Eurotrash

Eurotrash (wörtlich: Euro-Müll oder Euro-Kitsch) ist ein englischer, in den Vereinigten Staaten von Amerika entstandener, zumeist abfälliger und von Europäern zuweilen auch selbstironisch eingesetzter Begriff. Er dient dazu, den Lebensstil, das Verhalten oder die Anmutung von Europäern oder die Europäer selbst stereotypisch zu beschreiben, insbesondere wenn sie in den Augen des jeweils Urteilenden einer für das Europäertum angeblich typischen Affektiertheit entsprechen bzw. diese zur Schau tragen. Dazu zählt beispielsweise das Auftreten mit Adelstiteln, die Begrüßung mit Küsschen auf die Wangen oder das Tragen von Sonnenbrillen nachts in Diskotheken. Ursprünglich betraf die Bezeichnung vornehmlich Franzosen und Deutsche. Bei den Simpsons wurde die Bezeichnung für deutsche Rucksackreisende verwendet, die sich überheblich verhielten und einen gewissen Antiamerikanismus zur Schau stellten.

Geschichte

Die Verwendung des Begriffs ist insbesondere in den Metropolen der amerikanischen Ostküste verbreitet, wohin seit den späten 1970er Jahren „up-all-night, no-office-to-go-to Europeans“ (Julia Chaplin) mit der Concorde einflogen, um als Teil des „‚International White Trash‘“ (Anthony Haden-Guest) wilde Partys zu feiern.[1][2] Beispielsweise verwendet Bret Easton Ellis den Begriff in seinen in New York spielenden Romanen American Psycho,[3] Stalking[4] und Glamorama insbesondere in den Schilderungen der Clubszene. Später wurde der Begriff für modehörige, halbrasierte, Drogen konsumierende, magersüchtige oder zu spät und übermüdet zur Arbeit erscheinende europäische Expatriates verwendet. Ein Wörterbuch verzeichnet als weitere Bedeutung von Eurotrash ein „postmodernes, degeneriertes, trendiges oder veraltetes europäisches Kulturphänomen, das sich als Avantgardekunst maskiert“.[5]

Andere Verwendungen

Als „Eurotrash“ – nicht nur aus amerikanischer Sicht – werden bezeichnet:

  • musikalische Genres wie Eurodance oder Euro Disco
  • europäische Produkte (sofern man abfällig über sie spricht)

Trivia

  • Eurotrash war der Name einer Kolumne von Taki Theodoracopulos, welche in den frühen 1980er Jahren im (mittlerweile eingestellten) East Side Express erschien. Takis Kolumne hat den Begriff geprägt.
  • In Late-Night-Programm des britischen TV-Senders Channel 4 gab es von 1993 bis 2007 eine anfangs von Jean-Paul Gaultier sowie Antoine de Caunes (und bis zu ihrem Tod auch von Lolo Ferrari) co-moderierte Comedy-Show namens Eurotrash, die die europäische Popkultur und Lebensart selbstironisch aufs Korn nahm und zum Kult erhob. Spezialisiert war die bei wöchentlich zwei bis drei Millionen Zuschauern beliebte Show auf pseudojournalistische Betrachtungen zu „bizarren“ Aktivitäten von Europäern, etwa zur kontinentaleuropäischen, insbesondere deutschen Freikörperkultur.[6][7][8][9]
  • Von der amerikanischen Rockband Cracker gibt es einen Song namens Eurotrash Girl. Eine gleichnamige Cover-Version gibt es auf dem Debütalbum der Chicks on Speed. Eurotrash ist auch der Name eines Albums der norwegischen Band Zeromancer.

Siehe auch

  • Altes Europa

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Julia Chaplin: A New Eurofestation. In: nytimes.com. 8. Dezember 2002, abgerufen am 9. Januar 2015 (englisch).
  2. Anthony Haden-Guest: The Young, The Rich, and Heroin (Memento des Originals vom 10. März 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/anthonyhadenguest.com, Rolling Stone, 7. Juli 1983
  3. Hans Altmeyer: Massakrieren mit Niveau. Buchrezension zu American Psycho von Bret Easton Ellis im Portal borrible.de (ohne Datum), abgerufen am 5. Januar 2013
  4. Caroline Weiss: Stalking Bret Easton Ellis. iUniverse, 2009, ISBN 978-1-440-12074-9, S. 54 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Billy Gray: Dear Guest Of A Guest: What Does "Eurotrash" Mean? In: guestofaguest.com. 22. September 2010, abgerufen am 9. Januar 2015 (englisch).
  6. Brian McNair: Striptease Culture. Sex, media and the democratization of desire. Routledge, London und New York, 2002, ISBN 0-415-23733-5, S. 85 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  7. Sigurjón Baldur Hafsteinsson: Phallological Museum. LIT Verlag, Münster 2014, ISBN 978-3-643-90470-6, S. 92f (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  8. Eurotrash (Selbstdarstellung, Rapido Television)
  9. Eurotrash (Beispielvideo, Rapido Television)
  10. Suchbegriff Eurotrash im Portal Spiegel Online, abgerufen am 21. Januar 2012
  11. Christian Krachts „Eurotrash“. Die perfekte Trennung von Autor und Autor. In: faz.net. Abgerufen am 3. Februar 2021 (deutsch).