Erotomanie (Liebeswahn)

Unter Erotomanie oder Liebeswahn versteht man die wahnhafte Überzeugung, von einem meist unerreichbaren Menschen geliebt zu werden (z. B. einer fremden, einer hochgestellten oder sehr berühmten Person). Dieser Liebeswahn ist subjektiv unerschütterlich und kann weder durch Argumente noch durch Beweise widerlegt werden. Dieses Phänomen wird nach dem französischen Gefängnispsychiater und Fotografen Gaëtan Gatian de Clérambault (1872–1934) auch als Clérambault-Syndrom bezeichnet.

Der Erotomane ist fest davon überzeugt, dass die geliebte Person ihre Liebe zu ihm verheimlicht, aber durch geheime Signale dennoch kundtut. Erotomanie darf nicht verwechselt werden mit obsessiver Liebe, einseitiger und unerwiderter Liebe oder Hypersexualität. Eine isolierte Erotomanie ist selten, meist kommt sie als Begleiterscheinung anderer psychischer Störungen vor.

Symptome

Eine durch nichts zu erschütternde Überzeugung, die Liebe werde erwidert, wird durch fehlgedeutete Verhalten und andere Signale des Gegenübers genährt. Ablehnung und Abgrenzungsversuche des Gegenübers werden beispielsweise als Koketterie oder als Versuch gedeutet, der sexuellen oder anderweitigen Anziehung des Erotomanen zu entkommen. Oft versucht dieser, in Kontakt mit dem Objekt seiner Begierde zu treten, bis hin zum Stalking.

Geschichte

Clérambault veröffentlichte 1921 eine umfassende Beschreibung der Störung als „Les psychoses passionnelles“.[1]

Künstlerische Verarbeitung

Filme

Musik

  • Dream Theater: A Mind Beside Itself Part I: Erotomania aus „Awake“, EastWestRecords, 1994

Bücher

  • Ferdinand von Saar: Leutnant Burda, Novelle erschienen 1887. In der Novelle verliebt sich Leutnant Josef Burda in die Prinzessin von L. Aus der Perspektive eines Ich-Erzählers werden Burdas wahnhafte Interpretationen verschiedenster Ereignisse beschrieben, in denen er obsessiv glaubt, Prinzessin von L. erwidere seine Liebe.
  • Patricia Highsmith: Der süße Wahn, Kriminalroman. (Rowohlt, 1964; Diogenes 1974. ISBN 978-3-257-20175-8). Rezension bei Perlentaucher
  • Kurt Tucholsky: Schloß Gripsholm. (Laut Lisa Matthias hat beim Entstehen des Buches eine beginnende Erotomanie des Autors eine Rolle gespielt.)
  • Ian McEwan: Liebeswahn. (Diogenes, 2000. ISBN 3-257-23162-8)
  • Wulf Dorn: Dunkler Wahn. (Heyne, 2011. ISBN 978-3-453-26705-3)

Literatur

  • Simon Bunke: Erotomanie. In: Bettina von Jagow, Florian Steger (Hrsg.): Literatur und Medizin im europäischen Kontext. Ein Lexikon. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, Sp. 226–229, ISBN 3-525-21018-3.
  • Gaëtan Gatian de Clérambault: Psychoses passionelles. In: Jean Fretet (Hrsg.): Gaëtan Gatian de Clérambault. Œuvre psychiatrique. Band 1. Presses universitaires de France, Paris 1942.
  • Gaëtan Gatian de Clérambault: L’érotomanie. Synthélabo, Le Plessis-Robinson 1993.

Weblinks

Wiktionary: Erotomanie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. S. F. Signer: "Les psychoses passionnelles" reconsidered: a review of de Clérambault’s cases and syndrome with respect to mood disorders. In: Journal of psychiatry & neuroscience: JPN. Band 16, Nummer 2, Juli 1991, S. 81–90, PMID 1911738, PMC 1188298 (freier Volltext).