Exerzitien im Alltag

Exerzitien im Alltag sind christliche geistliche Übungen, die die Teilnehmer im Alltagsleben zur vertieften Beschäftigung mit ihrem Glauben, ihrer Beziehung zu Gott und mit der Bibel motivieren und anleiten sollen.

Grundgedanke

Exerzitien als geistliche Übung, sich mit dem eigenen Glauben, Gott und der Bibel in einem geschützten Rahmen, oft in einem Kloster oder einem Bildungshaus, für die Zeitspanne von einigen Tagen bis mehreren Wochen zurückzuziehen, gehen auf den hl. Ignatius von Loyola (1491–1556), den Gründer des Jesuitenordens, zurück. Der hl. Ignatius empfahl, auch Menschen, die sich nicht für eine solche Zeitspanne von Verpflichtungen frei machen könnten, ein Angebot zu machen, mit dem ihnen in ihrem alltäglichen Leben Exerzitien ermöglicht würden. Dennoch blieb es über eine lange Zeit bei Exerzitien als Mehrtagesveranstaltung, meist in einem Exerzitienhaus.

Umsetzung

Seit etwa 1980 wurden Exerzitien im Alltag wiederentdeckt und gewinnen wachsende Bedeutung.[1] Besonders von Seiten der Jesuiten und dem Jugendverband der Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL) wurden Exerzitien im Alltag für alle Bevölkerungsschichten angeboten.[2] Bald übernahmen Pfarreien und Einrichtungen in der katholischen Kirche, später auch in der evangelischen Kirche diese Idee und begannen ihrerseits, Konzepte zu entwickeln und Exerzitien im Alltag durchzuführen.

Der Ablauf ist jeweils sehr ähnlich:

  • Ein Informationsabend ermöglicht Interessierten, sich mit dem Konzept vertraut zu machen und sich für die Exerzitien anzumelden.
  • Ein wöchentliches Treffen blickt auf die vergangenen Tage zurück und wie es dem Teilnehmer mit seinen Übungen ergangen ist. Zudem werden Impulse für die kommenden Tage gegeben.
  • Die Teilnehmer werden angehalten, täglich einige Minuten im Gebet und der Schriftbetrachtung zu verbringen sowie den Tag bewusst zu reflektieren.

Die Exerzitien im Alltag werden oft in den Bußzeiten (der Advents- und der Fastenzeit) jedoch auch außerhalb dieser Zeiten angeboten. Geleitet werden sie sowohl von Klerikern, Ordensleuten, als auch von interessierten und ausgebildeten kirchlichen Mitarbeitern und Gemeindemitgliedern. Es gibt Exerzitien im Alltag zu unterschiedlichen Leitthemen.

Online-Exerzitien

Bei „Online-Exerzitien“ leben die Teilnehmenden wie bei Exerzitien im Alltag zu Hause und gehen ihrer gewöhnlichen Betätigung nach. Vier Wochen lang bekommen sie täglich per E-Mail einen kurzen Impuls zugeschickt, der kurz genug ist, um sich tagsüber im Kopf damit beschäftigen zu können. Abends sollte Zeit für einen kurzen Tagesrückblick sein, und einmal pro Woche korrespondiert der Teilnehmer mit seinem Begleiter der Exerzitien. Die Begleiter sind Jesuiten und andere Theologinnen und Theologen. Gemeinsame Treffen sind nicht vorgesehen.[3]

Literatur

  • Hermann Josef Spital: Exerzitien im Alltag. Johannes-Verlag, Leutesdorf 1992, ISBN 3-7794-1252-7.
  • Günther Lohr (Hrsg.): Exerzitien im Alltag. Geistliche Übungen für Advent, Fastenzeit und andere Anlässe im Jahr. Kösel, München 1998, ISBN 3-466-20432-1.
  • Anselm Grün: Exerzitien für den Alltag. Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2009, ISBN 978-3-89680-424-2.
  • Annegret Meyer (Hrsg.): Angekommen unterwegs. Exerzitien im Alltag. Bonifatius-Verlag, Paderborn 2013, ISBN 978-3-89710-562-1.
  • Michael Hettich: Den Glauben im Alltag einüben. Genese und Kriterien der ignatianischen Exerzitien im Alltag. Echter, Würzburg 2007, ISBN 978-3-429-03109-1.

Einzelnachweise

  1. Alex Lefrank: Exerzitien, III. Exerzitienbewegung. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 3. Herder, Freiburg im Breisgau 1995.
  2. http://www.bistum-eichstaett.de/exerzitien/exerzitien-im-alltag Bistum Eichstaett
  3. http://www.heribert-graab.de/online-exerzitien/index.html Jesuiten: Online-Exerzitien