Erich John

Erich Josef Friedrich John (geboren am 6. Februar 1932 in Kartitz, Okres Tetschen, Tschechoslowakei) ist ein deutscher Formgestalter (Designer). Internationale Bekanntheit als Designer erlangte er durch die Gestaltung der Urania-Weltzeituhr auf dem Berliner Alexanderplatz.

Leben

Erich John wuchs in Nordböhmen auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde seine Familie vertrieben und der Hof enteignet.[1] Von 1947 bis 1950 absolvierte er eine Lehre als Bauschlosser in Neukloster. Von 1950 bis 1953 studierte John an der Fachschule für Angewandte Kunst Wismar-Heiligendamm Kunstschmiede-Metallgestaltung. Sein Praktikum machte er bei Fritz Kühn. Von 1953 bis 1958 studierte er bei Rudi Högner und Ernst Rudolf Vogenauer an der Hochschule für Bildende und Angewandte Kunst Berlin-Weißensee Formgestaltung. Er war dann bis 1966 in Berlin künstlerischer Mitarbeiter am Institut für angewandte Kunst bzw. Zentralinstitut für Formgestaltung. Zwischenzeitlich baute er 1960/1961 das erste Industrieatelier der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Eisen-Blech-Metallwaren in Karl-Marx-Stadt auf.

Für die Rathenower Optische Werke (ROW) gestaltete John ein komplettes Produktionsprogramm neu. In der Zeit zwischen 1955 und 1992 entwarf er zahlreiche Produkte der Elektro-, Optisch-Feinmechanischen und Kraftfahrzeug-Zulieferindustrie, zum Beispiel 1955 das Design für den Rundfunkempfänger Undine II[2] und 1975 für den Elektrorasierapparat Bebo Sher Favorit. Im Jahr 1963 designte er die MINOSUPAN, eine Maschine zur Herstellung von petrografischen Dünnschliffen.[3]

Ab 1966 war John Dozent an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, ab 1972 Leiter des Fachgebiets Formgestaltung und ab 1973 als Nachfolger von Rudi Högner Professor.

Als Mitarbeiter der Planungsgruppe zur Umgestaltung des Berliner Alexanderplatzes (Leitung: Walter Womacka) entwarf er die Urania-Weltzeituhr. 1968/1969 übernahm er bei dieser zudem die Bauleitung. Hersteller der Uhr waren die VEB Wasseraufbereitungsanlagen Rathenow und ROW (Rathenower Optische Werke), für die John in den Jahren davor zahlreiche optische Produkte gestaltet hatte.

1982 wurde er an die Ohio State University (Columbus, Ohio), Department of Industrial Design, als Gastprofessor berufen.

John war bis 1990 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR, 1978 bis 1982 als Leiter der Zentralen Sektion Formgestaltung/Kunsthandwerk. Er hatte in der DDR und im Ausland eine bedeutende Zahl von Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, u. a. von 1962 bis 1988 bis 1988 an allen fünf Deutschen Kunstausstellungen bzw. Kunstausstellungen der DDR in Dresden.

Auszeichnungen

Publikationen Johns

  • Analyse des Gestaltungsweges einer Maschine. form + zweck, Jahrbuch 1963, Berlin 1963, S. 77.
  • Ikarusflüge: Erinnerungen eines DDR-Designers. Frieling & Huffmann, Berlin 2012, ISBN 978-3-8280-3081-7

Sonstiges

Als Entwickler und Erbauer der Weltzeituhr vom Berliner Alexanderplatz trat Erich John in der NDR-Rateshow Kaum zu glauben! als Gast auf, dessen außergewöhnliche Leistung es zu erraten galt.[7][8]

Die rbb-Fernsehjournalistin Heike Schüler und der Kameramann Michael Günther haben Erich John über mehrere Jahre mit der Kamera zu den Stationen seines bewegten Lebens begleitet. Der Dokumentarfilm zum 90. Geburtstag des Designers wurde am 11. Februar 2022 offiziell vorgestellt. Erich John war zu diesem Anlass in die Talkshow Riverboat im MDR eingeladen.[9]

Literatur

  • John, Erich. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010. ISBN 978-3-355-01761-9, S. 405/406
  • Kerstin Decker: 50 Jahre Alex: Die Weltzeituhr kennt jeder, niemand ihren Erfinder – Niemand hatte die Absicht, diese irrwitzige Uhr auf dem Alex zu errichten. Und um ein Haar hätte der Designer Erich John sie nie entworfen. In: Der Tagesspiegel, Online-Portal. 14. April 2019 (tagesspiegel.de [abgerufen am 16. April 2019]).
  • Gerd Dietrich: John, Erich. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Heike Schüler: Weltzeituhr und Wartburg-Lenkrad. Erich John und das DDR-Design. Jaron Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-89773-860-7.
  • Das Alex-Symbol ist marode / Sponsoren treffen sich: Sammeln für die Weltzeituhr. In: Berliner Zeitung. 19. September 1996 (berliner-zeitung.de (Memento vom 9. April 2016 im Internet Archive) [abgerufen am 5. September 2019]).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Katja Iken: "Zeit schert sich nicht um Grenzen." Erfinder der Weltzeituhr Erich John. In: Der Spiegel. 30. September 2019, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. Januar 2022]).
  2. Günter Höhne (Hrsg.): Die geteilte Form. Deutsch-deutsche Designaffären 1949–1989. Fackelträger, Köln 2009, ISBN 978-3-7716-4421-5, S. 45f.
  3. Günter Höhne (Hrsg.): Die geteilte Form. Deutsch-deutsche Designaffären 1949–1989. Fackelträger, Köln 2009, ISBN 978-3-7716-4421-5, S. 236.
  4. Eine überfällige Ehrung. In: Berliner Zeitung am Wochenende. 1. September 2019, S. 14 (yumpu.com) , abgerufen am 31. August 2019.
  5. Die Bezirksverdienstmedaille, berlin.de
  6. Julian Würzer: Der Erfinder der Weltzeituhr: „Das Abenteuer meines Lebens“. Berliner Morgenpost, 12. März 2021, abgerufen am 12. März 2021.
  7. Kaum zu glauben vom 19.08.2018 (Memento vom 21. August 2018 im Internet Archive). In: ndr.de
  8. Kaum zu glauben! 19.08.2018, ab 00:39:47. In: youtube.com
  9. Offizielle Seite zum Dokumentarfilm, abgerufen am 30. März 2022

Auf dieser Seite verwendete Medien

Schulmikroskop DDR.jpg
Autor/Urheber: Stefan Kühn, Lizenz: CC0
DDR-Museum Pirna, Schulmikroskop von Rathenower Optische Werke, Veröffentlicht mit Genehmigung der Museumsleitung
Weltzeituhr 19690930.jpg
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Geruest der Weltzeituhr in Berlin 1969; Formgestalter Erich John ganz links
SchreibmaschineErika1984.jpg
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Schreibmaschine „Erika 100“, hergestellt im April 1984 im Kombinat Robotron (DDR; Entwurf: Gerhard Schöne. Damaliger Preis 420,- Mark der DDR, was etwa der Hälfte eines durchschnittlichen Monatseinkommens entsprach)