Erich Schneider-Wessling
Erich Schneider, genannt Erich Schneider-Wessling, (* 22. Juni 1931 in Weßling; † 28. September 2017 in Köln)[1] war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.
Leben
Erich Schneider-Wessling wurde 1931 als Sohn eines Bauunternehmers in Weßling in Oberbayern geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern wuchs er in München auf. Er studierte von 1951 bis 1956 Bauingenieurwesen und Architektur an der Technischen Hochschule München, u. a. bei Hans Döllgast.
Die Zeit zwischen 1956 und 1960 verbrachte er in Nord- und Südamerika: Zunächst hatte er ein Fulbright-Reisestipendium an der University of Southern California, Los Angeles, wo er u. a. Architekturgeschichte studierte.[2] Danach hospitierte er bei namhaften US-amerikanischen Architekten, so 1957 bei Frank Lloyd Wright in Taliesin West und von 1958 bis 1959 bei Richard Neutra in Los Angeles; ferner arbeitete er bei Miguel Casas Armencol in Maracaibo, Venezuela.
Nach Deutschland zurückgekehrt betrieb er ab 1960 ein eigenes Architekturbüro im Umfeld der Fluxus-Bewegung in Köln; es entstanden zeittypische Entwürfe für Bahnüberbauungen sowie Terrassen- und Hügelhäuser mit flexiblen Grundrissen. Schneider-Wessling beteiligte sich an zahlreichen Architektenwettbewerben und entwickelte frühzeitig Konzepte für die Wiederverdichtung der Innenstädte. 1965 wurde Schneider-Wessling in den Vorstand der Ortsgruppe Köln des Bundes Deutscher Architekten (BDA) gewählt. 1968 gründete er zusammen mit Peter Busmann die Architektengemeinschaft Bauturm in Köln. 1969 wurde er in den Deutschen Werkbund berufen. Ab 1972 hatte er die Professur für Stadterneuerung und Wohnen an der Akademie der Bildenden Künste München inne, wo er 1978 den Reichenauer Architekturkreis („Reale Architektur“) gründete. 1988 war er Gastprofessor am Massachusetts Institute of Technology. Seit 1999 war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.
Sein Planarchiv wurde in das Historische Archiv der Stadt Köln überführt. Er war von 1958 bis zu seinem Tod verheiratet und hatte fünf Kinder; sein Sohn Gabor Schneider und seine Tochter Dorothée sind ebenfalls Architekten.[3]
Schneider-Wessling starb im Alter von 86 Jahren in Köln; er wurde am 6. Oktober 2017 neben dem Grab seiner Tochter Daniele (1959–1994)[4] auf dem Kölner Zentralfriedhof Melaten (Lit. J) beigesetzt.[5]
Bauten
- 1959 (mit Miguel Casas Armencol): Esquela Bella Vista in Maracaibo[6]
- 1962–1965 (mit Heinrich P. Hachenberg): Wohn- und Studiogebäude Labyr für den Komponisten Karlheinz Stockhausen in Kürten[7][6][8][9][10]
- 1963–1966: Gästehaus der Alexander von Humboldt-Stiftung in Bonn-Bad Godesberg[6][9][10][11]
- 1964–1967: Wohnhaus für Reinhold Neven DuMont in Rösrath-Forsbach[9][10]
- 1964–1965: Wohnhaus Muthesius in Holzlar[9] ⊙
- 1965 (mit Jost Henner und Erich Schwedes): Wohn- und Geschäftshaus FASS in Emmerich[9]
- um 1965: Wohn- und Geschäftshaus Moos in Rösrath[10]
- um 1965: Wohn- und Geschäftshaus in Köln-Ossendorf[10]
- 1967–1968: Wohn- und Atelierhaus der Künstlerin Mary Bauermeister in Forsbach[8]
- vor 1968: Wohnhaus Schneider-Wessling[10]
- vor 1968: Miethaus mit Ladenzentrum in Rösrath[9]
- 1969 (mit Heinrich P. Hachenberg): Haus Dr. Peddinghaus in Wuppertal-Barmen, Obere Lichtenplatzer Strasse 276 a[12][13] ⊙
- 1969: Einfamilienhaus im Siebengebirge[8]
- vor 1969: Doppelwohnhaus in Siegburg[9]
- 1972: Wohn- und Galeriehaus für Rudolf Zwirner in Köln, Albertusstraße 18[9] ⊙
- 1972: Stadthaus in Köln, Josephstraße 32[14] ⊙
- 1973: Wohnhaus von Dohnanyi, Bonn[15]
- 1973: Wissenschaftszentrum Bonn ⊙
- 1974–1984: Nikolai-Centrum in Osnabrück ⊙
- 1978–1980: Wohnhaus in Aachen (Holzbaupreis 1982)[16]
- 1979: Landeszentralbank Hessen in Wiesbaden (Abriss 2020)
- 1981: Gesamtschule Bonn-Beuel in Bonn-Pützchen[17]
- um 1982: Solarhaus in Landstuhl, Auf der Melkerei[18]
- 1988: Rathaus und Bürgerhaus in Kaarst ⊙
- 1988–1989 (mit Hanno Lagemann/Zeki Dinekli): Wohnhaus Lützowufer 14 in Berlin-Tiergarten für die Internationale Bauausstellung 1984[19] ⊙
- 1990: Kommunikationszentrum der Bayer AG in Leverkusen
- 1992: Kaiser-Karl-Klinik in Bonn
- 1994: Erweiterung der Georg-Lenz-Klinik, Masserberg, Thüringen
- 1994–1995: Wohnquartier in Hannover
- 1995: Bürogebäude für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück ⊙
- 1997: Umnutzung einer ehemaligen Glockengießerei in Heidelberg für Wohnen und Gewerbe
- 1997–2001: Oberstufenzentrum I in Potsdam
- 1998: Bürogebäude Fay, Heidelberg
- 1998 (mit Claus Steffan, München): Umbau und Modernisierung der denkmalgeschützten Industrie- und Handelskammer in Karlsruhe, Lammstraße 13–17
- 2000–2002: Torhaus Brühlstraße in Hannover[20][21] ⊙
Auszeichnungen
- Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste München
- 1984: Deutscher Städtebaupreis für den Sanierungsbereich Altstadt in Osnabrück
- 1987: Heinrich-Tessenow-Medaille in Gold
- 2009: Gottfried Semper Architekturpreis der Sächsischen Akademie der Künste
Literatur
- Heinrich Klotz (Hrsg.): Bauen heute. Architektur der Gegenwart in der Bundesrepublik Deutschland. Ullstein, Stuttgart / Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-550-07475-1.
- Ute Reuschenberg: Fluxus + Architektur. Bauen für die künstlerische Avantgarde der frühen 60er Jahre. In: polis. Zeitschrift für Architektur und Stadtentwicklung, 14. Jahrgang 2002, Heft 1, Seite 34–37
- Portraits junger Architekten. In: Der Baumeister, Jahrgang 1968, Heft 11.
- Octavianne Hornstein (Hrsg.): Erich Schneider-Wessling. „… und das nenne ich reale Architektur“ (Begleitband zur Ausstellung in der Architekturgalerie München). Müller & Busmann, Wuppertal 1996, ISBN 3-928766-19-8.
Weblinks
- Erich Schneider-Wessling. In: archINFORM.
- Literatur von und über Erich Schneider-Wessling im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werner Durth: Gottfried Semper Architekturpreis 2007 an Erich Schneider-Wessling. Laudatio auf Erich Schneider-Wessling. In: sadk.de. Sächsische Akademie der Künste, Oktober 2007, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 14. Januar 2017; abgerufen am 11. April 2022.
- Nachruf auf Gabi Schneider-Wessling. Als ihr Mann starb, legte sie sich zu ihm ins Bett, von Uli Kreikebaum. Kölner Stadt-Anzeiger, 31. Oktober 2022.
- Mitgliederdaten. Akademie der Künste, Berlin.
Einzelnachweise
- ↑ Akademie der Künste trauert um Erich Schneider-Wessling. Pressemitteilung der Akademie der Künste vom 29. September 2017
- ↑ Andreas Rossmann: Fließende Räume. Erich Schneider-Wessling ist tot. In: FAZ, 2. Oktober 2017, S. 11.
- ↑ Holzhäuser zum Wohlfühlen. Kölner Stadt-Anzeiger.
- ↑ Josef Abt, Johann Ralf Beines, Celia Körber-Leupold: Melaten – Kölner Gräber und Geschichte. Greven, Köln 1997, ISBN 3-7743-0305-3, S. 218.
- ↑ chh: Nachruf. Architekt Erich Schneider-Wessling gestorben. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 2. Oktober 2017, S. 24.
- ↑ a b c Unsere Mitarbeiter. In: Bauen + Wohnen, Jg. 22 (1968), Heft 11. - Digitalisat auf e-periodica.ch, abgerufen am 30. November 2023.
- ↑ Rainer Nonnenmann: „Mein kleines Projekt einer künftigen Menschheit“. Karlheinz Stockhausen und sein Architekt Erich Schneider-Wessling. In: texte.musiktexte.de. 2008, abgerufen am 30. November 2023.
- ↑ a b c Karl Wilhelm Schmitt (Hrsg.): Einfamilienhäuser: Neubauten und Umbauten DVA, 1976
- ↑ a b c d e f g h NRW-Architekturdatenbank (Memento des vom 11. September 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b c d e f Der Baumeister Heft 11/1968
- ↑ Denkmal im Villenviertel. Ein Glasbau zwischen Gründerzeithäusern. In: ga.de. 30. August 2017, abgerufen am 30. November 2023.
- ↑ Paulhans Peters (Hrsg.): Einfamilienhäuser einzeln und in Gruppen Callwey, 1972
- ↑ Haus Dr. Peddinghaus. In: architektur-wuppertal.de. BDA Wuppertal, abgerufen am 30. November 2023.
- ↑ Besonders schöne Räume für besondere Unternehmungen. (PDF) In: shacht.de. Abgerufen am 11. Oktober 2020.
- ↑ Siedler am Lappenweiher. Der Beau unter Bonns Ressortchefs, Klaus von Dohnanyi, will auch das schönste Ministerhaus der Hauptstadt bauen. In: spiegel.de. 11. März 1973, abgerufen am 30. November 2023.
- ↑ Deutsche Bauzeitung. Heft 6/1983
- ↑ Ulf Meyer: Von Bayern über Kalifornien nach Köln, Erich Schneider-Wessling zum 75. Geburtstag. In: BauNetz. 22. Juni 2006, abgerufen am 13. Dezember 2022.
- ↑ Glasforum. Heft 1/1985
- ↑ Stadthausquartier Lützowstraße
- ↑ Grundsteinlegung für Verwaltungsbau in Hannover
- ↑ Torhaus Brühlstraße – Ingenieurbüro INCO GmbH. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2018; abgerufen am 4. März 2018. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Schneider-Wessling, Erich |
ALTERNATIVNAMEN | Schneider, Erich (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 22. Juni 1931 |
GEBURTSORT | Weßling |
STERBEDATUM | 28. September 2017 |
STERBEORT | Köln |
Auf dieser Seite verwendete Medien
(c) OOjs UI Team and other contributors, MIT
An icon from the OOjs UI MediaWiki lib.
Autor/Urheber: Egidius~dewiki, Lizenz: CC0
Erich und Dani(ele) Schneider-Wessling - Grab Melaten-Friedhof
Autor/Urheber: Hans Weingartz, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Deutsches Museum – links Modell des Transrapids – im Hintergrund das Wissenschaftszentrum
Standort: Ahrstraße Bad Godesberg
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Wohn- und Geschäftshaus Albertusstraße 18, Köln. Architekt: Erich Schneider-Wessling. Baujahr: 1972