Ernst Goll

Ernst Goll
Ernst Goll, handschriftlich: Ich hab mein Herz in deine Hand gelegt, 15. April 1910

Ernst Goll (* 14. März 1887 in Windischgraz; † 13. Juli 1912 in Graz) war ein österreichischer Dichter.

Leben

Ernst Goll wurde als Sohn des Postmeisters und Hoteliers Ernest Goll im untersteirischen Windischgraz (heute Slovenj Gradec in Slowenien) geboren. Nach seiner achtjährigen Gymnasialzeit in Marburg an der Drau (heute Maribor) kam er im Herbst 1905 nach Graz. An der Universität Graz studierte er zunächst drei Semester Jura, wechselte danach zu Germanistik und Romanistik über, schloss das Studium aber nicht ab: Nach privaten Konflikten stürzte er sich im Sommer 1912 aus dem zweiten Stock der Grazer Universität in den Tod.

Nachleben

Schon zu Lebzeiten hatte Goll als Lyriker von sich reden gemacht, etwa durch seine ersten Lyrikpublikationen im Feuilleton der Grazer Tagespost, deren damaliger Chefredakteur Ernst Décsey zu seinen entschiedenen Förderern zählte. Nach Golls frühem und tragischem Tod wurde rasch die Forderung nach einer Buchausgabe seiner Gedichte laut. Diese erschien, zusammengestellt und herausgegeben von Julius Franz Schütz, einem der engsten Freunde des Dichters, bereits Ende 1912 im damals renommierten Berliner Verlag Egon Fleischel. Das Buch mit dem Titel Im bitteren Menschenland erlebte mehrere Neuauflagen (1919, 1926, 1935, 1943, 1947 und 1982), zum Teil mit erweitertem Textbestand.

In jüngerer Zeit erschien ein zweisprachiger Auswahlband (deutsch/slowenisch) mit biographischem Anhang und zahlreichen Fotografien (1997) sowie eine historisch-kritische Werkausgabe (2012) mit bisher unveröffentlichten Arbeiten (u. a. Prosafragmente, Dramenfragment Elsa oder das Ende einer Kindheit), ergänzt um eine Nachlese (2015), die Korrespondenzstücke, Gelegenheitsgedichte und Texte zum Theater enthält, beide herausgegeben von dem Grazer Autor und Literaturwissenschafter Christian Teissl.[1]

In dem dreisprachigen Buch 3 Wege – 3 poti – 3 percorsi: Ernst Goll, Srečko Kosovel, Calro Michelstaedter werden drei Lebenswege dargestellt, die sich hinsichtlich ihrer Herkunft aus dem steirisch-slowenischen bzw. italienisch-slowenischen Grenzgebiet und einen frühen Tod ähneln und doch so ganz verschieden sind. In einem ähnlichen Kontext ist Goll ein Kapitel in Antje Wagner-Kolars Buch Ein Herz erlischt. Der Tod junger Dichter im 19. und 20. Jahrhundert gewidmet. Grundlegende Recherchen zur Familiengeschichte des Dichters leisteten die beiden südoststeirischen Lokalhistoriker Christa Schillinger und Franz Josef Schober.

Die Gedichte Golls wurden von mehreren Komponisten vertont. In neuerer Zeit (2012) erschien die CD Zwischen heut’ und morgen der Grazer Gruppe Ilmala mit Chansons nach Gedichten von Ernst Goll. Das Titellied wird zweisprachig gesungen.

Golls Nachlass befindet sich in der Steiermärkischen Landesbibliothek.[2]

Werke

  • Ernst Goll: Im bitteren Menschenland. Nachgelassene Gedichte. Fleischel, Berlin 1912.
  • Ernst Goll: Im bitteren Menschenland – Das gesammelte Werk, hrsg. von Christian Teissl, Igel Verlag Literatur&Wissenschaft, Hamburg 2012, ISBN 978-3868155709
  • Ernst Goll: Eine Nachlese, hrsg. von Christian Teissl, Graz 2015 (= Veröffentlichungen der Steiermärkischen Landesbibliothek, Bd. 39).
  • Ernst Goll: Erstdrucke 1910 bis 1912. Graz: Selbstverlag Christian Teissl 2016

Diskografie

  • Margarete Schweikert: Im bitteren Menschenland. Lieder für Tenor und Klavier. Mit Bernhard Berchtold (Tenor) und Jeannette La-Deur (Klavier und künstlerische Projektleitung). Florian Noetzel Verlag „Ars Musica“, AM 7696.
  • Ilmala: Zwischen heut' und morgen – Chansons nach Gedichten von Ernst Goll. Extraplatte, Wien 2012.
  • Josef Wagnes: Lieder. Gramola, 2015. Enthält 6 Lieder von Ernst Goll.

Literatur

  • Hubert Fussy: Der südsteirische Dichter Ernst Goll. Neue Tatsachen und Blickpunkte zum Leben und Schaffen des Dichters. In: Jahresbericht des 5. Bundesrealgymnasiums Graz 1968/1969, S. 3–12.
  • Hubert Fussy: Ernst Golls Begegnungen mit Dichtung und Musik seiner Zeitgenossen. In: Kurt Bartsch, Dietmar Goltschnigg, Gerhard Melzer (Hg.): Die andere Welt. Aspekte der österreichischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. Festschrift für Hellmuth Himmel zum 60. Geburtstag. Francke, Bern 1979, S. 215–230.
  • Hans Putzer: Selbstauslöschung als letztes Wort (PDF; 114 kB). In: Neues Land, Nr. 51/2004, 17. Dezember 2004.
  • Bernhard Schweighofer: Franz Fuchs d. J. (1902–1988) zum 100. Geburtstag – Ernst Goll (1887–1912) zum 90. Todestag. Sonderdruck des Kulturfestivals „Judenburger-Sommer 2002“, Judenburg 2002.
  • Goll Ernst. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 27.
  • Vinko Oslak (Hrsg.): V trpki deželi človeka/Im bitteren Menschenland. Cerdonis, Slovenj Gradec 1997.
  • Christian Teissl: Höhenflug und Todessturz. Zum 100. Todestag des Grazer Lyrikers Ernst Goll. In: "extra" der Wiener Zeitung vom 14. Juli 2012. Online nachzulesen unter http://www.poetenladen.de/christian-teissl-ernst-goll.php.
  • Christian Teissl: Prvi in zadnji verzi Ernsta Golla. In: Odsevanja 93/94 (2014), S. 74–77.
  • Tanja Leček: Deutschsprachige Liebeslyrik der Moderne: Ernst Goll (1872–1912) / Nemška Ljubezenska Lirika v Času Moderne: Ernst Goll (1872–1912). Diplomarbeit/Diplomsko Delo, Univerza v Mariboru, Filozofska Fakulteta, Maribor 2014.
  • Elisabeth Arlt, Andrej Leben, Andreas Stangl: 3 Wege - 3 poti - 3 percorsi: Ernst Goll, Srečko Kosovel, Calro Michelstaedter. Artikel VII Kulturverein für Steiermark, Graz 2016.
  • Antje Wagner-Kolar: Ein Herz erlischt - Der Tod junger Dichter im 19. und 20. Jahrhundert. Neobooks 2014, ISBN 978-3-8476-1722-8
  • Christa Schillinger, Franz Josef Schober: Über die Familie und die Beziehungen des Lyrikers Ernst Goll (1887-1912) zur Südoststeiermark. In: Mitteilungen der Korrespondentinnen und Korrespondenten der Historischen Landeskommission für Steiermark 12 (2017), S. 261–271.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Jelka Samec Sekereš: Christian Teissl in Ernst Goll. In: Odsevanja 105/106 (2018), S. 90 (slowenisch; mit Teissls Gedicht Liebespaar von 1912. Verse auf eine Photographie; PDF, 25 MB).
  2. Robert Engele: Aufstieg, Fall und Erneuerung der Landesbibliothek. In: Kleine Zeitung Graz vom 1. Juli 2012, S. 30–31.

Weblinks

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