Farbauftrag

Der Farbauftrag (Auftrag der Malfarbe, Farbenauftrag, Farbmittelauftrag, Maltechnik, Malverfahren, Malweise) bezeichnet die Art, in der das Farbmittel (Farbenpaste, Farbflüssigkeit, Malfarbe) mit einem Malwerkzeug auf den Bildträger (Bildfläche, Bildgrund, Malgrund, Maluntergrund) aufgetragen wird. Oft ist der Farbauftrag ein charakteristisches Merkmal für eine Stilrichtung und für die Handschrift einer Künstlerin oder eines Künstlers. Deshalb kann die Farbauftragsart bei der Suche nach der Autorenschaft eines unsignierten und bestrittenen Werkes assistieren, unter günstigen Umständen auch eine Fälschung entlarven.[1]

Der lasierende Farbauftrag

Beim lasierenden Farbauftrag (auch Lasurtechnik) (von lateinisch lazurium = Blaustein, blauer Farbstoff, arabisch lazaward = Lasurstein, Lasurfarbe) wird die Malfarbe dünnflüssig auf den Malgrund aufgetragen. Die Schicht der Malfarbe ist transparent (durchscheinend), eben und glatt. Der Malgrund oder die darunter liegenden Farbschichten scheinen durch. Die Lasuren wirken wie feine, übereinanderliegende Glasscheiben.[2] Die Farbauftragsart findet man in der Aquarellmalerei und Ölmalerei. Der venezianische Maler Tizian (um 1485–1576) hat die sogenannte altmeisterliche Lasur- und Schichtenmalerei in extremer Form angewandt. Er soll 20 bis 30 Schichten übereinandergelegt haben, um den Eindruck von Tiefe zu erreichen.[3] Angewandt wird der lasierende Farbauftrag zum Beispiel von Tizian, Caspar David Friedrich (1774–1840), Joseph Mallord William Turner (1775–1851) oder Emil Nolde (1867–1956).

Der deckende Farbauftrag

Beim deckenden Farbauftrag (auch opaker F.) (von lateinisch opacus = schattig, dunkel) wird die Malfarbe fließfähig aufgetragen. Die Schicht der Malfarbe ist undurchsichtig (deckend), eben und glatt. Der Malgrund oder die darunter liegenden Farbschichten scheinen nicht durch. Ist die Oberfläche uneben (reliefartig, strukturiert), spricht man vom pastosen Farbauftrag.

Der pastose Farbauftrag

Beim pastosen Farbauftrag (auch das Impasto, Impastotechnik) (italienisch pastoso = teigig, breiig, italienisch pasta = Teig, Nudel) wird die Malfarbe dickflüssig (teigig, zähflüssig) in einer dicken, pastenartigen Schicht aufgetragen. Die Schicht der Malfarbe ist deckend (undurchsichtig) und die Oberfläche ist uneben (reliefartig, strukturiert). Ungleichmäßig strukturierte Farbmasse oder dicke Farbteigwürmer fangen Lichter auf und werfen konturierende Schatten.[4] Je nachdem, wie mit Malmesser, Pinsel oder Spachtel die Malfarbe aufgetragen wird, entsteht ein charakteristischer Duktus mit deutlich sichtbarer Werkzeugspur (Pinselspur).[5] Die Malfarbe lässt sich punktartig, fleckhaft, getupft, gestrichelt, kurz-, langsträhnig oder geschwungen auftragen.

Die Primamalerei

Bei der Primamalerei (auch Alla-Prima-Technik, direkte Malerei, Premier-coup-Malerei) (von italienisch all prima = aufs erste, auf Anhieb) wird die Malfarbe ohne Untermalung und Lasuren in einer Schicht aufgetragen. Die Farben können dabei auf der Palette vorgemischt oder auf dem Malgrund nass-in-nass vermalt werden. Diese sehr unmittelbare Malweise gestattet eine frische, oft skizzenhafte Darstellung.[6] Seit dem Barock entstehen vorbereitende Ölskizzen als Primamalerei. Vor allem im Impressionismus werden auch Ölbilder alla prima gemalt.

Der gespritzte Farbauftrag

Beim gespritzten Farbauftrag wird die Malfarbe dünnflüssig in feinsten Tropfen auf den Malgrund aufgebracht mit Blasrohr, Sieb, Spritzpistole (Airbrush) oder Zerstäuber. Einen Spezialfall bildet das Dripping (Drip Painting, Tropfmalerei) mit seiner Tropftechnik.[7]

Spachteltechnik

Beim gespachtelten Farbauftrag (Spachteltechnik) wird die Malfarbe mit Malmesser, Rakel oder Spachtel aufgezogen und vermengt.

Weitere Farbauftragsarten

Beim gestupsten Farbauftrag wird die Malfarbe mit einem Borstenpinsel oder Schwamm aufgestupst. Beim gedruckten Farbauftrag wird die Malfarbe mit einem Finger, Stempel oder anderen Gegenständen aufgedruckt. Beim trockenen Farbauftrag wird die von Feuchtigkeit fast freie Malfarbe aufgetragen und es entstehen kleine Flecken mit Aussetzern oder körnige Strukturen. Schließlich kann man die Malfarbe einfach auf den Malgrund gießen oder schütten.[8]

Einzelnachweise

  1. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band 1. Stichwort: Farbenauftrag. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1968, S. 668.
  2. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band 1. Stichwort: Farbenauftrag. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1968, S. 668.
  3. Johannes Eucker: Praxis Kunst: Malerei. Materialien für den Sekundarbereich I und II. Hrsg.: Michael Klant, Josef Walch. Schroedel Verlag, Hannover 1997, ISBN 3-507-10238-2, S. 28 und 30.
  4. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band 1. Stichwort: Farbenauftrag. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1968, S. 668.
  5. Johannes Eucker: Praxis Kunst: Malerei. Materialien für de n Sekundarbereich I und II. Hrsg.: Michael Klant, Josef Walch. Schroedel Verlag, Hannover 1997, ISBN 3-507-10238-2, S. 31.
  6. Friederike Wiegand: Die Kunst des Sehens. Ein Leitfaden zur Bildbetrachtung. 2. Auflage. Daedalus Verlag Joachim Herbst, Münster 2019, ISBN 978-3-89126-283-2, S. 79.
  7. Torsten Krämer: Farbe. Wahrnehmung – Konzepte – Wirkung. Ernst Klett Verlag, Stuttgart, Leipzig 2013, ISBN 978-3-12-205119-8, S. 39.
  8. Torsten Krämer: Farbe. Wahrnehmung – Konzepte – Wirkung. Ernst Klett Verlag, Stuttgart, Leipzig 2013, ISBN 978-3-12-205119-8, S. 39.

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Autor/Urheber: Juan Gris, Lizenz: CC0
Juan Gris (1887–1927): Gitarre auf einem Tisch, 1915, Öl auf Leinwand, 73x92 cm, Kroller-Müller Museum, Otterlo, Niederlande. - Beispiel für deckenden Farbauftrag.
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Autor/Urheber: Vincent van Gogh, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Vincent van Gogh (1853–1890): Sternennacht, 1889, 74x92 cm, Öl auf Leinwand, Museum of Modern Art, Saint-Rémy-de-Provence. Ausschnitt. Pastoser Farbauftrag.
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Max Liebermann: Blumenstauden am Gärtnerhäuschen nach Norden, 1928, Öl auf Leinwand, 74x53 cm, Nationalgalerie Berlin. Ausschnitt.
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Scherzo, Mischtechnik: Papiercollage, Tusche, Aquarell, Spritztechnik, 25x35cm, 1967 (WV-Nr.3631), von Margret Hofheinz-Döring
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This is one of several views Monet painted of the cliffs and sand flats of Pourville, a small fishing village on the Normandy coast of France. The title indicates a momentary stage in the continuous cycle of nature, just as the quick, spontaneous application of paint reflects Monet's efforts to capture shifting effects of light, weather, and tide. The paint layers under the beach indicate that this part of the composition originally depicted water, as would have been appropriate for a depiction of high rather than low tide. Similar changes were made in the clouds during the painting process.
Hans Hofmann (1880–1966) The Nature of Abstraction - PEM, Peabody Essex Museum, (pic.)g5,5.jpg
Autor/Urheber: David Adam Kess, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Hans Hofmann: The Nature of Abstraction - pem.org

This Fall, the Peabody Essex Museum (PEM) presents a fresh perspective on the artist and teacher widely considered to be one of the most influential American artists of the 20th century. PEM is the exclusive east coast venue for Hans Hofmann: The Nature of Abstraction organized by the UC Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive (BAMPFA). On view from September 21, 2019, through January 5, 2020, the exhibition presents the most comprehensive examination of Hans Hofmann's innovative and prolific career to date.

In 1963 Hofmann donated his most significant paintings to BAMPFA to form the world’s largest museum holdings of the artist’s work. Featuring more than 45 paintings—including works from private collections that have never been exhibited in a museum setting—Hans Hofmann: The Nature of Abstraction presents an unprecedented look at Hofmann’s studio practice, focusing on his continually experimental approach to painting and its expressive potential.

“This exhibition reveals the full force and voluminous output of Hofmann’s creativity. Powerfully influenced by Matisse’s use of color and Cubism’s displacement of form, he was continually evolving his practice and searching for new forms of expression,” said Lydia Gordon, PEM’s Associate Curator for Exhibitions and Research and the exhibition’s coordinating curator. “Both as a teacher and a practitioner, Hofmann famously wrestled with the ‘push and pull’ of a painting, which he described as the interdependent relationships among form, color, texture, and space that create the effect of movement.”

Hans Hofmann (1880–1966) played a pivotal role in the development of Abstract Expressionism and is celebrated for his exuberant canvases. Renowned as an influential teacher for generations of artists—first in his native Germany, then in New York and Provincetown—Hofmann left an indelible legacy on painting. As a teacher and as a modern artist, Hofmann associated with many of the most notable artists, critics, and dealers of the 20th century, including Pablo Picasso, Georges Braque, Wassily Kandinsky, Peggy Guggenheim, Clement Greenberg, Jackson Pollock, and many others.


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PEM (The Nature of Abstraction) 2019 Hans Hofmann

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St Maurice, for Rogers's 'Italy' circa 1826-7 Joseph Mallord William Turner 1775-1851 Accepted by the nation as part of the Turner Bequest 1856