Erich Kissing

Erich Kissing (* 27. September 1943 in Leipzig) ist ein deutscher Maler.

Leben

Erich Kissing und seine Zwillingsschwester Anneliese sowie der 1937 geborene ältere Bruder Wolfgang wuchsen in Leipzig auf. Der Vater arbeitete als Klempner, Heizer und in ähnlichen Berufen, die Mutter war Hausfrau. Kissing lebt und arbeitet bis heute im 1935 erbauten Elternhaus in Leipzig-Knautkleeberg.

In der Grundschule erkannte Kissings Zeichenlehrer sein Talent und ermöglichte ihm Privatunterricht. Von 1960 bis 1962 absolvierte Erich Kissing eine Lehre als Offsetretuscheur beim Verlag Meißner & Buch in Leipzig. Daneben belegte er von 1961 bis 1964 Kurse an der Abendakademie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, wo Rolf Kuhrt, Walter Münze und Karl Krug seine Lehrer waren. Von Rolf Kuhrt ermuntert, bewarb er sich 1964 zum Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Er bestand die Aufnahmeprüfung und nahm 1965 das Studium auf. Dem Grundstudium von 1965 bis 1967 bei Werner Tübke und Hans Mayer-Foreyt folgte bis 1970 ein vertiefendes Studium der angewandten Grafik bei Wolfgang Mattheuer und Gerhard Brose, das er mit dem Diplom abschloss. Über die Jahre unternahm Kissing zahlreiche Studienreisen nach Rügen, Ungarn, Rumänien und in den Kaukasus.

Seit 1970 arbeitet Kissing als freischaffender Künstler in Leipzig-Knautkleeberg. Um seinen Lebensunterhalt zu gewährleisten, war er zwischen 1995 und 1997 als Bühnenmaler in den Theaterwerkstätten der Oper Leipzig tätig.[1]

Werk

1968 begann Kissing mit dem kalendarischen Gemäldezyklus (13 Gemälde) „Vom Fliegen“, den er 1976 mit dem Gemälde „Am Strand“ abschloss. 1971 nahm er die fast zehnjährige Arbeit an dem großen Freundschaftsbild seiner Generation „Leipziger am Meer“ auf, eines der wenigen Gruppenbilder Leipziger Künstler. Auf seinen Reisen an die Ostsee und in die rumänischen Karpaten entstanden zahlreiche Landschaftszeichnungen, die ein Gegengewicht zu den großformatigen figürlichen Ölbildern darstellen. Dass sie als eigenständige Werke und nicht als Vorstudien aufzufassen sind, bezeugt die 1980 entstandene Folge großformatiger Zeichnungen mit dem Motiv der Ostseeküste. 1979 begann er mit der Reihe der „Belebten Wiesen“ – mythologische Phantasiegemälde zu dem Thema Menschen und Fabelwesen.

Von 1980 bis 1982 arbeitete er an dem Bild „Entwurf für ein Denkmal“. Bis 1984 dominierten die monumentalen Phantasiemotive sein Œuvre, während zwischen 1985 und 1987 Porträts und Landschaften bestimmend sind. 1988 führte Kissing zusammen mit Wolfram Ebersbach und Dietrich Wenzel das Wandbild zum Thema Fliegen an einer Turnhalle in Chemnitz aus. Der Entwurf für das 6 × 22 m große Bild stammt von Erich Kissing.

Als seine bedeutendste Werkgruppe gilt ein Zyklus großformatiger Kentaurenbilder, die seit 1997 entstehen und noch nicht abgeschlossen sind. Zuvor hatte Kissing das Motiv des Kentauren schon in einem kleinformatigen Gemälde mit dem Titel „Verwilderte Plantage“ 1993/94 aufgegriffen.[2] In vielen dieser Kentaurenbilder ist der Maler selbst in der Rolle des Mischwesens zu sehen. Als Modelle dienten ihm auch immer wieder Künstlerfreunde, wie Wolfram Ebersbach im Bild „Turnier“ von 1998 bis 2000.

„Alles Zufällige, ausschweifend Erzählerische und Detailversessene tritt zugunsten plastischer Strenge und Verknappung der Form zurück, ohne den Eindruck des Naturwahren und Lebendigen auch nur ansatzweise aufzugeben.“

Gerd Lindner[3]

Dieser Eindruck der Formstrenge wird durch den feinkörnigen Malduktus des Künstlers zusätzlich verstärkt. Durch das Auftragen der dünnen Öllasuren mit einem feinen Pinsel entstehen auf dem Malgrund „vibrierende Licht- und Farbwerte“.[3]

Kissing lernte von Werner Tübke die Technik der altmeisterlichen Lasur. Dabei werden mit einer schwarz-weiß Untermalung in Eitempera die Formen des Bildes herausmodelliert. So gewinnt das Gemälde in zahlreichen dünnen Lasuren aus Ölfarbe Farbigkeit, Tiefe und Plastizität.[4]

Das Werk Erich Kissings umfasst 64 großformatige Gemälde (Stand: 2018).[5]

Ausstellungen

  • Aschaffenburg, Kunsthalle Jesuitenkirche, Erich Kissing und Kerstin – Maler und Modell, 6. August – 1. November 2022[6]
  • Frankfurt am Main, Galerie Schwind, Erich Kissing, 2012
  • Bad Frankenhausen, Erich Kissing – Mythos Sehnsucht, 2010
  • Wien, MUMOK, Gender Check, 13. November 2009 – 14. Februar 2010 (Beteiligung)
  • Leipzig, Museum der bildenden Künste, 60/40/20. Kunst in Leipzig seit 1949, 4. Oktober 2009 – 10. Januar 2010 (Beteiligung)
  • Leipzig, Museum der bildenden Künste, Kopf oder Zahl. Leipziger Gesichter und Geschichten 1858–2008, 2008/09 (Beteiligung)
  • Leipzig, Neues Rathaus (Untere Wandelhalle), Stadtbilder Leipzig. Malerei, Handzeichnung, Druckgraphik, Videoarbeiten, 1998 (Beteiligung)
  • Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Lust und Last. Leipziger Kunst seit 1945, anschließend in: Leipzig, Museum der bildenden Künste und Hochschule für Grafik und Buchkunst, 1997 (Beteiligung)
  • Dresden, Schloss, Zeit – Blick. Kunstlandschaft in Sachsen, 1994 (Beteiligung)
  • Leipzig-Halle, Flugplatz, Vom Fliegen, 1992
  • Altenburg, Lindenau-Museum, Cimpu lui Neag. Erich Kissing, Fotografien und Zeichnungen, 1990
  • Dresden, Albertinum, X. Kunstausstellung der DDR, 1987/88 (Beteiligung)
  • Leipzig, Museum der bildenden Künste, Studiensaal der Graphischen Sammlungen, 1973 (Erste Personalausstellung)

Literatur

  • Meinhard Michael: Erlkönig im Gebirge. In: Leo. Leipziger Stadtmagazin. Nr. 5, Juli 1992, S. 52/53.
  • Günter Meißner: Leipziger Künstler der Gegenwart. Leipzig 1977, Seite 50, 229, Abb. 63.
  • Renate Hartleb: Malerei von Erich Kissing. In: Sächsisches Tageblatt. (Leipzig). 24. Juni 1973.
  • Herwig Guratzsch, Reiner Behrends (Hrsg.): Erich Kissing. Katalog zur Personalausstellung 25. August – 10. Oktober 1993 im Museum der bildenden Künste Leipzig. Vorwort Günter Meißner. Museum der bildenden Künste Leipzig in Verbindung mit dem Neuen Leipziger Kunstverein e. V.
  • Ausstellungskatalog anlässlich der Ausstellung „Erich Kissing – Mythos Sehnsucht“ im Panoramamuseum Bad Frankenhausen 2010.
  • Martin Grunwald (Hrsg.): Erich Kissing. Gemälde 1965–2004. Leipzig 2004 (mit einem Beitrag von Günter Meißner).
  • Margit Mahn, Cimpu lui Neag: Einleitung zu Erich Kissing – Fotografien und Zeichnungen. Katalog zur Ausstellung im Staatlichen Lindenau-Museum Altenburg 1990, Leipzig 1990.
  • Ausstellungskatalog anlässlich der Ausstellung „Lust und Last: Leipziger Kunst seit 1945“ im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg vom 15. Mai – 7. September 1997, im Museum der bildenden Künste Leipzig und Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig vom 2. Oktober – 31. Dezember 1997.
  • Günter Meißner: Erich Kissing. 51°20’N12°23’E oder: Das Wunderbare in der Wirklichkeit. Kalender der Dresdner Bank 1993. Brönner, Frankfurt am Main 1993.
  • Herr Kissing verzaubert den Himmel (Flughafen Report). In: Bild (Leipzig) 17. Januar 1992.
  • Günter Meißner: Erich Kissing – Vom Fliegen. Kalender der Dresdner Bank Leipzig 1991. Brönner, Frankfurt am Main 1992.
  • Bilder vom Fliegen in der Airport-Galerie. In: Leipziger Volkszeitung. 1. Mai 1992.
  • Anneliese Hübscher: E. Kissing – Entwurf für ein Denkmal. In: Werke der 11. Kunstausstellung des Bezirkes Leipzig 1985.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerd Lindner (Hrsg.): Erich Kissing. Mythos Sehnsucht. Katalog zur Ausstellung im Panoramamuseum Bad Frankenhausen 2010, S. 147–153.
  2. Gerd Lindner: Lob der Schönheit, in: Gerd Lindner (Hrsg.): Erich Kissing. Mythos Sehnsucht. Katalog zur Ausstellung im Panoramamuseum Bad Frankenhausen 2010, S. 5
  3. a b Gerd Lindner: Lob der Schönheit, in: Gerd Lindner (Hrsg.): Erich Kissing. Mythos Sehnsucht. Katalog zur Ausstellung im Panoramamuseum Bad Frankenhausen 2010, S. 6.
  4. Günter Meißner, in: Martin Grundwald (Hrsg.): Erich Kissing. Gemälde 1965–2004, Leipzig 2004, S. 7
  5. Jörg Uwe Neumann, Leiter der Kunsthalle Rostock, am 4. Februar 2018 im Deutschlandfunk.
  6. Seite zur Ausstellung der Museen der Stadt Aschaffenburg, abgerufen am 18. Oktober 2022