland), „Spielzeug“ (in Südtirol), ist ein Andachtsbild oder auch ein Gebildvotiv des Jesuskindes, das vor allem in Süddeutschland und Österreich verbreitet war. Die mit Bändern gewickelten („gefatschten“) Bildnisse bestehen zumeist aus Wachs, es sind jedoch auch Fatschenkinder aus Schmiedeeisen oder bemaltem Holz erhalten.

Herleitung

Die Geburt Christi, Altarbild von Bicci di Lorenzo aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts

Das Lukasevangelium beschreibt das Jesuskind in Windeln gewickelt (Lk 2,7 ). Die seit dem 3. Jahrhundert übliche Darstellung als Fatschenkind (von lat. Fascia‚ „Binde“, „Wickelband“)[1] hingegen zeigt eine weit verbreitete Methode der Säuglingspflege (siehe zur modernen Form: Pucken). Dabei werden der gesamte Leib des Kindes und die Arme mit Bändern umwickelt. Das Fatschen der Säuglinge war im deutschsprachigen Raum bis in das 19. Jahrhundert üblich. Entsprechend wurde auch das Jesuskind dargestellt.

Brauchtum und Kunstgeschichte

Im Mittelalter war es üblich, Novizinnen Figuren des Jesuskindes zu schenken, auch fertigten Nonnen solche Votivbilder an. Kostbar gekleidet und zuweilen in Glaskästchen geschützt, sollten Fatschenkinder der persönlichen Frömmigkeit dienen. Aus der Verwendung als Andachtsbild in der Zelle ergab sich auch der Beiname „Trösterlein“.

Auch zu dem seit dem Mittelalter und bis ins 19. Jahrhundert belegten Brauch des Kindelwiegens gehörte ein Fatschenkind: In der Kirche war die Krippe aufgestellt, in der ein Fatschenkind lag. Kinder tanzten vor ihm und sangen Weihnachtslieder, das Jesuskind wurde dabei in der Krippe gewiegt oder wurde von Arm zu Arm gereicht. Besonders beliebt hierbei war das aus dem 14. Jahrhundert stammende Lied Joseph, lieber Joseph mein. Dieses Brauchtum sollte die Menschwerdung Christi besonders anschaulich verdeutlichen. Elsässische Votivgaben in Gestalt eines Fatschenkindes zeigten die Andeutung eines Skelettes oder wenigstens der Rippen.[2]

Am Heiligabend wurde in den Häusern im Herrgottswinkel ein Fatschenkind aufgestellt. Es handelte sich um ein in Seide, Spitzen und Rüschen eingefatschtes Wachsfigürchen in einem kleinen gerahmten Holzkasten mit einer Glasscheibe an der Schauseite. Den Körper bildete meist eine flache Stoff- oder Papierwalze. Die Innenwände des Kästchens sind mit buntem Papier, manchmal mit bestickter Seide, Steinen und Perlen ausgekleidet. Diese Kästchen wurden meist in Klöstern gefertigt.

Auch als Backform für Gebildbrote war die Darstellung des Fatschenkindes in Gebrauch.

Siehe auch

Literatur

  • Stefan Hirsch (Hrsg.): Dem Leben verbunden. Band 3: Fatschenkinder. Vorträge der Tagung „Dem Leben verbunden“ vom 19. November bis 1. Dezember 2002 im Kloster Seeon (Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern) anlässlich der beiden Ausstellungen „Historische Fatschenkinder“ und „Malerei von Eckart Hahn“. Bezirk Oberbayern – Fachberatung Heimatpflege, Benediktbeuern 2005, ISBN 3-8306-7140-7.
  • Alfred Fuchs: Volkskunst. In: Paul Praxl (Hrsg.): Der Landkreis Freyung-Grafenau. Verlag Freyung-Grafenau, Freyung 1982, ISBN 3-87553-192-2, S. 279–292.
Commons: Fatschenkind – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Fasche, österreichisch für Wickelband oder (Wund)binde
  2. Richard Andree, Votive und Weihegaben des katholischen Volks in Süddeutschland, Verlag F. Vieweg und Sohn, Braunschweig, 1904

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Asamkirche Maria de Victoria Ingolstadt 20230721 (16).JPG
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Fatschenkindl im Schrein (Mitte 18. Jh.) in der Asamkirche Sankt Maria de Victoria Ingolstadt
Fatschenkind-gutenzell-1830-40.jpg
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Fatschenkind aus Gutenzell von 1830-1840

Kreisfreilichtmuseum Bad Schussenried-Kürnbach
selbst fotografiert von user:Enslin am 24.9.2005
OHM - Wachsmodel Faschenkind.jpg
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Oberhausmuseum ( Passau ). Wachsmodel ( 18.Jhdt. ) für Votive: Sogenanntes "Fatschenkind" gegen Säuglingssterblichkeit und brennendes Herz Jesu.
MSM - Ex voto 2 Fatschenkind.jpg
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Freistadt ( Oberösterreich ). Mühlviertler Schlossmuseum : Votivgabe - Fatschenkind
Wiege mit gewickeltem Jesuskind BNM.jpg
Wiege mit gewickeltem Jesuskind:
  • Wiege: Holz, Süddeutschland, 1585
  • Jesuskind: bossiertes Wachs, Süddeutschland, 18. Jh.
Krippensammlung des Bayerischen Nationalmuseums, München, Inv. Nr. R 1688.
Nina Gockerell: Krippen im Bayerischen Nationalmuseum. 3. Auflage. Bayerisches Nationalmuseum, München 1998, ISBN 3-925058-37-0, Nr. 13
Klosterarbeiten VLM Fatschenkind 2.jpg

Bregenz, Vorarlberg Museum, Klosterarbeit; Fatschenkind

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