Fall Guðmundur und Geirfinnur

Der Fall Guðmundur und Geirfinnur (isländisch Guðmundar- og Geirfinnsmálið) nahm 1974 in Island seinen Anfang. In diesem Jahr verschwanden innerhalb von zehn Monaten zwei Männer, Guðmundur Einarsson und Geirfinnur Einarsson. Aufgrund von Geständnissen nach intensiven Verhören wurden fünf Männer wegen Mordes an den beiden und wegen Beihilfe verurteilt, obwohl es keine Leichen, keine Zeugen und keine forensischen Beweise gab; gegen eine Frau erging ein Urteil wegen Meineids. 2018 – 44 Jahre nach den vermeintlichen Taten – wurde der Schuldspruch gegen die fünf verurteilten Männer aufgehoben. Das weiterhin ungeklärte Verschwinden von Guðmundur und Geirfinnur, die folgende Verhaftung von sechs Verdächtigen, deren Befragung unter folterähnlichen Bedingungen und die Verurteilungen gelten als spektakulärster Kriminalfall und Justizskandal Islands.

Das Verschwinden

Reykjavík im Jahr 1974

In der Nacht zum 26. Januar 1974 verschwand Guðmundur Einarsson, ein 18-jähriger Arbeiter, nach einem geselligen Abend in Hafnarfjörður. Er hatte sich angetrunken trotz schlechten Wetters zu Fuß auf den rund zehn Kilometer langen Weg nach Hause gemacht, mutmaßlich über ein Lavafeld mit vielen Felsspalten.[1] Zuletzt wurde er von einem Autofahrer gesehen, nachdem er fast vor dessen Fahrzeug gefallen war.

Zehn Monate später, am 19. November 1974, erhielt der 32-jährige Bauarbeiter Geirfinnur Einarsson, Vater von zwei Kindern, zu Hause einen Anruf und fuhr daraufhin zum Hafencafé in Keflavík. Man fand dort sein Auto, in dem noch die Schlüssel steckten, er selbst war verschwunden.

Obwohl beide Männer den Personennamen (Patronym) Einarsson trugen, waren sie nicht miteinander verwandt und kannten sich vermutlich auch nicht.[2][3] Die Orte, an denen sie verschwanden, liegen rund 30 Kilometer voneinander entfernt nahe der Hauptstadt Reykjavík im Südwesten Islands. Die Leichen von Guðmundur und Geirfinnur oder andere Indizien wurden nie gefunden, trotz ausgedehnter Suchen in Lavafeldern, im Hafen und an der Küste.

Island war zu der Zeit ein recht abgeschottetes Land; die Kriminalitätsrate war niedrig und Tötungsdelikte die Ausnahme. Das Verschwinden der beiden Männer innerhalb von zehn Monaten führte zu einer bis dahin nicht gekannten öffentlichen Aufregung; wegen des dritten Kabeljaukriegs war die Stimmung unter den damals rund 200.000 Einwohnern des Landes ohnehin äußerst angespannt. Obwohl in Island immer wieder Menschen als vermisst gemeldet werden, die etwa in Schneestürmen spurlos verschwinden, sah sich die isländische Polizei unter starkem öffentlichen Druck, die Fälle aufzuklären. Schließlich ging sie von zwei zusammenhängenden Taten und von Mord aus.[4]

Ermittlungen und Verurteilungen

Verhöre und Geständnisse

Im Jahr darauf, am 13. Dezember 1975, wurde die 20-jährige Erla Bolladóttir (* 1955) wegen Unterschlagung verhaftet. Sie gestand, diese Unterschlagung gemeinsam mit ihrem gleichaltrigen Freund Sævar Ciesielski begangen zu haben, der polizeilich bekannt war. Erla hatte mit ihm eine elf Wochen alte Tochter.[4] Sie wurde für mehrere Tage inhaftiert. Nach ihren späteren Angaben hätten die Polizeibeamten ihr am Ende ihrer Verhöre ein Foto von Guðmundur Einarsson gezeigt und sie habe eingeräumt, dass sie ihn kenne. Sie habe sich noch von der Geburt geschwächt gefühlt und dringend nach Hause zu ihrem Kind gewollt. Um die Beamten zufriedenzustellen und freigelassen zu werden, habe sie den Polizisten von einem schlechten Traum berichtet, den sie in der Nacht von Guðmundurs Verschwinden gehabt und in dem sie männliche Stimmen unter ihrem Fenster gehört habe.[5]

Daraufhin hätten die Polizisten versucht, sie davon zu überzeugen, dass dies kein Traum, sondern real gewesen sei. Erla wurde während der folgenden Tage weiter verhört, mitunter zehn Stunden ohne Pause. Irgendwann beschuldigte sie ihren Halbbruder Einar Bollason, den Präsidenten des isländischen Basketballverbandes und Nationalspieler, und weitere Männer eines Mordes, dann wieder behauptete sie, sie selbst habe Geirfinnur Einarsson mit einer Schrotflinte getötet, woraufhin die Beschuldigten nach drei Monaten Untersuchungshaft wieder freigelassen wurden.[5]

Schließlich wurden aufgrund weiterer Aussagen fünf Männer unter dem Verdacht des Mordes an Guðmundur Einarsson und Geirfinnur Einarsson festgenommen und im damaligen Síðumúli-Gefängnis in Reykjavík inhaftiert. Dabei handelte es sich um:[6]

  • Sævar Marinó Ciesielski (1955–2011)
  • Tryggvi Rúnar Leifsson (1951–2009)
  • Kristján Viðar Viðarsson (* 1955)
  • Albert Klahn Skaftason (* 1955)
  • Guðjón Skarphéðinsson (* 1943)

Die Tatverdächtigen gehörten zu einer Clique von jungen Leuten mit langen Haaren, die Rockmusik hörten, Drogen nahmen und Außenseiter in der damals sehr konservativen und homogenen Gesellschaft Islands waren. Ciesielski war zudem polnischer Herkunft, was ihn offensichtlich zusätzlich verdächtig machte.[7] Auf die fünf Männer, einige von ihnen wegen kleinerer Taten vorbestraft, und auf Erla wurde bei intensiven Verhören starker Druck ausgeübt, und sie erhielten kaum Kontakt zu ihren Anwälten. Sie wurden unter Drogen gesetzt (Nitrazepam, Diazepam und Chlorpromazin), ihnen wurde der Schlaf entzogen, und insbesondere der angebliche Anführer Sævar Ciesielski, der unter Aquaphobie litt, mit simuliertem Ertränken gequält. Zudem wurden sie fortwährend von ihren Bewachern schikaniert und Erla gab später an, von einem Polizeibeamten und einem Gefängniswärter sexuell belästigt worden zu sein.[2][3]

Die Beschuldigten legten abwechselnd Geständnisse ab und zogen diese zurück oder erzählten immer wieder neue Versionen des vermeintlichen Tatgeschehens. Später sagten sie aus, sie hätten schließlich gestanden, um weiteren Verhören zu entgehen und insbesondere ihre Einzelhaft zu beenden. Erla Bolladóttir etwa befand sich 242 Tage lang in Einzelhaft und hatte drei Mal Besuch von ihrem Anwalt. Tryggvi Rúnar Leifsson saß 655 Tage in Einzelhaft und hatte 25 Kontakte mit seinem Anwalt.[8]

Schließlich unterschrieben die sechs Beschuldigten Geständnisse, obwohl sie sich nicht an die angeblichen Verbrechen erinnern konnten.[9] Im Dezember 1976 erfolgte eine erste Verurteilung von Sævar Ciesielski, Kristján Viðar Viðarsson, Albert Klahn Skaftason und Tryggvi Rúnar Leifsson wegen Mordes an Guðmundur. Im März 1977 wurden die Angeklagten wegen des zweiten Mordes an Geirfinnur zu folgenden Gesamtstrafen verurteilt: Sævar Ciesielski – 17 Jahre Haft, Kristján Viðar Viðarsson – 16 Jahre Haft, Guðjón Skarphéðinsson – 10 Jahre Haft, Tryggvi Rúnar Leifsson – 13 Jahre. Albert Klahn Skaftason wurde zu zwölf Monaten verurteilt, weil er geholfen habe, die Leiche von Guðmundur zu verstecken. Erla Bolladóttir wurde wegen Meineids zu drei Jahren verurteilt, weil sie mit ihren Aussagen ihren Halbbruder und andere Männer fälschlicherweise belastet hatte. In den Medien, so Erla später, sei Sævar Ciesielski als isländischer Charles Manson dargestellt worden und seine Freunde als ihm hörige Anhänger.[5] 1980 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Urteile, reduzierte allerdings teilweise die Haftlängen.[10]

Deutsche Beteiligung an den Ermittlungen

Die Ermittlungen der isländischen Polizei wurden ab Juli 1976 von einem frisch pensionierten Mitarbeiter des BKA geleitet, der schon in die Untersuchungen in Sachen Rote Armee Fraktion und der Morde von Lebach involviert gewesen war. 1962 hatte er die Durchsuchung der Redaktionsräume des Spiegel (Spiegel-Affäre) geleitet.[11]

Der deutsche Ermittlungsleiter war den Isländern von Horst Herold, dem Präsidenten des BKA, auf Bitten des späteren Botschafters in Deutschland, Pétur Eggerz, vermittelt worden.[10] Internationaler politischer Hintergrund war der dritte Kabeljaukrieg: Die isländische Regierung nutzte die im Land befindlichen Militärbasen der NATO als Faustpfand in den Verhandlungen um Fischereirechte mit Großbritannien. Es wurde vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs befürchtet, Island würde aus der NATO austreten und die Basen schließen lassen, von denen aus die Sowjetunion gut erreichbar war.

Es kam zu Anschuldigungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten und damaligen Justizminister Ólafur Jóhannesson, der als „harter Mann“ hinter den Verhandlungen galt, er habe Kontakte zur „isländischen Mafia“ und sei in Alkoholschmuggel verwickelt. Da auch das Verschwinden von Geirfinnur zwischenzeitlich auf eine Beteiligung an Alkoholschmuggel zurückgeführt wurde, entstand in der Bevölkerung der Eindruck, Ólafur könne etwas mit dessen mutmaßlichem Tod zu tun haben. Es gibt Vermutungen, dieser Verdacht sei von Geheimdiensten konstruiert worden, um den unbequemen Ólafur zu diskreditieren.[6] Die isländische Regierung wünschte daher, dass die Mordermittlungen so schnell wie möglich beendet würden, und bat daher um deutsche Unterstützung.[10][12]

Die verschärften Verhörmethoden gegen die sechs Verdächtigen sollen unter der Verantwortung des ehemaligen BKA-Mitarbeiters weiter durchgeführt worden sein.[2][13] Es wurden Beweismittel wie Kleidung, Teppichreste und Blutproben an ein Labor des BKA geschickt, das aber keine Übereinstimmungen finden konnte. Bei der graphologischen Untersuchung von Eintragungen in ein Gästebuch, die einigen Verdächtigen ein Alibi hätten liefern können, vermerkte das BKA, die in der Untersuchungshaft erstellten Schriftproben könnten „bewusst verstellt“ worden sein. Daraufhin forderte der deutsche Beamte isländische Schulakten „möglichst vollständig seit 1900“ an, um Schriften vergleichen zu können. Die isländischen Beamten waren von der gründlichen Arbeitsweise des Deutschen beeindruckt.[10]

Im Februar 1977 gab Justizminister Ólafur Jóhannesson bekannt, dass die Verdächtigen gestanden hätten, die Ermittlungen abgeschlossen seien und „die Nation von einem Albtraum befreit“ sei.[2] Der ehemalige BKA-Mitarbeiter und Ermittlungsleiter, BKA-Chef Herold, und Siegfried Fröhlich, Staatssekretär im Innenministerium, wurden mit dem isländischen Falkenorden in der Klasse Großkreuz (Fröhlich) bzw. Kommandeur mit Stern (Herold) geehrt.[13]

Der lange Weg zur Wiederaufnahme

(c) Lennart Perlenhem ministerrådet/rådet/norden.org, CC BY 2.5 dk
Ministerpräsident Davíð Oddsson (hier 2003) setzte sich für die Wiederaufnahme des Gerichtsverfahrens ein

Zweifel und Kritik an den Urteilen

Im Jahr 1998 kritisierte der damalige Ministerpräsident Davíð Oddsson im isländischen Parlament die Ermittlungen im Fall Guðmundur und Geirfinnur und die Verurteilungen der vermeintlichen Täter, nachdem der Hæstiréttur, der Oberste Gerichtshof Islands, entschieden hatte, den Fall nicht erneut zu verhandeln.[14] Davíð gab an, den Fall intensiv studiert zu haben und zu der Erkenntnis gelangt zu sein, dass auf jeder Ebene schwere Fehler gemacht worden seien. Er sei deshalb von der Entscheidung des Gerichtshofs enttäuscht und der Meinung, dass es gut für das Justizsystem gewesen wäre, den Fall erneut zu prüfen: „Es gab nicht nur einen, sondern viele Justizirrtümer, und es ist sehr schwer, damit zu leben.“[15] Inzwischen glaubten die meisten Isländer, dass die sechs Häftlinge zu Unrecht verurteilt wurden.[15] 2018 wurde bekannt, dass Davíð selbst Sævar Ciesielski bei seinen Bemühungen, das Verfahren wieder aufnehmen zu lassen, auch finanziell unterstützt hatte.[16][17]

Sævar Ciesielski, „Islands berüchtigtster Verbrecher“,[15] wurde 1984 aus der Haft entlassen. Nach wiederholter Ablehnung einer Wiederaufnahme des Prozesses verließ er Island schließlich und zog nach Dänemark. 2011 verunglückte er in Kopenhagen tödlich, nachdem er jahrelang obdachlos und alkoholabhängig gewesen war. Zuletzt lebte er in Christiania.[4] Die Trauerfeier für ihn fand am 2. August 2011 unter großer öffentlicher Beteiligung im Dom von Reykjavík statt.[4]

Recherchen der isländischen Journalistin Helga Arnardóttir nach dem Tod Sævar Cieselskis 2011, bei denen sie auch das Gefängnis-Tagebuch des 2009 an Krebs verstorbenen Tryggvi Rúnar Leifsson einsah, sowie ein folgender Bericht im Fernsehen brachten den Fall wieder ins Rollen.[18] Im Oktober 2011 ließ der isländische Innenminister Ögmundur Jónasson eine Untersuchungskommission zum Vermisstenfall von Guðmundur und Geirfinnur einrichten, die zwei Jahre später einen 500-seitigen Bericht vorlegte. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Aussagen der Angeklagten während der Verhöre und vor Gericht unzuverlässig oder falsch waren und niemals als Grund für eine Verurteilung hätten dienen dürfen. Sie empfahl, dass die Fälle Sævar Ciesielski, Kristján Viðar Viðarsson, Tryggvi Rúnar Leifsson, Albert Klahn Skaftason und Guðjón Skarphéðinsson vom Obersten Gerichtshof Islands erneut verhandelt werden sollten, jedoch nicht der Fall von Erla Bolladóttir wegen Meineids.[19]

Die Kommission bezog sich in ihrer Beurteilung unter anderem auf die Erkenntnisse von Gísli Guðjónsson, Professor für Psychiatrie und international renommierter Experte für Verhöre und Geständnisse, der schon an den Neubewertungen der Geständnisse in den Fällen der Birmingham Six und der Guildford Four beteiligt gewesen war.[2] Er prägte den Begriff Memory Distrust Syndrome für Geständnisse von Verdächtigen, die durch Methoden wie etwa Einzelhaft und Schlafentzug in einen psychischen Ausnahmezustand geraten, in dem sie ihren eigenen Erinnerungen nicht mehr trauen und anfangen, den Verhörbeamten mehr zu glauben als sich selbst. Schließlich legen sie Geständnisse ab, auch um dieser Situation ein Ende zu bereiten.[20] Gísli Guðjónsson kam zu dem Schluss: „Ich war noch nie mit einem Fall konfrontiert, in dem es so intensive Verhöre, so viele Verhöre und so lange Einzelhaftfälle gegeben hat. Ich war absolut schockiert, als ich das sah.“ Die Einzelhaft von Tryggvi Runár sei die ihm längste bekannte Einzelhaft außerhalb des Gefangenenlagers Guantanamo Bay.[21]

Zudem gab es neuere Aussagen. So wurde 2015 der Zeuge, der angegeben hatte, ihm sei Guðmundur in der Nacht vor dem 27. Januar 1974 vor das Auto gefallen, erneut verhört. Die Freundin des Zeugen Freundin hatte inzwischen ausgesagt, Guðmundur sei anschließend in das Auto eingestiegen. Der Zeuge habe sie dann nach Hause gefahren, als sie ausstieg, habe sich Guðmundur in einem „beklagenswerten“ Zustand befunden. Es war dieser Zeuge, der den Verdacht auf Kristján Viðar Viðarsson und Sævar Ciesielski gelenkt haben soll.[22] Tryggvi Rúnar berichtete später in einem Interview, dieser Zeuge habe ihm gestanden, er habe das gemacht, weil er Kristján Viðar nicht leiden konnte. Er habe das alles „nicht gewollt“. Tryggvi Rúnars Frage an den Interviewer: „Können Sie sich das vorstellen?“[23]

Ende 2016 meldete sich ein Mann bei der Polizei und gab an, er habe am 20. November 1974, dem Tag nach Geirfinnurs Verschwinden, drei Männer in Keflavík ein Boot besteigen sehen. Einer der drei habe einen geschwächten Eindruck gemacht. Zwei der Männer seien später allein zurückgekommen. Die Freundin des Zeugen gab an, wenige Tage später habe sie einen Anruf bekommen, in dem sie und ihr Freund mit dem Tod bedroht worden seien.[22]

Wiederaufnahme und Freisprüche

Im Februar 2018 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Obersten Gericht, die Schuldsprüche gegen Sævar Ciesielski, Kristján Viðar Viðarsson, Tryggvi Rúnar Leifsson, Albert Klahn Skaftason, Guðjón Skarphéðinsson und Erla Bolladóttir aufzuheben. Am 27. September 2018 gab der Oberste Gerichtshof im Falle der fünf Männer diesem Antrag statt, hob jedoch Erla Bolladóttirs Verurteilung wegen Meineids nicht auf.[24][25] Die isländische Regierung entschuldigte sich offiziell bei den fünf Männern und den Familien der schon Verstorbenen.[26] Im Mai 2019 forderte Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der Linken, in einer Kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag, dass die Bundesregierung wegen der Beteiligung des BKA Entschädigungen an die fünf nun Freigesprochenen zahlen solle. Zudem appellierte er an die damals beteiligten noch lebenden deutschen Beamten und die Familien der Verstorbenen, die isländischen Orden zurückzugeben. Die Bundesregierung lehnte solche Zahlungen ab mit der Begründung, der ehemalige BKA-Mitarbeiter sei als Privatperson an den Ermittlungen beteiligt gewesen.[27]

Im Oktober 2019 wurde bekannt, dass die isländische Generalstaatsanwältin Halla Bergþóra Björnsdóttir neue Ermittlungen zum Verschwinden von Guðmundur und Geirfinnur eingeleitet habe. Man konzentriere sich dabei zunächst auf 2015 und 2016 nachträglich erfolgte Zeugenaussagen.[28]

Im Januar 2020 erklärte die isländische Premierministerin Katrín Jakobsdóttir, dass die isländische Staatskasse an die fünf Freigesprochenen oder ihre Familienmitglieder Entschädigungen in Höhe von insgesamt 815 Millionen Isländischen Kronen (rund sechs Millionen Euro) zahlen werde.[29]

Filme

  • Ein Dokumentarfilm unter der Regie von Dylan Howitt mit dem Titel Out of Thin Air wurde 2017 veröffentlicht, produziert von BBC, Netflix, RÚV, Welcome Trust und dem Icelandic Film Centre.[30]
  • 2017 wurde ein isländischer Film mit dem Titel Lifun gedreht, Regie Egill Örn Egilsson.[31]
  • The Reykjavik Confessions. TV-Serie (IS/GB). 2018.[32]
  • Skandall. Vierteilige Dokumentation von Boris Quatram.[33]

Literatur

  • Anthony Adeane: Out of Thin Air: A True Story of Impossible Murder in Iceland. Quercus, 2018, ISBN 978-1-78648-746-9.
  • Simon Cox: The Reykjavik Confessions: The Incredible True Story of Iceland’s Most Notorious Murder Case. BBC Books, 2018, ISBN 978-1-78594-288-4.
  • Jack Latham: Sugar Paper Theories. Here Press, 2019, ISBN 978-1-9993494-2-4.

Weblinks

Commons: Kriminalfall Guðmundur und Geirfinnur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bruno Bailey: Mord, Verschwörungstheorien und Elfen: Der seltsamste Kriminalfall Islands. In: vice.com. 23. Oktober 2016, abgerufen am 7. November 2021.
  2. a b c d e Snorri Páll Jónsson Úlfhildarson: From Iceland – An End To The Neverending Nightmare? In: grapevine.is. 15. April 2013, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  3. a b Mord in Island: Staatsanwaltschaft und Verteidigung fordern Freispruch. In: nordisch.info. 22. September 2018, abgerufen am 7. November 2021.
  4. a b c d Darren M. Winter: “Sugar Paper Theories” and the Reykjavik Confessions. In: innocent.org.uk. 25. September 2016, archiviert vom Original am 7. Dezember 2020; abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  5. a b c Paula Cocozza: ‘Deep down, I knew it didn’t happen’: The woman whose memory invented a murder story. In: theguardian.com. 4. August 2017, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  6. a b Sigurþór Stefánsson, Erlendur Jónsson: The Reykjavik Connection in 39 Steps. In: 30nine.net. Abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  7. Anthony Adeane: Out of Thin Air. Hachette UK, 2018, ISBN 1786487454 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), abgerufen am 7. November 2021.
  8. Out of Thin Air. In: outofthinairfilm.com. Abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  9. Richard Milne: Shades of grey: those who confessed to a crime they don’t remember. In: FT.com. Financial Times, 26. August 2016, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  10. a b c d Matthias Monroy: Justizskandal in Island unter Leitung von „Kommissar Kugelblitz“. In: heise.de/tp. 12. Mai 2019, abgerufen am 22. Juli 2020.
  11. Augstein-Porträt. Der erste Blick in den Spiegel. In: Welt.de. 9. November 2002, abgerufen am 7. November 2021.
  12. Gisli H. Gudjonsson: The Psychology of False Confessions. John Wiley & Sons, 2018, ISBN 1-119-31569-7, S. 143 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), abgerufen am 7. November 2021.
  13. a b Deutscher Bundestag (19. WP): Unterstützung des BKA bei falschen Geständnissen in isländischen Mordermittlungen. Kleine Anfrage vom 29. April 2019. (PDF; 138 kB). Abgerufen am 7. November 2021.
  14. Ekki eitt dómsmorð heldur mörg. In: mbl.is. 7. Oktober 1998, abgerufen am 7. November 2021 (isländisch).
  15. a b c Egill Helgason: The Tragic Story of Sævar Ciesielski. In: grapevine.is. 29. Juli 2011, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  16. Birgir Olgeirsson: Davíð styrkti Sævar um „væna“ fjárhæð. In: visir.is. 25. Juli 2018, abgerufen am 7. November 2021.
  17. Freyr Gígja Gunnarsson: Davíð Oddsson styrkti Sævar Ciesielski. In: RUV.is. 25. Juli 2018, abgerufen am 7. November 2021 (isländisch).
  18. Tryggvi Rúnar Leifsson: Taldi skynsamlegt að játa rangar sakargiftir. In: mbl.is. 25. Februar 2017, abgerufen am 7. November 2021 (isländisch).
  19. Iceland’s most famous disappearance case back to court next week. In: icelandmonitor.mbl.is. 10. August 2017, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  20. Gisli Gudjonsson: Memory Distrust Syndrome, Confabulation and False Confession. In: Cortex. Band 87, 2017, S. 156–165, DOI:10.1016/j.cortex.2016.06.013.
  21. Mordfälle: Experten-Arbeitsgruppe rät zu Wiederaufnahmeverfahren. In: icelandreview.com. 27. März 2013, abgerufen am 7. November 2021.
  22. a b Jóhann Páll Ástvaldsson: Guðmundur and Geirfinnur Cold Case Re-Opened? In: icelandreview.com. 2. Oktober 2018, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  23. Anthony Adeane: Out of Thin Air. Hachette UK, 2018, ISBN 1786487454 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), abgerufen am 7. November 2021.
  24. Sunna Kristín Hilmarsdóttir: Allir sýknaðir í Guðmundar- og Geirfinnsmálunum. In: visir.is. 27. September 2018, abgerufen am 7. November 2021 (isländisch).
  25. All found innocent in Guðmundur and Geirfinns case, 44 years after the supposed crimes were committed. In: icelandmonitor.mbl.is. 27. September 2018, abgerufen am 7. November 2021.
  26. Compensation considered in historic case. In: RUV.is. 1. Oktober 2018, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  27. Antwort des Innenministeriums v. 13. Mai 2019. Abgerufen am 7. November 2021.
  28. Vala Hafstað: Tip in Iceland’s Infamous Missing Person Case Being Investigated. In: icelandmonitor.mbl.is. 1. Oktober 2019, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  29. Ragnar Tómas: Compensation Awarded in Guðmundur and Geirfinnur Case. In: icelandreview.com. 31. Januar 2020, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  30. Iceland’s most famous missing person case on Netflix and BBC. In: icelandmonitor.mbl.is. 13. März 2017, abgerufen am 7. November 2021.
  31. Imagine Murder. In: kisi.is. 17. Juni 2016, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  32. Nancy Tartaglione: ‘The Reykjavik Confessions’: Buccaneer Media, Balt Kormakur’s RVK Studios Plot True Crime Drama. In: deadline.com. 27. April 2017, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  33. Vala Hafstað: New Film on Geirfinnur Missing Person Case. In: icelandmonitor.mbl.is. 18. April 2019, abgerufen am 7. November 2021.

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