Experten-Laien-Kommunikation

Experten-Laien-Kommunikation ist die Interaktion zwischen Experten und Laien. Konkret geht es darum, Expertenwissen derart an Laien zu vermitteln, dass diese auch in der Lage sind, dieses Wissen sinnvoll anzuwenden. Das erfordert, die vom Experten verwendeten Begriffe dem Verständnis des Laien anzunähern und dem Laien zumindest die Grundzüge des entsprechenden Fachgebietes zu vermitteln.

Die Experten-Laien-Kommunikation steht in Zusammenhang mit Wissenstransfer und kann daher als zentrales Thema der Informations- und Wissensgesellschaft angesehen werden. Sigurd Wichter und Gerd Antos haben für Wissenstransfer als Forschungsgebiet die Disziplin der Transferwissenschaft ins Leben gerufen. Für eine Thematisierung des Wissenstransfers und eine möglichst rasche Umsetzung in alle Schul- und Hochschulfächer plädiert Joachim Grzega.

Spezielle Ausprägungen der Experten-Laien-Kommunikation sind die PUSH-Bewegung (Public Understanding of Science and Humanities), der Wissenschaftsjournalismus und die Populärwissenschaftliche Literatur.

Phasen der Experten-Laien-Kommunikation

Die Psychologen Riklef Rambow und Rainer Bromme unterscheiden drei Phasen der Experten-Laien-Kommunikation:[1]

  1. Erläuterung von Konzepten, Prozessen und Grundlagen, auch wenn sie in der konkreten Problemlösung nicht mehr sichtbar sind
  2. Radikale Selektion und Umstrukturierung im Hinblick auf die Laienperspektive
  3. Finden neuer Formulierungen, Prägung neuer Begriffe, Wahl guter Beispiele und Bilder und somit Herstellung von Bezügen zum Alltagsverständnis der Laien

Beispiele für mögliche Kommunikationsprobleme zwischen Experten und Laien

  • Der behandelnde Arzt muss seinem Patienten die Diagnose und die seiner Ansicht nach notwendige Therapie soweit erklären, dass der Patient ausreichend informiert seine Zustimmung geben kann
  • Die Fachabteilung muss dem Management ausreichend Informationen geben, damit dieses dann notwendige Entscheidungen aus wirtschaftlicher Sicht treffen kann
  • Wissenschaftler müssen ihr Wissen so an die Politik weitergeben, dass diese sinnvoll reagieren kann (siehe Klimawandeldiskussion)

Abbruch der Experten-Laien-Kommunikation und Entstehung sozialer Konflikte

Innerhalb der Experten-Laien-Kommunikation kann es auf vielfältige Weise zu Konflikten kommen, etwa wenn Laien die Autorität von Experten nicht mehr anerkennen. Verhaltensmuster und Ursachen sind in der Sozialpsychologie verschiedentlich untersucht worden. Bekannt ist u. a. der 1999 beschriebene Dunning-Kruger-Effekt.

In der Katastrophensoziologie wird aus dem Abbruch positiver Interaktion und dem Übergang zum sozialen Konflikt zwischen Experten und Laien von Lars Clausen die Entstehung von Katastrophen abgeleitet.

Literatur

  • Joachim Grzega: Socioeconomic Linguistics (or Linguistic Socioeconomics)–a New Field of European and Global Research and Teaching. In: Journal for EuroLinguistiX Band 2, 2005, S. 19–43.
  • Sigurd Wichter, Gerd Antos (Hrsg.): Wissenstransfer zwischen Experten und Laien: Umriss einer Transferwissenschaft. In: [Transferwissenschaften 1]. Verlag Lang, Frankfurt (Main) 2001.
  • Rainer Bromme, Regina Jucks, Riklef Rambow: Wissenskommunikation über Fächergrenzen: Ein Trainingsprogramm. In: Wirtschaftspsychologie. Heft 3/2003, S. 94–102.
  • Albert Busch: Laienkommunikation. Vertikalitätsuntersuchungen zu medizinischen Experten-Laien-Kommunikationen. Dissertation, Münster (Westfalen), 1993. Frankfurt am Main: Peter Lang (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte, 26).
  • Lars Clausen: Reale Gefahren und katastrophensoziologische Theorie. In: Lars Clausen, Elke M. Geenen, Elísio Macamo (Hrsg.): Entsetzliche soziale Prozesse. LIT-Verlag, Münster 2003, ISBN 382586832X.
  • Riklef Rambow, Rainer Bromme: Was Schöns 'reflective practitioner' durch die Kommunikation mit Laien lernen könnte. In: G. H. Neuweg (Hrsg.): Wissen – Können – Reflexion: Ausgewählte Verhältnisbestimmungen. Studienverlag, Innsbruck 2000, S. 245–263.
  • Rainer Bromme, Regina Jucks, Riklef Rambow: Experten-Laien-Kommunikation im Wissensmanagement. In: G. Reinmann, Heinz Mandl (Hrsg.): Der Mensch im Wissensmanagement: Psychologische Konzepte zum besseren Verständnis und Umgang mit Wissen. Verlag Hogrefe, Göttingen 2004, S. 114–126.
  • Sigurd Wichter: Experten- und Laienwortschätze. Umriss einer Lexikologie der Vertikalität. [Reihe Germanistische Linguistik 144], Verlag Niemeyer, Tübingen 1994.

Einzelnachweise

  1. Riklef Rambow & Rainer Bromme: Was Schöns "Reflective Practitioner" durch die Kommunikation mit Laien lernen könnte, Überschrift 5. Welches Wissen wird für die Verständigung mit den Laien benötigt?. In: (Hrsg.): Wissen - Können - Reflexion. Ausgewählte Verhältnisbestimmungen. Studienverlag, Innsbruck und Wien 2000, S. 201–219, online verfügbar auf einer Webseite der Westfälischen Wilhelms-Universität (Memento vom 19. Oktober 2004 im Internet Archive)