FORVM

Zeitschrift Neues Forvm Februar/März 1971

Die österreichische Zeitschrift FORVM wurde mit dem Untertitel: Österreichische Monatsblätter für kulturelle Freiheit 1954 von Friedrich Hansen-Loeve, Felix Hubalek, Alexander Lernet-Holenia und Friedrich Torberg unter dessen Federführung und mit Mitteln des Kongresses für kulturelle Freiheit gegründet. 1966 wurde Günther Nenning Herausgeber, 1986 Gerhard Oberschlick. 1995 wurde die Print-Version des FORVM eingestellt. Ein Reprint aller 42 Jahrgänge (504 Heftnummern mit 6.664 Beiträgen von 2.121 Autoren auf 21.387 Seiten) ist 2004 erschienen.[1] Die international verbreitete Zeitschrift war Ausgangspunkt und Meinungsforum für zahlreiche politische und ideologische Diskussionen und Auseinandersetzungen. Nach Einstellung der Printversion besteht seit dem Jahr 2000 eine im Umfang stark reduzierte Online-Version im Internet, unter anderem mit einem Archivindex.

Seit Juli 2018 ist das FORVM mit dem Subtitel Internationale Zeitschrift für kulturelle Freiheit, politische Gleichheit und solidarische Arbeit in erneuerter Version und unter neuer Internetadresse online geschaltet.[2]

Geschichte

Herausgeber Friedrich Torberg (1954–1965)

Dreizehn Jahre nach der Gründung stellte sich heraus, dank Ramparts und Saturday Evening Post, dass es sich beim Geldgeber um eine CIA-Vorfeldorganisation handelte, die den Auftrag ausführte, liberale und linke intellektuelle Strömungen in Europa im Kalten Krieg gegen den Kommunismus zu unterstützen. Schwesterzeitschriften und ebenfalls vom Kongress finanziert waren Der Monat in (West-)Berlin, Preuves in Paris, Tempo presente in Italien[3], Cuadernos in Madrid[4], Encounter in London und Freedom First als Monthly des Indian Committee for Cultural Freedom in Bombay. Dennoch war das FORVM nicht durchgehend im Sinne seines Geldgebers unterwegs. Bereits in der ersten Nummer des ersten Jahrgangs kam es zu einer Kontroverse zwischen Friedrich Heer und Herausgeber Friedrich Torberg zum Thema „Gespräch mit dem Feind“, ob es statthaft wäre, mit den Ost-Kommunisten zu reden. Torberg selbst war „hoffnungslos nach Punkten dem Pro-Autor Friedrich Heer unterlegen.“[5] Und es gelang Torberg – mit tatkräftiger Unterstützung von Hans Weigel und Ernst Haeusserman, aber gegen Günther Nenning –, Österreichs Bühnen bis 1963 zum Brecht-Boykott zu veranlassen. Am 23. Februar 1963 spielte das Wiener Volkstheater dann doch Mutter Courage und ihre Kinder. Trotz starker Akzentuierung auf Theater und Literatur setzte das FORVM bereits in den ersten Jahren seines Bestehens wesentliche Impulse im Dialog zwischen Kirchen und Staat, zwischen den Ideologien und betreffend die sozialwissenschaftliche Fundierung der bevorstehenden Revolten. Der rigide und rabiate Antikommunismus Torbergs erschien den Finanziers – nach mehreren Warnungen – schließlich untragbar, weshalb die CIA-Finanzierung 1961 eingeschränkt und 1964 eingestellt wurde. Ab 1958 fungierte Günther Nenning de facto als Blattmacher des FORVM, erst streng kontrolliert von Torberg, ab 1964 jedoch in weitgehender Alleinverantwortung. Nach dem Rückzug des neuen Financiers Hans Deutsch 1965 zog sich auch Torberg zurück und übergab die Zeitschrift an Nenning.

Herausgeber Günther Nenning (1966–1986)

Torberg übergab 1966 Eigentum und Herausgeberschaft des FORVM an Günther Nenning, der das Blatt – als „Christ und Sozialist“ – nach links öffnete, es bis Torbergs Tod in NEUES FORVM umbenennen musste und die Auflage von 2.700 auf fast 30.000 Exemplare steigern konnte. Als das FORVM de Sades Philosophie im Boudoir (mit einem großen Kommentar von Michael Siegert)[6] abdruckte, schritt das Innenministerium mit Beschlagnahme und Aushangverbot für mehrere Folge-Ausgaben ein. Das Aushangverbot wurde später als verfassungswidrige Vorzensur generell aufgehoben, seither gibt es in Österreich keine Zensur mehr. Damals wurde diskutiert und debattiert über Verfassung, Neutralität und Naturrecht, Vergangenheitsbewältigung, die sexuelle Revolution, Aktionismus und Terrorismus in Österreich.

1973 bis 1982 redigierte Michael Siegert die Zeitschrift. Er griff – stärker noch als vor ihm Torberg oder Nenning – in die Texte von Autoren ein, worauf manche verärgert reagierten.[7] Nenning blieb zwar Eigentümer, Herausgeber und Chefredakteur, aber formal stand das FORVM ab 1973 (in der Folge der 68er Stilistik) im Eigentum eines Vereins „der Redakteure und Angestellten des FORVM“. Es gab einen Redaktionsbeirat Österreich und International. 1982 übernahm Gerhard Oberschlick die Funktion des Blattmachers, wurde jedoch von Nenning Anfang 1984 wegen Unbotmäßigkeit entlassen. Wesentliche Streitpunkte waren Nennings Kooperation mit dem damaligen profil-Herausgeber Peter Michael Lingens und dem Wiener Stadtrat Jörg Mauthe sowie die heimliche Finanzierung des so genannten Konrad-Lorenz-Volksbegehrens durch Hans Dichand und dessen Kronen Zeitung, mit denen Nenning auch publizistisch kooperierte.[8] Nenning trimmte das FORVM auf eine fundamentalistisch-grüne Linie, die Auflage sank dramatisch, auf 1.700 Stück, das Blatt stand vor dem Konkurs. 1985 wurde Nenning aus ÖGB und SPÖ ausgeschlossen; im folgenden Jahr verkaufte er die Zeitschrift an Gerhard Oberschlick.[9]

Herausgeber Gerhard Oberschlick (1986–1995 als Print- und ab 2000 als Online-Version)

1986 positionierte Oberschlick das FORVM neu. Die Zeitschrift erholte sich und konnte bis zu 25.000 Stück Auflage erreichen. Günther Anders wurde zum zentralen Autor, Rechtsstaat und Menschenrechte wurden die zentralen Themen. Aufmerksamkeit erzielte das FORVM anlässlich einer antifaschistischen Rede von Hans Lebert, der als Empfänger des Alfred C. Toepfer'schen Grillparzer-Preises diesen zwar annahm, zugleich aber den Stifter und alle Anschlussbemühungen heftig kritisierte und seine Landsleute aufrief: „Rettet Euer Land selbst!“ Oberschlick, in Kenntnis der Absicht des Dichters, druckte die Rede und ließ sie, unmittelbar nach ihrer Verlesung durch den Heldenplatz-Darsteller Wolfgang Gasser, im Großen Festsaal der Universität Wien als Sonderausgabe des FORVM verteilen. 1995 wurde die Druckversion der Zeitschrift „widerruflich eingestellt“.

Seit dem Jahr 2000 existierte eine karge Online-Version unter www.forvm.at, die im Juli 2018 als neu gestalteter Webauftritt, nun mit dem Subtitel der Print-Ausgabe in deren letztem Jahrzehnt – Internationale Zeitschrift für kulturelle Freiheit, politische Gleichheit und solidarische Arbeit – online gegangen ist.[2]

Im Jahr 2021 erschien 26 Jahre nach der Einstellung von Gerhard Oberschlick die Sonderausgabe Rudolf Burger Austrokopernikus. als Heft 505.[10]

FORVM-Autoren (Auswahl)

Gesamtausgabe

  • Reprint FORVM 1954-1995. Ueberreuter, Wien 2001–2005, 29 Bände in 6 Schubern, 18 CD-ROMs, ein Registerband
    • Ära Torberg. Teil 1: Jahrgänge 1954–1961. 4 Bde., 2002. ISBN 9783800039012
    • Ära Torberg. Teil 2: Jahrgänge 1962–1965. 4 Bde., 2002. ISBN 9783800039029
    • Ära Nenning. Teil 1: Jahrgänge 1966–1970. 6 Bde., 2003. ISBN 9783800039524
    • Ära Nenning. Teil 2: Jahrgänge 1971–1976. 6 Bde., 2003. ISBN 9783800039531
    • Ära Nenning. Teil 3: Jahrgänge 1977–1986. 5 Bde., 2004. ISBN 9783800039623
    • Ära Oberschlick: Jahrgänge 1987–1995. 4 Bde., 2005. ISBN 9783800039630

Literatur

  • Wissenschaft und Freiheit. Hrsg. Der Kongress für die Freiheit der Kultur. Internationale Tagung Hamburg, 23.–26. Juli 1953, veranstaltet vom Kongress f.d.F.d.K. und der Universität Hamburg. Grunewald, Berlin 1954.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Reprint FORVM 1954–1995. 28 Bände plus Registerband in 6 Schubern. Ueberreuter, Wien 2001–2004, ISBN 3-8000-3834-X, AU 0568 (Gesamtausgabe).
  2. a b Vom und fürs FORVM. Darin erster Eintrag (ganz unten), datiert mit Juli 2018: G.O. (Gerhard Oberschlick): Campaign: Das FORVM taucht wieder auf (hier ohne Datum). In: FORVM (forvm.contextxxi.org), abgerufen am 16. August 2018.
  3. 1954 verzeichnet das Buch über die Hamburger Tagung von 1953 in einer Liste der „Zeitschriften des Kongresses“ für Italien noch den Titel Libertà della Cultura mit Sitz in Rom.
  4. Als Zweimonatsschrift zunächst mit Sitz an der Adresse von Preuves in Paris.
  5. FORVM. Sondernummer im Frühjahr 1994
  6. 1970; später auch Michael Siegert: De Sade und Wir (= Makol Marxismus Bibliothek mab. 16). Frankfurt 1971
  7. Z.B. Rudi Dutschke: Die allergrößte Sauerei. In: FORVM. XXV Jahr, Heft 299/300, S. 4.
  8. Gerhard Oberschlick: Das Konrad Lorenz-Millionen-Bingo. In: Wochenpresse. Nr. 52/1/24. Dezember 1984, S. 22 f.
  9. FORVM Heft 387–394, 30. September 1986, S. 2
  10. LXVIII. Jahr, Heft 505, Wien, Mai/Juni 2021, IV. Sonderausgabe Rudolf Burger Austrokopernikus

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