FDP-Bundesparteitag 1968

Koordinaten: 47° 59′ 12,7″ N, 7° 52′ 21,7″ O

Freie Demokratische Partei (Logo, 1952-1968).svg
Titel19. ordentlicher Bundesparteitag
Ordnungsnummer19
OrtFreiburg im Breisgau
BundeslandBaden-Württemberg
HalleStadthalle
Beginn29. Januar 1968
Dauer (in Tagen)3
© Jörgens.mi, CC BY-SA 3.0
Stadthalle Freiburg

Den Bundesparteitag der FDP 1968 hielt die FDP vom 29. bis 31. Januar 1968 in Freiburg ab. Es handelte sich um den 19. ordentlichen Bundesparteitag der FDP in der Bundesrepublik Deutschland. Der Parteitag fand in der Freiburger Stadthalle statt. Der Grund für die Wahl des Ortes war die Ende April bevorstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg 1968.[1]

Das Rededuell Dahrendorf gegen Dutschke

Aufsehenerregend waren vor allem die den Parteitag begleitenden Studentenproteste und das Rededuell zwischen Ralf Dahrendorf und dem Studentenführer Rudi Dutschke. Der Parteitag fiel in die Hochzeit der 68er-Bewegung. Die Jungdemokraten, die Jugendorganisation der FDP, hatten sich politisch nach links bewegt und sympathisierten mit der Studentenbewegung. Auf dem Parteitag führte ein Antrag der Liberalen Hochschulgruppen (LSD), in dem die USA scharf angegriffen wurde, zu emotionalen Debatten. Am Nachmittag des ersten Tages fand vor der Halle eine Demonstration des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), angeführt durch Dutschke, statt. Als Dutschke auf dem Dach eines Autobusses eine Ansprache hielt, erklärte sich Dahrendorf bereit, dort mit ihm gemeinsam ein Streitgespräch zu führen. In diesem Gespräch erwies sich Dahrendorf vor etwa 2.000 Studenten als der bessere Redner.[2]

Verlauf und Beschlüsse

Auf dem Parteitag wurden die neu gefasste Satzung, Geschäftsordnung und Schiedsordnung der Bundespartei verabschiedet.[3] Grundsatzreden hielten Walter Scheel („Wir wollen eine neue Politik“) und Ralf Dahrendorf („Politik der Liberalität statt Bündnis der Unbeweglichkeit“).[4]

Der scheidende Vorsitzende Erich Mende begründete in einer wenig mitreißenden Rede seine Rücktrittsgründe. Er rief zur Geschlossenheit auf und warnte vor „Monomanen und Radikalen“. Zur Deutschlandpolitik führte er aus, die DDR sei faktisch bereits mit der Genfer Außenministerkonferenz von 1959 anerkannt worden.[5]

Anschließend erfolgte mit 87 Prozent der Stimmen die Wahl von Walter Scheel anstelle von Erich Mende zum Vorsitzenden. Wolfgang Mischnick blieb stellvertretender Bundesvorsitzender. An Stelle von Willi Weyer und Ewald Bucher wurden Hans-Dietrich Genscher und Hermann Müller neu als stellvertretende Parteivorsitzende gewählt. In Stichwahlen schlug der schwäbische Radikaldemokrat Karl Moersch den nationalliberalen Carlo Graaff und der linksliberale Berliner Justizsenator Hans-Günter Hoppe den bayerischen Nationalisten Dietrich Bahner.[6] Der Soziologieprofessor Ralf Dahrendorf zog mit dem drittbesten Wahlergebnis als Beisitzer in den Bundesvorstand ein.

Bundesvorstand

(c) Bundesarchiv, Bild 146-1989-047-20 / CC-BY-SA 3.0
Walter Scheel

Dem Bundesvorstand gehörten nach der Neuwahl 1968 an:

VorsitzenderWalter Scheel
Stellvertretende VorsitzendeHans-Dietrich Genscher, Wolfgang Mischnick, Hermann Müller
SchatzmeisterHans Wolfgang Rubin
BeisitzerLiselotte Funcke, Hans-Günter Hoppe, Karl Moersch
Weitere BeisitzerErnst Achenbach, Dietrich Bahner, Gerhart Baum, William Borm, Ewald Bucher, Ralf Dahrendorf, Hermann Eicher, Otto Eisenmann, Carlo Graaff, Ulrich Graf, Albrecht Haas, Hildegard Hamm-Brücher, Winfrid Hedergott, Reinhard Koch, Heinrich Kohl, Eduard Leuze, Erich Mende, Hermann Oxfort, Walter Peters, Willy Max Rademacher, Fritz-Rudolf Schultz, Heinz Starke, Willi Weyer, Siegfried Zoglmann
Mitglied per AmtKnut von Kühlmann-Stumm
EhrenpräsidentReinhold Maier
Ständige GästeRötger Groß, Hermann Ferdinand Arning, Wolfgang Lüder

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Bundesparteitag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

  • Ralf Dahrendorf: Politik der Liberalität statt Bündnis der Unbeweglichkeit. Rede zum 19. Bundesparteitag der FDP in Freiburg am 30.1.1968, Bonn 1968.
  • DJD-Deutsche Jungdemokraten, LSD-Liberaler Studentenbund Deutschland, Gerhart Baum, Günter Verheugen (Hrsg.): Aktuell – Parteitagsdienst zum XIX. Ordentlichen Bundesparteitag der Freien Demokratischen Partei – Freiburg 29.–31. Januar 1968, o. O. 1968.
  • Walter Scheel: Wir wollen eine neue Politik. Aus der Antrittsrede des Bundesvorsitzenden auf dem Bundesparteitag der F.D.P. in Freiburg am 31. Januar 1968. In: Heiterkeit und Härte. Walter Scheel in seinen Reden und im Urteil von Zeitgenossen. Festschrift zum 65. Geburtstag, hrsg. von Hans-Dietrich Genscher, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1984, S. 157–173.

Literatur

  • Jürgen Dittberner: Die FDP. Geschichte, Personen, Organisation, Perspektiven. Eine Einführung, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2. Aufl., Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17494-5.
  • Peter Juling: Programmatische Entwicklung der FDP 1946 bis 1969. Einführung und Dokumente. Anton Hain Verlag, Meisenheim 1977, ISBN 3-445-01529-5.
  • Heino Kaack: Zur Geschichte und Programmatik der Freien Demokratischen Partei. Grundriß und Materialien, Anton Hain Verlag, Meisenheim 1976, ISBN 3-445-01380-2.
  • Franziska Meifort: Ralf Dahrendorf. Eine Biographie, C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71397-2, S. 165–170.
  • Karsten Schröder, Wolfgang Vonhausen: Die Behandlung der Koalitionsfrage auf den Bundesparteitagen der FDP von 1967 bis 1969. In: Lothar Albertin (Hrsg.): Politischer Liberalismus in der Bundesrepublik. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1980, ISBN 3-525-01324-8, S. 195–210.
  • Volker Stalmann (Bearb.): Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Sitzungsprotokolle 1949–1969, 2 Halbbände., Droste, Düsseldorf 2017, ISBN 978-3-7700-5338-4.

Einzelnachweise

  1. Informationen aus: Archiv des Liberalismus (www.freiheit.org/content/archiv-des-liberalismus)(ADL), Bestand FDP-Bundesparteitage, A1-1.
  2. Jürgen Frölich: Liberalismus trifft auf APO und gewinnt nach Punkten. Vor 50 Jahren diskutierte Ralf Dahrendorf mit Rudi Dutschke am Rande des FDP-Bundesparteitags in Freiburg auf der Webseite der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit; abgerufen am 29. Januar 2018. Vgl. Dahrendorf setzt Dutschke matt, in: Hamburger Abendblatt, 30. Januar 1968, S. 2.
  3. Die Satzung ist abgedruckt in: Heino Kaack: Zur Geschichte und Programmatik der Freien Demokratischen Partei, S. 61 ff.
  4. Die Rede Dahrendorfs erschien gedruckt: Ralf Dahrendorf: Politik der Liberalität statt Bündnis der Unbeweglichkeit. Rede zum 19. Bundesparteitag der FDP in Freiburg am 30.1.1968, Bonn 1968.
  5. Die FDP bietet sich als Koalitionspartner an, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Januar 1968, S. 1.
  6. Arnulf Baring: Machtwechsel. Die Ära Brandt-Scheel, Stuttgart 1982, ISBN 3-421-06095-9, S. 97 f.

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© Jörgens.mi, CC BY-SA 3.0
Die Stadthalle, zur Zeit Flüchtlingsunterkunft
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(c) Bundesarchiv, Bild 146-1989-047-20 / CC-BY-SA 3.0
Portraitfoto Walter Scheels, 4. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland von 1974 bis 1979, aufgenommen 1974. Scheel wurde am 15. Mai 1974 zum Bundespräsidenten gewählt, seine Amtszeit begann am 1. Juli.
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