Ernst Ehrhardt
Ernst Ehrhardt (* 6. September 1855 in Staßfurt; † 6. August 1944 in Bremen; vollständiger Name: Ernst Friedrich Heinrich Ehrhardt) war ein deutscher Architekt und preußischer Baubeamter sowie Dombaumeister in Bremen.
Familie
Ehrhardt war der Sohn eines Bergbau-Maschinenmeisters und Betriebsführers auf einem Bergwerk der Harpener Bergbau AG in Bochum. Er war verheiratet mit Anna Amalia Lohman und hatte zwei Söhne: Franz, gefallen bereits im Ersten Weltkrieg, und Liemar. Das Familienarchiv wird betreut von Franz B. Ehrhardt, USA, Nancy/Tx., dem Sohn von Liemar Ehrhardt.
Leben
Erhardt besuchte die Realschule in Mülheim an der Ruhr und den Realschulzweig des Gymnasiums in Dortmund. 1876, nach dem Abitur, musste Ehrhardt zunächst in Düsseldorf eine damals noch übliche praxisorientierte Baueleven-Zeit absolvieren, bis er – noch im gleichen Jahr – mit dem Studium von Hochbau bzw. Architektur an der Technischen Hochschule Charlottenburg bei Berlin beginnen und dann 1881 auch abschließen konnte.
Nach dem Studium arbeitete er bei der Reichseisenbahnverwaltung im – nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 – jetzt deutschen Reichsland Elsaß-Lothringen und bearbeitete dort Hochbauten, insbesondere neue Eisenbahnstationen. Schon 1883 wurde Ehrhardt mit Entwurfszeichnungen für den in Straßburg geplanten Kaiserpalast Wilhelms II. beauftragt, was ihm erste kaiserliche Aufmerksamkeit einbrachte.
1885 absolvierte er das 2. Staatsexamen zum Regierungsbaumeister (Assessor). Von 1888 bis 1895 unternahm er Reisen nach Italien, um die dortige Architektur besser kennenzulernen. Von 1895 bis 1897 war er im Kirchenbau-Referat beim preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin tätig.[1] In dieser Zeit wurden 1895–1896 die evangelische Kirche am Markt in Blankenese und 1896–1897 die evangelische Dankeskirche in Holtenau bei Kiel[1] nach seinen Entwürfen errichtet.
1897 wurde Ehrhardt Dombaumeister für den Bremer Dom in der Nachfolge von Max Salzmann. Er führte die seit 1888 begonnenen Restaurierungsarbeiten am Dom bis 1901 zu Ende. Bei Stützungsarbeiten am Dom-Fundament wurden die verloren geglaubten Gebeine des Erzbischofs Liemar († 1101) gefunden. Ehrhardts 1901 geborener zweiter Sohn erhielt deshalb den ungewöhnlichen Vornamen Liemar. Auch die Verschönerungsarbeiten der Vorderfront vom Schütting (Prunkportal, zweiläufige Freitreppe) am Bremer Marktplatz wurden von ihm bis 1899 fertiggestellt. 1899 entstand nach seinem Entwurf der Turmbläserbrunnen an der südwestlichen Ecke des Doms.
Von 1899 bis 1901 entwarf und leitete Erhardt in Emden zunächst die Restaurierung des Hauses Am Delft 24 und anschließend die des Emder Rathauses. Kaiser Wilhelm II. folgte der Einladung der Stadt Emden zu dessen Einweihung und zu der des Emder Hafens am 30. Juli 1902.
Von 1901 bis 1908 war Ehrhardt wieder im preußischen Staatsdienst tätig und kehrte dann nach Bremen zurück. 1908 wurde er Baudirektor und Leiter des 1907 entstandenen Bereichs Hochbau (später Hochbauamt Bremen) bei der Baudirektion Bremen. Er und seine zwei Bauinspektionen (rechts und links der Weser) überwachten u. a. die Arbeiten am neuen Bremer Rathaus (1909–1913), am Gewerbehaus (1912–1913) und an verschiedenen Schul- und Krankenhausbauten dieser Zeit.
1920 beendete Ehrhardt seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst und beschäftigte sich mit wissenschaftlichen Arbeiten zur Baugeschichte von Bremen. Dabei befasste er sich vor allem mit der Vorbereitung des Inventars der bremischen Bau- und Kunstdenkmäler, das später vom Bremer Denkmalpfleger Rudolf Stein vollendet wurde.
Ehrhardt starb 1944 im 88. Lebensjahr. Die Umgestaltung des Bremer Marktplatzes mit Dom, Ratsapotheke, Neuem Rathaus und Schütting wurde durch ihn zu einem architektonischen Kleinod, zur guten Stube der Hansestadt. Dies war sein wichtigstes Lebenswerk.
Bauwerke
- 1881–83: Eilgutschuppen für den Zentralbahnhof in Straßburg/Elsass (Planung); Eisenbahnstationen an der Neubaustrecke Teterchen-Diedenhofen/Thionville in Lothringen: Teterchen, Brettnach, Busendorf und Freisdorf/Freistroff (Leitung); weitere kleinere Eisenbahnstationen in Elsass-Lothringen (Projektarbeiten)
- 1883: Kaiserpalast (Rheinpalast, Palais du Rhin) in Straßburg (Entwürfe)
- 1886–94: Dom in Schleswig (Restaurierungsarbeiten und Neubau des Hauptturmes)
- 1895/96: Evangelische Kirche am Markt in Blankenese (Entwurf und Bauplanung)
- 1895–97: Evangelische Dankeskirche am Nord-Ostsee-Kanal in Holtenau bei Kiel mit Lebrecht von Winterfeld (Entwürfe)
- 1897: Raths-Apotheke am Bremer Marktplatz (mit Max Salzmann)[2]
- 1897–99: Schütting, Haus der Bremer Kaufleute (Fassadenrestaurierung, mit Max Salzmann)[3]
- 1897–1901: Bremer Dom (Runderneuerung einschl. Vierungspfeiler und symmetrische Gestaltung der Westtürme) als Dombaumeister (teilweise mit Max Salzmann)[4]
- 1899–1901: Haus Am Delft 24 in Emden (Entwürfe und Leitung der Restaurierung)
- 1900: Sockel für den Turmbläserbrunnen vor der Südseite der Türme des Bremer Doms (Entwurf und Ausführung). Modellierung der Gruppe durch den Bildhauer Max Dennert.
- 1899/1900: Haus des Künstlervereins in Bremen (Ausschmückung des Großen Saals und der Unteren Halle)
- 1900/01: Rathaus in Emden (Entwürfe und Leitung der Restaurierung)
- 1902–04: Kaiserlich Biologische Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin (Bauleitung)
- 1903–05: Kaiserliches Patentamt in Berlin-Kreuzberg (Bauleitung, Architekten: Hermann Solf, Franz Wichards) - damals das größte Bauwerk in Berlin
- 1903–06: Bakteriologische Abteilung des Kaiserlichen Reichgesundheitsamtes in Dahlem bei Berlin (Bauleitung)
- 1908–20: Baudirektor in Bremen
- 1915: Gewerbehaus in Bremen[5], Sitz der ältesten deutschen Handwerkskammer
Schriften (Auswahl)
- 1897: Die neue Raths-Apotheke in Bremen (Marktplatz), in: Zeitschrift für Bauwesen 47/1897, Sp. 361 f.
- 1900: Die Erneuerung der Vierungspfeiler des Domes in Bremen, in: Zeitschrift für Bauwesen, 50/1900, Sp. 296–302.
- 1900: Das Rathhaus in Emden, in: Die Denkmalpflege 2,10/1900, S. 73–75.
- 1900: Die Wiederherstellung des Schüttings in Bremen, in: Die Denkmalpflege 2/1900, S. 9 f.
- 1902: Der Dom in Bremen. Handbuch und Führer. Bremen 1902, in 10 Auflagen. Übersetzung ins Englische (K. H. Westphal: The Bremen Cathedral: A Handbook and Guide, Bremen o. J.).
- 1908: Die beiden Krypten des Domes in Bremen, in: Zeitschrift für Bauwesen, 58/1908, S. 386–394.
- 1910: Das Palatium der bremischen Erzbischöfe in der Stadt Bremen, in: Jahrbuch der bremischen Sammlungen, 3/1910, S. 73–86.
- Ca. 1913: Das Neue Rathhaus in Bremen. Bremen o.J.
- 1915: Das Gewerbehaus in Bremen. Bremen 1915.
- 1922/23: Inventar der bremischen Bau- und Kunstdenkmäler (Teil 1: Die St. Petri Domkirche in Bremen; Teil 2: Die alten Kirchen und Kapellen des bremischen Gebiets), ungedruckt, maschinengeschrieben (im Domarchiv)
- 1924, 1932: Erinnerungen für den Sohn (handgeschriebene Autobiografie), ungedruckt, handgeschrieben (im Familienarchiv Franz B. Ehrhardt, 2008 transkribiert von Jutta Richter).
- 1935: Zur mittelalterlichen Baugeschichte des Bremer Doms, in: Bremisches Jahrbuch 35/1935, S. 92–98.
Ehrungen
- 1905: Königlich-preußischer Kronenorden Dritter Klasse
- 1907: Russischer Orden der Heiligen Anna Dritter Klasse
- 1908: Preußischer Roter Adlerorden Dritter Klasse mit Schleife
- 1908: Große Medaille zur Erinnerung an die Einweihung der Hohkönigsburg im Elsass
- 1966: Nach ihm benennt die Hansestadt Bremen im Stadtteil Obervieland die Ernst-Ehrhardt-Straße. benannt.
Literatur
- Rudolf Stein: Ehrhardt, Ernst Friedrich Heinrich. In: Historische Gesellschaft Bremen, Staatsarchiv Bremen (Hg.): Bremische Biographie 1912–1962. Bremen: Hauschild 1969, S. 133 (Sp. 1), S. 134 (Sp. 1).
- Wilhelm Wortmann: Bremer Baumeister des 19. und 20. Jahrhunderts (Hg.: Aufbaugemeinschaft Bremen). Bremen: Döll 1988, ISBN 3-88808-056-8, S. 38 f.
- Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. 2., aktualisierte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Bremen: Edition Temmen 2003, ISBN 3-86108-693-X.
- Hiram Kümper, Dieter Wegener: Ernst Ehrhardt – Dombaumeister: Ein Architektenleben zwischen Preußen und Bremen. Bremen: Edition Temmen 2022, Schriftenreihe der Stiftung Bremer Dom e.V., Band 6, ISBN 978-3-8378-1061-5.
Einzelnachweise
- ↑ a b Bert Morio: Die Dankeskirche und die Kirchengemeinde Holtenau. Im Internetportal Holtenauer Geschichte, abgerufen am 13. Oktober 2017
- ↑ Zeitschrift für Bauwesen, 47. Jahrgang 1897, S. 361 f.
- ↑ Die Denkmalpflege, Jahrgang 1900, S. 9–11.
- ↑ Zeitschrift für Bauwesen, 50. Jahrgang 1900, S. 295–302.
- ↑ Die Denkmalpflege, Jahrgang 1915, S. 89–94.
Personendaten | |
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NAME | Ehrhardt, Ernst |
ALTERNATIVNAMEN | Ehrhardt, Ernst Friedrich Heinrich (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und preußischer Baubeamter, Dombaumeister in Bremen |
GEBURTSDATUM | 6. September 1855 |
GEBURTSORT | Staßfurt |
STERBEDATUM | 6. August 1944 |
STERBEORT | Bremen |
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Ernst Ehrhardt (* 6. September 1855 in Staßfurt; † 6. August 1944 in Bremen; vollständiger Name: Ernst Friedrich Heinrich Ehrhardt) war ein deutscher Architekt und Baubeamter sowie Dombaumeister in Bremen.