Ernst Vanselow

Ernst Wilhelm Daniel Vanselow, auch fälschlicherweise von Vanselow (* 1. April 1876[1] in Gera, Fürstentum Reuss jüngerer Linie[2]; † 1969) war ein deutscher Jurist und Kapitän zur See der Kaiserlichen Marine.

Familie

Vanselow war der Sohn des Regierungs- und Geheimen Medizinalrats Paul Ludwig Hermann Vanselow und dessen Ehefrau Johanne, geborene Ascher.

Am 15. Juni 1914 heiratete er in Berlin-Charlottenburg Alma Maria Julie Elisabeth von Ziegler (* 1886 in Berlin), eine Tochter des Oberst Karl Adolf von Ziegler und dessen Ehefrau Marie Elise, geborene Schmidt.[2]

Ein Jahr später kommt der Sohn Joachim Dieter zur Welt, der im Juli 1942 als Militärarzt in der Schlacht bei El Alamein fällt.[3] 1919 wird die Tochter und spätere Psychoanalytikerin Ruth geboren.[4]

Wirken

Ernst Vanselow trat am 9. April 1892 in die Kaiserliche Marine ein.[5] Ende März 1893 auf das Schulschiff Stosch kommandiert,[6] wurde er zum 10. April 1893 Seekadett.[7] Ende April 1894 wurde er auf die Württemberg kommandiert[8] und kam zum 21. September 1894 an die Marineschule[9].

1909 wurde er Korvettenkapitän. Von Juni 1911 bis November 1912 war er Kommandant der Jaguar, die im Zuge der Chinesischen Revolution 1911 in den ostasiatischen Gewässern eingesetzt war.[10]

Mit Kriegsbeginn erfolgte seine Versetzung zum Admiralstab der Marine nach Berlin. Hier wurde er im Rang eines Fregattenkapitän z. D. (Beförderung am 27. Januar 1915)[5] als stellvertretender Militärattaché in Brüssel.[11]

Ernst Vanselow (ganz links) bei der Verabschiedung nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens vom 11. November 1918 in einem Eisenbahn-Salonwagen im Wald von Compiègne.

Am 26. April 1917 wurde er zum Kapitän zur See befördert, war später als Dezernent B 1 im Admiralstab der Marine und dann als Nachfolger von Hans Zenker[12] bis September 1918 Abteilungschef in der militärpolitischen Gruppe. Für zwei Monate war er bis zur Internierung des Schiffes in Vertretung Kommandant der Kaiser.[13]

Ende Oktober 1918 gehörte er erst der vorbereitenden Waffenstillstandskommission der Kaiserlichen Marine gemeinsam mit Konteradmiral Hugo Meurer, Fregattenkapitän Erich Raeder und Korvettenkapitän Louis Leisler Kiep an[14] und wurde dann Mitglied der Deutschen Waffenstillstandskommission. Die vierköpfige deutsche Delegation, bestehend aus dem Staatssekretär Matthias Erzberger, dem Leiter für Heeresangelegenheiten General Detlof von Winterfeldt, dem Vertreter des Auswärtigen Amtes Alfred von Oberndorff und Vanselow als Vertreter der Kaiserlichen Marine, überschritt auf dem heutigen Gemeindegebiet von La Flamengrie am 7. November 1918 am heutigen Monument de la Pierre d’Haudroy die Frontlinie und traf am frühen Morgen des 8. Novembers auf der Lichtung von Compiègne im Wald von Compiègne ein, wo Marschall Ferdinand Foch im „Wagen von Compiègne“ die als sehr hart empfundenen Waffenstillstandsbedingungen verlesen ließ. Paul von Hindenburg forderte die deutsche Delegation am Abend des 8. November 1918 in zwei – teilweise unverschlüsselten – Depeschen ausdrücklich auf, die Bedingungen auch dann zu akzeptieren, wenn keine Verbesserungen möglich seien. In den folgenden Verhandlungen konnten nur geringfügige Erleichterungen erreicht werden. Am Morgen des 11. November 1918 zwischen 5:12 Uhr und 5:20 Uhr französischer Zeit unterzeichneten beide Delegationen den Waffenstillstand von Compiègne.

Während der Verhandlungen soll Vanselow mit dem Hinweis, dass die Kaiserliche Marine nicht besiegt worden sei, darum gebeten haben, die deutsche Flotte in neutralen Häfen zu internieren. Die britische Regierung ignorierte diesen Wunsch und befahl Scapa Flow als Internierungsort.[15]

Am 7. November 1919 wurde Vanselow aus der Marine verabschiedet.

1921 promovierte er an der Universität Freiburg mit dem Thema Verkehrssperre und Völkerrecht. Im Bereich der Rechtswissenschaften begann er anschließend zu publizieren.

Werke (Auswahl)

  • Die Blockade von Port Arthur. In: Marine-Rundschau, 1907, S. 569 ff und 727 ff.
  • Wilhelm Tafel: Das internationale Recht der Nordsee. In: Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht, Leipzig, 1927, S. 2–5.
  • Zur Rechtsstellung der Küstengewässer. In: Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht, Leipzig, 1928, S. 302–310.
  • Die historische Entwicklung des Prisenrechts. In: Marine-Rundschau, Heft 1, Berlin, 1928, S. 14–33.
  • Völkerrecht: Einführung in die Praxis der Staaten. Mittler und Sohn, Berlin, 1931.
  • gemeinsam mit Eduard von Waldkirch: Neutralitätsrecht. Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 1936.

Literatur

  • Marine-Offizier-Verband (Hrsg.), Albert Stoelzel: Ehrenrangliste der Kaiserlich Deutschen Marine. 1914–18. Thormann & Goetsch, Berlin 1930, S. 138.
  • Walter Riccius: Die Institution der Marineattachés, Deutsche Marineattachés von Beginn bis 1945. Dr. Köster Verlag, Berlin, 2023, S. 321

Einzelnachweise

  1. Einige Quellen geben 1925 als Sterbedatum an. In der Ehrenrangliste von 1930 ist aber kein Sterbedatum vermerkt und ihm sind auch nach 1925 mehrere Veröffentlichungen zugeschrieben.
  2. a b Heiratsurkunde Nr. 548 vom 15. Juni 1914, Standesamt Charlottenburg III. In: ancestry.de (kostenpflichtig). Abgerufen am 28. August 2022.
  3. Deutsche Dienstelle (Wast); Berlin-Reinickendorf, Deutschland; Graberkarteikarten Gefallener Deutscher Soldaten 1939-1948, Kartei-NR.: Ga249/0001-0599. In: ancestry.de (kostenpflichtig). Abgerufen am 28. August 2022.
  4. Kurz-Biografie. In: psychoanalytikerinnen.de. Abgerufen am 28. August 2022.
  5. a b Kriegsmarine: Rangliste der Kaiserlich Deutschen Marine. E.S. Mittler & Sohn, 1916, S. 14.
  6. Marineverordnungsblatt. Mittler & Sohn, 1893, S. 96.
  7. Marineverordnungsblatt. Mittler & Sohn, 1893, S. 88.
  8. Marine-Rundschau. 1894, S. 265.
  9. Marine-Rundschau. 1894, S. 480.
  10. Hans H. Hildebrand: Die deutschen Kriegsschiffe: Biographien: ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. Band 3. Koehler, 1981, ISBN 3-7822-0211-2, S. 111.
  11. Heinrich Otto Meisner: Militärattachés und Militärbevollmächtigte in Preussen und im Deutschen Reich: ein Beitrag zur Geschichte der Militärdiplomatie. Rütten & Loening, 1957, S. 34.
  12. Bernd Stegemann: Die deutsche Marinepolitik 1916-1918. Duncker & Humblot, 1970, S. 94.
  13. Gerhard Koop: Linienschiffe: von der Nassau- zur König-Klasse. Bernard & Graefe, 1999, ISBN 978-3-7637-5994-1, S. 86.
  14. Hans H. Hildebrand: Die deutschen Kriegsschiffe: Biographien: ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. Band 2. Koehler, 1980, ISBN 3-7822-0210-4, S. 71.
  15. Der Getreue Eckart. Band 16, Nr. 1, S. 72.


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Waffenstillstand gr.jpg
Verabschiedung nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens vom 11. November 1918 in einem Eisenbahn-Salonwagen im Wald von Compiègne.

Von links nach rechts sind folgende Personen zu sehen:

In der linken Ecke befindet sich eine Signatur: Pillard.

Siehe auch National Trust Object 836535.