Fährmann Maria

Film
OriginaltitelFährmann Maria
ProduktionslandDeutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr1936
Länge83 Minuten
Stab
RegieFrank Wysbar
DrehbuchHans-Jürgen Nierentz
Frank Wysbar
ProduktionEberhard Schmidt
MusikHerbert Windt
KameraFranz Weihmayr
SchnittLena Neumann
Besetzung

Fährmann Maria ist ein deutscher Spielfilm von Frank Wysbar aus dem Jahr 1936. Er wurde ab Mitte August bis Oktober 1935 in der Lüneburger Heide unweit vom Hof Tütsberg bei Schneverdingen (Ortschaft Heber) und Soltau gedreht. Die Innenaufnahmen entstanden in Berliner Ateliers. Am 7. Januar 1936 fand die Uraufführung in den Bernward-Lichtspielen in Hildesheim statt.[1]

Handlung

Ein alter Fährmann verbindet mit seinem Floß ein kleines Dorf in der Heide mit der gegenüberliegenden Seite des Flusses. Gerade als der Fährmann sich das Geld für den Erwerb seiner Fähre zusammengespart hatte, erscheint der personifizierte Tod als sein Fahrgast und möchte ihn holen. Der alte Fährmann bricht während der Ausübung seines Dienstes tot zusammen. Da die Umstände seines plötzlichen Ablebens unklar bleiben, ist das Fähramt zunächst verwaist.

Eines Tages kommt ein heimatloses Mädchen ins Dorf, das nach Arbeit sucht. Sie erklärt sich sofort bereit, das Amt des Fährmannes zu übernehmen. In der folgenden Nacht setzt sie einen jungen Mann über den Fluss, der von seinen Verfolgern verletzt wurde. Sie verbirgt ihn in ihrer Hütte und pflegt ihn. Sein Zustand bessert sich, allerdings verfolgen Halluzinationen ihn. Die beiden verlieben sich ineinander.

Bald darauf erscheint ein unheimlich wirkender Fremder am anderen Ufer, der über den Fluss gebracht werden möchte. Es ist der Tod. Als er sich nach dem jungen Mann erkundigt, ist Maria schnell klar, dass sie den Tod vor sich hat. Mit allen Mitteln möchte sie ihren Geliebten retten und lockt den Tod von ihrer Hütte weg in das nahe Dorf, wo gerade ein Tanzfest stattfindet. Doch all ihre Bemühungen, den Tod zu verführen, ihn umzustimmen oder gar zu täuschen, bleiben ohne Erfolg. Auch ihr Angebot, sich selbst für den Liebsten zu opfern, schlägt der Tod aus. Er verlangt, sie zu ihrer Hütte zurückzubringen, wo er ihren Geliebten zu finden hofft.

Maria wählt gefährliche Weg im Moor in der Hoffnung darauf, dass sie den Tod in die Irre leiten kann, selbst wenn sie dabei selbst im Moor versinken würde. Während der Tod langsam im Morast versinkt, gelangt die betende Maria sicheren Fußes zu ihrer Hütte. Nun kann sie mit ihrem Geliebten ein neues Leben beginnen. Gemeinsam setzen sie auf die andere Seite über, wo der Mann ihr in seiner Heimat ein Zuhause bieten möchte.

Produktionshintergrund

Gedreht wurde der Film in der Umgebung von Soltau. Als Fluss diente dabei das Ahlftener Flatt, ein nördlich der Stadt gelegener Heideweiher, der auch heute noch erhalten ist.[2] Für den Bau der Fähre musste das von Natur aus recht flache Gewässer allerdings vertieft werden.[3] Weitere Außenaufnahmen entstanden im Pietzmoor.[4]

Diente im Film als Fluss: Der Heideweiher Ahlftener Flatt

Bei der Uraufführung in Hildesheim waren neben Regisseur Frank Wysbar die drei männlichen Hauptdarsteller Peter Voß, Aribert Mog und Carl de Vogt zugegen.[5] Bereits etwa 14 Tage vor der Uraufführung wurde Joseph Goebbels der Film vorgeführt. Er zeigte sich wenig begeistert und notierte am 21. Dezember 1935 in sein Tagebuch: Abends Filme: Fährmann Maria, ein Experiment, aber kein gutes. Gewollt! Literatur! Trotz dieser Vorbehalte erhielt der Film die Prädikate künstlerisch wertvoll und volksbildend.[6] Dr. Hans Joachim Lemme „bedauert“ in der von Heinrich Himmler herausgegebenen Zeitschrift Volk und Rasse, „daß der Film rassehygienischen Forderungen keinesfalls standhalten“ könne, denn das Mädchen sei „dunkelhaarig und von fremdartiger Schönheit“, während ihr Geliebter „rassisch ausgezeichnet“ aussehe, und „heimatlose Mädchen könnten keine Treue halten“.[7] Dennoch wurde der Co-Autor des Films, Hans-Jürgen Nierentz, wenige Monate nach der Uraufführung von Goebbels zum Reichsfilmdramaturgen ernannt.

1945 drehte Wysbar (der seinen Nachnamen nach seiner Emigration in die USA in Wisbar abgeändert hatte) mit Der Würger im Nebel (Strangler of the Swamp) eine Neufassung von Fährmann Maria für die auf B-Filme spezialisierte Produktionsgesellschaft Producers Releasing Corporation[8], die mehr auf Horrorelemente setzte und den legendenhaften Ton von Fährmann Maria verringerte. In dem Artikel zu Der Würger im Nebel lässt sich ein ausführlicher Vergleich beider Filme finden.

Kritiken

In der Nachkriegszeit wurde Fährmann Maria von Kritikern allgemein positiv besprochen. Christa Bandmann und Joe Hembus schrieben 1980 in Klassiker des deutschen Tonfilms, es sei ein „sehr schöner Legenden-Film, der der von Fritz Langs Müdem Tod begründeten Tradition mehr verpflichtet ist, als Leni Riefenstahls Blauem Licht.“[9]

Für Thomas Kramers Lexikon des deutschen Films (1995) „gehört dieser Legendenfilm zu den besten deutschen Arbeiten im Genre des phantastischen Films“. Das liege an „großer atmosphärischer Stimmigkeit, dramaturgischer Präzision und einer starken lyrischen Note“. Hohen Anteil habe aber auch „die unbedingte Glaubwürdigkeit, welche die faszinierende Sybille Schmitz den metaphysischen Zügen der Titelfigur zu verleihen vermag.“ Das amerikanische Remake von Wysbar selbst wirke dagegen im Vergleich relativ platt.[10]

Für Jerzy Toeplitz in seiner Geschichte des Films ist es „Wysbars künstlerisch reifster Film“: „Fährmann Maria, eine Legende darüber, daß die Liebe stärker als der Tod ist. Es klingt fast wie eine Provokation, da die Heldin dieser Legende eine Frau von nirgendwo ist, sie hat kein Vaterland, wird verfolgt und sucht im Land der Wälder und Sümpfe Schutz. (…) Es ist verwunderlich, daß der Film, in dem Wirklichkeit und Traum zu einem Ganzen verschmolzen, in dem unbekannte Verfolger auftauchten, die nachts in schwarzen Uniformen kamen, sich vor der Intervention der Zensur und den Donnerschlägen der Regimepresse bewahren konnte. Vielleicht war der Mitautor des Drehbuchs Hans-Jürgen Nierentz, der zukünftige Reichsfilmdramaturg, eine „persona grata“ in der NSDAP, ein Schutzschild.“[11]

Siehe auch

Literatur

  • Christa Bandmann, Joe Hembus: Klassiker der deutschen Tonfilms (Citadel-Filmbücher). München 1980
  • Thomas Kramer: Lexikon des deutschen Films. Stuttgart 1995
  • Brigitte Tast, Hans-Jürgen Tast: Dem Licht, dem Schatten so nah. Aus dem Leben der Sybille Schmitz. Kulleraugen – Visuelle Kommunikation Nr. 46. Schellerten 2015. ISBN 978-3-88842-046-7
  • Brigitte Tast, Hans-Juergen Tast: Fährmann Maria. Ein Heide-Drama von Frank Wysbar mir Sybille Schmitz. Kulleraugen – Visuelle Kommunikation Nr. 52. Schellerten 2018. ISBN 978-3-88842-052-8
  • William K. Everson: Klassiker des Horrorfilms (Citadel-Filmbücher). München 1979
  • Friedemann Beyer: Schöner als der Tod. Das Leben der Sybille Schmitz. 2., verbesserte Auflage. München 1998
  • Armin Jäger: Fährmann Maria. In: Der NS-Film. Reclam, Stilepochen des Films, Band II. Stuttgart 2018, Seite 159–166

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Hans-Jürgen Tast „Fährmann Maria“. Vor 80 Jahren Welturaufführung im Hildesheimer Kino; in: Sven Abromeit (Red.) Hildesheimer Kalender 2016. Jahrbuch für Geschichte und Kultur, Hildesheim 2015, ISSN 1863-5393, ISBN 978-3-8067-8616-3, S. 133–143
  2. Siehe: Albert Hölscher: Alt Soltau erzählt, aus seiner Geschichte, von seinen Häusern und Familien. Soltau 1975, Seite 254
  3. Peter Beckert: Wenn die Heide ihr Blütenkleid abwirft. In: Hildesheimer Familien-Blatt, Beilage der Gerstenbergschen Zeitung Nr. 39 vom 28. September 1935, Seite 306–308.
  4. Siehe: Brigitte Tast und Hans-Jürgen Tast: Dem Licht, dem Schatten so nah. aus dem Leben der Sybille Schmitz, Schellerten 2015, Seite 15
  5. Brigitte Tast und Hans-Jürgen Tast: Fährmann Maria. ein Heide-Drama. Kulleraugen Nr. 52, Schellerten 2018, Seite 20
  6. Beyer: S. 67
  7. Zitiert nach: Josef Wulf (Hrsg.): Theater und Film im Dritten Reich, Rowohlt 1966, Seite 423
  8. Everson: S. 181–185
  9. Christa Bandmann/Joe Hembus: Klassiker des deutschen Tonfilms, München 1980, Seite 204
  10. Thomas Kramer (Hg.): Lexikon des deutschen Films, Stuttgart 1995, Seite 97
  11. Jerzy Toeplitz: Geschichte des Films, Band 3: 1934 – 1939, Berlin (DDR) 1982, Seite 275/276

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Ahlftener Flatt, See bei Soltau