Erste Alternative Buchmesse Leipzig
Die Erste Alternative Buchmesse (1. ABM) fand vom 11. bis 14. März 1990 in Leipzig-Gohlis im Klubhaus „Heinrich Budde“ parallel zur offiziellen Leipziger Buchmesse statt und bot den neuen DDR-Verlagen sowie deutschsprachigen Klein- und Independent-Verlagen eine Präsentationsmöglichkeit.[1]
Geschichte
Aufgrund jahrelanger Zensur und der oft einzigen Publikationsmöglichkeit via Samisdat hatten sich einige Leipziger Autoren und Grafiker zusammengetan und an die Nachrichtenagenturen Deutsche Presse-Agentur und Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst Einladungen zu einer Alternativen Buchmesse verschickt, worauf sich ca. 40 Verlage meldeten.[2] Zur knapp 10-köpfigen Initiativgruppe gehörten Dieter Kalka, Benjamin Weinkauf[3], Jayne-Ann Igel, Rosemarie Heinze[4], Sebastian Kleindienst, Matthias Seydewitz, Hermut Geppert, Peter Hinze und Katharina Luft.
Die stark frequentierte Buchmesse fand in der Jugendstil-Villa, die einst Luis Trenker gehört hatte[5], im Klubhaus „Heinrich Budde“ statt.[6] Anliegen war es, den neu entstandenen Verlagen in der DDR sowie Kleinverlagen eine Möglichkeit zur Präsentation[7] zu bieten sowie Verleger und Autoren miteinander bekannt zu machen. Daher gab es ein Café für Begegnungen und über den ganzen Tag verteilte Lesungen. Diese Idee wurde dann später von Frau Renker für die Leipziger Buchmesse übernommen und hat sich als „Leipzig liest“ etabliert. Eine Fortführung der Alternativen Buchmesse mit Unterstützung der Offiziellen, wie von Frau Renker[8] vorgeschlagen, lehnten die meisten Verleger sowie die Initiativgruppe ab.
Verlage
Beteiligt waren Klein- und Kleinstverlage aus der DDR und der Bundesrepublik, aus West-Berlin, Österreich und der Schweiz.[5]
Neben anderen stellten aus der Octopus-Verlag Radebeul, Leipziger Verlagsgesellschaft, Kontext-Verlag Berlin, Aurora-Verlag Berlin, dipa-Verlag Frankfurt/Main, Flemming-Verlag Stuttgart, Literaturzentrum Neubrandenburg, Forum-Verlag Leipzig, Verlag am Galgenberg Hamburg, Dr. Rügemer Köln, Klampen-Verlag Lüneburg, intarlit/drögel-verlag Köln, Mink-Verlag Berlin, Format-Verlag Gera, Unabhängige Verlagsbuchhandlung Berlin, Signal-Verlag Baden-Baden, Manhold-Verlag Bremen, AV-Verlag Augsburg, Literatte, ISP-Verlag Frankfurt/M., Labyrinth-Verlag Berlin, Syro-Verlag Göttingen, Linksdruck Berlin, Philosophisch-Humanistische Gesellschaft Sachsen Leipzig, Infodienst Ökodorf Steyerberg, Lenos-Verlag Basel, Menke-Press Leipzig, stecknadel-verlach Leipzig, Weismann-Verlag München, edition augenweide[9], Uwe Warnke mit der Zeitschrift Entwerter/Oder als Produzenten-Verlag[10], Anita Tykve-Verlag - (Xing-Hu Kuo mit 2 Autoren)[11], die Verlage von Osho und Krisna, der Ahriman-Verlag sowie als Kuriosum der Kinderbuchverlag der DDR, weil Kinder bis zum Alter von 14 Jahren auch in Begleiter Erwachsener keinen Zugang zur offiziellen Buchmesse hatten.[5]
Lesungen
Gelesen haben u. a. Reinhard Bernhof, Manfred Jendryschik, Jayne-Ann Igel, Matthias Seydewitz, Ralph Hammerthaler, Benjamin Schwarzenberg-Weinkauf, Dieter Kalka, Hilmar Griesbach, Gabriele Barthel, Katharina Luft, Joachim Oertel. Andreas Schmidt las als Betroffener aus „Leben und Überleben im DDR-Gulag“ und Xing-Hu Kuo aus „Ein Chinese in Bautzen - 2675 Nächte im Würgegriff der Stasi“.
Presseresonanz
Weil die Buchmesse durchaus als Politikum verstanden wurde, waren neben ARD, ZDF, 3sat, Deutschlandfunk, Deutscher Welle auch österreichische und Schweizer Fernseh- und Radiostationen vertreten, neben Tageszeitungen wie Die Welt und die Süddeutsche Zeitung.
Einzelnachweise
- ↑ Alternative Buchmesse in Leipzig angekündigt. In: Neues Deutschland. 22. Januar 1990, abgerufen am 20. März 2022 (ND-Archiv).
- ↑ Detlef Grumbach: Spaß und politische Ambitionen. In: Süddeutsche Zeitung, 16. März 1989
- ↑ Website Benjamin Weinkauf
- ↑ Rosemarie Heinze (Memento des Originals vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b c Michael Hinze: Verlegene Verleger und ratlose Buchhändler. In: Die Tageszeitung. 20. März 1990, abgerufen am 20. März 2022.
- ↑ Christel Förster: „Nun aber!“ In: Leipziger Volks-Zeitung. 11. März 1990.
- ↑ Info aus Heldenstadt.de (Memento vom 21. November 2015 im Internet Archive)
- ↑ „Die Erste Alternative Buchmesse Leipzig 1990“, Website von Dieter Kalka, abgerufen am 20. März 2022.
- ↑ edition augenweide
- ↑ Uwe Warnke
- ↑ Leerjahre. Leben und Überleben im DDR-Gulag von Andreas Schmidt
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Autor/Urheber: Bernd Heinze, Lizenz: CC BY-SA 3.0
1. Alternative Buchmesse Leipzig 1990, die Grafikerin Rosemarie Heinze beim Vorbereiten
Autor/Urheber: Bernd Heinze, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Erste Alternative Buchmesse Leipzig 1990